Zusammenfassung
Da im Arbeitsvertragsrecht für verschiedene Bereiche eigenständige Regelungen fehlen oder doch nur bruchstückhaft anzutreffen sind, ist man bei der Lösungsfindung auf allgemeine zivilrechtliche Normen angewiesen. Das Arbeitsverhältnis hat allerdings im ABGB (§§ 1151 ff ABGB) bloß eine kursorische Regelung gefunden1, weshalb zur Problemlösung auf Normen sachnaher Vertragstypen sowie die Bestimmungen des allgemeinen Schuld-, Schadenersatz- und Bereicherungsrechts zurückgegriffen werden muss. Erkennt man nun, dass das Dienstvertragsrecht der §§ 1151 ff ABGB ein wertvolles Bindeglied zu den Grundregeln des Privatrechts und seinen mannigfachen Erscheinungsformen bildet, kann der Schluss nur lauten: Anreicherung dieses Hauptstückes mit zeitadäquaten materiellen Regelungen, die die vorhandenen sozialen Schutzstandards2 noch ergänzen und ausbauen, ohne hierbei die Einbettung in das allgemeine und spezielle Schuldvertragsrecht aus dem Auge zu verlieren.
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Literatur
Dieser Beitrag sei deshalb dem Gedächtnis an Mayer-Maly gewidmet, weil er sich vor allem in seinem 1970 erschienen Lehrbuch „Österreichisches Arbeitsrecht“ auf den 14 ff ausführlich zum Kodifikationsproblem geäußert und auch in dort nachgewiesenen Einzelbeiträgen namhafte Vorschläge unterbreitet hat. Vielleicht könnte er manchen im Folgenden geäußerten Thesen zustimmen.
Näher aufgezeigt in meinem Beitrag bei H. Barta, Zivilrecht2 (2004), 768 ff.
Zum Kondiktions-und Verfallsfristenrecht wird ein eigenständiger Beitrag publiziert werden; siehe nun ASoK 2011, 2 ff. Zum Gesamtkomplex jüngst Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts (2010), der auf 34 ff auf die verschwimmenden Grenzen zwischen Bereicherungs-und Schadenersatzansprüchen eingeht.
Auch in anderen Rechtsbereichen wird der „Vorteilsausgleich“ — selbst ohne konkrete normative Grundlage — eingesetzt; vgl etwa Fenyves, Vorteilsausgleichung im Gewährleistungsrecht?, JBl 1999, 2 ff.
Siehe nur Welser, in Koziol/ Welser, Bürgerliches Recht II13 (2007), 329 ff. Weiters Reischauer, in Rummel ABGB II3 (2007) § 1295 Rz 29, der darauf hinweist, dass die arbeitsrechtlichen Lohnfortzahlungsvorschriften nicht den Zweck haben, den Schädiger zu entlasten. Vielmehr sollen sie den AN vor sozialen Härten schützen, weshalb der AG gegenüber dem Schädiger als Legalzessionar in Analogie zu § 1358 ABGB und § 67 VersVG auftritt.
Dies wird auch von der Judikatur praktiziert: Vgl etwa OGH 9 Ob A 131/05p, DRdA 2008/22 (Ziehensack): Vereitelung der „Dienstpostensuchtage“ führt zu einem Anspruch auf Geldersatz auf der Basis der „Vorteilsausgleichung“. Weiters OGH 9 Ob A 27/98 f, DRdA 1999/22 (Löschnigg): Die bei Auflösung einer Drogerie durch den Abverkauf erzielten überdurchschnittlichen Umsätze führen dazu, dass in den Folgemonaten nur noch verringerte Umsätze erzielt werden; zur Errechnung von Urlaubsabgeltung und Abfertigung können als Bemessungsgrundlage aber nur „repräsentative“ Monate herangezogen werden.
OGH 9 Ob A 164/05s, DRdA 2007/27 (Kerschner) = RdW 2006/709, 778.
DRdA 2007, 280 (Glosse).
OGH 2 Ob 59/07a, EvBl 2007/134: Verkehrsunfall.
Dazu auch OGH 1 Ob 22, 23/94, SZ 67/135: keine Anrechnung der nicht beantragten oder nicht bezogenen Notstandshilfe.
Anders übrigens noch die Judikatur (Nachweise in OGH EvBl 2007/134) bezüglich des im AlVG geregelten Karenzurlaubsgeldes, dem gleich wie dem Arbeitslosengeld Einkommenscharakter zugebilligt wurde, woraus die Bejahung der sachlichen Kongruenz zum Verdienstentgang resultierte.
