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Die Naturschilderungen in Büchners Lenz

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Melancholie und Landschaft

Zusammenfassung

Die oben vorgenommene Explikation der landschaftlichen und der psychotischen Raumordnung war mit dem Ergebnis ihrer fundamentalen Differenz abzuschließen gewesen. Auch wenn diesem Resultat lediglich Vorläufigkeitscharakter zukommtl und es gegenüber einigen der naturdeskriptiven Passagen in Büchners Lenz revidiert bzw. differenziert werden muß, können doch aus dem Gesamt an Naturschilderungen einige Passagen auf der Grundlage der vorgenommenen Differenzierung als Evokationen nichtlandschaftlicher Naturbezüge zusammengefaßt und beschrieben werden. Analytische und systematische Gründe ließen es dabei geboten erscheinen, kohärente Textpartien der Erzählung zunächst zugunsten gleichartiger Raumbezüge aufzulösen. Das betrifft vor allem die Anfangsschilderung, deren Mittelteil — die Winter-sturmsequenz — wegen seines eigenartigen Charakters aus der Diskussion rein dysphorischer Raumerlebensstörungen auszuklammern ist.

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Literatur

  1. Vgl. oben Kap. 1, 3.3.

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  2. Zu beiden Möglichkeiten der personalen Erzählsituation vgl. Franz K. Stanzel, Typische Formen des Romans, Göttingen 1979, S. 17: “Verzichtet der Erzähler auf seine Einmengungen in die Erzählung, [...], dann öffnet sich dem Leser die Illusion, er befände sich selbst auf dem Schauplatz des Geschehens oder er betrachte die dargestellte Welt mit den Augen einer Romanfigur, die jedoch nicht erzählt, sondern in deren Bewußtsein sich das Geschehen gleichsam spiegelt.”

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  3. Die Beschreibung ordnen zutreffend der Perspektive Lenzens zu: Albert Meier, Georg Büchners Asthettk, S. 53 f; Richard Thieberger, Lenz lesend, in: GBJb 3/1983, S. 43; Hasselbach, Lenz, S. 52 f.

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  4. Jean Paul, Vorschule derÂsthetik, 80 (Poetische Landschaftsmalerei), JPW 5, S. 291.

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  5. Vgl. Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, S. 500 f. Freud sieht den melancholischen Weltverlust in einer “Aufhebung des Interesses fir die Außenwelt” indiziert. Freud, Trauer und Melancholie, FGW X, S. 429.

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  6. Verwoben mit der melancholischen Raumstruktur der Anfangserzählung zeigt sich im Hinweis Büchners auf die “verlorenen Träume” Lenzens die spezifisch zukunftslose und vergangenheitsfixierte Zeitlichkeit des depressiven Psychotikers. Vgl. E. Straus, Das Zeiterleben, S. 349 f. Aus der gleichgültigen und empfindungsleeren Gegenwart, der der enge (aber auch der leere weite) Raum entspricht, fihrt kein Weg in die Zukunft. Die “Träume”, hinter denen sich die utopische Spannung des melancholischen Charakters verbirgt, sind “verloren”, gehören einer zunächst nicht mehr aktualisierbaren Vergangenheit an. Auf sie fixiert sich das Zeitbewußtsein des zukunftslosen Melancholikers, dem seine Vergangenheit hier gerade aufgrund ihrer intakten utopischen Zukunftsbindung heilen Charakter besitzt: Büchners Lenz versucht die Restitution seiner Zukunft durch den Umweg über die Vergangenheit. Vgl. zur entscheidenden Bedeutung der zukunftslosen Lebensleere fir die Genese der Melancholie Tellenbach, Gestalten der Melancholie, S. 19.

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  7. Zur Bedeutung der Verbellipse in Büchners Erzählung Thieberger, Lenz lesend, S. 64.

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  8. Binswanger, Raumproblem, S. 195 ff, S. 205 f. Vgl. zur begrifflichen Abgrenzung gegenüber dem “Raum der ästhetischen Gestimmtheit” bes. ebd., S. 205, Anm. 2.

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  9. Vgl. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. 13, Sp. 1939 zum Bedeutungsspektrum von “plump” im Zusammenhang mit Bewegungen: “schwerfällig, roh, ungefügig, stark massig, unförmlich” etc. und Bd. 21, Sp. 1038 zu “träge”: “langsam und mühsam, schwer beweglich, schwerfälig”.

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  10. Tellenbach, Räumlichkeit, I, S. 16.

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  11. Auch Tellenbachs Fallstudien belegen, daß beide Formen der melancholischen “Entrückung” miteinander korrelieren. Bei einer seiner Patientinnen zeigt sich die Empfindung, die Bewegungen im Umraum seien suspendiert, verbunden mit Störungen des natürlichen Gravitationsempfindens: mit dem Gefühl der Unfähigkeit zur Eigenbewegung und der Empfindung einer undifferenzierten Belastung durch die Schwere aller Dinge im Umraum. Ebd., S. 12.

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  12. Vgl. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. 2, Sp. 1058.

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  13. Auch Karl Philipp Moritz’ autobiographischer Roman Anton Reiser ordnet der tiefen, suizidnahen Melancholie seines Protagonisten das unangenehm naßkalte Wetter zu. Vgl. unten Kap. HI, 2.1, Anm. 22. Über den topischen Konnex hinaus kündet sich bei Moritz und Büchner ein spezifisches pathologisches Temperaturempfinden der Melancholiker an.

