Zusammenfassung
Da× Argumentationen im Gegensatz zu logischen Schlüssen „pragmatische“ Verfahren seien, ist in der Argumentationstheorie zu einem Gemeinplatz geworden. Insbesondere wird mit dieser Feststellung z.T. die (dialogische) Diskurstheorie der Argumentationen begründet. Der Begriff „pragmatisch“ist jedoch notorisch vieldeutig (zur Kritik siehe auch: Tugendhat, Langage 1058 f.); bezüglich Argumentationen habe ich allein fünf verschiedene Bedeutungen ausgemacht: 1. Handlungscharakter oder Handlungsabhängigkeit, d.h. da× Argumentationen selbst Handlungen sind bzw. nur in Sprechhandlungen vorgebracht werden können, wovon wiederum bestimmte Eigenschaften der Argumentation abhängen, 2. praktische Begründbarkeit von Argumentationen, Argumentationsregeln oder -hand-lungen, 3. Öffentlichkeit, da× Argumentationen von anderen rezipiert werden können und in ein Kommunikationssystem eingebunden sind, in dem sie bestätigt oder kritisiert werden können, 4. Kommunikativität, da× mit einer Argumentation(shandlung) die Wahrnehmungen, Gefühle, Affekte, Gedanken oder Handlungen anderer Menschen absichtlich (und offen) beeinflu×t werden sollen, 5. Dialogizität, da× Argumentationen Gespräche sind, in denen mehrere Sprecher in geregelter reziproker Form miteinander kommunizieren. In diesem Kapitel soll untersucht werden, wie weit diese Charakterisierungen auf Argumentationen zutreffen und was daraus jeweils für die Argumentationstheorie folgt. Die Antworten auf die erste Teilfrage sind: 1. Argumentationen(1) sind keine Handlungen, aber in mehreren Hinsichten handlungsabhängig; 2. Argumentationsregeln und Argumentationshandlungen sind praktisch begründbar, Argumentationen selbst hingegen nicht; 3. Argumentationen werden in der Regel, aber nicht prinzipiell öffentlich vorgetragen; 4. Argumentationshandlungen sind meist kommunikativ, Argumentationen selbst wieder nicht; 5. Argumentationen können per definitionem weder monologisch noch dialogisch sein; Argumentationshandlungen sind in den allermeisten Fällen monologisch. Unter dem Stichwort „Öffentlichkeit“ wird hier zudem das Verhältnis zwischen Argumentationen und Diskursen aufgeklärt, wie und warum Diskurse aus Argumentationshandlungen der Diskursteilnehmer zusammengesetzt sind; dabei wird die oben, in Abschnitt 2.3 schon angesprochene, vierte argumentationsspezifische Teilfunktion näher untersucht: die Veröffentlichung der eigenen subjektiven Begründungen, um diese der Kritik auszusetzen und sich über die Begründungen und die begründeten Meinungen zu vergewissern.
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Lumer, C. (1990). Pragmatik der Argumentation. In: Praktische Argumentationstheorie. Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-19710-2_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-19710-2_5
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-528-06347-4
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