Zusammenfassung
Die Person des >anchorman< ist ein zentrales Element der Network News. Er gibt der Sendung ihr bzw. sein Gesicht und seinen Namen. Direkt mit dem Beginn der CBS Evening News Sendungen vom September 1983 ist >anchorman< Dan Rather neben der Einblendung des CBS-Logos, einem stilisierten Auge (“CBS-Eye”), und dem Schriftzug “CBS Evening News with Dan Rather” im Bild. Den Hintergrund füllt eine Weltkarte. Nach der Begrüßung rückt ein Kameraschwenk und Zoom den >anchorman< in die Bildmitte. Der >anchorman< ist die dominierende auktoriale Instanz der Sendung. Als allwissender Erzähler leitet er die Videofilm-Beiträge ein, ruft sie durch den Blick auf einen (imaginären?) Monitor ab bzw. holt sich von dort das Wort zurück.1 Seine Augen finden immer wieder die wechselnden Kameras, die ihn aus verschiedenen Perspektiven aufnehmen. Vom Teleprompter oder Autocue liest er die Wortmeldungen, so daß er immer Blickkontakt zum Publikum hält. Kurze Videofilm-Einspielungen kommentiert er auch aus dem >Off<. Zu einem Teil der Wortmeldungen erscheinen zusätzliche Grafiken im rechten oberen Bildviertel. Der >anchorman< erteilt den Korrespondenten das Wort und leitet ihre Berichte ein.
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Referenzen
vergl. Keil u.a., 357.
Stefan Boeder in der Diskussion nach seinem Vortrag “Design und Schnittstellen innerhalb einer Fernsehanstalt” am Modellstudiengang >Medienplanung, -beratung und -entwicklung< der Universität — GH — Siegen, 23. Oktober 1990.
Als Gesamtlänge einer Sendung wird die Zeitspanne vom Ertönen der Anfangsmelodie bzw. vom Sichtbarwerden der ersten charakteristischen Sendungsbestandteile bis zum Ende der letzten Worte der Sendungspräsentatoren definiert. Diese Definition erscheint in Anbetracht der verschiedenen Präsentationsformate in den einzelnen Ländern und zu verschiedenen Zeitpunkten als allgemein auf alle Sendungen anwendbar. Unberücksichtigt bleiben dabei die Einblendung des “tagesschau”-Schriftzuges wie auch der Abspann der CBS Evening News. — Die Timecode-Einblendung des Vanderbilt Television News Archive in 10-Sekunden Schritten führt bei der Berechnung der Werbelänge vermutlich zu etwas erhöhten Werten, weil auch Schwarzbilder zur Werbezeit gezahlt werden. Geht man von einer Durchschnittslänge von 30 Sekunden pro Werbespot aus, so wäre die reine Werbezeit 1983 4:30 Minuten und 1990 6 Minuten. 4 Ludes und Claßen analysierten die CBS Evening News vom 5.–9. September 1983 auf der Basis der Television News Index and Abstracts der Vanderbilt University für die gleiche Fragestellung. Sie nennen als Gesamtlänge der CBS Evening News für 1983 26:32 Minuten, für 1989 27:42 Minuten, also jeweils rund 30 Sekunden weniger. Die schriftlichen Abstracts von 1983 spezfizierten jedoch nicht die Länge der Themenvorschauen während der Sendung, so daß sie in der Messung von Ludes — im Gegensatz zu meiner — vernachlässigt wurden. Rechnet man sie hinzu, so erscheint die Gesamtlänge der Sendungen in beiden Wochen identisch. Ein Vergleich meiner Ergebnisse mit den Angaben der Television News Index and Abstracts bestätigt die Richtigkeit meiner Messung, die ich auf der Basis der Timecode-Einblendung auf dem Bildschirm gemacht habe. Vergl. Ludes, “Filmberichte”, und Elvi Claßen, “Eine Sendeprotokollanalyse von Präsentationsformen und Nachrichtenquellen in Fernsehnachrichtensendungen der USA, der Bundesrepublik und der DDR zwischen 1952 bzw. 1976 und 1990”, Ms. (Siegen, 1993).
