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Part of the book series: DUV Sozialwissenschaft ((DUVSW))

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Zusammenfassung

In den Begriff »soziale Bewegung« geht ein doppeltes sozialwissenschaftliches Erklärungsproblem ein. Zum einen ist der Begriff mit der Vorstellung aktiven Handelns verbunden. Er kennzeichnet einen kollektiven “Akteur”, der gesellschaftliche Wirkungen hervorruft, unabhängig davon, wie weit diese intendiert, rational motiviert oder gerechtfertigt erscheinen. Dieses Erklärungsproblem besteht darin, soziale Aktivität im Kontext gesellschaftlicher Bedingungen zu bestimmen, die mögliche Ursachen, intendierte oder nicht-intendierte Folgen und/oder widerstreitende soziale Kräfte sein können.

“... und wir als Reformisten oder Revolutionäre oder wie auch immer, uns geht es ja nicht gut in diesem System. Daß heißt, wir stehen vor der historischen Veränderung, daß wir die präetati-stische Frage Lenins, “Was tun?”, nunmehr umfunktionieren in die Frage: “Wie gehts?”1)

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Literatur

  1. Der Kabarettist Mathias Beltz auf dem Kongreß: Prima Klima; abgedruckt in: Schauer (Hg) 1987/94.

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  2. Wichtig ist dabei, daß »Praxis« nicht allein die konkreten Handlungsformen sozialer Bewegungen oder sozialer Akteure überhaupt, das Verhältnis zur Theorie damit nicht nur das Verwendungsproblem sozialwissenschaftlichen Wissens, meint. Muß sich Theorie auch selbst als Teil des Verhältnisses, als Teil der Problem- und Interessenlagen begreifen, in denen sie auch die sozialen Bewegungen ansiedelt, dann wird das Verhältnis von Theorie und Praxis doppelt reflexiv: “Die Theorie erfaßt also eine doppelte Beziehung zwischen Theorie und Praxis: sie untersucht einerseits den geschichtlichen Konstitutionszusammenhang einer Interessenlage, der die Theorie gleichsam durch die Akte der Erkenntnis hindurch noch angehört; und andererseits den geschichtlichen Aktionszusammenhang, auf den die Theorie handlungsorientierend einwirken kann.” (Habermas 1971/10, Hervh. CG.) Der geschichtsphilosophische Horizont der Vermittlung von Erkennen und Handeln bzw. die Differenz innerhalb des Praxisbegriffs zwischen Handeln und Herstellen können hier dagegen noch ausgeblendet bleiben. Vgl. dazu Riedel 1973.

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  3. Einen ähnlichen Eindruck vermittelt Ottheim Rammstedt: “Vorbei sind die Zeiten, in denen soziale Bewegung identisch gesehen wurde mit der gesellschaftlichen Realität, in denen soziale Bewegung als Praxis soziologischer Theorie galt. Heute ist von den gängigen soziologischen Theorieansätzen her soziale Bewegung als Praxis nicht zu fassen.” (Rammstadt 1978/10, Hervh. CG.) Auch hier erscheint das Praxisproblem doppelt: als Verwendungsproblem und als “Bewegung der gesellschaftlichen Realität”. Die gleiche Struktur, zugespitzt auf die Frage nach der Zukunft revolutionstheoretischer Fragestellungen im Anschluß an Marcuse, findet sich auch in der Einleitung bei Roth 1986 (vgl. besonders S. 17).

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  4. Folgt man z.B. der Darstellung von P.Anderson, dann war die Einheit von Theorie und (politischer) Praxis noch nicht bei Marx und Engels, sondern erst bei ihren direkten Nachfolgern erreicht — aber nur, um schon bei der nächsten Generation von Theoretikern wieder verloren zugehen. Für das Aufkommen des »westlichen Marxismus« sei also schon eine “strukturelle Trennung von der politischen Praxis” (Anderson 1978/50) kennzeichnend, wobei Anderson allerdings den Praxisbezug der Theorie relativ eng im Verhältnis zu den sozialdemokratischen oder kommunistischen Parteien diskutiert. Zudem ist die Problematisierung des Praxisverhältnisses so alt wie der Marxismus selbst. Diese Tatsache wurde schon bei der Diskussion der letzten »Krise des Marxismus« hevorgehoben (vgl. z.B. Blanke/G.Schäfer 1979).

