Zusammenfassung
In Anbetracht der Weite des Themenbereiches „Rechtsetzungsverfahren und Rechtsakte“ im Rahmen des Vertrages von Lissabon und seiner Implementierung beschränkt sich der vorliegende Beitrag auf zwei Themen: Zum einen auf die Wahl der Rechtsgrundlage im Rechtsetzungsverfahren, also sowohl im ordentlichen und in den besonderen Gesetzgebungsverfahren, als auch in den sonstigen Rechtsetzungsverfahren; zum anderen mit delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten sowie deren Erlassung.
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ABl 2007 C 306/1, berichtigt durch ABl 2009 C 290/1. Konsolidierte Fassung ABl 2008 C 115 und ABl 2010 C 83.
2 VO (EU) Nr 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.5.2010 zur Errichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, ABl 2010 L 132/11.
Vgl Art 1 Protokoll Nr 35 zu Art 67 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2001), dem zufolge der Rat ab dem 1.5. 2004 beim Erlass der Maßnahmen nach Art 66 EGV mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments beschließt, ABl 2006 C 321 E/317; und EG 5 Beschluss 2004/927 des Rates vom 22.12.2004 über die Anwendung des Verfahrens des Artikels 251 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Bereiche, die unter Titel IV des Dritten Teils dieses Vertrages fallen, ABl 2004 L 396/45.
Zum Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung siehe Georg Lienbacher, Art 5 EGV, in Schwarze (Hg), EU-Kommentar2 (2009) Rn 9 ff; Martin Nettesheim, Kompetenzen, in von Bogdandy / Bast (Hg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge2 (2009) 389 (398 ff); Thomas Eilmansberger, Rechtsetzung in EG und EWR, wbl 1994, 1 (1, 2 f).
EuGH, Rs C-211/01, Kommission/Rat, Slg 2003, I–8913 Rn 52.
EuGH, Rs C-166/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2009, I–7135 Rn 42 mwN.
EuGH, Rs C-411/06, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2009, I–7585 Rn 46 f mwN.
EuGH, Rs C-155/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2008, I–8103 Rn 37 mwN; sowie Rs C-94/03, Kommission/Rat, Slg 2006, I-1 Rn 52 mwN; und Rs C-178/03, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2006, I-107 Rn 57 mwN.
EuGH, Rs C-166/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2009, I–7135 Rn 40 f mwN.
EuGH, Rs C-166/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2009, I–7135 Rn 69; verb Rs C-402/05 P und C-15/05 P, Kadi, Slg 2008, I-6351 Rn 211-214; und Rs 242/87, Kommission/Rat, Slg 1989, 1425 Rn 37.
EuGH, Rs C-300/89, Kommission/Rat, Slg 1991, I–2867.
EuGH, Rs 165/87, Kommission/Rat, Slg 1988, 5545 Rn 11.
EuGH, Rs 138/79, Roquette Frères/Rat, Slg 1980, 3333 Rn 33; und Rs 139/80, Maizena/Rat, Slg 1980, 3393 Rn 34. Siehe auch Rs C-65/93, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1995, I-643 Rn 21.
EuGH, Rs C-300/89, Kommission/Rat, Slg 1991, I–2867 Rn 17-21.
EuGH, verb Rs C-164/97 und C-165/97, Europäisches Parlament/ Rat, Slg 1999, I–1139 Rn 14.
Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.6.2001 zur Angleichung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, ABl 2001 L 194/26.
EuGH, Rs C-491/01, British American Tobacco, Slg 2002, I–11453 Rn 109.
EuGH, Rs C-338/01, Kommission/Rat, Slg 2004, I–4829 Rn 57.
EuGH, Rs C-94/03, Kommission/Rat, Slg 2006, I–1 Rn 52; und Rs C-178/03, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2006, I-107 Rn 57.
VO (EG) Nr 304/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über die Aus-und Einfuhr gefährlicher Chemikalien, ABl 2003 L 63/1.
EuGH, Rs C-178/03, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2006, I–107 Rn 58 f.
EuGH, Rs C-155/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2008, I–8103 Rn 76-80.
Beschluss 2006/1016/EG des Rates vom 19.12.2006 über eine Garantieleistung der Gemeinschaft für etwaige Verluste der Europäischen Investitionsbank aus Darlehen und Darlehensgarantien für Vorhaben außerhalb der Gemeinschaft, ABl 2006 L 414/95.
