Zusammenfassung
Das, was von einem linksliberalen Wortführer Kritischer Politikdidaktik schulbezogen ausgeführt wurde, gilt für die Kritische Theorie der politischen Bildung schlechthin: Es ist ihr „trotz produktiver Antworten einzelner Didaktiker ... noch nicht gelungen, eine Übereinstimmung über Inhalte, Ziele und Struktur eines didaktischen Studiums zu erzielen. Das Ausweichen in ... ungesicherte ... Theorien, die Beschränkung auf Gesellschaftsanalyse, die vorschnelle Übernahme von ... Patentlösungen ..., vor allem aber mangelnde Zusammenarbeit ... kennzeichnen die Situation.“142 Es ist also, um die Worte eines demokratisch-sozialistischen Sachwalters Kritischer Politikdidaktik zu benutzen, das bislang Vorliegende „keineswegs so stringent durchdiskutiert, daß politische Didaktik als ausdifferenzierte ... Theorie aufträte ... Sie hat ihre Leerstellen.“143
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Literatur
Hilligen (510/17f).
Holtmann (513/1270.
Zu diesen hier absichtsvoll überzeichnenden Thesen vgl. Feyerabend (14).
Deutscher Bildungsrat (460/33).
Anstelle umfangreicher Literaturangaben sei verwiesen auf die Analysen und Belege bei Wallraven/Lippert (740/32ff, 103ff).
Deutscher Bildungsrat (460/33).
Deutscher Bildungsrat (460/33 ff). Wenn Wissenschaften ihre Legitimation oder ihr gesellschaftliches Ansehen zu verlieren meinen, neigen sie ihrerseits besonders leicht dazu, sich durch Anbiederung bei der sonst eher verachteten Didaktik ein Handlungsfeld und somit eine zusätzliche Existenzchance zu sichern. Am Beispiel diskreditierter Politikwissenschaft wurde das kürzlich besonders augenfällig. Vgl. dazu die Beiträge aus Anlaß des Kongresses,Politische Wissenschaft und politische Praxis’ in: Das Parlament 27 (1977), 39, 1 ff.
So z.B. Holtmann (514), Hilligen (510/217ff), Giesecke (501/15ff, 107ff).
Giesecke (501/15ff, 107ff). Zur Kritik daran (auf Grund einer bislang unverändert nachgedruckten älteren Auflage) vgl. Hilligen (630).
Hilligen (510/217ff). Kritisch dazu: Giesecke (605).
Holtmann (513/128ff).
Vgl. zur neueren Diskussion, die auch teilweise historische Aufarbeitungen leistet, Fomdran u.a. (495) sowie Mickel (674).
Zur Konkretisierung siehe weiter unten. Unter den erwähnten Politikdidaktikern ist dieser Elan, wohl nicht zuletzt wegen ihres persönlichen Lebensweges, bei Hilligen, Giesecke, George und Fischer ausgeprägt.
Mit dieser Prämisse darf auch die Zuordnung zu erziehungswissenschaftlichen Fachbereichen nicht überraschen. Sie besteht, nach dem möglicherweise lückenhaften Wissen des Verfassers, nur noch an der Universität Hamburg. Grundsätzlich kann die formale Heimat der Politikdidaktik deshalb nicht folgenlos sein, obwohl sie sicher mancherorts durchaus programmatische Bewandtnis hat/haben soll(te).
Um die Formulierung und Aufrechterhaltung dieses, wie sich noch zeigen wird, sachnotwendigen Anspruchs hat sich bislang, wenn auch trotz formaler Resonanz ohne größere Anwendungsversuche, in nennenswerter Weise nur Stein (720) durch Zurückweisung wechselseitiger Einverleibung und Aufzeigen von problemhaltigen Schnittmengen der Disziplinen bzw. gemeinschaftlich zu bearbeitender Forschungsaufgaben verdient gemacht. Er ist damit auch ohne Option für Kritische Theorie ihrem geistigen Erbe näher als etliche Verbalapologeten.
