Zusammenfassung
Wie schon gesagt, darf man sich durch unsere Art, den Ausdruck vor der Gestaltung zu behandeln, nicht verleiten lassen, jenen auch in der Wirklichkeit des Schaffens für den stets voraufgehenden, die Gestaltung dagegen für den späteren Teil zu halten. Gewiß ist in vielen Fällen der Ausdruck zeitlich und logisch das Primäre; es gibt jedoch ebensooft die umgekehrte Folge, daß zunächst eine Gestaltung gewollt wird, und diese erst nachträglich oder sogar ohne Wissen und Willen des Künstlers zum Ausdruck für ihn wird. Das trifft vor allem dort zu, wo eine gegenständliche Darstellung, etwa ein Porträt, vielleicht zunächst aus ganz außerästhetischen Zwecken, begonnen ist, die aber dann auch in Rücksicht auf ästhetische Beeindruckung geformt und zum Ventil des Ausdruckswollens des Künstlers wird. Einer starken Künstlerpersönlichkeit wird jede Darstellung, mag er sie aus noch so äußerlichen Motiven unternommen haben, zum Ausdruck. Zum mindesten drückten sich die allgemeine Individualität, in der Regel aber auch spezifischere Stimmungen darin aus. Vorhanden wird der Ausdruck immer sein; ob er das Primäre ist gegenüber der Gestaltung, ist eine andere Frage, die höchstens von Fall zu Fall, und auch da nicht immer mit Sicherheit entschieden werden kann.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Müller-Freienfels, R. (1923). Die Gestaltungsfaktoren im Kunstschaffen. In: Psychologie der Kunst. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15839-4_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15839-4_4
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15273-6
Online ISBN: 978-3-663-15839-4
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