Zusammenfassung
Alterssicherungssysteme sind auf das allgemeine Risiko abhängig Beschäftigter bezogen, daß ihre materielle Existenz über Erwerbseinkommen im Alter nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zu sichern ist. Das Risiko der Erwerbsunfähigkeit aus Altersgründen ist systematisch zu unterscheiden von
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vorübergehender Erwerbsunfähigkeit wegen Krankheit,
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Erwerbsunfähigkeit wegen dauerhafter gesundheitlicher Einschränkung (Invalidität) und
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(vorübergehender !) Erwerbsunfähigkeit aus ökonomischen Gründen (Arbeitslosigkeit),
weil bei ihr nach Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze (Regelaltersgrenze) Erwerbstätigkeit pauschal nicht mehr zugemutet wird1. Oder anders ausgedrückt: Ohne konkrete Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage und der individuellen Möglichkeit der “Verwertung” der Arbeitskraft wird unterstellt, daß eine Altersrente an die Stelle von Erwerbseinkommen zu treten hat. Diese Festlegung ist allerdings im Prinzip nicht an ein bestimmtes Lebensalter gebunden, sondern hat sich aus gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und politischen Entscheidungen ergeben.
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So läßt sich für Deutschland nachweisen, daß in der geschichtlichen Entwicklung des Sozialrechts “‘dem Versicherten, der eine bestimmte Altersgrenze erreicht hat, eine Erwerbstätigkeit nicht mehr zugemutet werden soll, weil unterstellt wird, daß diese auf Kosten seiner Gesundheit ginge.’ Die Auffassung, die das Alter als vom Gesetzgeber fingierten Unterfall der Invalidität ansieht, wird erhärtet durch die Fassung des Invalidenversicherungsgesetzes, das das Alter als Invaliditätsursache anerkannte” (Kreikebohm 1986, 97, der Bley: Sozialrecht, Frankfurt 1982, 212 zitiert und auf Hilfer: Das System sozialer Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland, Köln/Berlin/Bonn/München 1982, 29 f verweist).
So liegt etwa unter den Mitgliedsstaaten der EG in Italien die Regelaltersgrenze des Rentenbezugs für Frauen bei 55 Jahren (für Männer bei 60) und in Dänemark allgemein bei 67 Jahren.
Vgl. die auf diesen Erklärungsansatz bezogene Darstellung der Herausbildung und Entwicklung der öffentlichen Alterssicherungssysteme in Deutschland in Kohli/Kondratowitz 1987, 132 ff und allgemein in Markides/Cooper 1987, 2 ff.
Die eingangs (Abschnitt 1.1.) angesprochene unterschiedliche Festsetzung eines Höchstalters bei der Erfassung von Arbeitslosen weist darauf hin, daß davon ausgegangen wird, daß in den Fällen, in denen Erwerbslose jenseits dieser Altersgrenze nicht mehr als Arbeitslose gezählt werden (unter den EG-Staaten existiert bis auf Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien und Großbritannien ein Höchstalter), Erwerbstätigkeit nicht mehr zugemutet wird. In den betreffenden EG-Ländern korrespondiert dieses Höchstalter deshalb auch jeweils mit der Regelaltersgrenze für den Bezug einer öffentlichen Altersrente.
Vgl. dazu Beiträge zur Theorie (und Empirie) der Arbeitsmarktsegmentation; etwa in Brinkmann u.a. 1979.
In Frankreich hat z.B. nur Anspruch auf eine Vollrente in Höhe von 50 % des Durchschnittsverdienstes der besten zehn Verdienst-/Beitragsjahre, wer 37, 5 Versicherungsjahre nachweist. Dies kann bedeuten, daß Personen, die das gesetzlich fixierte Verrentungsalter erreicht haben, dennoch weiter erwerbstätig sein müssen, weil sie diese hoch angesetzten Leistungsvoraussetzungen nicht nachweisen können.
