Abstract
Der Versuch einer tiefer schürfenden Grundlegung dogmatischer Positionen sowie die Tatsache, dass an Begründungen gerade im forensischen Prozess höhere Anforderungen als früher gestellt werden, ist wohl in Verbindung mit einem generell gesteigerten Erklärungsbedürfnis zu sehen. In einer Welt, in der sehr viel weniger als auch schon „selbstverständlich“ genannt werden kann und die Forderung nach kultureller, geistiger, gar lebensweltlicher „Offenheit“ zu einem gesellschaftsdominanten Dauerdogma geworden ist, Identitäten folglich des steten Aufbruchs bedürfen und Veränderung als einzige Konstante erscheint, ist an eine schnelle Überzeugung der Urteilsunterworfenen nicht mehr zu denken. Von der schwindenden Selbstverständlichkeit sind mehr und mehr auch die staatlichen Behörden betroffen. Im Rahmen eines allgemeinen Effizienzzwanges geraten auch sie unter zunehmenden Rechtfertigungsdruck. Es scheinen allerdings die fraglichen Verwaltungseinheiten hinsichtlich ihrer Selbstrechtfertigung durchaus eine gewisse Professionalität entwickelt zu haben. Unzweifelhaft besteht der Inhalt eines jeden „institutional memory“ gerade auch darin, dass die Repräsentanten einer Einheit über das Argumentarium ihrer Daseinsberechtigung verfügen. Politisch gewagte Forderungen nach einer Reduktion oder gar Einstellung ihrer Arbeit vermögen sie nicht selten, über das Ingangsetzen einer wirksamen, meist medial inszenierten Empörungsmaschinerie und unter dem Titel des „öffentlichen Interesses“ bzw. „service public“, im Keim zu ersticken oder wenigstens nur in stark redimensionierter Form zur Ausführung zuzulassen.
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Wenger, D.R. (2010). §6 Zwischen Explikation und Überzeugung: zur rhetorischen Verfassung der Öffentlichkeit. In: Idealismus und Recht. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0190-2_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0190-2_6
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