Zusammenfassung
„In der Gleichheit eine Voraussetzung der Freiheit zu suchen, ist ... geradezu die Aufgabe des 20. Jahrhunderts. Diese Aufgabe ist lösbar, wenn man sich nur vergegenwärtigt, daß der Mensch nicht nur das durch die Geschichte geformte und geprägte Objekt, sondern gleichzeitig das auch in Freiheit die Geschichte gestaltende Subjekt ist.“ Mit diesen Sätzen schloß Gerhard Leibholz im Jahre 1956 seine „Thesen zur Problematik der sozialen Grundrechte“.1 Das Bekenntnis zu liberalen Grundrechten förderte die Entwicklung zur liberalen Demokratie. Der Liberalismus ermöglichte die Demokratisierung der wichtigsten Entscheidungsgremien des Staates. Das Sozialstaatspostulat wirft die Frage nach der „Demokratisierung der Gesellschaft“ auf.2
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Literatur
Die Problematik der sozialen Grundrechte“, neun Thesen zu einem auf dem deutschholländischen Juristentag am 20. Oktober 1956 gehaltenen Vortrag, abgedruckt in: Gerhard Leibholz „Strukturprobleme der modernen Demokratie”, Karlsruhe 1958, S. 130 f.
Hierzu insbesondere Hans-Hermann Hartwich „Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status quo“, Köln und Opladen 1970. Zur Demokratisierungs-Diskussion vor allem Gerhard und Helmut Willke „Die Forderung nach Demokratisierung von Staat und Gesellschaft”, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, 14. Februar 1970, S. 33–62 und die akzentuiert polemische Schrift von Wilhelm Hennis „Demokratisierung — Zur Problematik eines Begriffes“, Köln und Opladen 1970, sowie die Studie von Theodor Eschenburg „Demokratisierung und politische Praxis”, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 19. September 1970, S. 3–13, mit der er sich von der ihm gewidmeten Abhandlung von Hennis etwas distanziert.
Den Begriff „humane Leistungsgesellschaft“ prägte Manfred Wörner, vgl. dessen Aufsatz „Humane Leistungsgesellschaft”, in: Die Politische Meinung, Heft 130, 1970, S. 89–95.
Jürgen Habermas „Reflexionen über den Begriff der politischen Beteiligung“, in: Jürgen Habermas u. a. „Student und Politik”, Neuwied 1961, S. 15.
Wilhelm Hennis a.a.O., S. 34.
Franz Neumann „Die Wissenschaft der Politik in der Demokratie“, Vortrag, gehalten vor den Studenten der Freien Universität und der Deutschen Hochschule für Politik am 2. Februar 1950, S. 10.
Franz Neumann „Demokratischer und autoritärer Staat — Studien zur politischen Theorie“, von Helge Pross besorgte deutsche Ausgabe der 1957 von Herbert Marcuse herausgegebenen Aufsatzsammlung, Frankfurt 1967, S. 241.
Ebd., S. 242.
Ebd., S. 133.
René Marcic „Demokratie — Der Baustil des Wandels“, Wien 1970, S. 28; Hartmut von Hentig „Die große Beschwichtigung — Zum Aufstand der Studenten und Schüler”, in „Merkur“, 1968, S. 385–400; Karl W. Deutsch „Politische Kybernetik”, Freiburg 1969.
Dazu in der KRITIK-Reihe Jürgen Fijalkowski „Demokraten als Bürokraten — Statussorgen und Funktionsgehorsam gegen politisches Bewußtsein“, in: KRITIK-Band I, S. 155–167 (Op-laden 1969) und Thomas Ellwein in dem KRITIK-Band Ill (Winfried Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, Opladen 1971, S. 48–68).
Zum Effizienzbegriff vgl. Frieder Naschold „Vernachlässigte Aspekte der Regierungs-und Verwaltungsreform in der Bundesrepublik Deutschland“, in: Kommunikation, Heft 4, 1969, S. 191–200, bes.S. 192 ff.
