Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit ging von der Frage aus, unter welchen Bedingungen die Themen kollektiver Akteure in den öffentlich anerkannten Problemhaushalt einer Gesellschaft eingehen. Sie analysierte, wie sich die Problemdefinitionen bei den Protagonisten dieser Definitionsprozesse darstellen und wie sie sich im Zuge ihrer öffentlichen Verbreitung verändern. Untersucht wurde dieses im Kontext neuer sozialer Bewegungen, konkret am Fall der Protestbewegung gegen atomare, großtechnische Wiederaufarbeitungsanlagen in der Bundesrepublik. Im Kontext dieses Issues wurden die Darstellungsstrategien und Situationsdefinitionen wichtiger, an der Bewegung beteiligter Aktoren untersucht. Rekonstruiert wurden die in der Bewegung vorfindlichen Protestmotive, die von ihr entwickelten Feind- und Selbstbilder, sowie ihre Darstellung der Strategie- und Widerstandsformen. Im Ergebnis entstand eine extensive Bestandsaufnahme der von den Protestakteuren produzierten symbolischen Wirklichkeiten, ihrer Deutungsmuster und Darstellungstrategien. Dieses fungierte als Hintergrundfolie zur Beantwortung der Frage, in welcher Form die atomare Wiederaufarbeitung den Weg in die Presse fand. D.h. mit welchen Einschätzungen sie dort diskutiert wurde, wann die Medien auf das Thema reagierten, und wie sie es prägten. Es wurde gezeigt, unter welchen Bedingungen die Anti-WAA-Bewegung ins Blickfeld der Presse geriet, welche Rolle die Allianzpartner für die Präsenz des Themas spielten, und inwieweit sich die Protestbewegung in den öffentlichen Definitionskämpfen durchsetzen konnte.
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Literatur
Wegen des uneindeutigen Musters bzw. der zahlreichen, zu unterscheidenden Gruppen, hätte die sonst praktizierte Ausweisung der Indexmittelwerte einzelner Cluster hier zu keiner Informationsverdichtung geführt. Auf sie wurde daher verzichtet.
Ein methodischer Nachteil dieses in der Kommunikationsforschung häufig praktizierten Verfahrens liegt darin, daß die Stabilität des Rangkorrelationskoeffizienten auch von der Zahl der Argumente abhängt, über die aggregiert wird. Da die Argumentbereiche teilweise nur sehr wenige Argumente umfaßten, muß-ten die Korrelationen sehr hoch sein, um zu signifikanten Effekten zu führen. Zu den methodologischen Implikationen der Arbeit mit Aggregatdaten vgl. Ehlers 1989, S. 113 sowie Becker 1983, S. 59f.
Denkbar ist, daß die Argumentation dieser Akteure von vornherein besonders “mediengerecht” ausfiele, d.h. durch eine bewußte Anpassung an mediale Darstellungsstrukturen die Veröffentlichungschancen vergrößert werden sollten, oder daß die Journalisten nur solche Äußerungen zuließen, welche in die redaktionelle Linie des jeweiligen Mediums paßten.
So ergab beispielsweise eine Studie von Knoche u.a. (1992), daß die Presseberichterstattung über die Grünen — wenn sie denn überhaupt stattfand — sich im wesentlichen im Zusammenhang mit den für sie als typisch angenommenen Politikfeldern Ökologie, Umwelt, Kernenergie, Frieden etc. abspielte.
Angesichts der Tatsache, daß die Debattenteilnehmer mit eindeutigen Positionen in der Minderzahl waren, müssen solche Untersuchungen fragwürdig erscheinen, welche die an den Kernenergieauseinandersetzungen beteiligten Akteure in den Dimensionen “Befürworter” vs. “Gegner” pauschal zu erfassen suchen. Dieses gilt beispielsweise für die im Ganzen aufschlußreiche Studie von Buiren (1980), die nur zwischen “Politikern”, “Bürgern”, “Industrie” u.a. unterscheidet oder die Konfliktbeteiligten gar nach “Befürwortern” und “Gegnern” dichotomisiert (vgl. ausführlich Braczyk/Hengstenberg/Mill 1985).
Die Umweltverbände (BBU, BUND etc.) wurden, obwohl im Dendrogramm im Cluster von SPD, Gewerkschaften und Berufsorganisationen angesiedelt, zum Zwecke einer konsisten Darstellung auch hier der Protestbewegung zugerechnet.
Zu ähnlichen Schlußfolgerungen kommt etwa auch Fabris (1980, S. 79) in seinem Vergleich der österreichischen Medienberichterstattung mit der Anti-AKW-Publizistik zum Streit über das AKW-Zwentendorf.
Der Vergleich bezieht sich nur auf solche Argumente, die in beiden Medien auch tatsächlich vorfindbar waren. Auch wurden die linken Initiativen aufgrund ihrer öffentlichen Nicht-Thematisierung aus dem Vergleich herausgenommen.
Als Maßzahl wurde die Summe der argumentativen Aussagen pro Argumentbereich zugrunde gelegt. Dabei wurden nur solche Argumente berücksichtigt, die in den Kategoriensystemen der Bewegungs- und der Presseanalyse identisch codiert wurden. Die Fälle, in denen diese Entsprechung nicht gegeben war, fielen quantitativ nicht ins Gewicht. Auch ist zu berücksichtigen, daß es sich bei der Bewegung um Nennungen auf der Basis von Artikeln handelte, wohingegen in der Argumentationsstudie die Aussageurheber die Merkmalsträger waren. In der graphischen Darstellung wurden die Kurvenverläufe zur größeren Anschaulichkeit geglättet.
Die Ausführungen in Anmerkung 9 gelten sinngemäß. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, daß die in der Bewegung präsentierten Argumente durchweg negativ akzentuiert waren, wohingegen dieses in der Presse nur fur politische und ökologische/sicherheitstechnische Fragen galt.
Zur Problematik des Vergleichs von Aggregatdaten vgl. ausführlich Becker 1983, S. 59ff.
Inwieweit das gewählte Intervall tatsächlich dem kausalen Intervall entspricht, ist eine schwer lösbare Frage. Sie ist theoretisch weitgehend ungeklärt und wird zumeist nach pragmatischen Gesichtspunkten vom Forscher entschieden (Becker 1983, S. 61). 13 Da in den Veröffentlichungen der Bewegung in der Anfangsphase nur wenige Beiträge erschienen, wurden die Jahre zu Zeiträumen zusammengefaßt.
Bemerkenswert ist die zeitliche Stabilität der Rangordnungen innerhalb der Bewegung (r=.65), was die Aussagekraft der Koeffizienten auf der Diagonalen etwas relativiert.
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Kliment, T. (1994). Schlußbetrachtung. In: Kernkraftprotest und Medienreaktionen. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14607-0_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-14607-0_16
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