Zusammenfassung
Politische Parteien entstchen im Staatsleben erst von dem Zeitpunkte an, da die Einzelpersönlichkeit sich ihrem Staate gegetüiber in kritischen Gegensatz stellt. Aus diefem Gegenfatz entwickelt sich der Wille zur Verättderuttg und zur Mitherrschaft; um den eittzelnen, den Träger dieses Willetts, bildett sich Gruppen, aus Gefinnungsgemeinschaft sowohl wie aus Interessengemeinschaft. Die Parteibildung geht stets vom Führer und der Idee aus, sie endet in der Massenorganisation mit stark wirtschaftlichen Akzenten; ihr Ziel ist Macht im Staate, Leitung des Staates zu einem bestimmten, als überragend notwendig erkannten Zwecke. Die ursprünglichen Parteien sind danach immer Gruppenbildungen der Bewegung, des Fortschreitetts, der Reform; sie sind irgendwie Formulierungen ernes Volkswillens und Volksinteresses. Sie konnen sich nur durchfetzen, wo es schon einen Ansatz zur gesetzmäßigen Volksvertretung gibt. Gegenüber den Parteien der Bewegung bilden fich dann die Parteien des Beharrens. Parteien in diesem Sinne kennt die Geschichte seit der englischen Revolution des 17. Ih.; in Deutschland beginnt die Parteibildung erft uttter dem Eindruck der großen französischen Revolution. Alle großen Parteikämpfe drehen sich um politiche Führerschaft und Verfassungsrechte. Erst durch eine moderne Staatsverfassung wird den Parteien Einfluß auf die Staatsregierung gewährleistet. Den Parteien im Lande, den großen Gesinnungs- und Willettsgemeinschaften aller Staatsbürger einer beftimmten Richtung, entsprechen dann die Fraktionen im parlament, die die Atrbeitsgemeinschaften der von Parteien gewählten Abgeordneten darstellen. Durch sie wird unmittelbar der politifche Wille der betreffenden Parteien ausgedrückt und für die Bearbeitung der Staatsgeschäfte fruchtbar gemacht.
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Valentin, V. (1926). Die politischen Parteien in Deutschland. In: Staatskunde. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15799-1_2
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