Die Brauchbarkeit der hier skizzierten analytischen Trias ist in einigen unter meiner Betreuung an der Universität Hamburg entstandenen Dissertationen überprüft und nachgewiesen sowie als Konzeption insgesamt weiterentwickelt worden. Siehe hierzu u. a. Thomas Walde: ND-Report; Die Rolle der Geheimen Nachrichtendienste im Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, München 1971, S. 263 ff, Günter Pumm: Kandidatenauswahl und innerparteiliche Demokratie in der Hamburger SPD, Frankfurt/Main 1977, S. 32 ff, 330 ff und 390 ff sowie insbesondere Uwe Thaysen: Parlamentsreform in Theorie und Praxis, Opladen 1972, S. 83 ff.
Zur Unterscheidung der analytischen Modelle „Zielmodell“, „Systemüberlebensmodell” und „Systemzielmodell“ siehe Frieder Naschold „Organisation und Demokratie — Untersuchung zum Demokratisierungspotential in komplexen Organisationen”, Stuttgart 1969, S. 45 f und 53 f, sowie ders. „Demokratie und Komplexität“, in: Politische Vierteljahresschrift, Heft 4, 1968, S. 495–518, bes. S. 499 und Amitai Etzioni „Soziologie der Organisationen”, München 1967, S. 33 ff mit den organisationsanalytischen Ansätzen „Zielmodell“, „Systemmodell” und den Untertypen von Systemmodellen: „Bestandsmodell“ sowie „Erfolgsmodell”.
Ein multidimensionales Zielmodell kann als ein vereinfachtes Systemmodell bezeichnet werden. Zur Unterscheidung von „Maximierungsmodell“ und „Optimierungsmodell” siehe Naschold „Demokratie u. Komplexität“, S. 499.
Naschold „Organisation und Demokratie“, S. 52.
Neumann „Die Wissenschaft der Politik in der Demokratie“, S. B.
Neumann „Demokratischer und autoritärer Staat“, S. 88 f.
Naschold „Vernachlässigte Aspekte…“, a.a.O., S. 195.
Das folgende Zitat ist dem wichtigen Aufsatz „Zum Begriff der politischen Freiheit“ (abgedruckt in „Demokratischer und autoritärer Staat”, S. 100–141) vom Jahre 1953 entnommen und kann nur im Kontext des gesamten Aufsatzes in seiner Aussage ganz erfaßt werden. Das Zitat ebd. S. 132 f, der letzte Satz S. 130.
Amitai Etzioni „The Active Society“ New York 1968 (dt.: Die aktive Gesellschaft, Opladen (1969).
Hierzu Karl Loewenstein „Der britische Parlamentarismus — Entstehung und Gestalt“, München-Hamburg 1964, S. 85 f, sowie Ronald Butt The Power of Parliament — An Evolutionary Study of the Functions of the House of Commons in British Politics”, London 1967, Kap. II, S. 61–96.
Vgl. John P. Mackintosh The British Cabinet“, 2. erw. Auflage, London 1968, sowie Franz Nuscheler „Walter Bagehot und die englische Verfassungstheorie”, Meisenheim am Glan 1969, mit einer Warnung vor allzu klischeehafter Anwendung dieser Begriffe (S. 158).
Gerhard Leibholz „Der Strukturwandel der modernen Demokratie“, in: Gerhard Leibholz „Strukturprobleme der modernen Demokratie”, Karlsruhe 1958, S. 78–131, bes. S. 93 f.
Schon 1867 hob Walter Bagehot hervor: The principle of Parliament is obedience to leaders… ‘Ehe moment, indeed, that we distinctly conceive that the House of Commons is mainly and above all things an elective assembly, we at once perceive that party is of its essence. There never was an election without party… Party Organisation is the vital principle of representative government“. Walter Bagehot„The English Constitution”, Ausgabe Fontana Library, London 1963, S. 158 f.
Dazu jetzt insbesondere Dieter Grosser „Vom monarchischen Konstitutionalismus zur parlamentarischen Demokratie“, Den Haag 1970.
Hierzu A. H. Birch „Representative and Responsible Government“, 3. Auflage, London 1966, S. 52.
Walter Bagehot a.a.O., S. 29.
Ebd., S. 161.
Zu Bagehots Kritik und seiner Analyse der möglichen Folgen dieser Wahlreform siehe dessen Einleitung zur zweiten Auflage seines Buches im Jahre 1872, a.a.O., S. 267 ff.
