Zusammenfassung
Unter „Helfen“ soll zunächst einmal ein Beitrag zur Befriedigung der Bedürfnisse eines anderen Menschen verstanden werden. Die genauere Eingrenzung des Begriffs hängt vom begrifflichen Bezugsrahmen und vom Untersuchungszweck ab. Eine soziologische Untersuchung helfenden Handelns wird weder moralisch noch psychologisch ansetzen. Sie wird sich weder anschicken zu begründen, ob und unter welchen Umständen ein Mensch dem anderen helfen soll; noch wird sie die Motivation zur Hilfe durch Rückgriff auf psychische Strukturen der Erlebnisverarbeitung zu erklären versuchen. Unseren Ausgangspunkt wählen wir vielmehr in der Einsicht, daß Helfen nur zustandekommt, wenn und soweit es erwartet werden kann (1)*.
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Anmerkungen
Diese Formel verkürzt soziale und psychische Bedingungen, die im einzelnen sehr kompliziert liegen. Einen Eindruck davon vermittelt Jaqueline Maucaulay/Leonard Berkowitz (Hrsg.), Altruism and Helping Behavior: Social Psychological Studies of Some Antecedents and Consequences, New York/London 1970.
Dies zeigen Forschungen über Nichthilfe bei Verbrechen oder Notständen, die durch den Skandal der von 38 passiven Zeugen beobachteten Ermordung der Kitty Genovese ausgelöst wurden. Vgl. einige Beiträge in Macaulay/Berkowitz a.a.O.; ferner John M. Darley/Bibb Latané, Bystander Intervention in Emergencies: Diffusion of Responsibility, Journal of Personality and Social Psychology 8 (1968), S. 337-383; Bibb Latané/John M. Darley, Group Inhibition of Bystander Intervention in Emergencies, Journal of Personality and Social Psychology 10 (1968), S. 215-221; Bibb Latané/Judith Rodin, A Lady in Distress: Inhibiting Effects of Friends and Strangers on Bystander Intervention, Journal of Experimental Social Psychology 5 (1969), S. 189-202. Zum deutschen Parallelfall Ulrich Nacken vgl. Hanno Kühnert, Erfroren am Straßenrand, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. 1. 1971, S. 1.
Vgl. etwa Emile Durkheim, Leçons de Sociologie physique des moeurs et du droit. Paris 1950, S. 206 ff.; George Davy, La foi jurée. Etude sociologique du problème du contrat. La formation du lien contractuel, Paris 1922;Marcel Mauss, Manuel d’Ethnographie, Paris 1947, S. 149 ff.; Louis Gernet, Les temps dans les formes archaïques du droit, in: Journal de Psychologie normale et pathologique 53 (1956), S. 379-406.
Hierzu vgl. Franz-Xaver Kaufmann, Sicherheit als soziologisches und sozialpolitisches Problem, Stuttgart 1970, S. 174 ff.
Vgl. John M. Darley/Bibb Latané, Norms and Normative Behavior: Field Studies of Social Interdependence, in: Macaulay/Berkowitz a.a.O., S. 83-101, insbes. 92 f.
In der Ethnologie spricht man von „Konvergenz“ unabhängig gefundener kultureller Formen und führt sie auf die begrenzte Zahl möglicher Problemlösungen zurück. In der Theorie der organischen Entwicklung hat sich für denselben Sachverhalt der Ausdruck Äquifinalität eingebürgert. Vgl. als theoretisch reflektierte Darstellungen namentlich Donald T. Campbell, Variation and Selective Retention in Socio-Cultural Evolution, in: General Systems 14 (1969), S. 69-85 (insb. 78); Ludwig von Bertalanffy, Zu einer allgemeinen Systemlehre, in: Biologia Generalis 19 (1949), S. 114-129 (123 ff.). (Hiervon zu unterscheiden ist die fragwürdige These der Konvergenz ganzer gesellschaftlicher Systeme; dazu Peter Ch. Ludz, Konvergenz, Konvergenztheorie. Sowjetsystem und Demokratische Gesellschaft. Eine vergleichende Enzyklopädie Bd. III, Freiburg/Basel/Wien 1969, Sp. 890-903.
