Zusammenfassung
Bis jetzt haben wir die kovalente Bindung mittels der Oberlappung von Atomorbitalen besprochen, wobei stillschweigend angenommen wurde, daß die nicht an der Bindung beteiligten Elektronen die gleichen Orbitale besetzen, die sie in den isolierten Atomen einnehmen. Dieses Bild trägt weitgehend der Notwendigkeit der Erklärung von qualitativen Eigenschaften der Valenz Rechnung, und wenn Kenntnisse von der räumlichen Verteilung von Atomorbitalen zuzüglich des Konzeptes der Hybridisierung angewendet werden, lassen sich erstaunlich gute Voraussagen über die molekulare Geometrie machen. Für einige Moleküle sind diese Vorstellungen jedoch völlig ungeeignet. Das beste und bekannteste Beispiel dafür ist Benzol, für das die Unzulänglichkeiten der Kekulé-Formel seit langem anerkannt sind. Wenn die Benzolmolekel drei Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen enthalten würde, so wie es die Kekulé-Struktur angibt, sollte es sich chemisch wie Äthylen verhalten, nämlich Halogene und Halogenwasserstoffe sehr leicht addieren. Obwohl auch Additionsprodukte von Benzol erhältlich sind, liefert diese Verbindung gewöhnlich Substitutionsprodukte; darüberhinaus müssen fur die Ringöffnung des Benzols extreme Bedingungen angewandt werden, wohingegen drei olefinische Doppelbindungen sehr leicht oxydativ spaltbar wären. Darüberhinaus ist die C—C-Bindung in Äthan länger als die C = C-Bindung in Äthylen, so daß nach der Kekulé-Formel Benzol ein unregelmäßiges Sechseck sein sollte, während es in Wirklichkeit ein ebenes regelmäßiges Sechseck ist. Die ebene Form mit Winkeln von 120° weist eindeutig darauf hin, daß das Kohlenstoffgerüst mit den Wasserstoffatomen durch sp2-Hybridbindungen zusammengehalten wird, wodurch ein ungepaartes pz-Elektron an jedem Kohlenstoffatom unbeansprucht bleibt (Abb. 30a). Wenn diese pz-Orbitale paarweise überlappen würden (Abb. 30b), entstünde ein „Kekulé“-Molekül mit all seinen Nachteilen. Außerdem gibt es keinen Grund dafür, warum die Paarung gerade so wie in Abbildung 30b erfolgen sollte und nicht wie in Abbildung 30c. Und tatsächlich nimmt man an, daß die sechs pz-Orbitale kombinieren und daraus drei bindende und drei antibindende „π“-Orbitale resultieren, die den Benzolring, wie in Abbildung 30d gezeigt, umschließen. Die sechs π-Elektronen werden in den drei bindenden π-Orbitalen untergebracht und man kann offensichtlich nicht von einem Verbleib in einer bestimmten Bindung sprechen — sie sind vielmehr delokalisiert.
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© 1971 Springer Fachmedien Wiesbaden
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Spice, J.E. (1971). Die Verteilung der Elektronen in Molekülen. In: Chemische Bindung und Struktur. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-20193-9_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-20193-9_5
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