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  14. “VALERIO keuchend Auf Ehre, Prinz, die Welt Ist doch ein ungeheuer weitläuftiges Gebäude. LEONCE: Nicht doch! Nicht doch! Ich wage kaum die Hände auszustrecken, wie in einem engen Spiegelzimmer, aus Furcht überall anzustoßen, daß die schönen Figuren in Scherben auf dem Boden lägen und ich vor der kahlen, nackten Wand stünde.” HA I, S. 118. Vgl. die zutreffende Zuordnung von Dedner, Bildsysteme, S. 190.

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  15. Die eigentliche Dimensionalität des Raumes scheint in der introspektiven Sequenz erlebter Rede dennoch durch. Die Feststellung nämlich, daß sich Lenzens Verwirrung der raumzeitlichen Relationen auf einen fernen Punkt bezog, kann nicht aus der Immanenz des melancholischen Blicks gewonnen werden, dem alles “so klein, so nahe, so naß” ist. Für die Spannweite eines Wortes schlüpft der Erzähler aus der erlebten Rede in die Distanz der eigenen Position zum Erzählten und ihre Verfügung über die wahre Dimension des fiktiven Handlungslokals.

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  16. Tellenbach, Räumlichkeit, I, S. 13.

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  17. Ich folge damit der Terminologie August Langens, Verbale Dynamik, S. 112; zu Büchners Lenz S. 182 f.

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  18. Val. ebd., S. 182: “Der Bewegungsgrad ist teils durch das Motiv der Wintersturmlandschaft, teils durch die alle Eindrücke verzerrt übersteigernde Geisteskrankheit des Helden gegeben.”

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  19. Wetzel, Weltuntergangserlebnis, S. 414. Im Erleben einer Patientin sprachen und bewegten sich nicht nur die Menschen schneller, auch leblose Gegenstände wurden plötzlich lebendig.

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  20. Vgl. auch Thieberger, Lenz lesend, S. 56: “Dieser zerfahrene und bereits vom Wahnsinn gehetzte, einsame Wanderer reagiert mit besonderer Empfindlichkeit auf die verschiedenen Phasen des Wetters.”

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  21. Vgl. Binswanger, Raumproblem, S. 200 f, S. 206 f.

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  22. Thieberger, Lenz lesend, S. 53.

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  23. Vgl. oben Kap. II, 4.1. Zum privativen Motiv der zum Grau entfärbten Umwelt in der melancholischen Lyrik des 18. Jahrhunderts vgl. Kahn, Melancholie in der deutschen Lyrik, S. 70. Die Formulierung vom grauen Nadelwald, die man wahrnehmungspathologisch als Hinweis auf die melancholische Weltverdüsterung auslegen könnte, mag von Matthisson angeregt sein. Vgl. ebd. zu Matthissons lyrischem Motiv des grauen Fichtenhains.

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  24. Vgl. oben Kap. II, 4.3.2.2.

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  25. Vgl. oben Kap. II, 4.3.2.2 die Ausführungen zu Rousseaus Nouvelle H¨¦loise.

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  26. Vgl. den Brief Büchners an Eugen Boeckel, Straßburg, 1. Juni 1836: “Ich meine eine Tour durch die Spitäler von halb Europa müßte einen sehr melancholisch und die Tour durch die Hörsäle unserer Professoren müßte einen halb verrückt und die Tour durch unsere teutschen Staaten müßte einem ganz wütend machen. 3 Dinge, die man übrigens auch ohne die drei Touren sehr leicht werden kann z.B. wenn es regnet und kalt ist, wie eben; wenn man Zahnweh hat, wie ich vor 8 Tagen, u. wenn man einen vollen Winter und ein halbes Frühjahr nicht aus seinen 4 Wänden gekommen, wie ich dies Jahr.” HA II, S. 458, sowie den Brief vom 2.9. 1836 an Wilhelm Büchner: “Ich bin ganz vergnügt in mir selbst, ausgenommen, wenn wir Landregen oder Nordwestwind haben, wo ich freilich einer von denjenigen werde, die Abends vor dem Bettgehn, wenn sie den einen Strumpf vom Fuß haben, im Stande sind, sich an ihre Stubenthür zu hängen, weil es ihnen der Mühe zuviel ist, den andern ebenfalls auszuziehen.” HA II, S. 460. Die toposhafte Herleitung depressiver Befindlichkeit aus der melancholischen Meteorologie von Wind und Wolken geht auch in Büchners Dramen ein. In der Anfangsszene von Leonce und Lena führt Leonce seine “sehr gegründete Melancholie” darauf zurück, daß die “Wolken schon seit drei Wochen von Westen nach Osten ziehen.” HA I, S. 105; vgl. dazu Völker, Die Sprache der Melancholie, S. 125. Denselben engen leibgeistigen Zusammenhang von Melancholie und Wetter thematisiert die Rasierszene im Woyzeck, in der der Typus des sentimentalen Melancholikers in seinen Schauer- und Angstreaktionen der Komik unterworfen wird. Sein abstrakt-idealistisches Tugendpostulat wird durch die Wetterabhängigkeit seiner Stimmung konterkariert. Vgl. G. Oesterle, Büchners Woyzeck, S. 219 ff.

