Zusammenfassung
Von zwei Seiten wird die Beschäftigung mit römischen Klassikern auf dem Gymnasium stark angegriffen. Einmal beim Vergleich mit der griechischen Literatur. Heutzutage pflegt man — grob formuliert — die Kenntnis des Griechischen mit dem klassischen Gehalt einiger literarischer Meisterschöpfungen zu begründen, die des Lateinischen mit der Übersetzungsspannung zur Muttersprache: also das eine mit dem Inhaltlichen, das andere mit dem Formalen. Aber der Unterschied geht noch tiefer. Es handelt sich in der griechischen Literatur nicht nur um geistige Inhalte schlechthin, die Kultur der Griechen hat vielmehr den Wert der Originalität1) vor aller Welt voraus. Diese Tatsache, die natürlich immer bekannt war, hat neuerdings Werner Jäger durch feinsinnige, kulturphilosophisch-bildungsgeschichtliche Ableitung wieder der Gegenwart in seinen Vorträgen (H. u. Jbildg. ; A. u. H.) scharf eingeprägt. Und E. Spranger hat von jugendpsychologischer Seite mit dem Begriff des jugendgemäßen „Originalitätserlebnisses“ (H. u. Jpsych. S. 18—19) das Griechische im gymnasialen Bildungsgang außerordentlich gut gesichert. So tritt das Latein in seiner Bedeutung noch mehr zurück. Eine einfache Folge davon ist, daß die Forderung laut wird, man solle das Latein in den oberen Klassen zugunsten des Griechischen einschränken.1)
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Literatur
Wir fassen dabei den Begriff „Originalität” nicht in dem gegenüber griechischer Literatur oft geäußerten Sinn — vgl. noch neuerdings Birt, Velh. & Klas. Monatshefte (1925), S. 657 ,,bei den Griechen ist jede Zeile, jede Silbe original, Freiwuchs, ein natürliches Klingen des eigensten Ichs.” —, sondern eben in Anlehnung an W.Jäger: „Die Griechen als die eigentlichen Schöpfer der reinen Menschenbildung.” (A. u. H. S. 4).
Vgl. Hellpach, Die Wesensgestalt der deutschen Schule, Leipzig 1925, S. 112, 113, 125, und Fraustadt, Rede zum 375. Stiftungsfest der Fürstenschule Grimma. Augustiner Blätter II S. 72. — Die Verringerung der Lateinstunden zugunsten der griechischen ist aber nur für die oberen Klassen zu empfehlen, nicht für die mittleren, geschweige denn für die unteren.
Dies die grundsätzliche Einstellung. Daß man die Eignung des Lateinischen für Inschriften einst und heute an einigen Musterbeispielen einmal in jeder Klasse klarmache, ist — eben als Ausnahme — nur zu empfehlen.
E. Schön, Neue Jb. f. W. u. J. (1925), S. 247 hat dieses Prinzip für alle fremdsprachliche Lektüre klar formuliert und für das Französische (s. bes. S. 250fr.) im einzelnen durchgeführt.
Wir übernehmen den Begriff aus Fr. Paulsen, Gesch. d. gel. Unterrichts II. 3. Aufl. S. 641.
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Klähr, K. (1927). Allgemeine Vorfragen. In: Der Horazunterricht. Neue Wege zur Antike, vol 5. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-16156-1_2
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