Siehe dazu etwa die Situation in Großbritannien, wo die öffentliche Grundrente in Form einer Pauschalsumme (flat-rate pension) sehr niedrig ist: sie betrug 1987 für einen Ledigen 39, 50 Pfund pro Woche. Dies entspricht etwa einem Drittel des Durchschnittslohns eines männlichen Arbeiters (vgl. Schulte 1987, 111; ferner Bruche/Casey 1982, 136). Hinzu können (siehe unten) “einkommensabhängige Zulagen aus dem Staatsrentensystem in Höhe von 25 % des Einkommens der zwanzig besten Verdienstjahre” kommen, “die wiederum durch eine ‘mindestens ebenso günstige’ Betriebsrente des Arbeitgebers ersetzt werden kann” (ebd.). Auch in den USA ist die mittlere Einkommensersatzrate relativ niedrig (vgl. Bruche/Casey 1982, 155; Ycas/Grad 1987, 140; VDR 1989, 206).
Zur Erwerbstätigkeit von Rentenbeziehern z. B. in Italien und zu ihrer Bedeutung für die “Schattenökonomie” vgl. Giori 1985 (besonders 194 und 203). In der Bundesrepublik Deutschland ist hingegen der Nebenverdienst von Rentenempfängern unbedeutend (vgl. Helberger/Schwarz 1986).
Der Begriff lehnt sich an Kohli/Wolf (1988, 185) an.
Vgl. zum “personal pension plan” Kohl 1988b, 13 f; Schulte 1987, 127 f und VDR 1989, 86 f.
Vgl. u.a. Rein/Rainwater 1986b; Horlick 1987, 14ff; O’Higgings 1987; Kohl 1988b, 21 ff.
Sie sprechen vom “personal sector”, weil “individual people are free to enter and leave, and thereby have more control over the terms of contracts, whereas in private sector arrangements individuals who hold a certain kind of job generally are not free to join or not, and have no direct individual control over the terms of pension arrangements that are attached to the job as such” (van Gunsteren/Rein 1985, 138).
Rein/Rainwater (1986b, 15) unterscheiden zwischen “economy”, “household sector” und “government”, wobei sie zuvor (S. 3) auf die besondere Verwendung der Begriffe “government” und “state” in den “common law counties” (im Unterschied zur “roman tradition”) hinwiesen.
Evers (1988, 12 ff) ordnet allerdings den Pol “market/economy” — wie den Pol “state”-dem “public sector” zu, weil er die Dichotomie “public”/“private” mit der von “for-mal”/“informel” gleichsetzt, was wegen seiner Orientierung auf die Organisation sozialer Hilfen sinnvoll sein mag.
Vgl. dazu auch Streecks (1988) Überlegungen zum Unterschied von Status und Vertrag und zu Auflösungstendenzen eines einheitlichen, politisch generierten Statussystems, die nicht zuletzt Austauschverhältnisse der Arbeitskraft und Arbeitsbeziehungen betreffen (vgl. Streeck 1988, 41 ff).
Vgl. dazu Rein/Rainwater (1986b, 17f), die dazu feststellen: “Private institutions have no regulatory or mandating authority, they operate by contract rather than legal power
Vgl. dazu allgemein und mit Beispielen Rein/Rainwater 1986c, 39 ff sowie für Frankreich in sehr prägnanter Form Ewald 1983.
Dies kann nicht zuletzt auch bedeuten, daß Kosten aus dem betrieblichen Kontext in der Form “externalisiert” werden, daß neben öffentlichen Sicherungssystemen auch durch verbandlich-tarifvertragliche Vereinbarung konstituierte Sicherungssysteme finanziell belastet werden. Vgl. dazu die Ausführungen zu Frühverrentungsformen im 3. Kapitel — insbesondere zu den Niederlanden.
Vgl. in diesem Zusammenhang auch Lehners Ausführungen (1979, 12 ff) zum Begriff “Externalitäten” in der neoliberalen Gesellschaftstheorie, wobei Externalitäten — definiert als “Auswirkungen von Transaktionen auf Individuen, die an diesen Transaktionen nicht direkt beteiligt sind” (Lehner 1979, 12)-, als Kriterium von Marktversagen gelten und damit als Ausgangs-/Ansatzpunkt staatlicher Interventionen gesehen werden.
Im Englischen finden sich dafür die Begriffe “single” und “dual scheme” oder “dual system” (vgl. z.B. Tamburi/Mouton 1987, 33ff oder Horlick 1987, 13 ff).
Auf die Schweiz und die Niederlande wird (als “Sonderfälle”) in Abschnitt 2.2.2.2. eingegangen. In diesem Land gibt es nur ein beitragsfinanziertes öffentliches Grundrentensystem, das allerdings durch betrieblich-tarifvertragliche, einkommensorientierte Alterssicherungssysteme ergänzt wird.