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  27. Auf die Korrelation von Angst und Engegefühlen im Erleben der Melancholiker sowie auf die hier besprochene Passage aus Büchners Lenz hat Mühlher, Büchner, S. 278 f, aufmerksam gemacht.

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  28. Vgl. HA I, S. 67 (Dansons Tod, IV, 3): “CAMILLE. Ich lag so zwischen Traum und Wachen. Da schwand die Decke und der Mond sank herein, ganz nahe, ganz dicht, mein Arm erfaßt’ ihn. Die Himmelsdecke mit ihren Lichtern hatte sich gesenkt, ich stieß daran, ich betastete die Sterne, ich taumelte wie ein Ertrinkender unter der Eisdecke. Das war entsetzlich Danton.” Dieser Alptraumvision Camilles ist eine grauenbesetzte Raumvorstellung zu parallelisieren, die die melancholische Zeitreflexion Dantons gebiert: “DANTON. Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem Picken schiebt sie die Wände enger um mich, bis sie so eng sind wie ein Sarg. Ich las einmal als Kind so ‘ne Geschichte, die Haare standen mir zu Berg.” HA I, S. 66.

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  29. Vgl. J. F. Oberlin, Herr L., in: Gersch, Studienausgabe, S. 42.

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  30. Wie Tellenbachs Untersuchungen gezeigt haben, fiihrt die Beeinträchtigung des Gravitationsempfindens bei Depressiven zu Tonusverlust und Schwächeempfindung, die sich ihrerseits auf die Bewegungsfähigkeit auswirken. Vgl. Tellenbach, Räumlichkeit, I, S. 13 (aus dem Bericht der Patientin Th. H.): “Die Hände sind nicht mehr so stramm wie früher, das Geld und alle Gegenstände wiegen in meinen Händen schwerer”. Büchners nicht im Oberlinbericht enthaltene Notiz geht möglicherweise auf eine briefliche Bemerkung Pfeffels zurück, der am 13. Juni 1778 an Sarasin über Lenz’ Befinden bei Schlosser in Emmendingen schreibt: “Er ist übrigens nicht mehr gebunden, geht im Zimmer umher und hat guten Appetit, klagt aber über Schwäche in den Beinen.” Zit. nach Waldmann, Lenz in Briefen, S. 85. Da sich Büchners Formulierung eng an die aus dem Brief Pfeffels anlehnt (Stud. 26, 5: [...] und klagte über große Schwäche in den Gliedern“, Pfeffel: ”klagt aber über Schwäche in den Beinen“), scheint die Annahme berechtigt, Büchner habe den Brief Pfeffels als Material für seine Erzählung genutzt.

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  31. Vgl. oben Kap. I, 2.4, Anm. 4. Pathologisch akzelerierte Fortbewegungsweisen der psychotischen Agitation evozieren auch die Passagen Stud. 20, 25 f: “er schwieg dann wieder und ging hastig im Zimmer auf und ab [...]” und Stud. 25, 16: “[...] er huschte dann wieder ins Bett.”

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  32. Vgl. den Bericht der Patientin M. B. K. bei Tellenbach, Räumlichkeit, II, S. 291 und S. 294.

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  33. Tellenbach, Räumlichkeit, II, S. 295. Vgl. schon Binswanger, Raumproblem, S. 202: ‘Bei hochgradiger Verzweiflung gehen Düsternis, Verdunkelung und Schrumpfung der Welt schließlich über in völlige Weltleere.“

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  34. Tellenbach, Räumlichkeit, II, S. 295.

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  35. Vgl. die Replik Woyzecks H 2, 7: “[...] Wir habe schön Wetter Herr Hauptmann. Sehn Sie so ein schön, festen groben Himmel, man könnte Lust bekomm, ein Kloben hineinzuschlagen und sich daran zu hänge, nur wegen des Gedankenstrichels zwischen Ja, und wieder ja - und nein t...]” HA I, S. 164.

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  36. Burke, Vom Erhabenen, S. 110 (H, 8 Unendlichkeit): “Unter den Dingen, die zu Objekten unserer Sinne werden können, gibt es schwerlich irgendwelche, die in Wahrheit und ihrer eigenen Natur nach unendlich sind. Aber da das Auge bei vielen Dingen nicht fähig ist, die Grenzen wahrzunehmen, sind diese Dinge scheinbar unendlich und bringen dieselben Wirkungen hervor, als ob sie es wirklich wären. Auf gleiche Weise werden wir in die Irre gefiihrt, wenn sich die Teile irgendeines großen Objektes zu einer so unbeschränkten Menge aneinanderreihen, daß die Einbildungskraft kein Hindernis sieht, diese Reihe nach Belieben fortzufiihren.”