Im Einzelnen dazu M. Binder, Vorteilsanrechnung im Arbeitsverhältnis, FS Schwarz (1991), 35 ff, unter Eingehung auf die folgenden Fragenkreise.
Im Übrigen erklärt es sich aus dem generellen Grundsatz, dass Sozialleistungen nicht die Aufgabe haben, den „Schädiger“ (konkret: den für den Betriebsstillstand Verantwortlichen) zu begünstigen; vgl Reischauer, in Rummel, ABGB II3 § 1312 Rz 13.
Näher begründet bei Binder, in FS Schwarz, 37 ff.
Frühe Entscheidungen beschäftigen sich vor allem mit der Verschuldensaufteilung zwischen AG und AN bei „gefährlichen Aufträgen“: siehe etwa OGH 31.1.1905, Cg I, 61/4, GlUNF 2940: scheuendes Pferd bei Pflügen an der Bahnstrecke; OGH 28.4.1905, Cg I, 160/4, GlUNF 3635: Deckeneinsturz bei Aufbau eines abgebrannten Hauses.
Siehe dazu Kuras, in Marhold/ Burgstaller/ Preyer, AngestelltenG § 32 Rz 1 ff mwN; Grillberger, in Löschnigg, AngestelltenG8 (2007) § 32 Rz 1 ff mwN. InOGH8 Ob A 76/01m, DRdA 2002/19 (Apathy), wird hierbei abgelehnt, in Bezug auf § 1162c ABGB (§ 32 AngG) von „Kulpakompensation“ — wie etwa bei § 878, 3 ABGB — zu sprechen.
Vgl auch § 23 Abs 2 HVertrG: Hierzu betont der OGH in 8 Ob A 61/08s (wbl 2009/136), dass die arbeitsrechtlichen Grundsätze über ein Mitverschulden an einer unberechtigten vorzeitigen Auflösung auch im Handelsvertreterrecht anzuwenden sind.
Siehe etwa OGH 8 Ob A 17/04i, infas 2005, A 7; OGH 8 Ob A 41/02s, Arb 12.268 = ARD 5437/10/2003: unzureichende organisatorische Trennung im Klinikbereich.
Der Einsatz der Mitverschuldensregel beeinflusst naturgemäß auch andere beendigungsabhängige Ansprüche wie Urlaubsersatzleistung und Abfertigung; vgl OGH 8 Ob A 116/98m, RdW 1999, 216 = wbl 1999/153 (krit Pfeil); OGH 8 Ob A 76/01m, DRdA 2002/19 (Apathy). Zu einzelnen Gegenstimmen in der Literatur Kuras, in Marhold/ Burgstaller/ Preyer, AngestelltenG § 32 Rz 5.
OGH 9 Ob A 136/08b, ASoK 2009, 396 = wbl 2009/134 = ARD 5984/9/2009.
Der Kausalzusammenhang etwa war streitig in OGH 8 Ob A 76/01m, DRdA 2002/19 (Apathy), worin sich der Leiter einer Arbeitspartie im Fassadenbau weigerte, seine Tätig keit fortzusetzen, nachdem dieser AN vom AG zuvor schwer beleidigt wurde. Allerdings hatte der AN die Arbeitsverweigerung mit der Nichterfüllung eines Urlaubswunsches und der Ablehnung der geforderten Lohnerhöhung begründet, was für den Einsatz der Mitverschuldensregelung als unzureichend qualifiziert wurde. Zu dieser Entscheidung auch Stärker, Schadenersatzanspruch trotz Entlassung?, ASoK 2002, 123 ff.
Siehe OGH 8 Ob A 2058/96, ZAS 1997/5 (Apathy): Abwesenheit wegen „Trauer-Kaddish“ in Israel; OGH 9 Ob A 108/05 f, DRdA 2006/40 (K. Mayr): Abholen des Sohnes vom Fußballplatz trotz Krankenstandes; sowie aus jüngerer ZeitOGH9 Ob A 160/05b, ARD 5792/6/2007: Streit über richtiges Arbeitstempo im Schlachtbetrieb; Versetzungsbegehren des AN ungerechtfertigt — Entlassung; OGH 9 Ob A 128/06y, ARD 5792/6/2007 = ecolex 2007/230: Entzug des schlecht gewarteten Firmenfahrzeuges — ungerechtfertigtes Verlassen des Arbeitsplatzes — Entlassung.
In der Literatur (vgl nur Grillberger, in Löschnigg, AngestelltenG8 § 32 Rz 13; Kuras, in Marhold/Burgstaller/Preyer (Hrsg), AngestelltenG § 32 Rz 12) wird in diesem Fall von der „rechtswidrigen Veranlassung eines Informationsmangels“ seitens des AN gesprochen.
