Zusammenfassung
Die Grundrechtscharta der EU, die als Folge des Lissaboner Vertrags in der österreichischen Rechtsordnung verbindlich geworden ist1, enthält ua eine explizite Verankerung des Schutzes der Menschenwürde, freilich nicht im Rang von Verfassungsrecht und nur für den Geltungsbereich der EU-Grundrechte-Charta. Damit hat sich die Rechtslage des Menschenwürdeschutzes in Österreich insgesamt verändert. Um das insofern relevante geltende Recht geordnet zu überblicken — und das ist ja, wie Theo Mayer-Maly stets betont hat, primäre Aufgabe des Juristen2 —, bedarf es der gemeinsamen Betrachtung der nationalen und der internationalen Dimension des Schutzes der Menschenwürde. Um diesen Überblick bemüht sich dieser Beitrag.
Schriftliche Fassung eines Vortrags, den der Verfasser am 20. April 2010 bei einem Symposion im Parlament in Wien gehalten hat, das Fragen des Schutzes der Menschenwürde gewidmet war. Die Vortragsfassung ist weitgehend beibehalten; der Anmerkungsapparat ist auf Belege beschränkt.
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Literatur
BGBl III 2009/132.
Mayer-Maly schrieb dazu einmal, der Jurist solle „die vorhandenen Strukturen aufspüren undsie dannjuristisch anständig formieren“. So in Probleme der wirtschaftlichen undsozialen Selbstverwaltung, hrsg von der Wissenschaftlichen Abteilung der Bundeswirtschaftskammer, Schriftenreihe der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, H4, 1967, 84.
Dazu (und mit den entsprechenden Belegen): K. Korinek, Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen als Grundlage moderner Grundrechtskataloge, in Kapellari/ Schambeck (Hrsg), Diplomatie im Dienst der Seelsorge, in FS Donato Squicciarini (2002), 76.
R. Marcic, Der unbedingte Rechtswert des Menschen, in FS Eric Voegelin (1962), 360 (hic: 368). Dazu auch: A. Verdroß, Die Würde des Menschen in der abendländischen Rechtsphilosophie, in FS Johannes Messner (1961), 353 (insb 355).
J. Rau, Einander achten und aufeinander achten (2009), 83.
Grundlegend F. v Zeiller, Das natürliche Privatrecht (1802), 1 ff, 18 ff.
So J. Aicher, in Rummel (Hrsg), ABGB2 I (1990) § 16 Rz 2.
VfSlg 13.635/1993.
F. Bydlinski, Fundamentale Rechtsgrundsätze (1988), 171 ff, hic: 176.
Auch in der deutschen Rechtsprechung wird diesem Aspekt zentrale Bedeutung zugemessen: vgl etwa BVerfGE 57, 250.
W. Berka, Die Grundrechte (1999) Rz 378 ff.
Art 9 Z2 des Staatsvertrages vom 15.5.1955 betr die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl 1955/152, in Verfassungsrang spätestens seit BGBl 1964/59.
Art 9 dieses Staatsvertrages iVm dem Verbotsgesetz, StGBl 1945/13 idF zuletzt BGBl 1992/148.
M. Nettesheim, Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und ihre Rechtsnatur, in Merten/ Papier (Hrsg), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd VI/2 (2009) § 173, insb Rz 47 ff.
Th. Meron, Human Rights and Humanitarian Norms as Customary Law (1989), 88.
R. Dreier, in Dreier (Hrsg), Grundgesetz, Kommentar, Bd I2 (2004) Art 1 I Rz 28.
BGBl 1958/210, in Verfassungsrang spätestens seit BGBl 59/1964. Im Kurzkommentar zum österreichischen Bundesverfassungsrecht von H. Mayer ist die Präambel ungeachtet dessen nicht abgedruckt, wohl aber in dem von Ch. Lanner besorgten Kodex Verfassungsrecht und in dem von A. Martin besorgten Bd I des von Korinek/Holoubek herausgegebenen Kommentars zum Österreichischen Bundesverfassungsrecht, der den kompletten Text des positiven österreichischen Verfassungsrechts enthält.
EGMR v 29.4.2002, Pretty (= EuGRZ2002, 234).
Vgl EGMR v 6.7.2005, Nachova (= EuGRZ2005, 693) sowie EGMR v 12.7.2005, Moldovan, HRLJ 2005, 201.
Dazu näher: K. Korinek/ E. Dujmovits, Grundrechtsdurchsetzung und Grundrechtsverwirklichung, in Merten/ Papier (Hrsg), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd I (2004) § 23, Rz 8 ff.
EGMR v 1.4.2010 (Entscheidung der I. Kammer, Bsw 57.813/00); die Entscheidung erging in Folge der verfassungsgerichtlichen Entscheidung VfSlg 15.632/99 und wurde nicht rechtskräftig; eine Entscheidung der Großen Kammer ist noch nicht ergangen.
Diese Grundrechtsgewährleistung wird aus Art 2 Bonner GG entnommen (vgl insb BVerfGE 65, 1, 41 ff).
Zit nach J. Meyer, Art 1, in Meyer (Hrsg), Charta der Grundrechte der Europäischen Union2 (2006) Rz 29.
Das berichtet Meyer, ebenda Rz 9.
Über die Bedeutung dieses Aspekts im Bereich der Bioethik berichtet etwa Meyer, ebenda Rz 41 (mit Hinweisen auf opinions der europäischen Ethikkommission).
Vgl statt aller (mwH) W. Frenz, Handbuch Europarecht, Bd IV, Europäische Grundrechte (2009), 247 ff, der auch auf die prägende Position des Vorsitzenden des Grundrechtskonvents Roman Herzog für die Festlegung dieser Doppelnatur des Schutzes der Menschenwürde hinweist.
Erläuterungen des Präsidiums des Grundrechtskonvents vom 20.9.2000, CHARTE 4471/00, CONVENT 48, 3. Ebenso in den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, ABl 2007, C 303, 17.
So auch Meyer (Fn 23) Rz 33.
Zur methodischen und dogmatischen Basis dieser Konsequenz: K. Korinek, Zur Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes im System des nationalen und europäischen Schutzes der Grund-und Menschenrechte, in FS Peter Badura (2005), 1099 (1103 ff).
In der Diskussion im Österreich-Konvent gab es einen Vorschlag von Dr. Schnizer in diese Richtung.
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Korinek, K. (2011). Der Schutz der Menschenwürde im Verfassungsrecht und im internationalen Recht. In: Harrer, F., Honsell, H., Mader, P. (eds) Gedächtnisschrift für Theo Mayer-Maly. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0001-1_16
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