Zusammenfassung
Die deutsche Aufklärung und ihr religiöser Wahrheitsgehalt sind lange und vielfach noch bis auf diesen Tag von dem Gesichtspunkte der genialitätsstolzen Kritik ihrer romantischen Gegner und einer gehässigen theologischen Polemik aufgefaßt worden. Die Geschichte wird gerechter urteilen. Diese Aufklärung zuerst ging von den Dogmen des Christentums zurück auf die unvergängliche Weltanschauung, in der seine Wurzeln liegen. Die Persönlichkeit der Gottheit, deren Idee sich seit den Propheten Israels entwickelt und mit dem Fortgang der Gesittung immer mildere Züge angenommen hatte, bis sie in den Gleichnissen Christi den erhabensten, sanftesten Ausdruck fand; die Verantwortlichkeit des Menschen als gegründet auf das Gewissen und die moralische Freiheit, nach welcher er der sittlichen Anlage in seiner Brust zu folgen vermag; die Würde der menschlichen Natur, die in diesen sittlichen Tiefen wurzelt; die Unsterblichkeit, deren der Mensch, so er das Gute will, gewiß sein darf; endlich das Reich Gottes als Ausdruck der Solidarität des Guten, Heiligen, Seligen in der Welt und der Sicherheit seines Sieges in fortschreitender Entwicklung: diese Überzeugungen umschreiben eine der großen Möglichkeiten der Weltanschauung, in denen der Mensch seine Stellung im Universum zu erfassen vermag.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Dilthey, W. (1927). Die Weltanschauung der Deutschen Aufklärung. In: Studien zur Geschichte des Deutschen Geistes. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15805-9_9
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15805-9_9
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15241-5
Online ISBN: 978-3-663-15805-9
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