So etwa Apathy, ZAS 1997, 58 (Glosse); OGH 8 Ob A 202/95, Arb 11.427 = infas 1996, A 12: Beschimpfungen des AN durch den Geschäftsführer münden in Faustschläge gegen diesen und führen zur Entlassung.
Ausführlich dazu Greifeneder, in ZellHB AV-Klauseln Rz 69.01 ff mwN; weiters nun B. Hammer, Konventionalstrafen in Arbeitsverträgen (2009), 47 ff.
Dazu OGH 9 Ob A 80/09v, wbl 2010, 195: Aus dem Umstand, dass der KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung für den Fall des vorzeitigen unbegründeten Austritts und der verschuldeten berechtigten Entlassung den Entfall bzw die Rückzahlungspflicht für Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration anordnet, ist nicht auf Unzulässigkeit einer Konventionalstrafe zu schließen. Die Zulässigkeit der Konventionalstrafe nach § 11 Abs 3 AÜG ist hierbei nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Ausübung des Mäßigungsrechts dagegen aufgrund der später eintretenden Umstände zu beurteilen.
Siehe etwa OGH 4 Ob 45/83, ZAS 1984/15 (Kohlmaier): Absicherung der Schadenersatzpflicht des grundlos ausgetretenen AN durch Konventionalstrafe zulässig; OGH 9 Ob A 21/96, infas 1996, A 131: Einhaltung der sechsmonatigen Verfallsfrist nach § 1162d ABGB (§ 24 Abs 1 AngG).
Wie schwierig manchmal die Abgrenzung von dienstlicher Sphäre und Privatsphäre ist, zeigen folgende Entscheidungen: a) OGH 9 Ob A 90/07m, ecolex 2007/406 = RdW 2008/305 = DRdA 2009/3 (Resch): Darf ein Firmenwagen auch für Privatfahrten eingesetzt werden, wobei allerdings eine ausdrückliche Genehmigung des AG erforderlich ist, so fällt eine — im Anschluss an die Auslieferung der Bäckereiwaren durchgeführte — Fahrt in das Landeskrankenhaus, um bestehende Brustschmerzen untersuchen zu lassen, in die Privatsphäre, wenn diese Fahrt nicht angekündigt war. Die Beschädigung des Kastenwagens bei Einfahrt in das Parkhaus wegen Unterschätzung seiner Höhe fällt daher nicht unter das DNHG. (Andererseits hat das Höchstgericht einen Unfall mit dem Firmenwagen auf der Heimfahrt — nach einer Unterbrechung von mehreren Stunden aus privaten Gründen — noch dem DNHG zugeordnet; vgl OGH 4 Ob 157/82, Arb 10.208.) b) OGH 9 Ob A 34/06z, DRdA 2007/21 (Kerschner) = ZAS 2007/20 (Ettmayer) = ecolex 2006/407: Rauchen einer Zigarette kurz vor Verlassen des Büros; die unsachgemäße Entsorgung löst einen Brand aus, der einen erheblichen Schaden für den AG bewirkt. Das Höchstgericht hat diesen Sachverhalt dem DNHG unterstellt, weil der Zusammenhang mit der Dienstleistung nicht durch „ein erlaubtes, übliches oder sozialadäquates Verhalten“ aufgehoben wird, das mit der eigentlichen Dienstleistung nichts zu tun hat. Auch andere „private“ Tätigkeiten dieser Art (zB Essen, Trinken, Einnahme von Medikamenten, Aufsuchen von WC, Vornahme gymnastischer Lockerungsübungen) werden weiter dem Schutzbereich des DNHG zugeordnet. Zu a) — b): Das Höchstgericht betont, dass das im DNHG normierte Haftungsprivileg dem erhöhten Haftungsrisiko Rechnung trägt, das der AN dadurch eingeht, dass er im Interesse und zum Nutzen des AG tätig ist. Der AN kommt hierbei häufig und meist für ihn nicht steuerbar in einen engen Kontakt zu den Vermögenswerten seines AG. Für den AG sind solche Schäden zumeist durchaus voraussehbar und daher auch versicherbar. Die Belastung des AN würde vielfach auch dessen wirtschaftlichen Verhältnisse übersteigen.
Näheres zu den von der Rsp herausgearbeiteten Mäßigungskriterien Hammer, Konventionalstrafen in Arbeitsverträgen 146 ff.
Siehe etwa Reischauer, in Rummel, ABGB II3 § 1336 Rz 14, mit vielen Judikaturhinweisen; weiters Harrer, in Schwimann, ABGB VI3 (2006) § 1336 Rz 25 ff.