Vgl. Dieter Claessens, Instinkt, Psyche, Geltung. Zur Legitimation menschlichen Verhaltens, 2. Aufl. Opladen 1970, S. 122 ff. Zu entsprechendem Vorgehen bei Kontakten, die Vorleistung und Vertrauen erfordern, Niklas Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 2. Aufl., Stuttgart 1973, S. 47 f.
Insoweit muß man die These diskontieren, Reziprozität sei das Prinzip des archaischen Rechts. So Richard Thurnwald, Die menschliche Gesellschaft in ihren ethno-soziologischen Grundlagen, Bd. V, Berlin/Leipzig 1934, S. 5 f., 43 f.; Bronislaw Malinowski, Sitte und Verbrechen bei den Naturvölkern, Wien o. J., S. 26 ff., 46 ff.; und für das Recht schlechthin mit besonderer Betonung des Zeitmomentes Helmut Schelsky,Systemfunktionaler, anthropologischer und person-funktionaler Ansatz der Rechtssoziologie, in: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 36-89 (69 ff.).
Siehe als klassische Darstellung Marcel Mauss, Die Gabe, Frankfurt 1968. Weiteres Material findet man z. B. bei D. W. Goodfellow,Grundzüge der ökonomischen Soziologie, Zürich 1954; Rüdiger Schott, Anfänge der Privat-und Planwirtschaft. Wirtschaftsordnung und Nahrungsverteilung bei Wildbeutervölkern, Braunschweig 1956; Cyril S. Belshaw, Traditional Exchange and Modern Markets, Englewood Cliffs 1965, insb. S. 46 ff.
Siehe hierzu D. Demetracopoulou Lee, A Primitive System of Values, in: Philosophy of Science 7 (1940), S. 355-378.
Vgl. hierzu Shmuel N. Eisenstadt, Ritualized Personal Relations, in: Man 96 (1956), S. 90-95; Kenelm O. L. Burridge, Friendship in Tangu, Oceania 27 (1957), S. 177-189.
Siehe Christian Sigrist, Regulierte Anarchie. Untersuchung zum Fehlen und zur Entstehung politischer Herrschaft in segmentären Gesellschaften Afrikas, Olten/Freiburg/Brsg. 1967, S. 176 ff. In abgewandelter Form findet man das Problem als Aufstiegs-Hemmung in neueren Gesellschaften wieder — wenn man etwa bedenkt, wie eine italienische Familie an dem einen ihrer Mitglieder „hängen“ kann, den sie hat studieren lassen.
So Darius nach Herodot, Historien III, 139 ff. An der Erzählung ist vor allem die Umbruchsituation bemerkenswert. Der archaische Ethos wird gerade in seiner Unmäßigkeit noch als bindend erlebt und gefeiert — und doch mit der Klarsicht und Distanz einer neuen Zeit schon als problematisch und befremdlich empfunden.
Einen Überblick, der allerdings die Großreiche gegenüber den Stadtkulturen überbewertet, findet man bei Shmuel N. Eisenstadt, The Political Systems of Empires, New York/London 1963.
Die Institution des Vertrages entsteht also erst dann, wenn Reziprozität nicht mehr so nahe liegt, daß sie sich gleichsam selbst motiviert: wenn die Reversibilität der Lagen nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Sie ist eine abstrakte Form, die reziproke Leistungsverhältnisse von dieser Voraussetzung und damit auch von Motiven des Helfens unabhängig macht.
Die Ch arakterisierung des Helfens und Dankens als außerrechtlicher „Ergänzung der rechtlichen Ordnung“, die Georg Simmel, Soziologie, 2. Aufl., München/Leipzig 1922, S. 443 gibt, ist für das Mittelalter sicher falsch und trifft selbst heute nur begrenzt zu. Ältere Rechtssystematiken gaben den einseitig-begünstigenden Kontrakten eine sehr bedeutsame Stellung. Siehe als Beispiel Pothier,Traité des contrats de Bienfaisance, 2 Bde. Paris 1807. Man denke ferner konkret an die Tendenz wiederholter Hilfe, zur Rechtspflicht zu gerinnen, oder an das Problem der Sorgfaltspflicht des Helfenden. Zu verbleibenden Beziehungen siehe namentlich das kodifizierte Schenkungsrecht; ferner zum Beispiel E. H. Perreau, Les obligations de conscience devant les tribunaux, in: Revue trimestrielle de Droit civil 12 (1913), S. 503-561 sowie ders., Courtoisie, complaisance et usages non obligatoires devant la jurisprudence, in: Revue trimestrielle de Droit civil 13 (1914), S. 481-522.
