Zusammenfassung
Schier unmöglich erscheint es, die unzähligen Aspekte von Text in der Stadt respektive im öffentlichen Raum und wechselseitige Bezüge in einer kurzen Schrift auch nur zu kommentieren. Viel weiter müsste man seriöserweise ausholen, nämlich bis in jegliche Form von menschlichem Lebensraum, der nicht erst im 21. Jahrhundert auf verschiedenste Weisen von Text bestimmt ist. Text also ist nicht allein Sprache im engeren Sinn, wiedergegeben als Schrift; Text ist die zunächst subjektive Interpretation (Übersetzungsarbeit) des mit allen Sinnen in Bildern, Zeichen oder Spuren Wahrgenommenen. So zeichnet der Protagonist in Der Zeitplan 1, dem Debütroman Michel Butors von 1956, nach seinen Gängen durch die ihm weiterhin fremd bleibende Stadt seine Erfahrungen und Eindrücke auf, um mit solchem Versuch analytischen Schreibens der Wirklichkeit — seiner Wirklichkeit— auf die Spur zu kommen, durch sein Schrei ben die Stadt erst werden zu lassen. Er wird daran scheitern und Stadt wie Textkonvolut werden immer unwirklicher und labyrinthischer, analog der fktiven Referenz zu einem gewebten 2 Wandteppich im städtischen Museum, der Theseus im Labyrinth des Minotaurus zeigt.
Abstract
Providing a brief commentary on the theme of text in the city, or rather text in public space and the web of interreferentiality it involves, seems an impossible task. Surely if we are serious we would have to extend our horizon, namely to encompass every form of human living space that is designated by text — and not only in the twentyfrst century. Text is not solely language in a narrow sense that is reproduced in writing; text is in the first place subjective interpretation (or translation) of what we perceive with all our senses in images, signs and traces. It is in this spirit that the protagonist of Der Zeitplan (The Timetable)1, Michel Butor’s debut novel published in 1956, chronicles the experiences and impressions culled from his walks through a city that remains foreign to him. It is an attempt to track reality — his reality — by analyzing it in writing, an attempt to generate the city through his writing. He fails, and both city and textual bundle become ever more unreal and labyrinthine, as reflected in the reference to a woven 2 tapestry in the city museum portraying Theseus in the labyrinth of the Minotaur.
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Literatur
Michel Butor, Der Zeitplan, Berlin 2009.
Auch Walter Benjamin erinnerte daran, dass „das Wort ‚Text ‘— vom Gewebten: textum“ stammt. Walter Benjamin, Pariser Brief (1). André Gide und sein neuer Gegner, [1936], in: Ders., Medienästhetische Schriften, Frankfurt am Main 2002, S. 258.
Vilém Flusser, Die Stadt als Wellental in der Bilderfut, [1988], in: Ders., Die Revolution der Bilder. Der Flusser-Reader zu Kommunikation, Medien und Design, Mannheim 1995, S. 156.
Die Stadt als Wellental in der Bilderfut, [1988], in: Ders., Die Revolution der Bilder. Der Flusser-Reader zu Kommunikation, Medien und Design, Mannheim 1995, S. 156. Ebda.
Vgl. Michel Butor, Die Stadt als Text, Graz, Wien 1992 (La ville comme texte, 1976).
Vgl. Michel Butor, Frontiers, Birmingham 1989.
Stephanie Gomolla, Lesbare Architektur und architektonischer Text. Metaphern und deren Überwindung bei Michel Butor, o.O. 2002, www.metaphorik.de/02/gomolla.pdf, S. 4 (Stand: 19. August 2010, wie alle folgenden Webadressen).
Butor, Die Stadt als Text, 1992, a.a.O., S. 9 f.
Vgl. Danny Kringiel, Der Axt-Faktor, in: Der Spiegel, 15.04.2010
Roland Barthes, Der Krieg der Sprachen, 1973, in: Ders., Das Rauschen der Sprache, Frankfurt a. M. 2006, S. 126.
Hier und im Folgenden vgl. Der Krieg der Sprachen, 1973, in: Ders., Das Rauschen der Sprache, Frankfurt a. M. 2006 ebda., S. 126 f.
Vgl. Werner Fenz, Ortstafeln mehrsprachig, in: Werner Fenz, Evelyn Kraus, Birgit Kulterer (Hg.), Kunst im öffentlichen Raum Steiermark. Projekte 2007-2008, SpringerWien New York 2010, S. 114–122.
Lawrence Weiner, zitiert nach: Ulrich Tragatschnig, Konzeptuelle Kunst. Interpretations-paradigmen, Berlin 1998, S. 65.
Vgl. auch Wenzel Mraček, Der Wortlaut der Plastik, in: Markus Wilfing, zwischen dem raum. between space, Weitra 2009, S. 186–213.
Andreas Hapkemeyer, Ein Wort, ein Werk, in: Kunstzeitung 167, Juli 2010, S. 22. Hapkemeyer ist Kurator der Sammlung Language in Art am Museion in Bozen.
Vgl. Werner Fenz, TextBild MMIX. 40 Sätze / 40 KünstlerInnen / 40 Orte / 40 Tage, in: LICHTUNGEN 120/XXX. Jg./2009, Graz, S. 123–146; und Heinz Hartwig in diesem Band.
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Mraček, W. (2011). Hollywood — Text Im Raum Oder Etwas Anderes, Das Man Aus Buchstaben Schreibt. In: Fenz, W., Kraus, E., Kulterer, B. (eds) Kunst im öffentlichen Raum Steiermark Art in Public Space Styria. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0266-4_5
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Online ISBN: 978-3-7091-0266-4