Zusammenfassung
Weaver und Wilhoit konstatieren in ihrem “Porträt U.S.-amerikanischer Nachrichtenleute” eine unwiderstehliche Attraktivität, in der Journalismusforschung die Diskussion journalistischer Werte und Rollen im Kontext des Konzepts der Professionalisierung anzusiedeln.1 Auch in der bundesrepublikanischen Forschung fand dieses Konzept Beachtung: zum einen in der Diskussion um eine hochschulgebundene Journalistenausbildung,2 zum anderen bei Versuchen, das Prestige des Berufsstandes aufzuwerten. Die Diskussion geht zurück auf die Professionalisierungsforschung in der anglo-amerikanischen Soziologie, die zwischen >professions< und >occupations< unterschied. Idealtypisch wurden Professionen eine Reihe von Merkmalen zugeschrieben: exklusives Expertenwissen, das durch akademische Ausbildung erlangt wird und einen Autoritätsanspruch gegenüber Klienten und Zuarbeitenden rechtfertigt; Autonomie in der Regelung des Berufszugangs und der Herstellung bzw. Kontrolle beruflicher Standards; eine altruistische Gemeinwohlorientierung mit Vorrang vor Gewinnstreben; und hohes gesellschaftliches Ansehen sowie hohes Einkommen. Nach diesen Kriterien galten die Berufe von Ärzten, Juristen, Geistlichen und Professoren als die ursprünglichen Status-Professionen.3 Diese ungenaue idealtypische Konzeption erwies sich bei empirischer Überprüfung jedoch als zunehmend problematisch. In den Vordergrund rückte die Frage nach institutionalisierten Machtverhältnissen, die das Entstehen berufsständischer Ansprüche und gesellschaftlicher Konzessionen erst ermöglichten.
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Referenzen
Weaver, Wilhoit, American Journalist, 104.
vergl. Koszyk, “Professionalisierung”; ders., Vorwort zu Rückblick und Ausblick. Erfahrungen mit der hochschulgebundenen Journalistenausbildung am Institut für Journalistik der Universität Dortmund, hg. von Elisabeth Klaus (Dortmund, Hagen, o.J.), 5–7; siehe auch Abschnitt VI.3.
vergl. Norbert Elias, “Professions”, in A Dictionary of Social Sciences, hg. von Julius Gould, William L. Kolb (New York, 1964) 542
Günter Büschges, “Professionalisierung”, in Lexikon der Soziologie, 2. verbesserte Auflage, hg. von Werner Fuchs u.a. (Opladen, 1978; Erstausgabe 1973), 596–97 Patricia A. Roos, “Professions”, in Encyclopedia of Sociology, Bd. 3, 1552–57.
Dieter Rüschemeyer, “Professionalisierung. Theoretische Probleme für die vergleichende Geschichtsforschung”, in Professionalisierung in historischer Perspektive, Heft 3 von Geschichte und Gesellschaft, hg. von Hans-Ulrich Wehler, (Göttingen, 1980), 311–25.
vergl. Rühl, Journalismus und Gesellschaft, 100–11; Donsbach, “Journalist”, 56.
Weaver, Wilhoit, American Journalist, 145; vergl. auch Koszyk, Vorwort, 7: “Professionalisierung kann also nicht darin bestehen, professionelle Händler mit Information zu etablieren, wie es solche für Gesundheit, Wohlfahrt, Erziehung und Seelenheil (Theologie) gibt. In der Tat würde der Journalismus das mit einem weiteren Verlust an Glaubwürdigkeit erkaufen. Journalisten müssen deshalb so ausgebildet werden, daß sie sich nicht in die Glashausatmosphäre ihrer Profession zurückziehen (...), sondern dazu, daß sie bereit sind, ihr Publikum tatsächlich zur Teilnahme am Kommunikationsprozeß und zur Anwendung neuer Kommunikationstechniken zu befähigen.”
Die Thesen und Umfrageergebnisse stammen aus Donsbach, Legitimationsprobleme; Köcher, “Spürhund und Missionar”; Hans Mathias Kepplinger, Renate Köcher, “Professionalism in the Media World?”, European Journal of Communication Vol. 5, Nr. 2–3 (Juni 1990): 285–311.
Weaver, Wilhoit, American Journalist, 117, 144.
dies., “American Journalist in the 1990s”, 12.
Wolfgang Donsbach, “Journalistikstudenten im internationalen Vergleich”, Publizistik 35. Jg., Heft 4 (1990): 424.
Schneider u.a., 19–24, 28.
vergl. auch Wolfgang Donsbach, “Medien-Ethik aus der Sicht der empirischen Journalismusforschung”, Medien und Gesellschaft, hg. von Wilfried von Bredow (Stuttgart, 1990), 167–71.