Dazu mit klassischer Naivität Herbert Spencer, The Principles of Ethics, London/Edinburgh 1893, Bd. II, §§ 390 ff.
Einer der berühmtesten Belege ist Seneca,De beneficiis. Dt. Übers. in: Werke Bd. 4, Stuttgart 1829. In der späteren christlichen Tradition führt das liberal itas-Motiv ein etwas unsicheres, aber anscheinend unentbehrliches Dasein. Als Grundlage der eigentlichen Armenpflege dient vielmehr die caritas-Vorstellung. Als ältere Darstellungen unter Einbeziehung der institutionellen Probleme vgl. Georg Ratzinger, Geschichte der kirchlichen Armenpflege, Freiburg/Brsg. 1868, und Gerhard Uhlborn, Die christliche Liebestätigkeit, 2. Aufl. Stuttgart 1895.
Diese moralische Ausrichtung des Helfens nach unten ist als ein kulturelles Kunstprodukt nur zu erkennen, wenn man bedenkt, daß Hilfe an sich dazu tendiert, nach oben zu fließen, nämlich dem ohnehin Reichen, Schönen, Berühmten, Beliebten eher zukommt, weil sein generell höherer Status größere Chancen der Erwiderung erwarten läßt. Ein häßliches Mädchen läßt sein Tüchlein vergeblich fallen. Die sozial-psychologische Forschung hält dafür gute Beweise bereit. Siehe z. B. Louise R. Daniels/Leonard Berkowitz, Liking and Response to Dependency Relationships, Human Relations 16 (1963), S. 141-148; Dean G. Pruitt, Reciprocity and Credit Building in a Laboratory Dyad, Journal of Personality and Social Psychology 8 (1968), S. 143-147.
Kennzeichnend ist, daß neben einer Liebespflicht noch eine Rechtspflicht zum Almosengeben behauptet wird — siehe zu einem Hauptvertreter dieser Ansicht Joachim Giers, Gerechtigkeit und Liebe. Die Grundpfeiler gesellschaftlicher Ordnung in der Sozialethik des Kardinals Cajetan, Düsseldorf 1941, S. 76 ff. — aber umstritten bleibt, kein Vernunftmaß mehr findet und sich in der Gerichtsbarkeit des politischen Gemeinwesens nicht durchsetzen läßt. Als funktionales Äquivalent kommen Steuern auf (vgl. unten S. 140). Im übrigen überkreuzt dieser Problemkreis sich in der weltlichen Gesetzgebung mit Fragen des Vagabundentums, die zunächst mehr unter dem Gesichtspunkt der Durchsetzung der Rechtspflege, später unter dem Gesichtspunkt der Beschaffung von Arbeitskräften geregelt werden. Die klassische Arbeit zu diesem Wertkonflikt ist C. J. Ribton-Turner, A History of Vagrants and Vagrancy and Beggars and Begging, London 1887 (siehe z. B. S. 67 f. über Gesetze gegen Almosengeben). Vgl. ferner William J. Chambliss, A Sociological Analysis of the Law of Vagrancy, in: Social Problems 12 (1964), S. 67-77. Erst im 18. Jahrhundert setzt sich allmählich eine deutlichere Differenzierung von Vagabunden, Bettlern, Dieben und Armen unter sozialstrukturellen Gesichtspunkten durch und damit das Bedürfnis nach differenzierenden rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen, zum Beispiel die Anfänge einer Trennung von Armenhäusern und Zuchthäusern.
Als einen Versuch, die allgemeinen Machtchancen des Hilfsbedürftigen zu testen, vgl. John Schopler/Nicholas Bateson, The Power of Dependence, in: Journal of Personality and Social Psychology 2 (1965), S. 247-254.
