Zusammenfassung
Die Komplementarität zwischen der Lieferzeit und dem Preis, die wir im vorangehenden Abschnitt betonten, tritt besonders deutlich in der jeweiligen Festlegungsart des Preises, d.h. in seiner konkreten vertraglichen Lieferzeit-Bindung zutage. Diesen Zusammenhängen soll der nachfolgende Abschnitt 6.1. gelten. Aufbauend auf dessen Inhalt werden dann abschließend Grundformen preis-orientierter Lieferzeitpolitik der Unternehmen skizziert.
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Wir sehen also von Möglichkeiten der Mengenaufstockung bzw. der teilweisen oder vollständigen Auftrags Stornierung ab.
Die betriebswirtschaftliche Praxis kennt eine Fülle sonstiger Preis-Vereinbarungen, die Mischformen und/oder Abwandlungen der hier genannten Typen darstellen, die jedoch alle auf diese Grundtypen zurückführbar sind. Siehe dazu: GREULICH,-, Die Gestaltung von Preis vorbehalten bei Lieferungsverträgen, in “Der Betriebs-Berater”, Jg. 7, 1952, S. 510–511;
MISCHKE, H. , Preisvorbehalte und Gleitpreisklauseln für Industrieerzeugnisse, in “Die”, Jg. 3, 1956, S. 28–34; ARBEITSKREIS GUBITZ DER SCHMALENBACH-GESELLSCHAFT, Preisvorbehaltsklauseln, in “ZfhF”-NF, Jg. 8, 1956, S. 181–211;
TESIC, M., Die Praxis der Revision von Vertragspreisen im internationalen Güter- und Dienstleistungsaustausch, in “Der Markt”, 1970, S. 5–11;
FINGER, P., Die mathematische Preisgleitklausel, in “Der Betrieb”, Jg. 23, 1970, S. 1865–1870
Von Erlösminderungen, die eintreten können, wenn ein Auftraggeber seinen Lieferanten bei verfrühter Lieferung mit anteiligen Lagerkosten belastet, sei hier wegen der Seltenheit solcher Vorgänge abgesehen.
Es gelten die Koordinatenbezeichnungen der Abbildung 61 .
Für den Auftragnehmer kann das Motiv zum Abschluß solcher kombinierter Vereinbarungen (statt im Ziel der besonderen Terminsicherung) in der Absicht liegen, dem Risiko einer verzugsbedingten Erlöseinbuße die Chance eines Erlöszuwachses bei vertragsgerechter Erfüllung zur Seite zu stellen.
Das preisorientierte Lieferzeit-Verhalten des Nachfragers erfährt besondere Behandlung bei: MÜLLER, E., Spekulative Einkäufe in Industrieunternehmungen, Diss. Freiburg/Schweiz 1966
... es sei denn, der vereinbarte Liefertermin werde so weit unterschritten, daß die Termine von Auftragseingang und Auslieferung zusammenfallen.
Auch unter liquiditätspolitischen Gesichtspunkten ist die Frage nach der Einhaltung vereinbarter Liefertermine von Bedeutung. Wurde beispielsweise der Zahlungstermin fest an den Liefertermin gekoppelt (man denke an Regelungen wie “Zahlung bei Lieferung” oder “Zahlungsziel 30 Tage nach Lieferung”), so bewirkt jede Abweichung vom vereinbarten Liefertermin gleichzeitig eine Verschiebung des Termins des Zahlungseingangs. Bei zwischen -finanzierten Objekten erweitert sich dieses Problem zusätzlich, denn dort führt bereits eine Abweichung von den geplanten Zwischenterminen zur Verschiebung von Zahlungs vor gangen, selbst wenn der geplante Endtermin der Lieferung eingehalten wird.
Welche immense praktische Bedeutung gerade der preisorientierten Lieferzeit-Verlängerung zukommt, geht allein schon aus der Tatsache hervor, daß sich im Jahre 1971 das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen veranlaßt sah, durch Rechtsverordnung die Preisauszeichnung der im Inland umgesetzten Waren speziell mit Blick auf die Lieferzeiten zu reglementieren, indem es die Vereinbarung gleitformelabhängiger Liefertagspreise für unzulässig erklärte, sofern die zu erwartende Lieferzeit eine Länge von vier Monaten nicht überschreitet (vgl. O. V., Die Preisgleitklausel beim Autokauf soll fallen, in “FAZ”, 1971, Nr. 159, S. 15; O. V., Beschränkung für Preisgleitklauseln, in “FAZ”, 1971, Nr. 248, S. 13; O.V. , Preisauszeichnung für Autos wird neu geregelt, in “Handelsblatt’1, Jg. 26, 1971, Nr. 132, S. 2). Neben einer generellen Stärkung der Käuferposition versprach man sich von dieser Verordnung eine spürbare und allgemeine preisdämpfende Wirkung. Wir halten diese Erwartungen jedoch für widerlegt, denn einerseits führte der Erlaß zu prophylaktischen Preiserhöhungen derjenigen Anbieter, die ihren Bestelltagspreisen vorbeugend die während der Lieferzeit zu erwartenden Kostenerhöhungen zuschlugen (vgl. O.V. , “Verbot der Gleitklauseln nützt Autokäufern nichts”, in “Handelsblatt”, Jg. 26, 1971, Nr. 205, S. 1; O.V., Ärgerliche Klausel, in “FAZ”, 1971, Nr. 161, S. 13; O.V., Nerv getroffen?, in “FAZ”, 1973, Nr. 31, S. 13). Andererseits konnte es diese starre Regelung nicht verhindern, daß nach ihrer Verabschiedung oftmals diejenigen Anbieter, deren Lieferzeiten nur knapp unter dem Grenzwert von vier Monaten lagen, ihre Produkte regelmäßig um einige Tage oder Wochen zurückhielten, um diesen Grenzwert zu überwinden und um sich damit die Möglichkeit einer nachträglichen Preiserhöhung zu verschaffen. Auch erblicken wir in dem Erlaß einen eklatanten Verstoß des Verordnungsgebers gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Betroffenen, denn teilweise klafft eine derartig ausgeprägte Lücke selbst zwischen den Lieferzeit-Niveaus unmittelbar miteinander konkurrierender Produkte (und dies gilt eigenartigerweise gerade für den Bereich der Automobilwirtschaft, auf den die Verordnung in erster Linie gerichtet war), daß einzelne Anbieter nunmehr prinzipiell auf die Anwendung von Preisgleitklauseln verzichten müssen, während sich andere, deren Lieferzeiten nur sporadisch unter die 4-Monate-Grenze absinken, weiterhin dieses Instrumentes bedienen können. Überdies zeigen die ausgeprägten Lieferzeit-Schwankungen der von uns erfaßten Produkte, wie realitätsfern eine Verordnung ist, die davon ausgeht, bei Vertragsabschluß sei stets eindeutig vorhersehbar, ob die effektive Lieferzeit die kritische 4-Monate-Grenze überschreiten werde oder nicht.