Kann der tatsächliche Schaden nicht oder nur schwer ermittelt werden, ist am möglichen Schaden anzusetzen; vgl OGH 9 Ob A 187/93, wbl 1994, 23; dazu auch Reissner, DRdA 1993, 243 (Glosse). Selbst wenn kein Schaden entstanden ist, kann die Konventionalstrafe gerechtfertigt sein, weil das Interesse des Gläubigers an der Vertragserfüllung maßgeblich ist; so schon LG Ibk 1 Cg 377/63, SozM I A/e 537 ff.
Nachweise dazu bei Windisch-Graetz, in ZellKomm § 2 DNHG Rz 28 ff; weiters Kerschner, DNHG2 (2004) § 2 Rz 44 ff; Oberhofer, in Schwimann, ABGB VII7 DNHG § 2 Rz 53 ff.
Bereits F. Bydlinski, Arbeitsrechtskodifikation und allgemeines Zivilrecht (1969), 139, meint, dass ein „verständiger Beurteiler“ die Mäßigung auch an den Vermögensverhältnissen und den familienrechtlichen Verpflichtungen des AN orientiert.
IdS auch Greifeneder, in ZellHB AV-Klauseln 69.34.
Insofern ist nicht ganz verständlich, wenn im Zusammenhang mit der Vereinbarung einer Konventionalstrafe befürchtet wird, dass die zwingende Haftungsordnung des DNHG umgangen werden könnte (so Kerschner, DNHG2 § 5 Rz 6). Auch der Standpunkt von Reischauer, in Rummel, ABGB II3 § 1336 Rz 3b, wonach Konventionalstrafen im Anwendungsbereich des DNHG unwirksam seien, lässt sich nicht halten, weil das zwingend ausgestaltete Mäßigungsrecht ja voll wirksam werden kann.
Diese Position findet sich schon bei Mayer-Maly, Individualarbeitsrecht I (1987), 95, sowie — ihm folgend — bei Wachter, in Schwimann, ABGB VII3 (2005) § 5 DNHG Rz 35, der insofern von einer „mittelbaren Wirkung des DNHG“ spricht; zuletzt idS auch Hammer, Konventionalstrafen in Arbeitsverträgen 170 ff.
So zutr Reissner, in ZellKomm § 38 AngG Rz 24. Abweichend Resch, in Löschnigg, AngG8 § 38 Rz 33, der zuerst im Wege der Vertragsinterpretation feststellt, ob — von den sich nach seiner Meinung gegenseitig ausschließenden — § 1336 Abs 2 ABGB oder § 2 DNHG zum Zuge kommt und sodann die Mäßigung nach der ermittelten Norm vornimmt.
Zuvor war der Schadenersatzanspruch mit der Höhe der Konventionalstrafe „gedeckelt“, wodurch der AN-Schuldner klar abschätzen konnte, welches Risiko er eingeht; siehe nur OGH 4 Ob 45/83, SZ 56/75 = ZAS 1984/15 (Kohlmaier) = Arb 10.266: Schadenersatz wegen fristloser Entlassung.
So auch Reissner, in ZellKomm § 38 Rz 23. Allerdings wird etwa in OGH 9 Ob A 187/93, wbl 1994, 23, durchaus anerkannt, dass eine zu weit gezogene Konkurrenzklausel insofern zu einer Teilnichtigkeit führt, als die mit ihr verknüpfte Konventionalstrafe entsprechend zu mäßigen ist. Eine Mäßigung auf Null, nur weil kein konkreter Schaden entstanden ist, sei aber nicht geboten.
IdS ebenfalls Resch, in Löschnigg, AngestelltenG8 § 38 Rz 4, der von gleichgewichtiger Schutzbedürftigkeit bei Verbraucher und AN ausgeht.
Das Schauspielergesetz (SchauspG), BGBl 1922/441 idgF, wird in naher Zukunft durch das Bühnenarbeitsrechtsgesetz (Bü-ARG) abgelöst werden, weshalb die parallelen Bestimmungen des Ministerialentwurfes zur „Haftung für abgelegte Gegenstände“ gleichfalls mit dem etwas modernisierten Inhalt angeführt werden. Das Zeichen „=“ ist hierbei im Sinne von „entspricht“ zu verstehen. Die Bezeichnung Schauspieler/in wird sodann durch den Terminus „Theaterarbeitnehmer/in“ zu ersetzen sein.
Im Einzelnen etwa bei Binder, in Löschnigg, AngestelltenG8 § 18 Rz 126 f.