Der Wetterbericht der Tagesschau wurde nicht in die reine Nachrichtenzeit einbezogen, weil die CBS Evening News keine Wettervorhersage haben. Gleiches gilt für den Verweis auf nachfolgende Informationssendungen in der Tagesschau. Trotz längerer Gesamtdauer der bundesdeutschen Nachrichtensendung ist deren reine Nachrichtenzeit im Vergleich zu 1983 kürzer, weil 1990 mehr Sendezeit auf die Wettervorhersage verwandt wurde. Ludes nennt andere durchschnittliche reine Nachrichtenzeiten sowohl für CBS Evening News von 1983 (21:32 Min.) wie auch für die Tagesschau aus diesem Jahr (13:13 Min.). Die Abweichung der CBS-Zeit erklärt sich wiederum durch die unterschiedliche Berücksichtigung der Themenvorschauen vor den Werbeblöcken. Die durchschnittliche reine Nachrichtenzeit der Tagesschau ist kürzer, weil in der von Ludes analysierten Woche eine Tagesschau-Sendung (vermutliche wegen der Live-Übertragung eines Sportereignisses) kürzer war als gewöhnlich. Die Erhebungseinheit von einer Woche erweist sich hier als ungenügend, weil dieser Einzelfall gleich übergebührlich zu Buche schlägt. Darüber hinaus machen jedoch Ludes’ Ergebnisse für eine Woche von 1989 (CBS Evening News: 22:18 Min.; Tagesschau: 14:58 Min.) deutlich, daß die Durchschnittswerte einer Woche bei allen Sendungen schwanken, so daß bei dieser begrenzten Datenmenge aus den relativ kleinen Differenzen kein historischer Trend abgeleitet werden kann — vergl. Ludes, “Filmberichte... “. Grundsätzlich sei auch auf Ungenauigkeiten in den schriftlichen Sendungsunterlagen verwiesen: Die Gegenprobe meiner Analyseergebnisse von 1990 mit den Television News Index and Abstracts zeigt Abweichungen von 10 bis 40 Sekunden pro Sendung in den Abstracts. Aber auch meine Messung kann aufgrund der relativ großen 10-Sekunden-Schritte des Timecodes auf den Videobändern des Vanderbilt Television News Archive nicht auf die Sekunde genau sein. Die Angaben der Sendeprotokolle der Tagesschau zur Gesamtdauer der Sendung sind relativ genau (die größte Abweichung der Angaben in den schriftlichen Unterlagen betrug 9 Sekunden). Einzelangaben der Sendeprotokolle weisen jedoch Ungenauigkeiten auf: Die größte Abweichung zwischen der Länge eines Filmbeitrags, wie sie in den Sendeprotokollen genannt wird, und der Länge meiner Messung beträgt 22 Sekunden.
Dazu gehören auch Grafiken und Fotografien, die in die Videobeiträge integriert sind, sowie Ankündigungen auf weitere Sendungsthemen vor den Werbeblöcken der CBS Evening News. Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend verwende ich das Wort “Filmbeitrag”, obwohl es genauer Videofilm- bzw. Video-Beitrag heißen müßte, denn keine der untersuchten Redaktionen arbeitete in den 80er Jahren noch mit Film.
Die Standardabweichung für den prozentualen Filmanteil an der reinen Nachrichtenzeit beträgt für die CBS Evening News aus der Woche von 1983 4,2, für die Tagesschau 4,6 Prozent. Für die 90er Woche beträgt sie für die CBS Evening News 2,2, für die Tagesschau 5,3 Prozent. Die Streuungsbreite des Filmanteils schwankt bei allen Sendungen also zumindest von Woche zu Woche, so daß sich auf dieser Basis keine Aussagen über eine Standardisierung der Sendungen für diesen Aspekt treffen lassen. Dieses Ergbnis verdeutlicht, warum auch die befragten Journalisten kaum genauere quantifizierende Aussagen über den Grad der Visualisierung und des Filmanteils ihrer Sendungen machen konnten.
Für die CBS Evening News sind die Werte der von Ludes untersuchten Woche (CBS Evening News: 77% zeitlicher Filmanteil) mit meinen fast identisch, bei der Tagesschau weichen die Angaben von Ludes (65% zeitlicher Filmanteil) aufgrund der Unterschiede bei der reinen Nachrichtenzeit auch hier von meinen ab — vergl. Ludes, “Filmberichte”, 23.