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  5. Natürlich gibt es noch die vierte Strategie: die Leugnung des Problems. Dies setzt aber die These voraus, daß die Frage nach der Bedeutung der NEUEN SOZIALEN BEWEGUNGEN als “Akteur” gesellschaftlicher Veränderung eindeutig negativ beantwortet werden kann. Eine solche Strategie mag in bestimmten Punkten, z.B. in der Frage nach der Relevanz des Klassenbegriffs zur Gegenwartsdiagnose, von Bedeutung sein. Da aber hier die Frage nach dem Status der NEUEN SOZIALEN BEWEGUNGEN als soziale “Akteure” auf jeden Fall gestellt werden muß (selbst wenn sie dann negativ beschieden werden müßte), kann diese Strategie vernachlässigt werden. Japp (vgl. Japp 1986) verwendet dagegen eine der Differenz von 1. und 2. ähnliche Unterscheidung in der Relationierung sozialer Evolution und sozialer Akteure. Da dort aber von vornherein die Fragestellung eingeschränkt ist auf die Suche nach einem adäquaten Begriff der Moderne, kommt die hier als Ausgangspunkt gewählte Problematisierung des Verhältnisses von Theorie und Praxis erst gar nicht in den Blick. Zugespitzt lautet die Frage nicht wie bei Japp: »Kontinuität oder Diskontinuität der Moderne«, sondern: »Was motiviert eigentlich die Suche nach einem Begriff der Moderne?«

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  6. Die hier unter dem Terminus »Theorie der Moderne« zusammengefaßten theoretischen Ansätze scheinen wegen ihrer Verschiedenartigkeit zunächst gegen die Auflösungsfähigkeit im Hinblick auf das angesprochene Problem zu sprechen. Nicht nur unterschreitet der Sammelbegriff die üblichen soziologischen Unterscheidungen; auch scheint die Differenz zu den beiden anderen Argumentationsvarianten nicht trennscharf genug. Dieses zweite Problem kann natürlich nur in der Durchführung gelöst, die Sinnhaftigkeit an Einzelfragen gerechtfertigt werden. Wohl ist die Differenz zwischen den beiden letzten Varianten an Horkheimers Unterscheidung von traditioneller und kritischer Theorie orientiert (vgl. Horkheimer 1968), ohne allerdings die Behauptung antreten zu wollen, sie sei die Anwendung dieser Unterscheidung auf das vorliegende Problem. Nicht nur die unterschiedlichen Gegenstände, mehr noch die Tatsache des geschichtlichen Charakters dieser Selbstunterscheidung verbietet eine solche Vorgehensweise. Keineswegs soll aber der Eindruck erweckt werden, jenseits dieser Differenz sei die Vielfalt im Begriff der »Theorie der Moderne« (und in der Tradition der Marxschen Theorie) zu vernachlässigen.

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  7. Vgl. z.B. J.Berger 1983. Zum Teil wird darin auch eine “Normalisierung” des Verhältnisses von akademischer Gesellschaftstheorie und sozialen Bewegungen gesehen, die, wenn auch mit der Gefahr der übersteigerten Akademisierung belastet, die falschen Ansprüche an praktisch relevantes Gesetzeswissen der Sozialwissenschaften zurüchzuschrauben helfe (vgl. Offe 1982).

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  8. Seine Ausgangslage, in der theoretischer Ansatz und Zeitdiagnose aufs engste verschränkt sind, wird von Touraine als doppelte Krisenlage beschrieben, die sich in eine doppelte Mutation zu verwandeln beginnt: Entspricht der Krise der Industriegesellschaft die Krise des soziologischen Denkens, so lassen sich ihm zufolge auf beiden Ebenen gleichfalls Elemente einer Transformation beobachten (vgl. Touraine 1986/38f und ders. 1976/19f).