Zur besonderen Berechnungsart dieser individualisierten Verhältniswahl ohne Parteilisten siehe J. St. Mill „Consideration an Representative Government“, 1861, Ausgabe Everymans Library, London 1960, S. 260–265; über Literaturtestvorschriften ect. siehe ebd., S. 281 ff.
Bagehot a.a.O., S. 150–155.
Mill a.a.O., S. 234 und 239.
Ebd., S. 234 f.
Ebd., S. 237.
Hierzu vor allem Richard Neustadt „Politicians and Bureaucrats“, in: David Truman (Herausgeber) The Congress and Americas Future”, Englewood Cliffs, N. J. 1965, S. 102–120. bes. S. 110 f.
Einen Überblick hierzu weiter unten S. 313 ff.
Für Beispiele aus dem Wilhelminischen Kaiserreich siehe Hannelore Horn „Der Kampf um den Bau des Mittellandkanals“, Köln und Opladen 1964, sowie Hans-Jürgen Puhle „Agrarische Interessenpolitik und preußischer Konservatismus”, Hannover 1966, S. 201 ff.
Eine eingehendere Begründung dieser Typologisierung gab ich in meinem Aufsatz „Gewaltenteilung im demokratisch-pluralistischen Rechtsstaat“ (in: Politische Vierteljahresschrift, Heft 3, 1962, S. 256–282, bes. S. 267 ff, jetzt auch abgedruckt in Heinz Rausch
Zur Dualismus-Problematik und Oppositionsfunktion in verschiedenen politischen Systemen siehe jetzt Norbert Gehrig „Parlament-Regierung-Opposition; Dualismus als Voraussetzung für eine parlamentarische Kontrolle der Regierung“, München 1969, und Robert A. Dahl ( Herausgeber) „Political Opposition in Western Democracies”, Yale 1966.
Siehe dazu den Beitrag von Udo Bermbach in KRITIK-Band III (s. Anm. 11) und die dort angegebene Literatur.
Vgl. oben S. 43.
Siehe hierzu auch die von Karl Loewenstein in seinem Buch „Verfassungslehre“ (Tübingen 1959) S. 86–90 vorgenommene Anlayse der Hauptkriterien des „klassischen Parlamentarismus”.
Johannes Agnoli,;Thesen zur Transformation der Demokratie und zur außerparlamentarischen Opposition“, in: Neue Kritik, Nr. 47, April 1968, S. 24–33, 24.
Ebd., S. 24.
Vgl. Loewenstein a.a.O., S. 86 ff.
Die vielzitierten ersten zwei Sätze des Art. 65 GG sind fast wörtlich mit Art. 56 der Weimarer Reichsverfassung identisch.
Vgl. oben S. 43 f.
Wichtig hierzu Ernst Fraenkel „Deutschland und die westlichen Demokratien“, Stuttgart 1968, S. 13–31 und 69–78, der von den „historischen Vorbelastungen” und der „Parlamentsverdrossenheit“ spricht.
Rousseau „Contrat social“, Drittes Buch, Kapitel IV, Abs. 3.
Für Einzelheiten sei vor allem auf die von Thomas Ellwein herausgegebene Reihe „Politik — Regierung — Verwaltung; Untersuchungen zum Regierungsprozeß in der Bundesrepublik Deutschland“ verwiesen. Vgl. insbesondere den von Ellwein verfaßten Band Ill „Regierung und Verwaltung, Teil I: Regierung als politische Führung”, Stuttgart 1970, S. 13 ff, wo Ellwein seine These vom „Defizit an politischer Führung“ begründet.
Urs Jaeggi „Macht und Herrschaft in der Bundesrepublik“, Frankfurt 1969, S. 103.
Agnoli a.a.O., S. 24.
Zur „demokratischen Repräsentationstheorie“ siehe Hanna Pitkin,,l’he Concept of Political Representation”, Los Angeles 1967.