Schneider u.a., 24–26; Weaver, Wilhoit, “American Journalist in the 1990s”, 13–14.
vergl. auch Rust, Entfremdete Elite?.
Weaver, Wilhoit, American Journalist, 26.
Gans, 211–12.
Kepplinger, Köcher, 295–96.
Donsbach, “Journalistikstudenten”, 418.
Hans Mathias Kepplinger, Hans-Bernd Brosius, Joachim Friedrich Staab, “Instrumental Actualization: A Theory of Mediated Conflicts”, European Journal of Communication Vol. 6 (1991): 263–90.
Donsbach, “Medien-Ethik”; Kepplinger, Köcher.
Donsbach, Legitimationsprobleme, 179–80.
Weischenberg, “Der enttarnte Elefant”; ders. u.a., “Konstellationen der Aussagenentstehung”.
Köcher, 77, 97, 130, 205.
Wolfgang Langenbucher, Günther Neufeldt, “Journalistische Berufsvorstellungen im Wandel von drei Jahrzehnten”, in Idee und Wirklichkeit des Journalismus, hg. von Hans Wagner (München, 1988), 257–72.
Inglehart, Culture Shift, 323–27.
Schneider u.a., 28.
Wolfgang Donsbach, “Objektivitätsmaße in der Publizistikwissenschaft”, Publizistik 35. Jg., Heft 1 (Januar-März 1990): 27.
vergl. Schulz, “Massenmedien und Realität”, 145.
Erbring, 306.
Weischenberg, “Das >Prinzip Echternach<“, 30.
Erbring, 308–12.
Günther Rager, “Das Problem der Objektivität in politischen Nachrichten”, Rhetorik, Ästhetik, Ideologie (Stuttgart, 1973), 237–57, zit. nach Donsbach, “Objektivitätsmaße”, 18.
vergl. Peter Hoff, “>Vertrauensmann des Volkes<“, Rundfunk und Fernsehen 38. Jg., Nr. 3 (1990): 385–99.
vergl. Schütte, “Theorie und Praxis”; Bahrmann.
vergl. Wilfried Laatz, Rolf Klima, “formell — informell”, in Lexikon der Soziologie, 237–38.
Analysiert wurden die jeweils aktuellen Fassungen der Guide Books: “ABC News Policy Book”, 1989 aktualisierte Version von 1982, ABC, New York; “CBS News Standards”, bis 1985 durch Memoranden aktualisierte Version von 1976, CBS, New York; “NBC News Policies and Guidelines”, 1988 sowie die Vorgängerversion “NBC News — Policy, Procedures, Standards”, 1978, NBC, New York.
Richard Salant, Vorwort zu “CBS News Standards”, 14. April 1976, CBS, New York, i (Unterstreichung im Original).
John A. Schneider, Memorandum an CBG News Personnel, 14. April 1976, vorgeheftet an “CBS News Standards”, CBS, New York [CBG steht vermutlich für Columbia Broadcasting Group]
Die “CBS News Standards” charakterisiert >investigative reporting< als “responsibility to expose criminal activity, wrongdoing and abuses of public confidence and trust” (Seite 25).
“ABC News Policy Book”, II.5.
“NBC News Policies and Guidelines”, III-39.
“CBS News Standards”, 4.
“ABC News Policy Book”, I.4.
Robert Siegenthaler, maschinengeschriebenes Memorandum an Executive Producers und Assignment Editors, 9. Juni 1987, Appendix zu “ABC News Policy Book”, ABC, New York.
Richard Salant, Vorwort zu “CBS News Standards”, 14. April 1976, CBS New York, ii.
ebd.
ebd.
vergl. Leggewie, 7, über diese “Nabelschau” des Journalismus.
Fisher LaMay, 23.
“Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts >Zweites Deutsches Fernsehen< vom 6. Juni 1961, ergänzt und geändert durch den Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens vom 1./3. April 1987 (RfStV)”, in Medienrecht. Rechtsvorschriften für das ZDF, Heft 17, ZDF-Schriftenreihe, hg. vom ZDF, 5., überarbeitete Auflage (Mainz, 1978, 1989), 5.
Es gehört zu den Aufgaben des ZDF-Fernsehrates, diese Richtlinien festzulegen und zu kontrollierren. Sie sollen ein “Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung” gewährleisten — vergl. Enno Friccius, “Richtlinien für die Sendungen des ZDF”, in ZDF Jahrbuch 89, 185.
“Richtlinien für die Sendungen des >Zweiten Deutschen Fernsehens< vom 11. Juni 1963 in der Fassung vom 17. März 1989”, in Medienrecht. Rechtsvorschriften für das ZDF, 21–24.