Für Aristoteles steht das schon fest: „Wer eine Wohltat empfängt, steht unter dem Geber“ (Nik. Ethik 1124b). Daß in Statussystemen latente Tauschbeziehungen stecken, ist von der modernen Interaktionstheorie aufgedeckt worden: Die Anerkennung des höheren Status sei Gegenleistung für eine anders nicht zu vergütende besondere Leistung. Siehe z. B. John W. Thibaut/Harold H. Kelley, The Social Psychology of Groups, New York 1959, S. 229 ff.; Peter M. Blau, Social Integration, Social Rank, and Processes of Interaction, in: Human Organization 18 (1959/60), S. 152-157; ders., Exchange and Power in Social Life, New York/London/Sydney 1964; George C. Homans, Social Behavior. Its Elementary Forms, New York 1961, S. 149 ff. Allerdings enthält diese Sicht starke Verkürzungen: Sie legt die Anerkennung der Gerechtigkeit der Statusdifferenzierung nahe und nicht die Frage, warum die Tauschbeziehung latent bleibt.
Damit ist nicht behauptet, daß Moral und Legitimitätsanspruch herrschender Schichten von der ihnen untergeordneten Bevölkerung übernommen und inhaltlich als Überzeugung geteilt worden wären. Vielmehr ist der Kern der These, daß für die Anerkennung der Positionen auch andere als moralische (aber korrespondierende) Motive beschafft werden. Siehe dazu auch Gerd Spittler, Probleme bei der Durchsetzung sozialer Normen, in: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 203-225 (214 ff.).
Ein Beispiel für viele: Der Bericht von John Duncon über das Leben der Lady Falkland, 1648, neu herausgegeben von M. F. Howard, Lady Lettice Vi-countess Falkland by John Duncon, London 1908.
Damit ist selbstverständlich nichts über die Motivlage gesagt, die sehr wohl durch das Honorar bestimmt sein kann. Der Unterschied zwischen Lohn oder Gehalt und Honorar dient lediglich der Symbolisierung des spezifischen Ethos der Hilfe, die nicht nach Maßgabe eigenen Interesses bemessen werden darf.
Das gilt für alte ebenso wie für neue „Professionen“. Insofern ist der Streit um die Ausdehnung des Professionalismus nur ein Streit um das relative Prestige verschiedener Berufe. Vgl. hierzu etwa Harold L. Wilensky, The Professionalization of Everyone? in: The American Journal of Sociology 70 (1964), S. 137-158; Joseph Ben-David, Professions in the Class System of Present-day Societies, in: Current Sociology 12 (1963/64), S. 247-330; Albert L. Mok, Alte und neue Professionen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 21 (1969), S. 770-781.
Hierzu näher Niklas Luhmann, Wirtschaft als soziales System, in: ders., Soziologische Aufklärung I, 4. Aufl., Opladen 1974, S. 204-231.
Die Kritik des wahllosen Almosen-Gehens geht bis in die Reformationszeit zurück und wird im Zuge der Aufklärung vorherrschende Meinung. Georg Simmel, Soziologie, Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, 2. Aufl. München/Leipzig 1922, S. 348, spricht von der „Rache des Almosens für das rein subjektivistische, nur den Geber, aber nicht den Empfänger berücksichtigende Motiv seiner Gewährung“ und nennt als Folgen: Überhandnehmen des Bettelns, Sinnlosigkeit in der Verwendung der Gaben, Demoralisierung des Proletariats. Als Verteidigung gegen solche Vorwürfe vgl. Johann Nepomuk Foerstl, Das Almosen, Paderborn 1909, S. 20 ff. Jedenfalls gehört das unspezifische, nicht auf Bedürfnisse abgestimmte Motiv der „liberalitas“ oder „générosité“ mehr in die Ritter-Literatur. Siehe am Beispiel des Herzogs von Buckingham, der die Perlen an seinem Gewande so schlecht befestigte, daß er Finder damit belohnen konnte, De la Curne de Sainte-Palaye, Memoires sur l’ancienne chevalerie, 3 Bde Paris 1759-1781, Bd. I, S. 99 f.
Sehr deutlich findet man diesen neuen egalitären Ton in Adam Smiths Theorie der ethischen Gefühle, zuerst 1759, dt. Übers. Leipzig 1926, insb. Bd. I, S. 95 ff., 115 ff. Siehe auch die Kritik der „närrischen und verschwenderischen Freigebigkeit“ hochgestellter Kreise S. 104 f. Ein Jahrhundert später sieht Herbert Spencer darin einen Fortschritt der zivilisierten Menschheit in Richtung auf „true generosity in private actions“, motiviert nicht mehr durch die Sorge für das eigene Heil, sondern „by fellow-feeling with those whom they aid“. (The Principles of Ethics Bd. I, London/Edinburgh 1897, S. 387).
