Zusammenfassung
Wenn man die Größe eines Denkers nach der Weite der Gegensätze messen kann, die er in seinem Denken umspannt und zur Einheit zwingt, so gehört Platon schon aus diesem Grunde zu den schlechthin einzigartigen Erscheinungen der Geistesgeschichte. Alle Probleme, mit denen die griechische Philosophie bisher gerungen hatte, haben bei ihm eine ganz neue Spannung und eine ganz andere Intensität gewonnen. Wenn man der Welt Platons das Bild des Kosmos vergleicht, das die vorsokratische Philosophie entworfen hatte, so fühlt man, daß diesem letzteren, in aller Mannigfaltigkeit seiner Gestaltungen, immer noch eine gewisse Simplizität, eine gewisse archaische „Einfalt“ anhaftete. Es ist ein höchster Seinsbegriff, in dem jedes dieser Weltbilder zentriert ist und bei dem es sich zuletzt beruhigt. Erst in Platon und im Platonischen Dialog ist das griechische Denken im eigentlichen und tiefsten Sinne dialektisch geworden. Und diese objektive Dialektik der Gedanken geht auf eine subjektive in Platons Geist zurück. Die höchste Kraft der Willensgestaltung vereint sich in diesem Geist mit der Schärfe einer rein „theoretischen“ Weltbetrachtung; die mythische Phantasie wirkt sich in ihrer ganzen Fülle aus und zeigt sich in ebendieser Fülle doch zugleich gebunden durch die Forderungen, die der strenge Begriff des Wissens, die die allgemeine Methodik der Erkenntnis stellt.
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Literatur
Vgl. hierzu besonders Politikos 286 D ff., Phaidros 265 D ff.
Vgl. Timaios 59 C, D.
Timaios 92 ß (nach der Übersetzung von Otto Apelt, Philos. Bibl. Bd. 179.
Vgl. besonders Sophistes 233 E ff., 2391), 254 A, Republ. 605 C.
Carl Justi, Die ästhetischen Elemente in der Platon. Philosophie, Marburg 186o, S. 62.
Vgl. Phaidon 74 A ff.
Vgl. besonders Sophistes 233 E ff., Republ. (to5 C u. ö.
Sophistes 234 C, vgl. auch Philebos 44 C.
Für diese Entwicklung, die hier nicht weiter verfolgt werden kann, sei auf eine ausgezeichnete Arbeit von Erwin Panofsky verwiesen, die im Anschluß an die hier behandelten Probleme die Fortwirkung der Platonischen Grundgedanken in der Ästhetik und Kunsttheorie der neueren Zeit verfolgt: „Idea“. Ein Beitrag zur Begriffsgeschichte der älteren Kunsttheorie (Stud. d. Bibliothek Warburg Band V. Leipzig 1924
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Cassirer, E. (1924). Eidos und Eidolon. In: Saxl, F. (eds) Vorträge der Bibliothek Warburg. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15764-9_1
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