Vgl. dazu Behr (544).
Vgl. Bußhoff (482/130ff) sowie Behrmann (546). In ähnlicher Weise wären auch simple Deduktionen aus dem Ensemble Kritischer Gesellschaftstheorien problemhaltig. Der oben schon erwähnten Politologismus-Gefahr sitzt als Vertreter Kritischer Politikdidaktik Roloff (527) auf.
Giesecke (502/224ff), Hilligen (510/92ff), v. Staehr (532/11ff).
Holtmann (513/128). Gegen die Eilfertigkeit argumentiert Claußen (563).
Belgrad (479/51).
Vgl. Belgrad (479/30ff).
Damit wird nicht etwa einem Relativismus Vorschub geleistet. Vielmehr gilt es, heutige Wirklichkeit außer in transzendierender Perspektive auch im Lichte der sie maßgeblich prägenden Zugriffsweisen zu sehen. Die Kenntnis normativer Theorie etwa bedeutet nicht, sie zu stabilisieren. Sofern Kritische Theorie in ihren Geltungsansprüchen — reversible — Wahrheit beansprucht, gilt für sie, daß sie zu kritisieren statt anzubeten ist.
Darum ist derzeit eigentlich nur Hilligen (510/139ff) mit überaus großer Akribie bemüht.
Vgl. zugleich die aus einer anderen Fachdidaktik stammenden, aber weitgehend übertragbaren Überlegungen von Kell/Kutscha (420).
Nebenher vgl. etwa die,Demokratisierung von Erkenntnisverfahren` bei v. Staehr (532/ 113ff), die,Prozeßorientierung des Lernens` bei Holtmann (514/35), die,Konstruktion eines didaktischen Strukturkonzepts` bei Giesecke (502/117ff), die Methoden-und Theorienvielfalt bei Hilligen (510/139ff) und Roloff (526/100ff) sowie die Wirklichkeit zwar auch reduzierenden, aber unmittelbar didaktisch argumentierten Wert-und Zieloptionen bei Hilligen (510/172ff).
Vgl. die Vernachlässigung von Inhalten gegenüber den Verfahren bei v. Staehr (532/113 ff), die Dominanz der aus einer mechanistisch-materialistischen Sozialisationstheorie übernommenen ökonomischen Faktoren bei Hohmann (513/145ff) [zur offensichtlich zwischenzeitlichen metatheoretischen und pragmatischen Überwindung vgl. Hohmann (515)], die Bevorzugung von Fachsystematiken bei Giesecke (502/139ff) [inzwischen gelockert: Giesecke (501)], das Verweilen bei außerpädagogischen Sozialwissenschaften bei Roloff (527) und die Komplementaritätsthese bei Hilligen (510/80ff).
Sie ist auch in der Geschichte der Kritischen Theorie ganz überwiegend Postulat geblieben. Vgl. Jay (190/63ff).
Vgl. Claußen (571).
Die Hoffnung auf eine Identität von Wissenschafts-und Schuldidaktik von Hilligen (510/ 21) ist deshalb mit Skepsis zu betrachten.
Zur Kritik solcher Fehlentwicklungen: Jay (190/68ff).
Hilligen (510/28f, 175); zur ausführlichen Begründung vgl. auch Hilligen (510/172ff).
Hilligen (510/30); Hervorhebung von B.C.
In diesem Sinne ist die Option für Kritische Theorie schlechthin bei Giesecke (502/119) eine Option für das konstruktive Aufgreifen des dynamischen Aspekts von Geschichte und für das historisch ausgewiesene, nicht endende Ringen um,Überlegen` und,gutes Leben’. Holtmann (514), (513/127) bleibt in dieser Hinsicht trotz seiner entschieden materialistischen Argumentation undeutlicher, wenn nicht gar unentschiedener. Die Erkenntnis der materiellen Bestimmtheit menschlicher Lebensbedingungen wird von ihm nur indirekt (Option für sozialstaatliche Demokratie) in eine Entschiedenheit für,gutes Leben` und,Überleben` gewendet.
