Zusammenfassung
Aus den Beispielen des vorhergehenden Abschnittes ist zu ersehen, daß das Urteil über die Zufälligkeit eines Ereignisses sich auf sehr verschiedene Merkmale stützen kann. Diese haben kaum etwas Gemeinsames, und es erscheint aussichtslos, in ihnen eine Eigenschaft zu finden, durch die der Zufall überhaupt definiert werden kann. Das Wort Zufall bezieht sich im nichtwissenschaftlichen Sprachgebrauche nicht auf einen bestimmten Begriff, sondern dient zur Bezeichnung ganz verschiedener Dinge. Es ist ein hoffnungsloses Unternehmen, solche der nicht wissenschaftlich gesichteten Erfahrungen entnommene Begriffe, mit denen wir uns im täglichen Leben zurechtfinden müssen, einheitlich zu definieren und widerspruchslos zu machen. Ein Verzicht auf eine allgemeine Erklärung fällt um so leichter, als viele Anwendungen dieses Wortes mehr oder weniger belanglos sind. Die abergläubischen Vorstellungen von Glück und Unglück, Vorsehung und Fügung usw., die sich an die Vorstellung vom Zufall knüpfen, sind wegen ihrer großen Macht über das Gemüt des Menschen wohl von großer Bedeutung, allein ihnen gegenüber ist eine rein logische Erklärung überhaupt ausgeschlossen, und ihr Studium gehört in das Gebiet der Völkerpsychologie.
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Hinweise
Die betreffende Stelle findet sich im Dictionnaire philosophique, art. Athéisme: „Ce que nous appelions hasard n’est et ne peut être que la cause ignorée d’un effet connu.“ Über diesen Gegenstand handeln die folgenden Aufsätze: J. Maldidier, Le hasard, Revue philosophique, 1897, Bd. 43; G. Lechalas, Le hasard, Revue néoscolastique, 1903, Bd. 10, S. 148–164; und von demselben Verfasser Hasard et déterminisme, Revue de Métaphysique et Morale, 1906, Bd. 14.
Vgl. P. E. Fahlbeck, La régularité dans les choses humaines ou les types statistiques et leurs variations, Journal de la Société de Statistique de Paris, 1900, Bd. 41, S. 189.
H. Th. Buckle, History of Civilisation in England, 2. ed., 1871, Bd. 1, S. 15–26.
J. Lottin, La statistique morale et le déterminisme, Journal de la Société de Statistique de Paris, 1908, Bd. 49, S. 334. Bei Durchführung dieser Ansicht wird der Begriff der Freiheit so gefaßt, daß diese nicht Gegenstand der Erfahrung werden kann. Der Hinweis auf den Kantischen Begriff der Willensfreiheit dürfte zur Klarlegung dieser Anschauung hinreichen. Interessant ist, daß Kant mit dem Bestehen der statistischen Regelmäßigkeiten bekannt war und sie in sein Denken aufgenommen hatte. Die betreffende Stelle findet sich Bd. 4, S. 143 der Hartensteinschen Ausgabe.
G. Helm, Die Wahrscheinlichkeitslehre als Theorie der Kollektivbegriffe, Annalen der Philosophie, 1902, Bd. 1, S. 368: „... die Wahrscheinlichkeit ist nie eine Eigenschaft des Individuums, sondern immer nur Eigenschaft des Sammelbegriffes, der die Individuen umspann!.“.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Urban, F.M. (1923). Die Lehren vom Zufalle. In: Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Theorie der Beobachtungsfehler. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15953-7_2
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