Zusammenfassung
Kann die Kenntnis des Lebens einer fremden Verfassung uns helfen, rechte Bürger des eigenen Volks zu sein, oder schickt sie sich nur für den weltbürgerlich Gesinnten, der aus den vielen verschiedenen nationalen Puppenzuständen den besten erlesen will, aus dem dann das vollkommene Gebilde des einen und ewigen Menschheitsstaates sich entbände und zur Sonne des Alls aufstiege? Gibt es für die Form, die wir dem eigenen politischen Wesen, jeder zu seinem Teile, wo nicht zu schaffen, so doch täglich zu bessern verpflichtet sind, Beispiele und Lehren in der euromäischen Nachbarschaft oder gar in der Neuen Welt, ermutigende oder abschreckende Beispiele, von denen wir mehr hätten als Befriedigung unserer Wißbegierde? So gewiß die Völker oder, politischer gesprochen, die Wählerschaften der Staaten. einander heute im Nachrichtendienst näher gekommen sind und so gewiß sich die wechselseitigen Abhängigkeiten durch die französischen Friedensverträge für alle vermehrt und verwickelt haben — für die Sieger die Abhängigkeit von der Nichterfüllung und dem angeblichen schlechten Willen des Feindes nicht weniger als für den Unterlegenen die Abhängigkeit von der äußeren Gewalt des übermachtig gewordenen Nachbarn und für den Alliierten die Abhängigkeit von unbeglichenen Rechnungen, Dankesschulden und uneingelösten Versprechungen der Kriegszeit — ebenso gewiß ist auch, wieder zum Teil durch die Schuld des Krieges, daß die Völker alle früher vorhandene Bereitschaft, voneinander zu lernen, abgelegt haben. Wer heute daran zurückdenkt, wie sich vor eineinhalbhundert Jahren die Glaubenssätze der Französischen Revolution dem geistigen Leben der Nachbarvölker mitteilten, wie später, in der Restaurationszeit, die strenge Handhabung der Staatspolizei eine gemeinsame Angelegenheit der großen Mächte wurde oder wie wiederum gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts der englische Konstitutionalismus als Vorbild galt, das überall freudig empfangen und mit mehr oder weniger Glück nachgelebt werden sollte (oder, wenn em noch neueres Beispiel erwünscht ist, wie das Vorgehen der Schweiz Deutschlands, Belgiens in der Sozialgesetz gebung von der Welt achtungsvoll verfolgt und als verpflichtendes Vorbild angesehen wurde), der muß betroffen sein von dem Unterschied, den die gegenwartige Zeit zu diesen Gesamtbeziehungen europäischen Verfassunaslebens bietet.
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Literatur (nur deutschsprachige)
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Bartholdy, A.M. (1926). Verfassungsleben des Auslandes. In: Staats-Kunde. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15797-7_6
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