Zusammenfassung
So führt auch die Darstellung des Landesverwaltungsrechts wieder zurück zur Weimarer Derfassung, und es ziemt sich wohl, daß wir ihr, die uns über den größten Ceil unserer Ausführungen begleitet hat, das Schlußwort widmen. Woher kommt es, so müssen wir uns fragen, daß ein Verfassung, die so viele vernünftige Gedanken enthält, die in einer so gefälligen Sprache geschrieben ist, die Deutschlands Rettung vor dem verhaßten Bolschewismus bedeutete, so unbeliebt in weiten Kreisen gerade unsrer Gebildeten ist? Nicht das kann der Grund sein, daß sie wenig gelesen wird, denn auch, ihre begeisterten Anhänger sind oft nicht über das Lesen der Eingangsworte hnausgekommen. Was ihr im Wege steht, ist vielmehr die Erinnerung an Deutfchlands glanzvollstes Zeitalter. Bismarck gründete das Reich in glückicher Zeit, die Weimarer Verfassung wurde Kurz nach dem Frieden von Verfailles verabschiedet. In Bismarcks Werk wird der heros verehrt, der dem deutschen Volke nach langen Iahren des Sehnens beschieden war, die tWeimarer Verfassung empfindet man als das Werk von Epigonen. Bismarcks Staatskunft war es gelungen, das Reich auf volltg gefetzmäßige Weise zu gründen, die Entstehung der Weimarer Verfassung leidet unter dem Makel einer aus einer Meuterei entstandenen Revolution. Bismarcks Verfassung ist sprach lich allerdings nicht so angenehm zu lesen wie die Weimarer Verfassung, aber nicht die Worte machen das Wesen einer Verfassung aus, soudern die Catfachen des Verfassungslebens, und da ist die Weimarer Verfassung von dem Vorwurf eines Mißverhältnisses zwifchen Wort und Wirklichteit nicht freizusprechen. Schon bei der Entstehung der Verfassung überfah man geflissentlich die Catsache, daßs es neben dem Volke noch die politische Wirklichkeit der Länder gab; die Verfassung wurde nach Art. 181 ausschießlich von der Nationalversammlung beschlossen und verabschiedet; in Wirtlichkeit aber hatten die Länder durch die Amgeftaltung des preußschen Entwurfs und durch die sog. Weimarer Verfassungsvereinbarungen über die Gestaltuug des künftigen heerwescns einen wefentlichen Anteil am Gelingen des Verfassungswerks. Die Länder sind nach der geschriebenen Verfassung kaum mehr Staaten, aber nie hat sich unter der früheren Verfassung der „Staat“ Bayem gegen das Reich so viel herausnehmen dürfen wie das „Land“ Bayem unter der Derfassung von Weimar.
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Jellinek, W. (1926). Schluß. In: Staatskunde. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15814-1_3
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