Zusammenfassung
Hatten wir oben gesehen, daß der Begriff der Gegenwart bedingt ist vom Ich, so ist damit aber nicht gesagt, daß nur mein Ich Gegenwart haben kann. Das Ich jedes anderen Lebewesens ist meinem Ich als denkpsychologisch gleichgeartet zu betrachten. Und wir haben gar keinen Anlaß zu zweifeln, daß alles das oben über das Ich Gesagte auch für das „Du, Er“... usw. vollkommen Geltung hat. „Du, Er“... usw. sind eben ein Ich, wenn wir das Ich zum Gegenstand unserer Betrachtung machen. Und so ist auch für ein „Du, Er“... usw. durchaus eine Gegenwart möglich. Eines kurzen Hinweises bedarf aber wohl noch das „Es“. Das „Es“ unterscheidet sich vom „Ich...“ dadurch, daß es kein Ich hat. „Ich“ bin, das „Es“ aber „ist“. Gegenwart ist nun ichbezogen, „Ichbezogenheit“ aber und „Istbezogenheit“ sind korrelative Begriffe, d. h. „ichbezogen“ ist „istbezogen“. „Ist“ bedeutet eben auch: „war und wird weiter sein“ und ist ebenso aus der Vergangenheit in die Zukunft gerichtet wie „bin“. Also auch ein „Es“ hat Gegenwart, wenn es auch kein Bewußtsein hat. „Es“ wird in jedem Moment als das Eben-Gewesene und Sofort-Sein-Werdende gesetzt, insofern als seine Kontinuität für das Ich nur vorstellbar ist, wenn sie konform der des Ich ist. „Es“ ist unter dieser Voraussetzung nur möglich.
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Koschmieder, E. (1929). Tatbestand und Ich. In: Zeitbezug und Sprache. Wissenschaftliche Grundfragen. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15740-3_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15740-3_3
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15177-7
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