Zusammenfassung
Am Abend des 31. Mai 1740, an welchem Friedrich Wilhelm I. gestorben war, verließ der neue König Potsdam, die Seele erfüllt von den letzten Gesprächen mit dem Vater und von dessen heroischem Ende; durch die hereinbrechende Nacht eilte er der Hauptstadt zu. Außerordentliche Erwartungen kamen ihm in seinem Volk entgegen. Jubelnder Zuruf begleitete ihn bei der Einfahrt in die Residenz. Jeder empfand, daß in der Seele dieses Jünglings ein Ideal von menschlicheren und glücklicheren Zuständen seines Volkes lebte, und daß die Milderung des furchtbaren Druckes unter dem harten Soldatenkönig bevorstand. Aber weit über sein Land hinaus richteten sich enthusiastische Hoffnungen auf ihn. Alles, was in Europa dem Kreise der neuen Philosophie und Aufklärung angehörte, hatte lange voll Spannung der Zeit entgegengesehen, in welcher der Freund Voltaires Humanität, Toleranz und ein goldenes Zeitalter der Literatur in dem halb barbarischen Preußen heraufführen würde. Denn der Enkel der Sophie Charlotte, die einst im Park von Liezenburg mit Leibniz philosophiert hatte, lebte in den Ideen der französischen Aufklärung. Es war bekannt, daß er mit Voltaire freundschaftlich korrespondierte und sich als Dichter und Philosoph versuchte: nun mochte für das Ideal des aufgeklärten Königtums, welches Voltaire in seiner Henriade aufgestellt hatte, der Tag der Verwirklichung gekommen sein
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Dilthey, W. (1927). Der Junge König. In: Studien zur Geschichte des Deutschen Geistes. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15805-9_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15805-9_5
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15241-5
Online ISBN: 978-3-663-15805-9
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