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  37. Diese enge Liäson von visueller und dinglicher Privation bestätigt die Aussage einer Patientin Tellenbachs: “Alles ist so leer und so Nacht, kein Licht, die Sonne scheint nicht mehr wie früher [...] Alles ist so leer und finster [...]”. Zit. nach ebd. I, S. 14. Zur korrelativen Beziehung von Raumleere, Finsternis und Affizierung des Selbsterhaltungstriebs vgl. Vischer, Ober das Erhabene und Komische, S. 78: “Eine scheinbare Leere entsteht auch durch die Dunkelheit, und diese ist dadurch, daß sie das Einzelne und Endliche verschwinden macht und die Ahnung einer unbekannten, geheimnisvollen Macht erweckt, erhaben bis ins Furchtbare. Alles Leben scheint in den dunklen Grund versunken, aus dem es hervorgeht, wir fiirchten am Ende für unser eigenes, und ungewiß, ob nicht auch wir ins Grenzenlose aufgelöst werden, schauern wir in den Tiefen der Seele zusammen; die Angst der Existenz ergreift uns, der Schauer des kreatürlichen Lebens.”

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  38. Vgl. Kap. 11, 3.1.

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  39. Burke, Vom Erhabenen, S. 77. Vgl. auch Schiller, Vom Erhabenen, NA XX, S. 189: “Auch die Einsamkeit ist etwas furchtbares, sobald sie anhaltend und unfreiwillig ist, wie z.B. die Verbannung in eine unbewohnte Insel.” Welche qualitative Differenz der Vorstellung einer absoluten Einsamkeit gegenüber den anderen, allein aus der subjektiven “Dazwischenkunft der Phantasie” ins Furchtbare gewendeten Privationen zukommt, verdeutlicht der Umstand, daß ihr bei Schiller ein “objektiver Grund der Furcht”, die Idee der Hilflosigkeit, zugrundeliegt. Diese Positionierung ist Korrelat einer Anthropologie des homme social, die voraussetzt, daß “ein ganz einsames Leben den Zwecken unsers Daseins widerspricht, weil kaum der Tod selbst eine schreckenvollere Idee für uns ist.” Burke, Vom Erhabenen, S. 78.

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  40. Vgl. oben Kap. II, 4.2 den Exkurs über die frühaufklärerische Konstitution des Naturerhabenen.

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  41. Vgl. zur Konvergenz des psychotischen Homogenitätserlebnisses mit Endzeittheoremen aus der antiken Endzeitklage und besonders der jüdisch-christlichen Apokalyptik Metzner, Verständnis der Apokalyptik, S. 429.

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  42. Saussure, Reisen durch die Alpen, Bd. N, Leipzig 1788, S. 327.

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  43. Vgl. zur Binnendifferenzierung oben Kap. IV, 6 im Zweiten Teil.

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  44. Alewyn, Literarische Angst, S. 42. Vgl. auch Müller-Dyes, Schauerroman und Ludwig Tieck, S. 142 ff; Klein, Der gotische Roman, S. 259, Garleff-Langhans, Der unheimliche Roman um 1800, S. 42.

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  45. Vgl. Garleff- Langhans, Der unheimliche Roman um 1800, S. 55: “Einsamkeit ist im unheimlichen Roman immer schrecklich; sie meint, daß jemand an einem unbewohnten und deshalb unsicheren Ort allein und deshalb ohne Schutz ist. Die Stille ist fürchterlich als akustischer Ausdruck dieser Einsamkeit. Es gibt nur Geräusche, die man selbst hervorruft [...].” Zur Abgrenzung von der sentimentalen Ruinen- und Nachtpoesie sowie vom Erhabenen ebd., S. 40.

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  46. Zur Terminologie vgl. Wolfgang Trautwein, Erlesene Angst. Schauerliteratur im 18. und 19. Jahrhundert. Systematischer Aufriß; Untersuchungen zu Bürger, Maturin, Hoffmann, Poe und Maupassant, München 1980, S. 29 ff.

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  47. Vgl. dazu Alewyn, Literarische Angst, S. 44 ff, bes. S. 47 über das für den unheimlichen Ort konstitutive Zusammentreten von Unbekanntem und Gefährlichem; weiterhin Trautwein, Erlesene Angst, S. 29 ff, der die Privationen als inhaltlich “unbestimmte Schauerantizipationen” terminologisch zu fassen sucht.

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  48. Schiller, Vom Erhabenen, NA XX, S. 189.

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  49. Ebd., S. 188.

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  50. Ebd., S. 190.

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  51. Vgl. Weber, Der englische Schauerroman, S. 49 ff zum Konnex von Hypersensibilität, Angstdisposition und imaginierten horror-Situationen, denen eigentlich die reale Grundlage fehlt, bei der Protagonistin Emily in Ann Radcliffes The Mysteries of Udolpho (1794).

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  52. Schiller, Vom Erhabenen, NA XX, S. 188.

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  53. Ebd., S. 186.

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  54. Goethe, Briefe aus der Schweiz 1779 (Reale am 12. November), AG 12, S. 56.

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  55. Vgl. I. Oesterle, Verbale Präsenz, S. 192 f. Bereits Schiller historisiert den von ihm diskutierten Überlebensmechanismus, das “Außerordentliche” und “Unbestimmte” als lebensgefährdende Bedrohung auszulegen, indem er ihn dem Primitiven zuweist: “Dem Menschen, im Zustand der Kindheit, wo die Einbildungskraft am ungebundensten wirkt, ist alles schreckhaft was ungewöhnlich ist. In jeder unerwarteten Erscheinung der Natur glaubt er einen Feind zu erblicken, der gegen sein Daseyn gerüstet ist, und der Erhaltungstrieb ist sogleich geschäftig, dem Angriff zu begegnen.” Schiller, Vom Erhabenen, NA XX, S. 188.