Ein typischer Beleg dafür: J. D. Lawätz, Über die Sorge des Staats für seine Armen und Hilfsbedürftigen, Altona 1815. Die klerikale ebenso wie die liberale Kritik an dieser Tendenz durchzieht noch das ganze 19. Jahrhundert.
Vgl. zur Übergangszeit die ausgezeichnete Arbeit von Lotte Koch, Wandlungen der Wohlfahrtspflege im Zeitalter der Aufklärung, Erlangen 1933.
Schon in archaischen Gesellschaften ist übrigens zu beobachten, daß die Sippe notorischen Verbrechern aus ihrer Reihe die Rechtshilfe versagte. In späteren, vor allem in feudalen Gesellschaften wird der Zusammenhang von Schutz und Hilfe das Prinzip der Herrschaftsbegründung.
Zum politischen hochbedeutsamen Prinzip des „consilium et auxilium“ im Mittelalter einige Hinweise bei Otto Brunner, Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Südostdeutschlands im Mittelalter, 3. Aufl. Brünn/München/Wien 1943, S. 308 ff.
Vgl. zusammenfassend Dora Peyser, Hilfe als soziologisches Phänomen, Diss. Berlin/Würzburg 1934, S. 11 ff.
Vgl. hierzu Niklas Luhmann, Gesellschaft, in: ders., Soziologische Aufklärung 1, 4. Aufl., Opladen 1974, S. 137-153; ders., Funktionen und Folgen formaler Organisation, Berlin 1964.
Interessant sind in diesem Zusammenhang entwicklungspolitische Versuche, archaische Strukturen wechselseitigen Helfens direkt in Organisationen zu verwandeln. Dazu Paul Trappe, Warum Genossenschaften in Entwicklungsländern?, Neuwied/Berlin 1966.
Siehe dazu Helge Peters, Moderne Fürsorge und ihre Legitimation. Eine soziologische Analyse der Sozialarbeit, Köln/Opladen 1968; ferner ders., Das Verhältnis von Wertsystem und Sozialwissenschaften innerhalb der beruflichen Sozialarbeit, in: Soziale Welt 16 (1965), S. 246-259.
Vgl. Soziologie a.a.O. S. 358.
So z. B. im amerikanischen social casework. Vgl. als typische Zeugnisse Helen H. Perlman, Soziale Einzelhilfe als problemlösender Prozeß, dt. Übers. Freiburg/Brsg. 1969; Felix Biestek, Wesen und Grundsätze der helfenden Beziehung in der sozialen Einzelhilfe, dt. Übers., 3. Aufl. Freiburg/Brsg. 1970.
Aus der organisationssoziologischen Literatur über diese Konsequenzen der Schematisierung siehe etwa VictorA. Thompson, The Regulatory Process in OPA Rationing, New York 1950, S. 122 ff.; Milton G. Weiner, Observations an the Growth of Information-Processing Centers, in: Albert H. Rubenstein/Chadwick J. Haberstroh (Hrsg.), Some Theories of Organization, Homewood Ill. 1960, S. 147-156; James G. March/Herbert A. Simon, Organizations, New York/London 1958, insb. S. 150 ff., 165 ff.; Sheldon S. Zalkind/Timothy W. Costello, Perception. Some Recent Research and Implications for Administration, in: Administrative Science Quarterly 6 (1962), S. 218-235; und für Organisationen der Sozialarbeit Helge Peters, Das Verhältnis von Wertsystem und Sozialwissenschaften innerhalb der beruflichen Sozialarbeit, in: Soziale Welt 16 (1965), S. 246-259. Zum Vergleich interessant Hegels Bemerkung (Rechtsphilosophie § 192) über die Abstraktion der zwischenmenschlichen Beziehungen durch eine ausgearbeitete Bedürfnissturktur der Gesellschaft.
Zu dieser Unterscheidung vgl. Torstein Eckhoff/Knut Dahl Jacobsen, Rationality and Responsibility in Administrative and Judicial Decisionmaking, Kopenhagen 1960; Niklas Luhmann, Lob der Routine, in: ders., Politische Planung, Opladen 1971, S. 113-142.
