Zusammenfassung
Eine Soziologie, die auf das Konzept der sozialen Normen oder des Normativen verzichten könnte, ist heute schwerlich vorstellbar. Der Normenbegriff ist in der soziologischen Diskussion fast allgegenwärtig, und es läßt sich nachgerade sagen, daß das Phänomen des Normativen in mancher Hinsicht die erste „soziale Tatsache“ dar-stellt. Angesichts dessen aber muß es erstaunen, daß die Soziologie in eine Klärung und theoretische Fundierung des Begriffs des Normativen — verglichen etwa mit dem definitorischen Aufwand um den Rollenbegriff — bislang relativ wenig an Reflexionsaufwand investiert hat. Die Verwendung des Begriffs hält sich weitgehend an den lebensweltlich vorgezeichneten Vorstellungskomplex von Regeln oder Vorschriften mit Sollensqualität, deren Nichteinhaltung bestraft wird; auch explizite Bestimmungsversuche des Normativen durchstoßen in der Regel die Vorgaben der Alltagssprache nicht. Der „Sinn des Sollens“ jedenfalls ist der Soziologie bis heute weitgehend verborgen geblieben. Einen ersten klärenden Schritt in dies bislang weitgehend ausgesparte Feld will dieser Beitrag tun; er soll zugleich eine Kritik leisten an den bisherigen Versuchen einer näheren Bestimmung des Normenbegriffs. Das methodische Bemühen, das ihn leitet, ist das einer phänomenologischen Sinnaufklärung.
Bei der vorgelegten Arbeit handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Kapitels aus der Dissertation des Autors (Tyrell 1971).
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Tyrell, H. (1978). Normativität und soziales Handeln. In: Dux, G., Luckmann, T. (eds) Beiträge zur Wissenssoziologie, Beiträge zur Religionssoziologie / Contributions to the Sociology of Knowledge, Contributions to the Sociology of Religion. Internationales Jahrbuch für Wissens- und Religionssoziologie / International Yearbook for Sociology of Knowledge and Religion, vol 11. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14484-7_2
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