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  56. Alewyn, Literarische Angst, S. 49.

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  57. Vgl. bes. Zacharias-Langhans, Der unheimliche Roman um 1800, S. 55 f mit Beispielen aus zeitgenössischen Schauerromanen.

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  58. Vgl. besonders die zentrale Äußerung der Patientin M. B. K. Tellenbachs: “Das wahre und entsetzliche Wesen der Angst in der Depression ist ihre Gegenstandslosigkeit.” Tellenbach, Räumlichkeit, II, S. 291.

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  59. Trautwein, Erlesene Angst, S. 31 f. Bezüglich der visuellen Privation meint das Kontrastverfahren die schon von Burke als erhaben beschriebene plötzliche Erhellung des Dunkels. Burke, Vom Erhabenen, II, 14 (Licht), S. 118.

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  60. Vgl. bes. Zacharias-Langhans, Der unheimliche Roman um 1800, S. 54 ff.

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  61. Vgl. die bei Trautwein, Erlesene Angst, S. 37 aus Ann Radcliffes Mysteries of Udolpho zitierte Passage, die einen Gang der Protagonistin durch die gotische Architektur schildert: “Sie sah zwei Gänge [...] Der, welchen sie nahm, führte zuerst in einen weiten Gang, durch den sie leise und schnell dahinging, denn das einsame Ansehn des Orts schreckte sie, und sie fuhr vor dem Widerhall ihrer eigenen Schritte zurück.” (Kursive von mir, H. S.), weiterhin die von Zacharias-Langhans angefiihrten Belegstellen, S. 55 f.

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  62. Vgl. Zacharias-Langhans, Der unheimliche Roman um 1800, S. 54 f. In einem hier zitierten Trivialroman tönen die dumpfen Tritte des Protagonisten, “so sehr er sich auch hütete [...] gleichwohl längs den alten Mauern hinab”.

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  63. Vgl. ebd., S. 56: “Im Widerhall werden Stille und Weite zugleich vernehmlich.”

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  64. Zum Begriff: Karl Jaspers, Gesammelte Schriften zur Psychopathologie, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1963, S. 258. Die Hyperästhesie bezeichnet in der Psychopathologie die exzessive Intensitätssteigerung optischer oder akustischer Empfindungselemente bei gleichbleibendem realen Wahrnehmungsgegenstand: Das Rot eines Ziegeldachs wird als das einer Flamme apperzipiert, das Zufallen der Tür klingt wie Kanonendonner.

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  65. Vgl. dazu Ernst Ribbat, Ludwig Tieck. Studien zur Konzeption und Praxis romantischer Poesie, Kronberg/Ts. 1978, S. 24 ff. Auf die Bedeutung des Abdallah fir Buchner haben Hans Winkler (Georg Büchners “Woyzeck”, Greifswald 1925, S. 171), zuletzt Ingrid Oesterle (Verbale Präsenz, S. 168, Anm. 2; S. 176, Anm. 26; S. 182 f; S. 190, Anm. 75) und - fir die gesamte Eingangsschilderung in Büchners Lenz - Michael Feldt (Ästhetik und Artistik, S. 306 1) hingewiesen.

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  66. So die die bisherigen Deutungen (Minders These vom “Verbildungsroman”) verschärfende Interpretation Ribbats, Ludwig Tieck, S. 27 f.

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  67. Vgl. ebd., S. 29, und den Hinweis Ribbats auf die spätaufklärerische Erfahrungsseelenkunde, ebd., S. 26.

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  68. Vgl. ebd., S. 29 f. Zum Prozeß der Internalisierung, in dem die problematische Subjektivität zum Träger des Unheimlichen wird, vgl. auch Müller-Dyes, Schauerroman und Ludwig Tieck, S. 34 f.

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  69. Im Vorbericht zur zweiten Lieferung der Schriften (Berlin 1828 ft) berichtet Tieck (TS VI, S. V ff): “Schon früh, in jener Zeit, wenn die meisten Menschen fast unbewußt ihrer Jugend froh genießen, führte mich mein Gemüth zu den ernstesten und finstersten Betrachtungen. Unbefriedigt von dem Unterrichte, den ich von Lehrern und Büchern erhielt, versenkte sich mein Geist in Abgründe, die zu durchirren und kennen zu lernen wohl nicht die Aufgabe unsers Lebens ist [...] In dieser geschilderten Sinnesart war schon früh die Erzählung ”Abdallah“ entworfen, selbst der Anfang niedergeschrieben worden.” Zit. nach Achim Hölter (Hg.), Ludwig Tieck. Schriften 1789–1791, Frankfurt/M. 1991 [= Ludwig Tieck. Schriften in zwölf Bänden, hg. v. Manfred Frank u.a., Bd. 1], S. 972 f. Ein anonymer Rezensent der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung (Nr. 162 vom 23. 5. 1797, Sp. 478 f) konstatiert: “Nicht allein aber die schrecklichen Visionen, sondern auch die fürchterlichen Begebenheiten geben dieser Erzählung ein finstres melancholisches Ansehn.” Zit. nach ebd., S. 985.