Der Gerichtshof führte aus, dass zum einen die Komponenten des angefochtenen Beschlusses untrennbar miteinander verbunden seien. In Anbetracht dessen, dass es sich bei der Kategorie der Entwicklungsländer im Sinne des Titels XX EGV um eine sich weiterentwickelnde Kategorie handelt, und in Anbetracht der Erfordernisse der Rechtssicherheit sei es nämlich praktisch kaum möglich, stattdessen zwei Rechtsakte nebeneinander zu erlassen. Zum anderen sei keine dieser Komponenten gegenüber der anderen von nebensächlicher Bedeutung. Eine Lösung, die wegen der Unterschiede zwischen den Rechtsetzungsverfahren in Art 179 bzw Art 181a EGV darin bestünde, nur Art 179 EGV als eine intensivere Beteiligung des Europäischen Parlaments umfassende Grundlage als Rechtsgrundlage zu wählen, würde dazu führen, dass die wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern, die keine Entwicklungsländer sind, von der gewählten Rechtsgrundlage nicht ausdrücklich erfasst würde. In einem solchen Fall wäre aber die gesetzgeberische Rolle des Rates jedenfalls in der gleichen Weise berührt wie durch den Rückgriff auf eine durch Art 179 und 181a EGV gebildete doppelte Rechtsgrundlage. Im Übrigen könnten, ebenso wenig wie Art 181a EGV die Rechtsgrundlage für Maßnahmen bilden kann, mit denen die in Art 177 EGV angesprochenen Ziele betreffend die Entwicklungszusammenarbeit im Sinne des Titels XX EGV verfolgt werden, Maßnahmen der Zusammenarbeit, mit denen nicht solche Ziele verfolgt werden, grundsätzlich nicht auf Art 179 EGV gestützt werden. Unter den spezifischen Umständen des vorliegenden Falles, die insbesondere dadurch gekennzeichnet seien, dass sich die Titel XX und XXI EGV gegenseitig ergänzen, sowie dadurch, dass die Art 179 und 181a EGV gleichsam im Sinne gegenseitiger Abhängigkeit miteinander verknüpft seien, könnten, so der Gerichtshof, folglich die in diesen beiden Artikeln jeweils vorgesehenen Verfahren nicht als miteinander unvereinbar angesehen werden. Vgl EuGH, Rs C-155/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2008, I–8103 Rn 81-83.
EuGH, Rs C-338/01, Kommission/Rat, Slg 2004, I–4829 Rn 58.
Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15.6.2001 zur Änderung der Richtlinie 76/308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs-und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchsteuern, ABl 2001 L 175/17.
EuGH, Rs C-166/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2009, I–7135 Rn 69.
VO (EG) Nr 1968/2006 des Rates vom 21.12.2006 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland (2007-2010), ABl 2006 L 409/81, berichtigt durch ABl 2007 L 36/31.
Vgl GA Maduro, EuGH, Rs C-411/06, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2009, I–7585, SchlA, Rn 6.
EuGH, Rs C-300/89, Kommission/Rat, Slg 1991, I–2867 Rn 18 f.
Vgl EuGH, Rs C-178/03, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2006, I–107, GA Kokott, SchlA, Rn 60 f; Rs C-155/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2008, I-8103, GA Kokott, SchlA, Rn 89; und Rs C-411/06, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2009, I-7585, GA Maduro, SchlA, Rn 6.
So auch GA Maduro, EuGH, Rs C-411/06, Kommission/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2009, I–7585, SchlA, Rn 6.
EuGH, Rs C-65/93, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1995, I–643 Rn 21.
EuGH, Rs C-155/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2008, I–8103 Rn 78.
EuGH, Rs C-65/93, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1995, I–643 Rn 21.
EuGH, Rs C-155/07, Europäisches Parlament/Rat, Slg 2008, I–8103 Rn 78 und 80-83.
Vgl Jean-Claude Piris, The Lisbon Treaty. A Legal and Political Analysis (2010) 365–368 und 373-378.
In ihrem Vorschlag vom 18.2.2009 stützte die Kommission die Verordnung auf die Art 63 Abs 1 und 2 und Art 66 EGV, siehe KOM(2009) 66 endg. Im Zuge des Inkrafttretens des Vertrages von Lissabon wurde die Rechtsgrundlage auf die Art 74 und Art 78 Abs 2 AEUV geändert, siehe KOM(2009) 665 endg.
Nach der bis zum 1.12.2009 geltenden Rechtslage war auch ein im Mitentscheidungsverfahren erlassener Rechtsakt als ein Rechtsakt des Rates zu qualifizieren. Dies ergibt sich nicht nur aus Art 251 EGV selbst (siehe Abs 2 erster und zweiter Spiegelstrich: „kann er [der Rat] den vorgeschlagenen Rechtsakt ... erlassen“) und noch deutlicher aus der ursprünglichen Ausgestaltung des Mitentscheidungsverfahrens in Art 189b EGV in der Fassung des Vertrages von Maastricht (siehe Abs 2 lit a und b sowie Abs 3), sondern auch aus Einzelermächtigungen, welche das Verfahren der Mitentscheidung vorsehen, beispielsweise Art 95 Abs 1 („Der Rat erlässt gemäß dem Verfahren nach Artikel 251 ...“) oder Art 175 Abs 1 EGV („Der Rat beschließt nach dem Verfahren des Artikels 251 “). So auch EuGH, Rs C-259/95, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1997, I–5303 Rn 26; sowie Johann Schoo, Das neue institutionelle Gefüge der EU, EuR-Beiheft 1-2009, 51 (59).
