Zusammenfassung
Bislang wurden die Funktionen von Öffentlichkeit als Bezugsgröße für Bewegungsprotest in allgemeiner Form diskutiert. Im folgenden sollen diese Überlegungen anhand einer genaueren Betrachtung der durch das System der Massenkommunikation induzierten Wirkungen auf Politik, Gesellschaft und kollektive Akteure differenziert werden. Diese Skizze präzisiert, was die erfolgreiche Diffusion von Bewegungsprotest in den Medien konkret bedeutet. Wäre davon auszugehen, daß das Eindringen von Themen und Akteuren in die Massenmedien keinerlei Wirkungen auf das Publikum, die Bewegung oder auf die politischen Entscheidungsträger hätte, mithin die Frage der erfolgreichen Durchsetzung von Protest abgekoppelt vom Überschreiten der massenmedialen Aufmerksamkeitsschwelle entschieden würde, so wäre die Frage der Zutrittsbedingungen und Spielregeln öffentlicher Konfliktaustragung weitgehend belanglos. Daß jedoch von Medieneffekten ausgegangen werden kann, belegt die überbordende Literatur zur Medien Wirkungsforschung, auch wenn die genaue Bestimmung von Art, Richtung, Dauer und Intensität dieser Effekte im Zusammenspiel mit der Situation, der Botschaft und den Rezipientenmerkmalen nach wie vor Schwierigkeiten bereitet (allg. Schenk 1987; zur Kernenergieberichterstattung Peters/Dunwoody 1992, S. 15). Wenn aber die Medien in der Wiederaufarbeitungsfrage Einfluß auf die Publikumsvorstellungen und das politische System besitzen, bestimmen sie nicht nur über die Durchsetzung der Protestziele mit, sondern wirken auch auf die Themen und Mitteilungsformen des Protests zurück.
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Literatur
Eine vergleichbare Fehleinschätzung wird in der Reaktion der Medien auf das Vermummungsverhalten der autonomen Gruppen bzw. des “Schwarzen Blocks” konstatiert. So wird aus den Reihen der Autonomen festgestellt, daß Vermummung bei öffentlichen Anlässen dem schlichten Bedürfnis nach Schutz vor staatlicher Überwachung entspringe. Die spezifischen Formen der Aufmachung seien aber — insbesondere in Gestalt der einheitlichen schwarzen Kleidung — ein besonderer Fokus der Medienaufmerksamkeit. Dieses bewirke die öffentliche Überschätzung der Militanz (vgl. Geronimo 1990, S. 171).
Ein spektakuläres, wenn auch extremes Beispiel der Mobilisierungsfähigkeit einer Umweltorganisation war die Briefaktion von Greenpeace zur Rettung der Wale, welche in vier Wochen über eine Million Unterschriften in der Bundesrepublik zusammentragen konnte (Reiss 1988, S. 142).
So fand die Beteiligung konservativer Gruppen am WAA-Widerstand ein nachhaltiges Echo in den Medien. Dazu rechnete beispielsweise der von ortsansässigen Landwirten getragene “Gorleben-Treck” in die niedersächsische Landeshauptstadt, der sich gegen das Nukleare Entsorgungszentrum in Gorleben richtete.
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Kliment, T. (1994). Wirkungsdimensionen der Massenmedien in der Kernenergiekontroverse. In: Kernkraftprotest und Medienreaktionen. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14607-0_5
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