Zusammenfassung
Im Sachenrecht hat die Praxis schon frühzeitig die Lehre vom Besitz durch eine Reihe von Entscheidungen ausgebaut. Die ZPO. kennt zwar besondere Besitzklagen und hat sie dem Friedensrichter zugewiesen (Art. 29, 34, 73). Aber das materielle Recht enthält über den Besitz so gut wie nichts.1) Es gebraucht sogar den Ausdruck „Besitz“ („vladĕnije“), ,,Besitzer“ in dreifachem Sinne; 1. statt „Eigentumsrecht“, „Eigentümer“ (so in den Art. 424, 448, 513, 522 u. a.), 2. statt „Nießbrauch“ — es wird dann vom „Recht des Besitzes“ oder von „abgesondertem“ oder „lebenslänglichem Besitz“ gesprochen (vgl. Art. 514–521, 5331 u. a.), endlich 3. im wahren Sinne einer faktischen Herrschaft über eine Sache. Der Senat hat nun den Besitzschutz auch zugunsten des Mieters und Pächters, des Pfandgläubigers, des lebenslänglichen Besitzers (Nießbrauchers) usw. anerkannt, ihn allerdings im Verhältnis dieser Personen zum Eigentümer versagt und an beweglichen Sachen überhaupt nicht zugelassen, den Begriff der Besitzstörung erst scharf erfaßt usw., vgl. 1871 N 600, 1873 N 782, 1874 N 587, 1875 N 26, 1876 NN 90, 239, 1877 N 244, 1880 N 235, 1893 N 34 u. a.
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Literatur
Der Begriff des juristischen Besitzes ist überhaupt im russischen Recht spät zum Vorschein gekommen. Dem alten Recht war er unbekannt und erst die unter Katharina II. 1775 erlassene Verordnung über die Gouvernements hat den eigentlichen Besitzschutz eingeführt.
Der Entwurf des neuen russischen Zivilgesetzbuchs hat das Gegenteil festgelegt - wahrscheinlich unter dem Einfluß seines Vorbildes, des BGB. — und ging dabei so weit, daß er sogar das Constitutum possessorium nicht zuließ! Dagegen Schöndorf, Goldschmidts Z. 72, 367.
Der Artikel lautet: „Ist eine, wenn auch nicht offenbar gestohlene, bewegliche Sache ohne Bürgschaft gekauft und erweist sie sich später als gestohlen, so geht der Käufer ihrer verlustig und sie wird ihm zugunsten des wahren Eigentümers abgenommen, wobei es ihm überlassen bleibt, das bezahlte Geld vom Verkäufer zu fordern.“
Die technische Bezeichnung „Servitute“ kommt übrigens nur in der Notariats-Ordnung (Art. 159 Z. 2) und einigen anderen Gesetzen aus neuerer Zeit vor.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Schöndorf, F. (1922). Fragen des Sachenrechts. In: Die Gerichtspraxis in Russland als Rechtsschöpferin. Osteuropa-Institut in Breslau. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-16108-0_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-16108-0_3
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15536-2
Online ISBN: 978-3-663-16108-0
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