Siehe OGH 4 Ob 35/82, Arb 10.268 (im Anschluss an Strasser): Schutz der vermögensrechtlichen Interessen des AN — entwickelt aus Fürsorgepflicht, Grundsätzen von Treu und Glauben, Billigkeit, Verkehrssitte sowie dem sozialen Charakter des Arbeitsverhältnisses. In OGH 4 Ob 117/82, Arb 10.188 = DRdA 1983, 193, wird allerdings unter Bezugnahme auf § 14 Abs 4 — 6 ASchG 1972 (nunmehr § 27 Abs 4 ASchG 1994) betreffend die Überlassung einer „versperrbaren Einrichtung“ die Ansicht vertreten, dass sich damit ein Rückgriff auf die Fürsorgepflicht (§ 1157 ABGB) erübrigt. Dieser Standpunkt ist jedoch zu restriktiv, weil das AN-Eigentum über die engen gesetzlichen Tatbestandsmerkmale hinaus Schutz verdient.
Weiters dazu Binder, in Schwimann, ABGB IV3 (2006) § 958 Rz 8.
Im Detail mit Fallbeispielen aus der Judikatur Binder, in Schwimann, ABGB IV3 § 964 Rz 2 ff.
OGH 4 Ob 17/49, Arb 5065. Weiters hierzu OGH 4 Ob 24/75, ARD 2780/7/1975: Musikinstrumente im Barraum — fehlende Sicherheitsvorkehrungen.
OGH 8 Ob A 81/03z, wbl 2004, 390.
Näher dazu Apathy, in Schwimann ABGB IV3 § 1014 Rz 9 ff; Strasser, in Rummel ABGB I3 (2000) § 1014 Rz 10; Marhold/Friedrich, Österr Arbeitsrecht (2006), 243 ff; Löschnigg, Arbeitsrecht10 (2003), 446 ff; Tomandl/Schrammel, Arbeitsrecht II6 (2008), 187 ff.
OGH 9 Ob A 1004/93, ARD 4485/23/93.
OGH 4 Ob 117/82, Arb 10.188 = DRdA 1983, 193.
Schwarz/ Berger/ Veigl/ Pernegger, Darstellende Berufe (2005), 50.
OGH 25.6.1907, Nr 6715, GlUNF 3820.
Kozak/ Balla/ Zankel, SchauspielerG (2007), 144, sprechen daher von einer „echten verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung“, die sich aus der Gefahr des „verwickelten Betriebes“ erkläre.
Die neue Textierung in § 21 Abs 1 Bü-ARG-Entwurf lautet: „für Kleidungsstücke oder Gegenstände des Mitgliedes, deren Wert den Wert gewöhnlicher Gebrauchsgegenstände nicht übersteigt, wenn sie im Ankleideraum oder während der Probe oder der Aufführung auf der Bühne... abgelegt werden,...“
Siehe hierzu OGH 2 Ob 406/61, JBl 1962, 321 = EvBl 1962/61.
Näheres dazu Binder, in Schwimann, ABGB IV3 § 970 Rz 66.
VglOGH23.10.1906, Nr 16.935, GlUNF 3556;OGH28.10.1908, Rv II 761/8, GlUNF 4357.
Ausführlicher dazu Krejci/ Böhler, in Tomandl, SozialV-System (22. Erg-Lfg), 429 ff (3.); Koziol, Österr Haftpflichtrecht II2 (1984), 219 ff, 232 ff.
Vgl § 333 Abs 4 ASVG; näher dazu Krejci/ Böhler, in Tomandl, SozialV-System (22. Erg-Lfg), 470 ff (3.3.2.2.).
Ausführlich zu dieser Problemstellung Schoditsch, Schädigermehrheit und gesetzliches Haftungsprivileg, JBl 2004, 557 ff (insb 571 ff) mwN; zuvor bereits Kletečka, ÖJZ 1993, 785 ff (790 ff).
Siehe insb Schoditsch, JBl 2004, 571 ff.
So aber die Judikatur: vgl OGH 2 Ob 129/70, SZ 44/48 (verstärkter Senat): Dienstfahrt — „Aufseher im Betrieb“; OGH 4 Ob 16/78, JBl 1979, 382 = ZAS 1982/6 (zust Selb): Sägewerk — Arbeitskollegenhaftung bei Zusammentreffen mit einem haftungsprivilegierten Schädiger; OGH 2 Ob 37/95, JBl 1996, 513 (krit Resch): Montage einer Abwasserreinigung — Leih-AN; OGH 3 Ob 71/02s, ecolex 2003, 100 (Ch. Rabl): Probebetrieb einer Getränkeabfüllanlage — Unfall des Leih-AN — Produkthaftung. Das Höchstgericht bezieht sich hierbei vor allem auf § 896, 2 ABGB (analog), wonach auch bei Deliktsunfähigkeit oder Unbekanntsein eines Mitschädigers der „ausfallende Anteil“ von den Mitverpflichteten übernommen werden muss. (Krit zu diesem Begründungsansatz allerdings Selb, ZAS 1982, 55, der die Alleinhaftung des übrig bleibenden Mittäters aus den allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts ableitet.)