Vgl Piris, The Lisbon Treaty (Fn 38) 365–368 und 373-378.
So auch Europäische Kommission, Mitteilung vom 9.12.2009 an das Europäische Parlament und den Rat: Umsetzung von Art 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, KOM(2009) 673 endg, 3.
So auch Michael Dougan, The Treaty of Lisbon 2007: Winning Minds, not Hearts, CMLR 45, 2008, 617 (649).
EuGH, Rs 25/70, Köster, Slg 1970, 1161 Rn 6.
EuGH, Rs C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg 1992, I–5383 Rn 37.
EuGH, Rs 25/70, Köster, Slg 1970, 1161 Rn 6.
Vgl auch EuGH, Rs C-66/04, Vereinigtes Königreich/Europäisches Parlament und Rat, Slg 2005, I–10533 Rn 48; und Rs C-303/94, Europäisches Parlament/Rat, Slg 1996, I-2943 Rn 23.
So auch Europäische Kommission, Mitteilung vom 9.12.2009 an das Europäische Parlament und den Rat: Umsetzung von Art 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, KOM(2009) 673 endg, 3.
Siehe auch Gregor Schusterschitz, Rechtsakte und Rechtsetzungsverfahren, in Hummer / Obwexer (Hg), Der Vertrag von Lissabon (2009) 209 (229 f).
So auch Paul Craig, The Role of the European Parliament under the Lisbon Treaty, in Griller / Ziller (eds), The Lisbon Treaty (2008) 109 (116 f).
EuGH, Rs 291/86, Central-Import Münster, Slg 1988, 3679 Rn 13.
EuGH, Rs C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg 1992, I–5383 Rn 41.
Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28.6.1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl 1999 L 184/23, in der Fassung des Beschlusses 2006/512/EG des Rates vom 17.7.2006 zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl 2006 L 200/11.
Europäische Kommission, Mitteilung vom 9.12.2009 an das Europäische Parlament und den Rat: Umsetzung von Art 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, KOM(2009) 673 endg, 5.
Europäisches Parlament, Entschließung vom 5.5.2010 zur legislativen Befugnisübertragung, P7_TA(2010)0127 Rn 2 f.
So auch Europäische Kommission, Mitteilung vom 9.12.2009 an das Europäische Parlament und den Rat: Umsetzung von Art 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, KOM(2009) 673 endg, 8; Bruno de Witte, Legal Instruments and Law-Making in the Lisbon Treaty, in Griller /Ziller (eds), The Lisbon Treaty (2008) 79 (99); und Rudolf Streinz / Christoph Ohler / Christoph Herrmann, Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU3 (2010) 97. Vgl Dougan, The Treaty of Lisbon 2007 (Fn 45) 649.
Vgl Art I-36 Vertrag über eine Verfassung für Europa, ABl 2004 C 310/1; und Europäischer Konvent, Schlussbericht der Gruppe IX „Vereinfachung“ vom 29.11.2002, Dok CONV 424/2, 10 f.
Vgl Paolo Ponzano, Executive and Delegated Acts: The Situation after the Lisbon Treaty, in Griller / Ziller (eds), The Lisbon Treaty (2008) 135 (136).
Europäische Kommission, Mitteilung vom 9.12.2009 an das Europäische Parlament und den Rat: Umsetzung von Art 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, KOM(2009) 673 endg, 7.
Europäisches Parlament, Entschließung vom 5.5.2010 zur legislativen Befugnisübertragung, P7_TA(2010)0127 Rn 11.
Vgl Europäischer Konvent, Schlussbericht der Gruppe IX „Vereinfachung“ vom 29.11.2002, Dok CONV 424/2, 11. Siehe dazu auch Craig, The Role of the European Parliament under the Lisbon Treaty (Fn 52) 122.
EuGH, Rs C-257/01, Kommission/Rat, Slg 2005, I–345 Rn 51.
EuGH, Rs 16/88, Kommission/Rat, Slg 1989, 3457 Rn 10.
Vgl Craig, The Role of the European Parliament under the Lisbon Treaty (Fn 52) 120 f.
Craig, The Role of the European Parliament under the Lisbon Treaty (Fn 52) 121 f.
Siehe auch Dougan, The Treaty of Lisbon 2007 (Fn 45) 650 f; Craig, The Role of the European Parliament under the Lisbon Treaty (Fn 52) 109, 123; und Ponzano, Executive and Delegated Acts (Fn 60) 139 f.
Europäische Kommission, Vorschlag vom 9.3.2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, KOM(2010) 83 endg. Vgl dazu Rat der Europäischen Union, Dok 17.477/09 vom 11.12.2009 Anlage II.
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Kröll, T. (2011). Rechtsetzungsverfahren und Rechtsakte. In: Eilmansberger, T., Griller, S., Obwexer, W. (eds) Rechtsfragen der Implementierung des Vertrags von Lissabon. Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft für Europaforschung (ECSA Austria), vol 14. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0411-8_12
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