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  70. Abdallah, TS VIII, S. 68. Die gesamte Passage mit einleitender Schauernacht und Gang durchs Gewölbe hat I. Oesterle, Verbale Präsenz, S. 190, Anm. 75, als Beleg fir die Eingangsszene des Woyzeck angefihrt, Michael Feldt, Asthetik und Artistik, S. 306 f, fir die gesamte Anfangsschilderung des Lenz als “populäres” Bildinventar reklamiert, ohne die Einzelbezüge genauer zu explizieren.

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  71. Abdallah, TS VIII, S. 140. Kursive von mir, H. S.

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  72. Durch das zusätzliche Vorstellen des Modalverbes “können” schafft Büchner eine grammatisch inkongruente Konstruktion (die implizierten Sätze “Er konnte kaum atmen” und Er wagte kaum zu atmen“ werden zusammengezogen), die wie die Sequenz ”allein, ganz allein“ den Charakter einer mündlichen Aussagepräzisierung mimt, so, als ob die am inneren Geschehen des Protagonisten partizipierende Erzählerinstanz dessen Zuständlichkeit unmittelbar im Moment darzustellen bemüht ist. Damit gliedert Büchner Tiecks Formulierung seinem eigenen spezifischen erzählerischen Verfahren einer intensivierten szenischen Darstellung ein.

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  73. Damit gleicht Büchner die Trugwahrnehmung zugleich dem eigenen Inventar an Wortmotiven an: Schafft Lenzens Imagination in der Wintersturmsequenz aus dem Sturmwind Stimmen, die wie “fern verhallende Donner” (Stud. 5, 24) klingen, so tönt hier das “Biegen seines Fußes” “wie Donner”.

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  74. Irle, Büchners Lenz, S. 81.

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  75. Siehe Hasselbach, Lenz, S. 44.

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  76. Oberlin, Herr L, S. 35.

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  77. Es sei hier nochmals ausdrücklich darauf verwiesen, daß der Begriff der “Stimmung” im Kontext psychotischer Raumwahrnehmung nicht den ästhetischen, sondern den weiteren psychopathologischen Terminus meint, der im allgemeinen Sinne raumbezogene Affektqualitäten bezeichnet. Vgl. Binswanger, Raumproblem, S. 205 f.

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  78. Vgl. Stud. 27, 11 f: “[...] er hatte keinen Haß, keine Liebe, keine Hoffnung, eine schreckliche Leere und doch eine folternde Unruhe, sie auszufüllen.”

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  79. Jaspers schildert in seiner Allgemeinen Psychopathologie das Raumerleben eines Schizophrenen, das dem Leerheitserleben Lenz’ in der Schulhausstube sehr nahe kommt, gegenüber dem hier in der Finsternis absorbierten Leerraum indes den Unendlichkeitsaspekt prononciert hervorkehrt. Auch in Jaspers Beispiel entzündet sich die psychotische Wahrnehmungsanomalie einer bedrohlichen Raumunendlichkeit an dem begrenzten Interieur eines Zimmers und wird zugleich als Entsprechung eigener Leere und Verlassenheit empfunden: “Das Zimmer sah ich noch. Der Raum schien sich mir auszudehnen, ins Unendliche anzuwachsen, und war zugleich wie ausgeräumt. Ich fühlte mich verlassen, dem unendlich weiten Raum ausgeliefert, der trotz seiner Nichtigkeit drohend vor mir stand. Er war die Ergänzung meiner eigenen Leere.” Zit. nach Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, S. 69.

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  80. Vgl. Tellenbach, Räumlichkeit, II, S. 295: “Der leere Raum setzt sich in die innere Leere fort.”

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  81. Daß sich die melancholische “Entrückung” nicht allein an den präsenten Dingen der Umwelt wirksam zeigt, sondern ebenso die vorstellungshaft reproduzierten Erinnerungen verunklart, zeigt der Erlebnisbericht der depressiven Patientin Th. H. Tellenbachs. Sie kann eine Vorstellung “nur einen Augenblick erzeugen, dann ist sie wieder weg, ‘wieder davongeschwommen.’” Tellenbach, Räumlichkeit, I, S. 13.

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  82. Cotards Melancholiker sind “wirklich schmerzunempfindlich. Man kann sie stechen oder kneifen, ohne daß sie eine Schmerzempfindung äußern, und nicht selten erlebt man, wie sie sich selbst entsetzliche Selbstverstümmelungen zufügen.” Zit. nach Starobinski, Melancholie und Unsterblichkeitswahn, S. 66.

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  83. Vgl. unten Kap. III, 3.3.2.

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  84. Vgl. Tellenbach, Räumlichkeit, II, S. 291: “[...] das wahre und entsetzliche Wesen der Angst in der Depression ist ihre Gegenstandslosigkeit [...] Es ist nur zu verständlich, daß sich [...] dieser abgründig verängstigte und verzweifelte Mensch mit der unsäglichsten, flehentlichsten Mühe anzuklammern sucht, einen Halt sucht, bei allem, was er nur irgend erwischen kann E...]”.

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  85. Auf dieses temporale differentialdiagnostische Kriterium hat Wetzel, Weltuntergangserlebnis, S. 410, aufmerksam gemacht: Während sich die Unheimlichkeitsstimmung des Schizophrenen auf die Zukunft, auf eine kommende kosmische Katastrophe beziehe, erlebe der Melancholiker das Grauen vor dem Seienden, der Ode und Vernichtung des Gegenwärtigen.