Dieser Lösungsansatz wird kurz von Resch, JBl 1996, 517 ventiliert, wobei er diesen aus der Entstehungsgeschichte des § 333 ASVG herleitet. Letztlich überzeugt ihn jedoch zutreffend die vom BGH vertretene Lösungsalternative der absoluten Wirkung des Haftungsprivilegs; hierfür führt er die vom ASVG vorgenommene Schadenszuweisung als tragendes Argument an.
Diese Lösung favorisiert auch Schoditsch, JBl 2004, 576, der sich vor allem auf das Finanzierungsargument stützt. IdS schon Kletečka, ÖJZ 1993, 791 und Resch, JBl 1996, 517. Nun auch Koziol, Österr Haftpflichtrecht I3 (1997) Rz 14/39, der allerdings insofern einschränkt, als der SozialV-Träger gegenüber dem haftungsprivilegierten AG ein Regressrecht kraft eigenen Rechts (vgl § 334 ASVG) ausüben kann. Dieses schlage auf die Solidarschuld zwischen dem AG und Dritten durch. IdS bereits König, Entlastung des Zweitschädigers beim Arbeitsunfall, VRdSch 1981, 51 ff (53).
Koziol, Österr Haftpflichtrecht I3 Rz 14/40; zuvor bereits Kletečka, ÖJZ 1993, 836 f.
Siehe zu den folgenden Zeilen bereits meine früheren, teilweise wörtlich übernommenen Überlegungen in dem Beitrag, Allgemeine und rechtliche Aspekte der Mobilität von AN, ZfA 1978, 97 ff.
So F. Bydlinski, Arbeitsrechtskodifikation und allgemeines Zivilrecht 132 ff; Steininger, Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses (1969), 46 f.
Schrank, ZAS 1981, 27, betont zutreffend, dass dem AG obliegt, unverzüglich jene Ersatzdispositionen zu treffen, die notwendig sind, um seine durch das vorzeitige Ausscheiden des AN konkret gefährdeten unternehmerischen Vertragspflichten ordnungsgemäß erfüllen zu können.
Vgl etwa OGH 4 Ob 69/75, EvBl 1976/179 = Arb 9422: Sänger — Weigerung, bei Proben und Konzert mitzuwirken; Mehrauslagen für die Verpflichtung einer Ersatzkraft.
DazuOGH 4 Ob 42/79, ZAS 1981/3 (Schrank) = Arb 9799: Ungerechtfertigter vorzeitiger Austritt eines Raupenfahrers — Anmietung eines Ersatzgerätes; Frage der Schadensminderungspflicht bei unterlassener Anfrage beim Arbeitsamt wegen einer Ersatzkraft.
Dazu OGH 4 Ob 87/57, Arb 6786: Schlägerungsarbeiten „bis zum Schneefall“; OGH 9 Ob A 127/98m, RdW 1998, 699 = DRdA 1998, 443.
Siehe OGH 5 Ob 250/69, SozM I A/d 907 = SZ 42/177: Produktionsausfall beim alten AG wegen Nichteinhaltung der 14-tägigen Kündigungsfrist.
SieheOGH9 Ob A 127/98m, RdW 1998, 699 = DRdA 1998, 443: Ersatz nur jenes Schadens, der durch das entlassungsbedingte Nichteinhalten der Kündigungsfristen entstanden ist, nicht jedoch die Kosten des für die Suche eines Nachfolgers beigezogenen Beraters. In der Entsch des LG St. Pölten 5 Cga 158/90, Arb 10.934, werden dem — minderjährigen — AN die Suchkosten (Inserate) aufgelastet, als auf den Vorvertrag hin der Hauptvertrag nicht geschlossen wurde, weil durch das vorvertragswidrige Verhalten die Suche einer Ersatzkraft dringend notwendig wurde. In der Entsch des LG ZRS Wien 44 Cg 78/64, SozM I A/d 594, wird betont, dass der Schadenersatzanspruch davon abhängt, ob vom Arbeitsamt ergebnislos eine gleichwertige Fachkraft angefordert wurde. IdS auch OGH 8 Ob A 113/01b, Arb 12.144: Es fehlt an einem ersatzfähigen Schaden, wenn der AG ohne weiteres eine Ersatzkraft gleicher Qualifikation zu demselben Entgelt bis zu dem notwendigen Termin findet. Siehe auch ASG Wien 4 Cga 300/02v, ARD 5451/7/2003: Inseratkosten wären jedenfalls angefallen; aber auch die Kosten des Umbaus der Homepage, der Anfertigung neuer Pressefotos sowie von neuen Visitenkarten weisen keine Verknüpfung mit einem Wechsel zum Konkurrenzunternehmen auf.