Löwisch (383) hat die in Kritischer Theorie bewahrte (gerettete, konservierte, geschützte) Kategorie der Vernunft als regulative Idee auch für den hier verhandelten Zusammenhang aktualisiert.
Hilligen (510/30); Hervorhebungen von B.C.
Bei Hilligen (510/30) werden sie intuitiv in den Stand didaktischer „Schlüsselbegriffe“ gehoben und unvermittelt als „oberste Lernziele im emotional-evaluativen Bereich” gewendet. Das ist ebenso dezisionistisch wie die imperative Interpretation historisch notwendig gewordener Demokratisierungserfordernisse bei Giesecke (502/224ff). Wenn Hohmann (513/127) Politikdidaktik als Gesellschaftstheorie klassifiziert, ist das eher eine gegenläufige Abstraktion: Es wird das Allgemeine von Kritischer Politikdidaktik, nicht aber das Besondere der von ihr geleisteten bzw. zu leistenden Reduktion und Vermittlungen gesehen.
Entschiedenheit für Werte ist ja noch nicht die Realisation von Werten und doch deren Voraussetzung.
Löwisch (383/114).
Giesecke (502/209); Hervorhebung von B.C. Vgl. zusätzlich Himmerich (416), (417).
Holtmann (513/127).
Vgl. Wulf (337/35ff).
Zur Gefährlichkeit derartig kurzsichtiger Alternativen siehe auch Stein (720/70 ff, 81 ff).
Auf dem pädagogischen Kern von Politikdidaktik haben während der zurückliegenden Jahre nur zwei Autoren ausdrücklich insistiert: Stein (723) und Claußen (564). Die Vernachlässigung dieses Kerns in der übrigen Kritischen Politikdidaktik dürfte in der Hinwendung zum Unterrichts-, Sozialisations-und Lernbegriff begründet sein, die allerdings — wichtiges — anderes bezeichnen. Weitere Gründe mögen darin liegen, daß normativ-ontologische Theorie der Politikdidaktik zwar noch gelegentlich von politischer Bildung spricht, jedoch — wie z.B. Sutor (534/13ff) — den Bildungsbegriff ahistorisch und undynamisch auslegt. In der empirisch-analytischen Politikdidaktik dominiert, was z.B. bei Rössner (523/3f) deutlich wird, ein auf Wissensaneignung beschränkter Bildungsbegriff; Kritischer Theorie auch hier näher: Fischer (489/82ff). Normativ-ontologisches und empirisch-analytisches Paradigma rekurrieren außerdem primär auf Politikwissenschaft.
Von ihr spricht fälschlicherweise Stein (720/82).
Stein (720/84).
Der Verfasser bezieht sich hier besonders auf Marcuse (213/147ff) sowie Heydorn (372) und möchte in diesem Sinne sein früher formuliertes Verständnis von Politikdidaktik als Theorie des organisierten politischen Lernens verstanden wissen, da er es nie in dem auf bloße Zivilisation und Instrumentalisierung abhebenden Begriffsgebrauch zu verwenden getrachtet hat.
Zu den wenigen Ausnahmen vgl. Giesecke (502/224ff), Lingelbach (429) und Claußen (571).
Giesecke (502/226); Kursivdruck wurde nicht übernommen.
Vgl. die berechtigte Kritik von Giesecke (502/227f).
Giesecke (502/227).
Vgl. Lingelbach (429/99f, 118ff).
Giesecke (502/227).
Klafki (423/715); Kursivdruck wurde nicht übernommen. Zu weiteren Gemeinsamkeiten und zur Kritik: Claußen (571).