Für die Bundesrepublik Deutschland stellt Rüb (1988b, 382) fest: “Die Beiträge werden nach einem für alle gleichen Prozentsatz von den individuell unterschiedlichen Bruttoentgelten erhoben; die absolute Höhe der Beitragsleistungen ist nicht Grundlage der Rentenberechnung, sondern das Verhältnis des lebenslangen individuellen zum durchschnittlichen Bruttoentgelt aller Versicherten. Die so erreichte Position im Verteilungsgefüge markiert eine soziale ‘Rangstelle’ des Versicherten innerhalb der Versichertengemeinschaft, wobei diese Rangstelle eine Teilhaberelation an der zur Verteilung bereitstehenden Finanzmasse begründet.”
Beitragspflicht für die “flat rate pension” erstreckt sich in Großbritannien auf alle Erwerbstätigen im Alter zwischen 16 und 65 Jahre.
Zu den Zugangsvorausetzungen zur britischen “flat rate pension” — insbesondere zu ihren Details — vgl. Schulte 1987, 111.
In Großbritannien “muß der Antragsteller 90 v.H. der Jahre, die sein Erwerbsleben (‘working years’) ausmachen, mit Beiträgen belegt oder wenigstens als Ausfallzeiten anerkannt bekommen haben (sogenannte ‘qualifying years’)” (Schulte 1987, 111). — Dies bedeutet, daß “im Ergebnis bereits 20 Beitragsjahre zur Erlangung des vollen Rentenanspruchs” ausreichen (Schulte 1987, 113).
“Die Grundrente stellt also <in Großbritannien > keine Mindestrente dar” (Schulte 1987, 113).
Auf die Frage, ob ein weiterer Unterschied sich aus der Zweckbindung von Beitragszahlungen herleiten läßt, die bei einer Steuerfinanzierung im Prinzip nicht gegeben sein muß, wird noch eingegangen.
Zur Besonderheit des “contracting-out” in Großbritannien vgl. weiter unten.
Eine besondere Stellung im Public/Private-Mix nehmen separate oder zusätzliche Altersversorgungssysteme für öffentlich Bedienstete ein. Einerseits können sie als “private” gelten, wenn sie auf Tarifvereinbarungen zurückzuführen sind (vgl. Rein/ Rainwater 1986c, 41). Andererseits sind sie als “öffentliche” einzuordnen, weil der Staat als Arbeitgeber unmittelbar involviert ist und/oder die Leistungen auf Grundlage gesetzlicher Regelungen gewährt werden (Beamtenversorgung). — Wie das Beispiel Schwedens verdeutlicht, können die Regelungen zusätzlicher Altersversorgungssysteme für öffentlich Bedienstete “Vorbildfunktion” für die übrigen tarifvertraglich geregelten Alterssicherungssysteme haben und insofern normierend wirken.
In Schweden, wo die öffentliche Altersrente zum einen durch die einheitlich hohe Volksrente nivelliert wird und zum anderen die öffentliche Zusatzrente in der Höhe begrenzt ist, sind tarifliche Rentenleistungen besonders für Besserverdienende relevant, da durch sie ein abruptes Absinken des Netto-Absicherungsniveaus abgefangen werden kann (Bruche/Casey 1982, 153; VDR 1989, 172).
In Frankreich ist eine zusätzliche Altersrente aufgrund einer Vereinbarung (vom 8.12.1961) zwischen dem Zentralverband der französischen Arbeitgeber und den Gewerkschaften für alle Firmen obligatorisch, die diesem bedeutensten Arbeitgeberverband angeschlossen sind.
Im Jahr 1982 waren in den Niederlanden 64 % der Erwerbstätigen zwischen 25 und 65 Jahren von obligatorischen betrieblichen Zusatzrentensystemen erfaßt (vgl. Munnichs 1987, 210).
Gleichzeitig übernimmt in Großbritannien der Staat den Inflationsausgleich für betriebliche Rentenleistungen (VDR, 1989, 86), was für deren intertemporäre Sicherheit wichtig ist.