Ein Wort- bzw. Filmbeitrag galt bei der Inhaltsanalyse als abgeschlossen, wann immer das Thema und/oder die Präsentationsform wechselte. Die Auszählung berücksichtigt also sowohl inhaltliche wie auch präsentationsbezogene Aspekte und ist deshalb nicht mit Themeneinheiten identisch.
Der vom Vanderbilt Television News Archive auf die Aufzeichnung der Sendung eingeblendete Timecode mißt die Zeit nur in 10-Sekunden-Schritten. Feinere Messungen würden noch kürzere Filmbeitragslängen feststellen.
Die Sendeprotokolle der Tagesschau von 1983 geben die Bildquellen an; 1990 fehlen diese Angaben.
Ludes, “Filmberichte”, 23.
ebd., 23.
Deutsch-deutsche Themen wurden als national/internationale Themen miterfaßt, weil die DDR im Untersuchungszeitraum auch 1990 noch nicht der Bundesrepublik beigetreten war. Sie werden jedoch aufgrund ihres besonderen Charakters gesondert ausgewiesen.
vergl. Larson, 41–45.
Larson differenziert die Durchschnittslänge der Korrespondentenberichte zu national/internationalen und internationalen Themen aus den Jahren 1972 bis 1981 weiter: Korrespondentenberichte zu diesen Themengebieten, die in den USA produziert worden waren, dauerten durchschnittlich 2:08 Minuten; solche, die außerhalb der USA produziert worden waren, 1:57 Minuten — Larson, 41.
Diese Ergebnisse differenzieren nicht mehr zwischen Wort- und Bildinhalt, sondern erfassen beide Präsentationsmodi gemeinsam.
Pro Analyseeinheit waren bis zu drei Zuordnungen zu 18 verschiedenen Sachgebieten möglich. Rangfolgen der Zuordnung wurden bei dieser Auswertung nicht berücksichtigt. Bei der Tagesschau wurden Beiträge zu deutsch-deutschen Themen und über die DDR den Kategorien national/international bzw. international zugeordnet.
Pro Analyseeinheit wurde jedes visuell oder verbal als am Geschehen beteiligt dargestellte Land (bzw. dessen Bürger) nur einmal kodiert.
Auch in Larsons Untersuchung der U.S.-amerikanischen Network News von 1972 bis 1981 folgt die UdSSR an zweiter Stelle hinter den USA — Larson, 55.
vergl. Larson, 92, 146.
Insbesondere in den 70er und 80er Jahren wurden diese Aspekte im Zusammenhang einer neuen Weltinformationsordnung diskutiert. Im Mittelpunkt dieser Diskussion standen die Untersuchung globaler “Nachrichten-Flüsse” und kontroverse Vorstellungen über die Funktion und (zwischen-) staatliche Regulierung von Massenmedien. Auch im Kontext dieser Diskussion wurden ähnlich vielfältige Faktoren zur Erklärung der Medienberichterstattung und ihrer Schwerpunkte angeführt. Vergl.: George Gerbner, George Marvanyi, “The Many Worlds of the World’s Press”, Journal of Communication 27 (1977): 52–66; Werner A. Meier, Michael Schanne, “30 Jahre Nachrichtenfluß-Studien: Empirische Evidenzen und noch keine Theorie”, Publizistik 29. Jg., Heft 3–4 (1984): 564–74; Elie Abel, “International Communication: A New Order?”, in The Media Revolution in America and Western Europe, hg. von Everett M. Rogers, Francis Balle (Norwood, N.J., 1985), 150–64; Birgit Schenk, “Die Struktur des internationalen Nachrichtenflusses: Analyse der empirischen Studien”, Rundfunk und Fernsehen 35. Jg., Heft 1 (1987): 36–54.
vergl. zur abnehmenden Länge der >soundbites< in U.S.-amerikanischen Network News: Kiku Adatto, “Sound Bite Democracy: Network Evening News Presidential Campaign Coverage, 1968 and 1988”, Research Paper R-2, The Joan Shorenstein Barone Center on the Press, Politics and Public Policy, Harvard University (1990).
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Schütte, G. (1994). Das >Fenster zur Welt< ? — Inhalt und Form von CBS Evening News und Tagesschau. In: Informationsspezialisten in der Mediengesellschaft. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14611-7_14
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