Zusammenfassung
Karl Menger, Mitglied des Wiener Kreises und Sohn des liberalen Nationalökonomen Carl Menger, schrieb als seinen Hauptbeitrag zur Ethik eine Schrift mit dem Titel Moral, Wille und Weltgestaltung. Grundlegung zur Logik der Sitten.2 Der Titel ist wohl eine Anspielung auf Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung und Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten.3 Ein Beitrag Mengers zur Ethik kann insofern keineswegs als selbstverständlich gelten, da Menger Mathematiker war und vor allem Schriften zur Geometrie, Dimensions- und Kurventheorie veröffentlichte. Zwar hatte er in Wien neben Mathematik und Physik auch Philosophie studiert, doch war er nach der Promotion in Mathematik bei Hans Hahn von 1925 bis 1927 als Mathematiker in Amsterdam tätig (Habilitation 1926) und im Anschluss daran ab 1927 als Professor für Geometrie an der Universität Wien. Auch nach seiner Emigration in die USA im Jahre 1937 lehrte er an mehreren Universitäten als Professor für Mathematik (von 1946 bis zu seiner Emeritierung 1971 am Illinois Institute of Technology in Chicago).
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References
Karl Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung. Grundlegung zur Logik der Sitten. Wien: Springer 1934. Hg. und eingeleitet von Uwe Czaniera. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997. Die Seitenangaben zu diesem Buch beziehen sich in diesem Beitrag auf die Ausgabe von 1997. Hier p. 194.
Op. cit.
Ibid., Anmerkung des Herausgebers, p. 65.
Rudolf Carnap / Hans Hahn / Otto Neurath, Wissenschaftliche Weltauffassung. Der WienerKreis. Wien: Wolf 1929. Abgedruckt in: Michael Stöltzner / Thomas Uebel (Hg.), Wiener Kreis. Texte zurwissenschaftlichen Weltauffassung. Hamburg: Meiner 2006, pp. 3-29.
Karl Menger, „Memories of Moritz Schlick“, in: Eugene T. Gadol (Hg.), Rationality and science: A memorial volume for Moritz Schlick in celebration of the centennial of his birth. Wien: Springer 1982, pp. 83–103, hier p. 92. Er gründete das bekannte Mathematische Kolloquium, das er von 1929 bis 1936 leitete. Manchen gilt dieser Kreis als ein zweiter Wiener Kreis (Friedrich Stadler, Studien zum Wiener Kreis: Ursprung, Entwicklung und Wirkung des logischen Empirismus im Kontext. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997, p.453). Beiträge des Kolloquiums wurden unter dem Titel Ergebnisse eines Mathematischen Kolloquiums in mehreren Bänden veröffentlicht. Gesammelter Nachdruck: Karl Menger: Ergebnisse eines Mathematischen Kolloquiums. Hg. v. Egbert Dierker und Karl Siegmund. Wien: Springer 1998.
Menger trug über dieses Buch auch in seinem Mathematischen Kolloquium vor (30. Mai 1934). Dabei handelt es sich um Ergänzungen mathematischer Natur.
Karl Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium. Hg. v. Louise Golland/ Brian McGuinness/ Abe Sklar. Dordrecht-Boston-London: Kluwer Academic Publishers 1994 (Vienna Circle Collection 20), p. 181.
Karl Menger, Morality, Decision and Social Organisation. Toward a Logic of Ethics. Dordrecht-Boston: D. Reidel 1974 (Vienna Circle Collection 6).
Vgl. auch Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 184.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 73.
Ibid., pp.74f. und 125.
Ibid.,p. 82.
Ibid., pp. 84f.
Ibid., II 4.
Menger verweist jedoch wiederholt auf existentialistische Positionen, z.B. in Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 96.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 91.
Ibid.,p. 93.
Ibid.
Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 185.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 66.
Ibid., p. 121.
Ibid.
Eine Logik der Pflichten in Analogie zu logischen Modalitäten, hält er für möglich, doch sei dies nicht das, womit er sich hier beschäftigen wolle (ibid, p. 114). Vgl. aber: „A Logic of the Doubtful. An Optative an Imperative Logic“, in: Karl Menger (Hg.), Reports of a Mathematical Colloquium 1. Notre Dame, Ind.: Notre Dame University Press 1939, pp. 53–64.
Ibid., p. 194.
Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 181.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 194.
Ibid., p. 210.
Ibid., pp. 109 ff.
Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 112.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 123.
31_Ibid., pp. 125f.
Ibid., p. 109.
Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 183. Dass es nur die Kategorie des Kognitiven und des Gefühlsbereiches gibt, setzt Menger unhinterfragt voraus.
Die Behauptung, dass das erste Ziel der Moral das friedliche Zusammenleben sei, wie es Josef Zeiger in einem Beitrag zu Mengers Theorie formuliert, findet sich jedoch bei Menger nirgends (Josef Zeiget, „Karl Mengers Willensvereinigungen in dynamischer Sicht“, in: Johann Christian Marek/Josef Zeiger/Heinrich Ganthaler/Rainer Born (Hg.), Österreichische Philosophen und ihr Einßuss auf die analytische Philosophie der Gegenwart. Band I. Conceptus Sonderband. Innsbruck-München-Salzburg-Graz-Gießen 1977, pp. 183-204, hier p. 185).
„Thus what the book suggests is 1) the study of general conditions for the constitution of cohesive compatible voluntary groups; 2) in specific cases, the search, in the direction indicated, for alternatives to dictates and compromises“ (Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 190).