Klafki (423) steht hier in der Tradition bildungstheoretischer Didaktik, die im Gegensatz zu etlichen bis heute immer wieder verbreiteten Fehldeutungen stets intentionsorientiert Inhalte und die auf sie gerichteten Prozesse der Aneignung meinte.
Kell/Kutscha (420/353).
Blankertz, zitiert nach Kell/Kutscha (420/353).
Zudem vgl. als eine „Differenzierung von Gesamtpraxis“ die „Praxeologie” von Derbolav (353/159), in der freilich Kritische Politikdidaktik nominell nicht erscheint.
Parallel dazu: Baacke (543/54 ff). Zur Auseinandersetzung um die Begriffe und das Verhältnis von Theorie und Praxis vgl. die im Literaturverzeichnis benannten themenspezifischen Abhandlungen zur Wissenschaftstheorie von Sozialphilosophie, Politologie, Soziologie und Pädagogik.
Vgl. Bernewitz/Bonin (91/32, 160ff).
Roloff (697/4). Als Beispiel politikdidaktisch gerichteter Grundgesetzinterpretation, die den erreichten Stand als Endpunkt des Kampfes um Demokratie und Freiheit einstuft, vgl. Sutor (535).
Roloff (697/4).
Roloff (697/4). Zum Eigeninteresse Kritischer Theorie an der Erhaltung von Grundrechten vgl. Preuß (238).
Vgl. ebenso Perels (235).
Der Verfasser bekennt freimütig, daß in gewisser Weise für die hier vorgelegte Schrift dieses Stück Befangenheit zutrifft. Da wissenschaftliches Arbeiten über seinen praxisverändernden Zweck und das lustvolle Tun hinaus in einem vielschichtigen Funktionszusammenhang (Weiterqualifikation, Broterwerb, Aufrechterhaltung bestehender Sozialbeziehungen) steht, würde ein kompromißloses Ausbrechen ohne Schaden für betroffene Subjekte und das propagierte Ziel kaum möglich sein. Es verleugnet zugleich im Vorgriff auf das historisch noch nicht Mögliche das Notwendige.
Fischer (494/56).
Habermas (22/9).
Habermas (22/9).
Schweppenhäuser (257/410).
Habermas (22/10).
Schaller (325/106).
Vgl. nicht zuletzt die Erläuterungen bei Hilligen (511). Zur allmählichen Entstehungsgeschichte der Optionen in Auseinandersetzung mit der Vergegenwärtigung der Kontextgebundenheit politischer Bildung und ihrer Didaktik vgl. außerdem Hilligen (508).
Schaller (325/106).
Habermas (22/10).
Vgl. z.B. Hornung (643).
Dazu vgl. auch die Verlautbarungen eines ehemaligen Staatsoberhaupts: Heinemann (29).
Habermas (22/42f); Kursivdruck wurde nicht übernommen.
Vgl. dazu demnächst ergänzende Studien des Verfassers.
Zu den eng gezogenen Grenzen und Bedingungen: Höffe (169).
Konkretere Beispiele bei Wilbert (747) und Kaiser (468).
Die partielle Kongruenz von wissenschaftlicher und politischer Praxis dieses Forschungsansatzes wird besonders von Reinke (56) akzentuiert.
Das suggerieren Lukesch/Zecha (47).
Habermas (22/43).
Die Verweigerung positiver Vernunftdefinition und der Verzicht auf Handlungsanweisungen sind von Verfechtern politischer Strategie ebenso kritisiert worden wie die Trennung von kommunikativem und strategischem Handeln von Marxisten. Vgl. einerseis Heimann (28), andererseits Hülsmann (36).
Habermas (22/43).
Habermas (22/45); Kursivdruck wurde nicht übernommen.
Berücksichtige auch Hoffmann (304).
Lempert (315/484). Ergänzend siehe Seifert (258).
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Claußen, B. (1981). Kritische Politikdidaktik als wissenschaftliches und soziales System: die Ebene der Rahmenbedingungen. In: Kritische Politikdidaktik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14375-8_2
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