Vgl. VDR 1989, 128 ff und 183 ff. — Wie in Großbritannien besteht auch in der Schweiz und in den Niederlanden trotz der Beitragsfinanzierung der Grundrente “keine äquivalenz von Beitrag und Leistungsanspruch”, so daß der Beitrag in diesen Ländern “als zweckgebundene proportionale Einkommensteuer” angesehen werden kann (Kohl 1988a, 232). Im Unterschied zu Großbritannien besteht zwischen den beitragsfinanzierten Grundrentensystemen der Schweiz und der Niederlande noch eine größere ähnlichkeit zu den “Volksrentensystemen” in Dänemark und Schweden, weil Personen ohne Einkommen beitragsfrei versichert sein können (in der Schweiz zahlen die Kantone bei “Mittellosigkeit” einen Mindestbeitrag).
Die Leistungen aus dem singulären öffentlichen Alterssicherungssystem belaufen sich in Frankreich auf maximal (d.h. bei 37, 5 Versicherungsjahren) 50 % des Einkommens der zehn “besten” Versicherungsjahre.
Zur Bedeutung und Struktur betrieblicher Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland vgl. Berié/Wiese 1975; Blum 1977; Schmidt 1978; Monatsbericht der Deutschen Bundesbank 8/1984.
Neben der veränderten Arbeitsmarktlage kann die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland jedoch auch durch das 1974 in Kraft getretene Betriebsrentengesetz bedingt sein (Winterstein 1987, 196).
Nicht eingegangen werden soll an dieser Stelle auf die unterschiedliche organisatorischinstitutionelle Struktur der betrieblichen Rentensysteme (zwischen zentralen oder betrieblichen Fonds und der Übertragung an Versicherungsgesellschaften). Vgl. dazu Horlick 1987, 15 und — konkret zur Bundesrepublik Deutschland — Monatsbericht der Deutschen Bundesbank 8/1984, 31ff. — Wir werden darauf im Zusammenhang mit Friihverrentungsregelungen eingehen (Abschnitt 3.5.), bei denen es darauf ankommen kann, ob und wie betriebliche Rentenleistungen flankierend zu öffentlichen Leistungen mobilisiert werden können.
Vgl. Tamburi/Mouton 1987, 30 und 36; Ycas/Grad 1987, 150 ff; Kohl 1988a, 246; Monatsbericht der Deutschen Bundesbank 8/1984, 34 f.
Vgl. dazu die Anmerkungen zu dieser Problematik in bezug auf die Veränderung der Regelaltersgrenze in den USA in Conjugation Public and Private (1987, 5) und bei Ycas/Grad (1987).
Vgl. dazu die Diskussion über die “Überversorgung” von Angestellten des öffentlichen Dienstes in der Bundesrepublik Deutschland (Schmähl 1987, 59 und 71).
Die Folge der betrieblichen “Teil-/Frühverrentung” in Japan ist, daß die betreffenden Personen zum überwiegenden Teil weiterhin erwerbstätig sein müssen — teilweise in dem Betrieb, der sie “verrentet” hat, und zwar zu geringerer Entlohnung (Kii 1987, 240 ff). — Vgl. dazu auch die Ausführungen von Kii (1987, 232 ff) zur lebenslangen Beschäftigung und zum Senioritätsprinzip in japanischen Betrieben, denn erst vor diesem Hintergrund ist erfaßbar, warum die betriebliche “Teil-/Frühverrentung” in Japan so bedeutsam ist: Die Betriebe entlasten sich nämlich auf diese Weise frühzeitig, d.h. vor der Regelaltersgrenze, von Verpflichtungen für ältere Beschäftigte.
Zur Typologisierung des Sozialstaats in westlichen Industrieländern allgemein vgl. Schmidt 11988, 158 ff. Zur Typologisierung von Alterssicherungssystemen vgl. OECD 1988a, 17 f.
Die im Schaubild angegebenen Anteile der einzelnen “öffentlichen” und “privaten” Sicherungssysteme sagen nichts über ihre tatsächliche Gewichtung bei der Einkommenssicherung älterer aus; siehe dazu weiter unten.
Hieran lassen sich beispielhaft die in der Vorbemerkung skizzierten empirischen Probleme der Arbeit verdeutlichen.