Gute empirische Untersuchungen dieses Konfliktes gibt es im Parallelbereich polizeilicher Arbeit, wo ebenfalls die Zwecke der effektiven Verbrechensbekämpfung und der Herstellung eines Anscheins von öffentlicher Ordnung unter rechtsstaatlichen Konditionalisierungen leiden. Vgl. Michael Banton, The Policeman in the Community, New York 1964, insb. S. 6 f., 127 ff.;Jerome S. Skolnick, Justice Without Trial. Law Enforcement in Democratic Society, New York/ London/Sydney 1966; James Q. Wilson, Varieties of Police Behavior. The Management of Law and Order in Eight Communities, Cambridge Mass. 1968. Für die Übertragung dieses Konflikts auf das Gerichtsverfahren siehe auch Herbert L. Packer, Two Models of the Criminal Process, in: The University of Pennsylvania Law Review 113 (1964), S. 1-68.
Diese Formulierung in bezug auf den „Sozialstaat“ des Grundgesetzes bei Dieter Suhr, Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit, in: Der Staat 9 (1970), S. 67-93 (77).
Empirische Untersuchungen dieser Frage gibt es vor allem für den Sonderfall der wechselseitigen Hilfe bei der Arbeit, die einerseits der Konsolidierung eines informalen Status und informaler Cliquen und in manchen Fällen wohl auch einem sinnvollen Bedarfsausgleich dient, andererseits aber oft gegen formale Regeln verstößt und in deren Zweckrichtung nachteilige Folgen hat. Vgl. etwa Fritz J. Roethlisberger/William J. Dickson,Management and the Worker, Cambridge Mass. 1939, S. 505 ff., 547 f.; Karl Jantke, Bergmann und Zeche, Tübingen 1953, S. 72 ff.; Edward Gross,Some Functional Consequences of Primary Work Controls in Formal Work Organizations, in: American Sociological Review 18 (1953), S. 368-373; Peter M. Blau, The Dynamics of Bureaucracy, Chicago 1955, insb. S. 105 ff.; Hansjörgen Daheim, Die Sozialstruktur eines Bürobetriebes. Eine Einzelfallstudie, Diss. Köln 1957; Simon Marcson, The Scientist in American Industry, New York 1960, S. 31 ff.; David Mechanic, The Sources of Power of Lower Participants in Complex Organizations, in: Administrative Science Quarterly 7 (1962), S. 349-364; Niklas Luhmann, Funktionen und Folgen formaler Organisation, Berlin 1964, S. 334 ff.
Helmut Schelsky, Freiwillige Hilfe in der bürokratischen Gesellschaft, in: ders., Auf der Suche nach Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze, Düsseldorf 1965, S. 294-304.
Auch in diesem Fall kann natürlich das Fehlen eines Programms anderer Organisationen Tatbestandsmerkmal eines eigenen Programms sein, so daß eine solche subsidiäre Zuständigkeit nicht etwa auf unprogrammatisches Handeln hinausläuft.
Um den Nachweis solcher „survivals“ bemüht sich D. Warnotte, Les origines sociologiques de l’obligation contractuelle, Brüssel 1927, S. 71 ff. an Hand der älteren Literatur. Georg Simmel, Exkurs über Treue und Dankbarkeit, in: Soziologie, 2. Aufl. München/Leipzig 1922, S. 438 ff. und Mauss, a.a.O. (1968) hatten auf die fortdauernde Bedeutung des Gehens und Dankens hingewiesen. Zum Nebeneinander sehr verschiedenartiger Hilfsmotive vgl. ferner Dankwart Danckwerts, Organisierte Freiwillige Hilfe in der modernen Gesellschaft, Berlin 1964, S. 47 ff.
Zu dieser nicht unbestrittenen Anwendung des Gesellschaftsbegriffs auf das globale Sozialsystem näher Niklas Luhmann, Die Weltgesellschaft, in diesem Bande, S. 51-71.
In ähnlichem Sinne weist Helmut Schelsky, a.a.O. S. 297 auf den Abbau standesmäßiger Verpflichtungen, Pressionen und Konsequenzen hin, der Hilfe zur Sache eines freien Entschlusses werden läßt.
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Luhmann, N. (1975). Formen des Helfens im Wandel gesellschaftlicher Bedingungen. In: Soziologische Aufklärung 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-12374-3_7
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