Ricker, 183.
Peter Voß, “>Attraktiv< oder >relevant<? Zu den Kriterien der Nachrichtenauswahl im ZDF”, Mainz, 4. Januar 1988, internes Papier der Hauptredaktion Aktuelles, ZDF.
vergl. “Grundregeln für die Zusammenarbeit im ZDF (Leitordnung) in der Fassung vom 24. November 1988”, in Medienrecht. Rechtsvorschriften für das ZDF, 88–93.
vergl. auch Bresser, Was nun?, 18, zur Facettenhaftigkeit der Fernsehwirklichkeit.
Henning Röhl, “Verifikation von Nachrichten. Beispiele aus der Praxis von ARD-aktuell”, Media Perspektiven 1 (1991): 18–22.
vergl. Schönbach, Nachricht und Meinung.
Von Trainingsseminaren, die Femsehnachrichten-Journalisten für Unternehmer veranstalten, berichtet der Artikel “Wirklich sehr nett. Fernsehredakteure des ZDF [...] trainieren Unternehmer gegen das Fernsehen”, Der Spiegel 44. Jg., Nr. 19 (7.5.1990): 106–111.
Trampe, 327.
“>Es ist besser geworden in den Nachrichten.< Ein Interview der FUNK-Korrespondenz mit Ruprecht Eser”, FUNK-Korrespondenz Nr. 26 (30. Juni 1989): 8.
Siegloch, 70.
“>Es ist besser geworden<”, 4; vergl. u.a. Leggewie zur Kritik am journalistischen Aktualitätsprinzip.
Trampe, 328–29.
Eser sieht die Gefahr, daß die Schilderung von Zusammenhängen “hinter dem reinen Spektakel verschwindet”. Er plädiert dafür, daß Journalisten sich nicht zu sehr dem Aktualitätsdruck aussetzen und stattdessen mehr einordnende Zusatzinformationen bringen — vergl. Eser, 195.
zit. n. Ludes, “>Von mir hätten Sie immer nur die halbe Wahrheit bekommen<”, 29.
Griebel, 4.
Michael Schmidt, 336.
Dies habe ich bereits nach einer ersten Auswertung ausgewählter Interviews im Vergleich zu Aussagen der DDR- Fachzeitschrift Theorie und Praxis des sozialistischen Journalismus dargelegt in “Theorie und Praxis des >sozialistischen Journalisten<”.
vergl. auch Blaums Kategorisierung von Journalisten der DDR in der Nachkriegszeit in “Kontinuität und Neubeginn”, 678–79.
vergl. Ludes, “>Von mir hätten Sie immer nur die halbe Wahrheit bekommen<”, 23.
“Karl Eduard von Schnitzler”, 288.
“Herwig Kipping”, 164.
“Kerstin Mempel”, 141.
“Erich Selbmann”, 216.
“Klaus Schickhelm”, 258.
ebd.; vergl. auch Abschnitt 8.7.3.
“Karl Eduard von Schnitzler”, 273.
Die stellvertretende Chefredakteurin Sigrid Griebel berichtet 1990, das Einstiegsgehalt habe bei 950 Mark gelegen und sei auf 1.800 Mark brutto (1.500–1.700 Mark netto) gestiegen. Journalisten in Leitungspositionen verdienten bis zu 3.500 Mark.
vergl. “Kerstin Mempel”, 137.
“Herwig Kipping”, 173.
ebd., 179.
“Horst Mempel”, 130.
Ein Redakteur des Bereichs Publizistik sollte beispielsweise zum Frauentag eine sozialistische Heldin porträtieren, die mit allen entsprechenden Orden ausgezeichnet worden war. Er fand eine mecklenburgische Bäuerin, die diesen Anforderungen entsprach, und drehte sie in der ganzen Trostlosigkeit ihrer ärmlichen Umgebung. In der Folge bekam er rund neun Monate keine Aufträge mehr und wurde anschließend strafversetzt.
“Günter Nerlich, erster Chefredakteur (1954–1958) und Korrespondent der >Aktuellen Kamera<. (Von Günter Nerlich um aktuelle politische Bezüge gekürzte und redigierte Fassung des Interviews vom 30. März 1990. Autorisiert am 4.8.1990)”, in DDR-Fernsehen intern, 201.
vergl. “Karl Eduard von Schnitzler”, 284.
“Horst Mempel”, 131.
Zu einem gewissen Grade ist die pragmatischere Sicht der jüngeren Generation in beiden Ländern sicherlich eine Folge der konkreten Arbeitsbedingungen.
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Schütte, G. (1994). Professionelle Standards von Fernsehnachrichten-Journalisten. In: Informationsspezialisten in der Mediengesellschaft. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14611-7_11
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