Mit dem Verzicht auf den Abgeordneteneid für die Mitglieder des Weimarer Reichstages ging der zuvor (vor allem in den einzelstaatlichen Verfassungen) üblicherweise in den Eidesformeln der Abgeordneten — wo er hingehört — enthaltene Verweis auf die „Gewissens-
Ellwein bemerkt insoweit völlig zu Recht: „Daß die Kontrollfunktionen (des Parlaments) auf die Opposition übergegangen seien, ist ein Ammenmärchen, das unberücksichtigt läßt, wie auch zu effektiven Kontrollmaßnahmen zum Schluß ein Mehrheitsentscheid nötig ist, den die Opposition eben gerade nicht herbeiführen kann“. Thomas Ellwein „Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland”, Köln und Opladen 1963, S. 135.
Eine ähnlich gelagerte Entwicklung und Problematik in den USA analysiert und diskutiert Murray Weidenbaum in seinem wichtigen Buch The Modern Public Sector — New Ways of Doing the Government’s Business“, New York-London 1969.
Über die Situation parlamentarischer Hilfsdienste und die erkennbaren Entwicklungstendenzen ihres Ausbaus informieren eingehend Thomas Keller und Hubert Raupach „Informationslücke des Parlaments? — Wissenschaftliche Hilfseinrichtungen für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente“, Hannover 1970.
Ausgenommen Bundespräsident und Bundesratsmitglieder.
Vgl. hierzu den wichtigen Aufsatz von Richard Rose „Party Government vs. Administrative Government. A Theoretical and Empirical Critique“, in Party Systems, Party Organizations, and the Politics of New Masses”, herausgegeben von Otto Stammer, als Manuskript gedruckt, Berlin 1968, S. 209–233, sowie Richard E. Neustadt a.a.O. (siehe Anm. 36) unter der Zwischenüberschrift „The Common Stakes of Elective Politicians“, S. 116 ff.
In der für unseren Zusammenhang wichtigen Begründung des KPD-Urteils erklärte das Bundesverfassungsgericht, daß die „Aufgabe“ der „staatlichen Ordnung der freiheitlichen Demokratie… wesentlich darin bestehe, die Wege für alle denkbaren Lösungen offenzuhalten…” (Hervorhebung von mir). BVerfGE 5, S. 198.
Theodor Eschenburg „Demokratisierung und politische Praxis“, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, 19. September 1970, S. 5 und 7.
Vgl. hierzu besonders die Art. 1, 2 und 20 GG.
Zur Kritik an der Identitätsthese siehe Konrad Hesse „Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deuschland“, Karlsruhe 1967, S. 54 f, und Manfred Hättich „Demokratie als Herrschaftsordnung”, Köln und Opladen 1970, S. 36 ff.
Gabriel A. Almond und Sidney Verba „The Civic Culture“, Boston — Toronto 1963, S. 3.
Dazu Rupert Breitling „Politische Pression wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland“, in: Die Gesellschaft in der Bundesrepublik, Analysen, Erster Teil, herausgegeben von Hans Steffen, Göttingen 1970, bes. S. 91 ff.
Während das Unterhaus, dessen Standing Committees stets öffentlich tagen, jährlich zu etwa 160 Plenarsitzungen zusammenkommt und im amerikanischen Kongreß, dessen Ausschüsse sehr häufig ausgedehnte öffentliche Anhörungsverfahren durchführen, der Senat jährlich ca. 180 und das Repräsentantenhaus 160 Plenarsitzungen abhält, tagt der Bundestag im Jahresdurchschnitt in 60 öffentlichen Plenarsitzungen, während bis zur GO-Änderung vom Jahre 1969 die Bundestagsausschüsse, von wenigen Ausnahmen abgesehen, fast völlig unter Ausschluß der Öffentlichkeit arbeiteten.
Bundestags-Drucksache V/4373. Für eine knappe Analyse der GO-Reform vom 18. Juni 1969 siehe Uwe ‘fhaysen und Peter Schindler „Bundestagsreform 1969. Die Änderungen der Geschäftsordnung“, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft O, Dezember 1969, S. 2027. Siehe auch unten S. 177 ff.
Siehe hierzu die in Anm. 51 genannte Literatur.
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Steffani, W. (1979). Parlamentarische Demokratie — Zur Problematik von Effizienz, Transparenz und Partizipation. In: Parlamentarische und präsidentielle Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14351-2_6
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