Trotz dieser Datenprobleme hat die OECD versucht, für das Jahr 1980 Abweichungen des Anteils der Gesamtausgaben für die Alterssicherung (“public” und “private”) am Bruttosozialprodukt zwischen führenden OECD-Ländern zu ermitteln. Dabei trat natürlich auch die Schwierigkeit auf, betriebliche und persönliche Aufwendungen von öffentlichen Ausgaben abzugrenzen. Auch wenn deshalb die Ergebnisse erhebliche Ungenauigkeiten enthalten dürften, ist der zentrale Befund doch aufschlußreich. Nach dieser Berechnung (OECD 1988a, 16) sind nämlich die Abweichungen zwischen den USA, Belgien, Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland, Italien und den Niederlanden nicht so ausgeprägt, wie vielleicht zu erwarten wäre: Die Anteile der Gesamtausgaben für die Alterssicherung lagen in einer Bandbreite zwischen ca. 10 und 13, 5 % des Bruttosozialprodukts. Dies würde bedeuten, daß geringere öffentliche Aufwendungen durch höhere betrieblich-tarifvertragliche Leistungen und individuelle Vorsorge ausgeglichen werden — und umgekehrt. Diese globale Betrachtung sagt jedoch selbstverständlich noch nicht einmal etwas über die Bedeutung der einzelnen Transferquellen für die Einkommenszusammensetzung eines Durchschnittsrentners aus, da sich soziale Unterschiede geltend machen können (siehe dazu weiter unten). Niedrigere Werte hatten zwar Japan (5, 0%), Kanada (5, 9%) und Australien (6, 3) aufzuweisen, dies ist jedoch neben einem jeweils günstigeren Altersquotienten daraus zu erklären, daß betriebliche Leistungen an ältere häufig in Form einer einmaligen Zahlung (Abfindung) gewährt werden, die nicht in die Berechnung der genannten Zahlen eingegangen sind. Auf andere Länder, insbesondere auf Großbritannien und Schweden, wurde bei der Berechnung (wahrscheinlich aufgrund unüberbrückbarer Datenprobleme) nicht eingegangen.
Quelle: OECD 1988a, 140 f.
Im Jahr 1985 belief sich in den Niederlanden die Grundrente für einen Alleinstehenden auf 1.074 und für ein Ehepaar auf 1.533 DM (Kohl 1988a, 241).
Im Jahr 1979 betrug in Großbritannien das Leistungsvolumen beider Zweige des öffentlichen Rentensystems 12, 8 Mrd. Pfund und das der Betriebsrentensysteme 5, 5 Mrd. Pfund (Schulte 1987, 146).
Für die Bundesrepublik Deutschland ist — gerade auch im Vergleich zu Frankreich — der Anteil betrieblicher/tarifvertraglicher Leistungen am Absicherungsniveau m.E. zu hoch ausgewiesen worden. Der hohe Wert ist auch nicht dadurch zu erklären, daß in ihn (als Durchschnittswert) die zusätzliche Altersversorgung von Angestellten des öffentlichen Dienstes eingegangen ist.
Für Schweden liegen nur Daten ohne betriebliche/tarifvertragliche Leistungen vor, so daß Schweden — als Land mit einer Volksrente — nicht berücksichtigt werden konnte.
In den USA haben Vermögenseinkünfte noch eine größere Bedeutung als in der Schweiz. Sie bringen es auf einen Anteil am Einkommen älterer (hier 65 Jahre und älter) von 28 % (vgl.Ycas/Grad 1987, 145).
Lebensversicherungen sind in der Bundesrepublik Deutschland zwar weit verbreitet (im Jahr 1978 verfügten 83% aller Arbeiter- und Angestelltenhaushalte über eine Lebensversicherung; vgl. Schmidt 1978, 455), ihre Funktion für die Alterssicherung ist jedoch offensichtlich gering.
Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, daß die Haushaltseinkommen älterer in unterschiedlicher Höhe durch Besteuerung gekürzt werden (vgl. OECD 1988a, 54 ff). Nach Kohl (1988b, 27) reduziert sich das Einkommen älterer durch direkte Steuern und Beiträge in Schweden um 22 %. In der Schweiz sind es 12, in Großbritannien 8 und in der Bundesrepublik Deutschland 4 %. Da ferner nur die Einkommensstruktur betrachtet wurde, bleibt unberücksichtigt, inwieweit die Ausgabenstruktur der Haushalte durch öffentliche Leistungen beeinflußt wird. Für die Haushaltsausgaben älterer kommt dabei den ggf. individuell zu tragenden Kosten der Krankenversorgung eine besondere Bedeutung zu (Horlick 1987, 14). Da Krankenversicherungen und ihre Leistungen national sehr unterschiedlich sind, dürften sich allein dadurch erheblich unterschiedliche finanzielle Handlungsmöglichkeiten von Haushalten älterer Bevölkerungsteile ergeben.
