Zusammenfassung
Seit der Wiederbegründung der Disziplin Politische Wissenschaft nach dem 2. Weltkrieg in Westdeutschland hat sich das Problem der Studienreform fortwährend gestellt. Haben dabei zunächst organisatorische und formale Änderungen, dann die Berücksichtigung einzelner didaktischer Überlegungen im Vordergrund gestanden, so ist in zunehmendem Maße offenbar geworden, daß zunächst das Wissenschaftsverständnis der Politischen Wissenschaft sowie der Stellenwert Und die Zielsetzung der allgemeinen Wissenschaftsdidaktik reflektiert und zum Ausgangspunkt der Reformüberlegungen gemacht werden müssen. So ist die Studienreformdiskussion — wenn auch mit erheblicher Verzögerung — zugleich Ausdruck des — gesellschaftlich bedingten — Funktionswandels der Politischen Wissenschaft. Zentrale Bedeutung für die Konzeption und Durchführung des Studiums der Politischen Wissenschaft in der Bundesrepublik ist dabei der Entwicklung dieser Disziplin und den Studienreformbemühungen in Berlin zuzumessen.2)
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Referenzen
Der zweite und dritte Absatz dieses historischen Abrisses wurde entnommen aus: Dieter Fitterling: Alternatives Kernkurs-Studium Politologie. Eine Modellskizze; Berlin 1971 (Information Pol. Wiss. FU, Studium und Lehre) S. 4 f
Diese Behauptung wird erhärtet durch die Lektüre der Prüfungsordnungen und Studienempfehlungen westdeutscher Universitäten für den Bereich Politische Wissenschaft. Viele dieser Bestimmungen gehen auf die Diplomprüfungsordnung bzw. Reformentwürfe des Otto-Suhr-Instituts zurück.
Fitterling, Alternatives Kernkurs-Studium Politologie, a.a.O. -siehe auch Kapitel 2b dieses Beitrags.
Individuell sollten Elemente der wissenschaftsspezifischen Cur-riculum-Beiträge der verschiedenen fachlichen Schwerpunkte kombiniert werden können.
Es handelte sich hierbei um den Einführungskurs (für Studenten im 2. Semester) “Zur Kapitalismuskritik Ware — Geld — Kapital”. Dieser Lehrveranstaltungstyp war eine Alternative des EK-Poli-tische Ökonomie, die wiederum neben sieben Einführungskurstypen anderer inhaltlicher Bereiche stand. Dennoch wurde davon der Vorwurf marxistischer Indoktrination abgeleitet.
Hinzu kam der (gescheiterte) Versuch einer Minderheit der Dozenten, den Fachbereich in zwei getrennte Institutionen zu spalten.
Der Grundgedanke dieser Kritik wurde von der Ausbildungskommission in den weiteren Beratungen berücksichtigt.
Seitens der Dozentenfraktion der “Liberalen Aktion”, die den Studienreformentwürfen ablehnend gegenübersteht, wurde keine Kritik formuliert oder offiziell geäußert.
Kritisiert wurde der mangelnde Praxisbezug und die Systemkonformität der Entwürfe für die verschiedenen Modellstudiengänge.
Verordnung über Grundsätze für die Aufstellung von Studienplänen und akademischen Prüfungsordnungen vom 15. 11. 1973. Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 18. 12. 1973; S. 2100.
Nach Erlaß der Rechtsverordnung schien der Versuch, der restriktiven Einflußnahme seitens der Administration auf Studium und Lehre das Primat wissenschaftlich begründeter und didaktisch ausgewiesener Konzepte entgegenzustellen, in Frage gestellt.
Es handelte sich hierbei um die Befugnis, daß wissenschaftliche Assistenten prüfungsrelevante Lehrveranstaltungen eigenverantwortlich durchführen können. Am Fachbereich Politische Wissenschaft könnte angesichts der relativ geringen Zahl der Hochschullehrer der Lehrbetrieb sonst nicht aufrechterhalten werden.
Der Vorbehalt enthielt drei Punkte: 1) Realisierung der schriftlichen Interpretation, 2) Uneingeschränkte wissenschaftliche Kompetenz des jeweiligen Dozenten, 3) Keine Einschränkung von Forschung und Lehre durch außerwissenschaftliche Kriterien.
Der Anteil der Ja-Stimmen betrug bei den Hochschullehrern 55%, bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern 86,4%, bei den anderen Dienstkräfiten 84,3% und bei den Studenten 96,6%.
Die Opponenten berufen sich auf das Ergebnis einer studentischen Vollversammlung, auf der die Entwürfe mit ca. 350 Stimmen verworfen worden waren. — Es sei jedoch erwähnt, daß zur Zeit der Urabstimmung infolge des Streiks im Öffentlichen Dienst die öffentlichen Verkehrsmittel ihren Betrieb eingestellt hatten.