Zur Markttransparenz der Lieferzeiten vgl. unsere Ausführungen auf den Seiten 305–310.
Zur juristischen Beurteilung preisorientierter Liefersperren siehe z.B.: GUTZLER, H., Gelöste und ungelöste Fragen der Lief er Verweigerung, in “Der Betriebs-Berater”, Jg. 21, 1966, S. 390–394
GUTZLER, H., Liefersperre eines Markenartikelherstellers gegen Niedrigpreisgeschäft, in “Der Betriebs-Berater”, Jg. 23, 1968, S. 4–7;
O. V. , Zulässigkeit von Liefersperren gegen Niedrigpreisgeschäfte, in “Der Betrieb”, Jg. 19, 1966, S. 186;
O.V., Androhung von Liefersperren zur Einhaltung empfohlener Wiederverkaufspreise, in “Der Betriebs-Berater”, Jg. 15, 1960, S. 607–608
Man denke z.B. an Situationen, in denen sich bei materialkostenorientier-ter Gleitformel das Niveau der durchschnittlichen Materialkosten nicht oder nur unwesentlich verändert, während gleichzeitig die Beträge der aufzubringenden Personal-, Transport- oder Energiekosten spürbar und nachhaltig ansteigen.
Siehe hierzu z.B.: BROICHHAUSEN, K. , Schiffbau auf schwankenden Planken, in “FAZ”, 1973, Nr. 108, S. 13;
HILL, M.J. , Lockheed: Rettung kam in letzter Stunde, in “Handelsblatt”, Jg. 26, 1971, Nr. 148, S. 3; O.V., Festpreisaufträge belasten Ergebnis, in “FAZ”, 1973, Nr. 166, S. 14
Den jeweiligen Grenzwert könnte man als die “individuelle obere Lieferzeit-Angebotsgrenze” oder (in Analogie zur zeitlichen Dispositionsgrenze des Nachfragers) als die “zeitliche Dispositionsgrenze des Anbieters” bezeichnen.
Eine solche preisbezogene Lieferzeit-Beurteilung kommt beispielsweise bei A. KUREK (Methoden der Erarbeitung einer Markteinschätzung mit Prognose für zu importierende Rohstoffe aus kapitalistischen Ländern, in “Der Außenhandel”, Jg. 14, 1964, H. 8, S. 13–16) zum Ausdruck, wenn er zur Lieferzeit-Situation des westeuropäischen und nordamerikanischen Stahlmarktes im Jahre 1964 schreibt (S. 14): “Bei manchen Waren ... ist die Auftragslage für die Voraussage der weiteren Preisentwicklung der wichtigste Faktor. Wenn für eine bestimmte Kategorie von Stahlrohren im Vorjahr Lieferfristen von sechs bis acht Monaten üblich waren und gegenwärtig Lieferungen in zwei bis drei Monaten angeboten werden, so kann ... auf die weitere kurzfristige konjunkturelle Entwicklung auf diesem Markt und die Preisgestaltung in den nächsten Monaten geschlossen werden.” Zur Diskussion der Möglichkeiten, die Länge der Lieferzeiten eines einzelnen Marktes oder einer Mehrzahl von Teilmärkten als Frühindikator der Preisentwicklung wie auch der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung zu nutzen, sei ferner verwiesen auf: THULL, K.-H., Die zeitliche Aufeinanderfolge von Auftragseingang und Umsatz und ihre Aussagekraft für die Konjunkturanalyse, Diss. Frankfurt/M. (in Vorbereitung).
Dieser Lieferzeit-Reaktionswert ist nicht zu verwechseln mit der Lieferzeit-Reaktionsschwelle vom Typ B, wie sie in Abschnitt 4.2.2. charakterisiert wurde.
Nach unseren Eindrücken scheinen diese beiden Ausprägungsformen der Lieferzeit-Preis-Kumulation von erheblicher Bedeutung für die Entstehung und den Ablauf des (besonders bei lagerfähiger Massenware nachweisbaren) Auftrags- und Lagerzyklus’ zu sein.
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Wagner, G.R. (1975). Lieferzeitpolitik und Preisgestaltung. In: Die Lieferzeitpolitik der Unternehmen. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-20158-8_6
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