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  86. Vgl. dazu die Passage nach der Katzenepisode: “ [...] er verwirrte sich ganz und dabei hatte er einen unendlichen Trieb, mit allem um ihn im Geist willkürlich umzugehen; die Natur, Menschen, nur Oberlin ausgenommen, alles traumartig, kalt [...]” (Stud. 27, 32–35)

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  87. Ich zitiere im folgenden unter der Sigle AR nach der Reclam-Ausgabe: Karl Philipp Moritz, Anton Reiser. Ein psychologischer Roman.Ait Textvarianten, Erläuterungen und einem Nachwort hg. v. Wolfgang Martens, Stuttgart’ 1980.

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  88. Vgl. Wolf Wucherpfennig, Versuch über einen aufgeklärten Melancholiker: zum Anton Reiser von Karl Philipp Moritz, in: Freiburger literaturpsychologisches Gespräch Folge 1, Frankfurt/M. 1981, S. 167. Zur kardinalen Melancholiethematik in Moritz’ Anton Reiser siehe außer Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 226–255, auch Völker, Muse Melancholie, S. 20–29.

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  89. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 226 ff.

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  90. Vgl. ebd., S. 228, S. 242 f und passim. Rekurriert Moritz zunächst auf die asketische Unter-drückung durch die Separatisten und den ihnen ergebenen Vater, so greift der Erfahrungsseelenkundler im weiteren Verlauf des Romans auf die “bürgerlichen Verhältnisse” und ihre Standesunterschiede aus (vgl. AR 366). Moritz fiihrt damit ein schon in der Aufklärung entwickeltes Erklärungsmuster fort: die Genese der Melancholie aus politischer Unfreiheit.

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  91. AR,S.16f.

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  92. AR, S. 108, S. 182 f, S. 196 f, S. 201 ff, S. 297, S. 297 ff. Vgl. bes. Völker, Muse Melan-cholie, S. 21 ff. Zur Verschränkung hermeneutisch-nachvollziehender und kritischer Betrachtung bei Moritz siehe Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 246 f.

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  93. Vgl. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 232, sowie Völker, Muse Melancholie, S. 22.

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  94. AR, S. 39; S. 87 ff; S. 28, S. 229 f; S. 29, S. 482.

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  95. Vgl. zur Rekurrenz der melancholischen Raumenge im erzählerischen Werk Moritz’: August Langen, Karl Philipp Moritz’ Weg zur symbolischen Dichtung, in: ZfdPh 81 (1962), S. 209 ff (zu Anton Reiser); S. 418 ff (zu Andreas Hartknopfs Predigerjahren.) Zur Kirchhofszene vgl. besonders Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 249 f.

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  96. Langen, Moritz’ Weg, S. 181.

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  97. Ebd., sowie S. 417 f zur Natursymbolik des Andreas Hartknopf.

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  98. Die von Tellenbach für die endogene Melancholie herausgearbeitete Phänomenologie der Entrückung soll im folgenden für die psychoreaktive Depression Reisers geltend gemacht werden. Zum prinzipiellen, wenn auch seltenen Auftreten solcher Raumerlebensstörungen bei reaktiven Melancholien vgl. ders., Gestalten der Melancholie, S. 12 zu Goethes Werther.

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  99. AR, S. 370: “ [...] die Raben fingen an zu krächzen, und zwei, die immer über seinem Kopfe hinflogen, schienen ihm das Geleite zu geben [...]”. Vgl. zu den Raben als Melancholieattributen: Haferkorn, Gotik und Ruine, S. 198 ff.

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  100. Zum herabdrückenden grauen Himmel als Motiv melancholischer Lyrik siehe Kahn, Melan-cholie in der deutschen Lyrik, S. 82. In Hölderlins Menons Klagen um Diotima heißt es etwa: “Ach! nichtig und leer, wie Gefängniswände, der Himmel/ Eine beugende Last über dem Haupte mir hängt Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke und Briefe, hg. v. Günter Mieth, Bd. 1, Darmstadt 51989, S. 268.

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  101. Langen, Moritz’ Weg, S. 209 f.

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  102. Ebd., S. 207 ff, bes. S. 209. Zur Bedeutung der optischen Metaphorik auf der Grundlage des modernen zentralperspektivischen Weltbildes für die aufklärerische Kultur vgl. ders., Rahmenschau.

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  103. Vgl. Karl Philipp Moritz, Grundlinien zu einer Gedankenperspektive, in: ders., Schriften zur Asthetik und Poetik, S. 124: “Das Entferntere scheint uns nur klein, in Vergleichung mit dem Nähern - oder, in so fern wir es uns, wie auf der Fläche eines Gemäldes, eben so nahe wie das Nähere denken; oder es mit dem Nähern gleichsam in eine Reihe stellen.” Diese im Medium des ersten Augenscheins oder des Gedankenexperiments herstellbare Kleinheit der entfernten Dinge durch flächenhafte Simultaneität des eigentlich Hintereinanderliegenden bezeichnet sehr genau die Erlebensrealität des melancholischen Raumverlusts. Kursive i. O.