Vgl. hierzu etwa die regelmäßige Auswertung der Stellenangebote für Hochschulabsolventen in: Analysen, Zeitschrift zur Wissenschafts- und Berufspraxis. — Für Sozialkunde vgl. z. B. das Schreiben des Berliner Schulsenators vom 6. 7. 1972, abgedruckt in: FU-Dokumentation Nr. 3, 1972.
Eine derartige Sammlung von “geltenden Studien- und Prüfuncrs-ordnungen sowie Pläne(n) zur Studienreform” aus dem Jahre 1972 existiert bei der Geschäftsstelle der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in Hamburg. Einen Überblick bietet: Dieter Fitterling: Studieneinführung Politische Wissenschaft. in; Aspekte, 5. Jg., 1972, Heft 4, S. 17.
Vgl. u.a.: Zur Organisation der integrierten Lehrerausbildung an den Eerliner Hochschulen. Hrsg, vom Senator für Wissenschaft und Kunst; Berlin, o.J. (1973)
Zu dieser Tendenz siehe ebenda, S. 5: “Dabei ist davon auszugehen, ... daß die zukünftigen Lehrer ... die sogenannten Grundwissenschaften in eigenen Fachbereichen für Erziehungswissenschaften studieren, ...”
Fitterling; Alternatives Kernkurs-Studium Politologie, a.a.O.; S. 12 f.
Ebenda, 3. 27 f.
So ist im Entwurf der Ausbildungsordnung etwa für Hauptfachpolitologen zum Abschluß des Grundstudiums die Vorlage von sechs Leistungsnachweisen vorgesehen.
Hier wird lediglich gegen die scheinbare Dokumentation nach außen zu Felde gezogen. (Die Noten auf den Bescheinigungen sind ohne funktionalen Wert, sie werden bei Prüfungen nicht berücksichtigt und in besonderen Fällen werden ohnehin spezielle Gutachten eingeholt) Allerdings sollte die Leistung gegenüber dem Studenten — also auf der Arbeit und bei einer Besprechung — ausführlich und differenziert gewürdigt, kritisiert und bewertet werden.
Zu den einzelnen Kurstypen wird von den Dozenten, die einen derartigen Kurs leiten, und von interessierten Studenten jeweils ein Wissenschaftsdidaktisches Colloquium durchgeführt.
Dieser Forderung soll zunächst in zweifacher Weise Rechnuna getragen werden: a) mit einer Äquivalenzregelung, die Elemente der eigenen Ausbildung zugunsten gleichartiger Ausbildungs-elemente anderer Disziplinen zur Disposition und den betroffenen Studenten zur Wahl stellt, b) durch Vereinbarungen mit anderen Fachbereichen über wechselseitige Anerkennung von Lehrveranstaltungen und Koordination der Lehrprogramme.
Rolf Richard Grauhan/Wolf-Dieter Narr: Studium der Sozialwissenschaft — demonstriert an der Politikwissenschaft. Ein Entwurf, in: Leviathan, 1. Jg. 1973, S. 99.
Wolf-Dieter Narr/Klaus Megerle: Zwischenbericht über die Diskussion einer neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung ara Fachbereich 15 der Freien Universität Berlin; Juli 1973.
Vgl. die Schematische Darstellung eines Studienganges, S. 45
Grauhan/Narr, a.a.O.; S. 92
Vorschläge, die lediglich direkt oder indirekt auf eine unvermittelte Erhöhung (Verminderung) der Anforderungen abzielen, können nicht als Beitrag zur Studienreformdiskussion gewertet weraen und bleiben daher hier völlig außer acht.
Grauhan/Narr, a.a.O.; S. 92
Hierzu dient der Versuch, für die einzelnen Studienschwerpunkte exemplarische Projektkurse zu entwickeln.
Grauhan/Narr, a.a.O.; S. 100
Eine Umorientierung vom Diplomstudiengang zum Sozialkundestudium erfordert allerdings angesichts der für das Staatsexamen notwendigen Zwei-Fächer-Kombination entweder eine frühzeitige Entscheidung (vor Beginn des Studiums), eine doppelgleisige Anlage des Studiums, oder aber das Nachholen des Studiums in einem zweiten Fach.
Grauhan/Narr, a.a.O.; S. 100
Obwohl die Spezialisierungsbereiche “Weiterbildung/Erwachsenenbildung” und “Sozialkunde” weitgehend identisch sind, müssen sie getrennt werden: Sozialkunde ist ein Teil eines Zwei-Fächer-Studiums (Abschluß: Staatsexamen); W./E. ist ein Studienschwerpunkt im Rahmen des Diplomstudienganges.
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Megerle, K., Narr, WD. (1976). Klaus Megerle — Studienreform am Fachbereich Politische Wissenschaft (Otto-Suhr-Institut) der Freien Universität Berlin. In: Megerle, K., Narr, WD. (eds) Modell Studienreform. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14362-8_1
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