Näher hierzu Koziol, Österr Haftpflichtrecht I3 Rz 8/60 ff.
Einer anderen Meinung kann nur anhängen, wer das Schadenersatzrecht primär vom Präventionsgedanken beherrscht ansieht. Überwiegender Ansicht nach wird es jedoch vom Ausgleichsgedanken geprägt; siehe Koziol, Österr Haftpflichtrecht I3 Rz 1/13 ff.
Beispiele für den Einsatz des § 273 ZPO im Arbeitsrecht: a) Festsetzung des Entgelts: LG Klagenfurt 4 Cg 41/50, Arb 5162: Mechanikergeselle; OGH 9 Ob A 125/07h, ZAS-Judikatur 2008/80: überlassene Beamtin; OLG Wien 7 Ra 181/05x, ARD 5706/6/2006: teilzeitbeschäftigter Geschäftsführer — Lohnpfändung; OLG Wien 10 Ra 118/03a, ARD 5483/4/2004: Mitarbeit im Betrieb des Lebensgefährten; OGH 4 Ob 138/79, Arb 9854: Pauschalentgelt für Montagearbeiten. b) Höhe der Überstundenentgelte: OLG Wien 10 Ra 140/99b, ARD 5091/7/2000: Überstundenzahl; OGH9 ObA101/93, Arb 11.088: zwei Drittel der behaupteten Stunden. c) Ausmaß einer Prämie: OLG Wien 7 Ra 115/08w, ARD 5939/6/2009: Zielerreichungsprämie — Dienstfreistellung; OGH 9 Ob A 92/07 f, wbl 2008/36 = Arb 12.710: Leistungsprämie. d) Bewertung des Naturalentgelts: OGH9 Ob A 247/94, RdW 1995, 315: Privatnutzung eines Firmenautos; OGH 9 Ob A 130-132/93, DRdA 1994/19 (Dirschmied): Aufwendungen zur Erhaltung des Pilotenflugscheins. e) Schätzung des Resturlaubs: OGH 8 Ob A 298/97z, ARD 4917/7/98: Fehlzeitenanrechnung. f) Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung gemäß § 24 HVertrG: OGH 8 Ob A 290/01g, RdW 2003/86; OGH 9 Ob 2065/96h, wbl 1998/275. g) Vergütung für eine Diensterfindung: LG Wien 44 Cg 153/59, Arb 7114; OGH 9 ObA 39/08p, wbl 2009/266: Gruppenleiter für Energie-und Rückgewinnungsanlagen. h) Schadenersatzanspruch: OLG Wien 8 Ra 341/99x, ARD 5172/13/2000: neuerliche Ausführung von Malerarbeiten durch anderen AN; OGH 9 Ob A 101/99i, JBl 2000, 324: Pflichtverletzung eines Geschäftsführers; OGH 2 Ob 196/79, ZVR 1980/323: Einkommensverteilung in der Familie für Hinterbliebenenrente aus Verkehrsunfall. Zu a) — h): Die Ermessensentscheidung nach § 273 ZPO ist nach der richterlichen Erfahrung, der allgemeinen Lebenserfahrung oder auch den Zwischenergebnissen eines teilweise durchgeführten Beweisverfahrens zu fällen (OLG Linz 11 Ra 113/97k, ZAS-Beilage 1998, 11).
Siehe etwa OGH 4 Ob 45/83, ZAS 1984/15 (Kohlmaier), worin die Absicherung der Schadenersatzpflicht des grundlos ausgetretenen AN durch Konventionalstrafe als zulässig erkannt wird; OGH 9 Ob A 21/96, infas 1996, A 131: Einhaltung der sechsmonatigen Verfallsfrist nach § 1162d ABGB (§ 24 Abs 1 AngG) ist aber auch bei einer vereinbarten Konventionalstrafe geboten. JüngstOGH9 Ob A 50/09g, EvBl 2010/36 (J. Mair) = wbl 2010/34, 90: unberechtigter Austritt eines Zimmermädchens. AM Weisgram, Die Konventionalstrafe im Dienstvertrag, DRdA 1956, 23 ff, der die Konventionalstrafe nur dort zulassen will, wo sie durch arbeitsrechtliches Sondergesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Diesem Standpunkt ist jedoch entgegen zu treten, weil in der Vereinbarung einer Schadenersatzpauschale grundsätzlich keine Gefährdung der AN-Interessen zu sehen ist, zumal durch die Statuierung des richterlichen Mäßigungsrechts eine Kontroll-und Korrekturmöglichkeit offensteht sowie in Fällen von besonderen Auswüchsen die Gute-Sitten-Klausel (§ 879 ABGB) für die Totalnichtigkeit sorgt (vgl nur OGH Ob I 1065/22, SZ 4/105; OGH 2 Ob 805/50, SZ 23/372; OGH 4 Ob 65/62, Arb 7587; OGH 4 Ob 56/71, Arb 8909).