Vgl. dazu eine der zentralen (zusammenfassenden) Feststellungen im Tagungsband “Conjugating Public and Private” (1987, 3): “<...> a good partnership between public and private schemes depended crucially on having basic <public; D. Verf.> pensions of an adequate amount: in certain countries the basic was still below the poverty line and millions of pensioners were obliged to depend an means-tested assistance”.
In Belgien ist z.B. eine Rente in Höhe von 60 % des Einkommens von Männern nur zu erreichen, wenn sie 45 Versicherungsjahre nachweisen; bei Frauen sind es 40 Jahre. Und in der Bundesrepublik Deutschland ist im Regelfall nach 40 Beitragsjahren von einer Rente in Höhe von 65 % des Nettoeinkommens auszugehen.
Personen, die weniger als die für die Erfüllung der Anwartschaft auf eine Vollrente notwendigen 15 Versicherungsjahre vorweisen können, haben dennoch einen Anspruch auf einen Mindestbetrag. Er betrug 1988 5.580.250 LIT p.a.
Für die “Sozialrente” besteht in Italien ein von der “Zentralanstalt für Sozialversicherung” verwalteter, staatlich finanzierter Sozialfonds, aus dem ferner Familienbeihilfen und Lohnausgleichszahlungen bei Teilzeitarbeitslosigkeit gezahlt werden.
Die in der Bundesrepublik Deutschland 1972 eingeführte sog. “Rente nach Mindesteinkommen” stellt keine systematische Mindestrente dar, weil bei ihr zwar für “Zeiten mit niedrigem Verdienst eine persönliche Bemessungsgrundlage von 75 % des Durchschnitts aller Versicherten fingiert, d.h. für die Zwecke der Rentenberechnung ein höheres Einkommen als das tatsächliche unterstellt” wird (Kohl 1988a, 225), aber-und dies ist entscheidend — nur für Personen mit einer relativ langen Versicherungszeit von mindestens 25 Jahren. Außerdem ist die so “abgeleitete Rente nicht in der Höhe fixiert, sondern kann je nach Versicherungsdauer etwa zwischen 600 DM und 1100 DM schwanken” (ebd).
So ist es nicht erstaunlich, daß unter den bislang erwähnten Ländern lediglich öffentliche Zusatzrentensysteme ohne Staatszuschuß auskommen und auf Kapitaldeckungsverfahren beruhen (vgl. VDR 1989, 26).
In Dänemark muß nachgewiesen werden, daß man 40 Jahre nach dem 15 Lebensjahr in Dänemark ansässig war, oder wenigstens 10 Jahre, davon jedoch mindestens 5 vor der Regelaltersgrenze.
Vgl. dazu die vergleichsweise hohe Erwerbsbeteiligung von Personen über 65 Jahre in Schweden (siehe Tabelle auf S. 25), die damit in Verbindung steht, daß für einen hinausgeschobenen Rentenbezug bis maximal zum 70. Lebensjahr ein Zuschlag von 7, 2 % je Jahr auf die Zusatzrente gewährt wird.
Nicht eingegangen werden soll auf die unterschiedliche Sicherung von Hinterbliebenen durch die öffentlichen Rentensysteme. Vgl. dazu Comparative Tables 1984, Tabelle VIII.
Vgl. OECD 1988a, 50, die sich auf Daten von Aldrich (The Earning Replacement Rate of Old-Age Benefits in 12 Countries. 1969–80, in: Social Security Bulletin 45, S. 3–11) bezieht.
“Rente nach Mindesteinkommen” nach 25 Versicherungsjahren.
Vgl. Kohl 1988a, 241. — Dort finden sich auch detaillierte Erklärungen zu den Angaben.
Vgl. zum “Rentenreformgesetz 1992” Nullmeier/Rüb 1989. Bemerkenswert dabei ist im übrigen, daß durch das eingeführte sog. “Gesamtleistungsmodell” die Bedeutung einer langen und stabilen Erwerbsbiographie für die Rentenbemessung verstärkt werden wird.
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Heinelt, H. (1991). Alterssicherungssysteme und Altersgrenzenpolitik. In: Frühverrentung als politischer Prozeß. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14620-9_3
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