Ibid., pp. 183f.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 194. Dem scheint ein dreigliedriges Modell zugrunde zu liegen: Fühlen, Streben, Handeln. Geschmack fallt in den Bereich des Fühlens, das Wollen in den Strebensbereich, der Entschluss in den Bereich des Handelns.
Ibid., p. 125.
Kritik auch in Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 182.
Menger in den Mund gelegt in Zeiger, „Karl Mengers Willensvereinigungen in dynamischer Sicht“, op. cit., p. 185.
Rauchende als Beispiel bringt Menger selbst in Karl Menger, „On social groups and relations“, in: Mathematical Social Sciences 6, 1983, pp. 13–26.
Ebensolches gilt auch für autokratische und unterwürfige Menschen, wie Menger in „On social groups and relations“, op. cit., ausführt.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 174.
Ibid.
Zeiger, „Karl Mengers Willensvereinigungen in dynamischer Sicht“, op. cit., p. 184. Damit verwirft Menger nicht nur Kants Kategorischen Imperativ, sondern jedes Argument in der Ethik, dem Generalisierung als Grundlage dient, wie Thomas Cornides zu Recht bemerkt (Thomas Cornides, „Karl Menger’s Contributions to Social Thought“, in: Mathematical Social Sciences 6, 1983, pp. 1-11, hier p. 10).
Ibid., p. 184. Tatsächlich führt Menger in seinem Aufsatz von 1983 die Kritik an Kants Kategorischem Imperativ als erste Motivationsquelle seiner Ausführungen an (Menger, „On social groups and relations“, op. cit., p. 13). Obwohl er nur einige erste und einfache Grundsätze angeführt habe, solle deren Wichtigkeit nicht unterschätzt werden: „Einfach freilich sind die Aussagen über Willensgruppen samt und sonders. Aber wenn Einfachheit ganz allgemein in meinen Augen kein Nachteil ist, so glaube ich, daß in diesem speziellen Fall die Einfachheit sogar so weit geht, daß manche dieser Sätze nur ausgesprochen werden mußten, um aus der Ethik nicht mehr verschwinden zu können“ (Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 196).
Dies ist im Übrigen ganz in Übereinstimmung mit These der Vorrangigkeit der exten-sionalen Sprachform, die für den frühen Wiener Kreis charakteristisch ist, speziell für Carnap in Der logische Auflau der Welt und Logische Syntax der Sprache.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 134.
Mögliche Welten werden dabei manchmal als um eine Person „zentriert“ angesehen — zum Beispiel in der Semantik indexikalischer Ausdrücke —, sodass sich in der Bezugnahme auf solchermaßen zentrierte mögliche Welten durchaus auch eine Bezugnahme auf eine Person ausdrücken kann.
Hector J. Levesque, „AU I Know: A Study in Autoepistemic Logic“, in: Artificial Intelligence 42, 2-3, 1990, pp. 263–309.
Menger, Morality, Decision and Social Organisation, op. cit., p. 55.
Dies lässt sich am besten mit der „Gültigkeit“ der Nezessierungsregeln in der doxastischen und epistemischen Logik und der „Gültigkeit“ der Axiome für den Revisionsoperator im Standardsystem für Glaubensrevision vergleichen: Diese Regeln und Axiome sind strikte genommen nicht logisch gültig und entsprechen schon gar nicht der empirischen Realität echter menschlicher Agenten, sie sind jedoch für ideale rationale Agenten jederzeit anwendbar.
Ibid., p. 56.
Ibid.
Ibid., p. 57.
Karl Menger, „Ein Satz über endliche Mengen mit Anwendungen auf die formale Ethik“, in: Ergebnisse eines Mathematischen Kolloquiums 6, 1934, pp. 23–26.
Menger, Morality, Decision and Social Organisation, op. cit., p. 40.
Dieses Problem entspricht der difficulty of imperfect community, welche Nelson Goodman in Structure of Appearance. Harvard: Harvard University Press 1951, an der Carnapschen Quasianalyse diagnostiziert.
Menger, Reminiscences of the Vienna Circle and the Mathematical Colloquium, op. cit., p. 200. Zur Entwicklung des Toleranzprinzips siehe auch Karl Menger, „Logical Tolerance in the Vienna Circle“, in: Karl Menger, Selected Papers in Logic and Foundations, Didactics, Economics. Dordrecht-Boston-London: D. Reidel 1979 (Vienna Circle Collection 10), pp. 11-16.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 96.
Selbst die Grenzen der Verwendung des Wortes „Geometrie“ seien schwankend und änderten sich über die Zeit hinweg (ibid, p. 103). Wobei ihm die Analogien der Geometrie zur Ethik nicht allzu groß scheinen. Am ehesten könnten sich noch jene auf die Geometrie berufen, die die Möglichkeiten und das Vorhandensein verschiedener Normensysteme feststellten (ibid., p. 194).
Ibid., p. 97. In diesem Zusammenhang mokiert sich Menger auch über das Projekt der Einheitswissenschaft. Er bezeichnet „Einheitswissenschaft“ sogar als Wortmonstrum (ibid.).
Ibid., p. 197.
Diesen Pluralismus betont er besonders im Nachwort zur englischen Ausgabe.
Menger, Moral, Wille und Weltgestaltung, op. cit., p. 206.
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Siegetsleitner, A., Leitgeb, H. (2010). Mengers Logik für Ethik und Moral: Nichts von Sollen, nichts von Güte, nichts von Sinnlosigkeit. In: Siegetsleitner, ..A. (eds) Logischer Empirismus, Werte und Moral. Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis, vol 15. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0160-5_10
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