So die plastische Aussage von Bötticher, Wesen und Arten der Vertragsstrafe sowie deren Kontrolle, ZfA 1970, 3 ff (7).
OGH 11.4.1890, GlU 13.251 = JBl 1890, Nr 43: vorzeitiger Austritt aus dem Engagement als Sänger.
Dazu OGH 8 Ob A 113/01b, Arb 12.144: keine Schwierigkeit, eine Ersatzkraft gleicher Qualifikation zu demselben Entgelt zu finden; OGH 11.4.1890, GlU 13.251 = JBl 1890, Nr 43: erschwertes Finden eines Ersatzes zu Saisonende. Weiters LG ZRS Wien 44 Cg 78/64, SozM I A/d 594: Bemühen um Ersatzkraft beim Arbeitsamt erforderlich.
Siehe etwa OGH 4 Ob 42/79, ZAS 1981/3 (Schrank) = Arb 9799: Schadensminderung als Aspekt der vertraglichen Schutz-und Sorgfaltspflichten.
So zutr OGH 4 Ob 42/79, ZAS 1981/3 = Arb 9799.
OGH 4 Ob 56/71, Arb 8909.
Es geht nicht um Schlecht-, sondern um Nichterfüllung; siehe OGH 4 Ob 69/75, EvBl 1976/179 = Arb 9422; OGH 8 Ob A 225/94, Arb 11.220.
Es wird allerdings prinzipiell abgelehnt, den AG zugunsten der aus dem Vertragsbruch resultierenden Schadenersatzforderung mit dem sonst der Exekution entzogenen Teil der Entgeltforderung kompensieren zu lassen. Der in § 293 Abs 3 EO (zweiter Tatbestand) geforderte „rechtliche Zusammenhang“ wird für das Verhältnis von Schadenersatzforderung des AG wegen ungerechtfertigten Austritts und der Entgeltforderung des AN prinzipiell abgelehnt. So fordert etwa Krejci, Zur Kompensation von Entgeltforderungen des AN mit AG-Ansprüchen auf Schadenersatz, ZAS 1980, 163 (175 f), ein enges Konnexitätsverständnis. IdS verneint die Rsp einen diesbezüglichen „rechtlichen Zusammenhang“; vgl OGH 9 Ob A 50/09g, EvBl 2010/36 (J. Mair) = wbl 2010/34, 90: Zimmermädchen. (Anders entschied noch der OGH in 4 Ob 87/57, Arb 6786: Schlägerungsarbeiten.) Korenjak, Keine Aufrechnung einer Konventionalstrafe mit Entgeltansprüchen, ASoK 2010, 122 ff, befürwortet die restriktive Linie des Höchstgerichts und begründet dies aus dem Zweck der zwingenden Lohnpfändungsvorschriften; dem AN müsse eine Existenzgrundlage für die Führung seines Lebensunterhalts gesichert bleiben. Es muss daher mit der unbefugten Arbeitseinstellung schon eine Schädigung des AG beabsichtigt gewesen sein, damit — zumindest — der dritte Tatbestand des § 293 Abs 3 EO eingreift. Ein bloßes „Inkaufnehmen“ der AG-Schädigung (sog „bedingter“ Vorsatz) wird offensichtlich für unzureichend angesehen.
OGH 5 Ob 250/69, SozM I A/d 907 = SZ 42/177.
Dazu OGH 9 Ob A 80/09v, wbl 2010, 195: Verlust von Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration, wenn Leih-AN vorzeitig unbegründet austritt; kann noch durch Konventionalstrafe verschärft werden.
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Binder, M. (2011). Modifikationen des zivilen Schadenersatzrechts im Rahmen von Arbeitsverhältnissen. In: Harrer, F., Honsell, H., Mader, P. (eds) Gedächtnisschrift für Theo Mayer-Maly. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0001-1_8
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