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  9. Vgl. ders 1977/174: Seine Theorie der Klassenbeziehungen wird möglich erst in der “postindustriellen Gesellschaft”, in der Gesellschaft als Produkt ihrer “Historizität”, ihrer Ge-staltungsfähigkeit, erkennbar wird. Um beim oben verwendeten Schema zu bleiben: Historizität stellt sowohl als theoretischer Grundbegriff den impliziten Gesellschaftsbezug her (Punkt 4), an dem sich über die Methode soziologischer Intervention (vgl. dazu Kapitel 3.2.) die Verwendungsweise von Gesellschaftstheorie zu orientieren hat (Punkt 3). Gleichzeitig bezeichnet sie auch die Einheit der neuen Problemlage (Punkt 1), an der auch die Erklärung der neuen Akteure ihren Ausgangspunkt nimmt (Punkt 2). Diese besonderen Verbindung wird in der Rezeption Touraines häufig übersehen. Dann ist aber weder die Kritik an der Handlungstheorie noch an der These vom Strukturbruch vollständig.

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  10. Beide Punkte können sehr wohl für sich genommen beanspruchen, an scheinbar gesicherte Kritiken in der gegenwärtigen Marx-Rezeption anzuknüpfen: an die Kritik der geschichtsphiloso-phischen Absicherung der Marxschen Revolutionstheorie und an die Kritik eines Kurzschlusses zwischen Krisentendenzen in der Reproduktion und den empirisch beobachtbaren sozialen Protestformen (vgl. z.B. das Fazit aus der Diskussion der Rezeption der Marxschen Klassentheorie der letzten zwanzig Jahre bei Hirsch/Roth 1986/179ff und die beiden Prokla-Bände Nr 36 und Nr 43 zu den “Problemen mit dem Klassenkampf”). Hier interessiert aber nur die Frage, inwieweit der Versuch von Touraine überzeugen kann, diese Kritiken aufzugreifen und mit dem Begriff der Historizität zu einer neuen Verhältnisbestimmung von Theorie und Praxis zu kommen.

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  11. Im Gegensatz zur Darstellung bei Heinrich W. Ahlemeyer geht Touraine keineswegs “in parso-nianischer Manier von der Einheit gesellschaftlicher Selbstproduktion unter normativen Prämissen aus.” (Ahlemeyer 1989/179) Ahlemeyer sieht nur eine Differenz bei Touraine am Werke: die zwischen den gesellschaftlichen Klassen. Gerade der Begriff der “Selbstproduktion” ist aber, gegen Parsons gerichtet, von der Intention getragen, die gesellschaftliche Einheit (auch als Anpassung an eine natürliche Umwelt) nicht einfach zu unterstellen.

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  12. Vgl.z.B. Touraine 1977/4. Für den Begriff der Selbstproduktion ist bemerkenswert, daß diese Fähigkeit einerseits als symbolische Fähigkeit beschrieben wird (z.B. ebenda 1977/23), die aber verbunden sein soll mit einer materialen Situation (ebenda 1977/16). Diese Konstellation, die Anklänge an die Marxsche Theorie beibehält, stellt bei Touraine kein geringes Problem dar, wie am Naturverhältnis zu zeigen sein wird. Andererseits ist auf dieser Ebene die Nähe zur Systemtheorie nicht zu leugnen. Sowohl die Unterordnung der Reproduktion als auch der sozialen Evolution und der Anpassung an eine Umwelt unter den Prozeß der Selbstveränderung, der Selbstproduktion der Gesellschaft drängt die Verwandtschaft mit der Theorie autopoietischer Systeme auf. Auf diese Verwandtschaft wird in der Literatur zuweilen affirmativ, zuweilen kritisch hingewiesen; vgl. Haferkamp 1987/71 und Wehling 1987a/138f. Hier soll aber zunächst das Problem der materialen Grundlage, auch in der möglichen Bedeutung für das “kulturelle Muster”, ausgeklammert werden.

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  13. Vgl. ebenda. Auf dieser Unterscheidung zwischen Machtkampf und normativer Orientierung baut auch Touraines Theorem der “doppelten Dialektik der Klassen” auf, das eine genauere Bestimmung der doppelten Differenz im Begriff der Historizität ermöglicht. Auch wenn Touraine keine Andeutung darüber macht, welche Art von Sozialphilosophie er denn beerben möchte, und wenn zudem unklar bleibt, was das spezifisch »kulturelle« am »kulturellen Muster« ist, liegt hierin einer der interessantesten Teile seiner Theorie. Vgl dazu unten die Diskussion um die beiden Momente in der Selbstkonstitution sozialer Bewegungen in Kapitel 3.2.2.

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  14. Touraine 1983a/144, Hervh. C.G.. In einer anderen Übersetzung des Tourainschen Vortrags vom Soziologentag heißt es, daß der zentrale Konflikt sie “vergegenständlicht”(1983b/96).

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  15. Dagegen sieht Luhmann im Bezug auf Veränderung, und nicht in der Zweiteilung der Gesellschaft, die wesentliche Leistung der Marxschen Klassentheorie begründet; vgl. Luhmann 1985/123.

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  16. Vgl ebenda 35f. An dieser Stelle haben auch Touraines Versuche, ihren Ort, eine andere Form der soziologischen Erkenntnis zu etablieren, die nicht mehr auf das “Wesen einer Situation”, sondern auf nicht-realisierte eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten abgezielt, was auch methodisch eine “Interaktion zwischen Forscher und Erforschtem” (in Anlehnung an die Methode der Psychoanalyse) fordert (vgl. ebenda 21).

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  17. Eine Ausnahme bildet vielleicht ein Aufsatz von Ulrich Beck aus dem Jahr 1984. Versucht Beck dort, den “Kampfschauplatz” für die Gestaltung der gegenwärtigen Gesellschaft aufzudecken, dann sieht er das zentrale Problem in dem “Widerspruch zwischen dem scheinbar unermeßlichen und unheimlichen Gestaltungspotential, das durch die Entwicklung der Produktivkräfte freigesetzt wurde und wird, und der (angeblichen) Unmöglichkeit, diese auf diese selbst anzuwenden.”(Beck 1984/61, Hervh. CG.) Dieser Versuch, der mit der Suche nach der Gesellschaft immanenten Widersprüchen eine Korrektur am Touraineschen Programm vornimmt, sucht die Lösung dann in der »Modernisierung der Modernisierung« (vgl. ebenda 62). Auf diese modernisierungstheoretische Lösung wird noch einzugehen sein.

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  18. Vgl. zur Unterscheidung von wissenschaftlichen und allgemein-gesellschaftlichen Krisendiskursen vor allem in Bezug auf die ökologische Krise auch E.Becker/Jahn 1987, besonders S. 11ff.

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  19. Selbst wenn der Prozeß der Selbstkonstitution der sozialen Bewegung also erst nachträglich den objektiven Bedingungen ihre “Bedeutung” gibt, sind diese nicht nur “ein nachträgliches Erzeugnis von Interaktionskontexten” (Japp 1984/326), wie dies Japp im Rückgriff auf Touraine formuliert.

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  20. Vgl. zum folgenden auch Ritsert 1988b/28ff.

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  21. Wie Koselleck gezeigt hat, war die Bedeutung des Wortes »Krise«, das sich aus dem Griechischen herleitet, an das Urteil, die Entscheidung zwischen Gut und Böse gebunden, zugespitzt in seiner medizinischen Verwendung, die die Entscheidungsituation zwischen Leben und Tod meint (“kritischer Zustand”). Diese Entscheidung bleibt verwandt dem Urteil im Sinne der Kritik: der (subjektiven) Fähigkeit der Unterscheidung. Vgl. Zur Begnffsgeschichte: Koseleck 1959 (besonders 189ff Anmerk. 155) und den von ihm verfaßten Beitrag “Krise” zum »Historischen Wörterbuch der Philosophie«.

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  22. Im weiteren auch als Produktionsparadigma bezeichnet. Für den Unterschied zum reinen Ökonomismus bei Marx und in der Marxistischen Tradition vgl. Ritsert 1988d/63ff.

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  23. Eine Beispiel dafür scheint mir im Zitat von Ulrike Wasmuth die Charakterisierung der strukturellen Bedingungen als “Krise der technischen Zivilisation und Modernität”; s.o.S. 55.

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Görg, C. (1992). Geschichte und Soziale Bewegungen. In: Neue Soziale Bewegungen und Kritische Theorie. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14580-6_3

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  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

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