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  104. Als “verwerflich(es)” Exempel drastischer, zum Schauder hin geöffneter Gartenkunst führt Hirschfeld die melancholische Anlage zu Denbigh in England an, deren einsames und finsteres

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  105. “Tal des Todes” mit seinen steinernen Särgen und Gerippen “Schauder” erregt. Hirschfeld, Theorie der Gartenkunst, Bd. IV, S. 87.

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  106. Zu den Ansätzen ästhetischer Entdeckung der Heidelandschaft in der Aufklärung vgl. Herbert Schwarzwälder, Reisebeschreibungen des 18. Jahrhunderts über Norddeutschland. Verfasser - Entwicklung - geistiger Standort, in: Wolfgang Griep; Hans-Wolf Jäger (Hg.), Reise und soziale Realität am Ende des 18. Jahrhunderts, Heidelberg 1983, S. 148 ff. Dennoch handelt es sich dabei eindeutig um Randphänomene des kollektiven Landschaftsgeschmacks. Vgl. unten Anm. 26 sowie Kap. III, 3.2.4 die abwertenden Bemerkungen Hirschfelds über das einförmige Heideland.

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  107. Karl Philipp Moritz, Andreas Harnknopf Eine Allegorie, 1786; Andreas Hartknopfs Prediger-jahre,1790; Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers, 1787. Faksimiledruck der Originalausgaben, hg. und mit einem Nachwort versehen von Hans Joachim Schrimpf, Stuttgart 1968. Im folgenden nach der Originalpaginierung zitiert als AHP. Zur Interpretation des Kapitels vgl. besonders Langen, Moritz’ Weg, S. 418 ff.

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  108. Vgl. zum innovativen Charakter des Motivs in der zeitgenössischen Gewitterdichtung Langen, Moritz’ Weg, S. 420.

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  109. Vgl. AR, S. 277. Die öde Topographie der “dürren Heide”, ergänzt um das fir Moritz charakteristische naßkalte Melancholikerwetter, bildet hier das räumliche Pendant für die tiefe Melancholie Reisers und die ihr entspringende Seelenlähmung.

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  110. Vgl. Watanabe-O’Kelly, Melancholie und melancholische Landschaft, S. 87.

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  111. Karl Philipp Moritz, der in seiner Berliner Zeit die märkische Heideregion kennenlernte, schreibt in seinem Reisejournal, daß sich solche Gegenden “auf eine traurige und unfreundliche Weise ähnlich” seien, “eine unabsehliche sandigte Fläche, mit dürrem Heidekraut, und hie und da mit niedrigem Gesträuch bewachsen - The Wilds immeasurable spread Seem lenghtening as I go.” Denkwürdigkeiten, 2. Vj., 1786, 237 f; zit. nach Langen, Moritz’ Weg, S. 194. Ebenso negativ wertet Goethe diesen Landschaftstyp am Ende der Kampagne in Frankreich, vgl. ebd. Wolfgang Grams hat den öden Wahrnehmungsraum Moritz’ auf einen wirtschaftsgeschichtlichen Sachverhalt zurückgeführt: die durch forstwirtschaftlichen Raubbau entstandene Holznot im späten 18. Jahrhundert. Grams “ökologische”, sich auf einen empirischen Faktizismus kaprizierende Auslegung unterschlägt aber mit der psychopathologischen die ganze psychologische, kosmologisch-theologische und moralphilosopische Dimension des leeren Raums in der Spätaufklärung. W. G., Karl Philipp Moritz. Eine Untersuchung zum Naturbegriff zwischen Aufklärung und Romantik, Opladen 1992, S. 179 ff.

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  112. Zum melancholischen Zukunftsverlust und seiner deformierenden Rückwirkung auf das Erleben der Vergangenheit siehe Straus, Zeiterleben in der endogenen Depression, S. 342 ff.

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  113. Vgl. Langen, Moritz’ Weg, S. 419.

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  114. Vgl. zum “Fichtenwald” -Kapitel der Predigerjahre Langen, Moritz’ Weg, S. 417 f. Moritz selbst wurde regelmäßig von solchen tiefmelancholischen “Periode(n) des unthätigen Mißvergnügens” geplagt, von denen Karl Friedrich Klischnigg, der Freund des Erfahrungsseelenkundlers in Berlin, in seiner Fortsetzung des Anton Reiser berichtet: K. F. K., Erinnerungen aus den zehn letzten Lebensjahren meines Freundes Anton Reiser. Als ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Herrn Hofrath Moritz, Berlin 1794, S. 18: “In solchen Augenblicken konnte er dann Tage lang sitzen, ohne Gedanken mit einer Feder auf dem Papier kritzeln, und sich selbst über diese Verschwendung der Zeit verabscheuen, ohne doch Kraft genug zur bessern Anwendung derselben zu haben.”

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  115. Es sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß Moritz das radikale Derealisationserlebnis Andreas Hartknopfs mit Formulierungen umschreibt, die an die des Lenz erinnern. Auch hier wird die wahnhafte melancholische Verneinung der gesamten Außenwelt mit dem Vokabular einer traumähnlichen Geistimmanenz der Realien beschrieben, als “rettungsloser Gedanke, alles sei nur sein [Lenz’, H. S.] Traum” (Stud. 9, 23), “als existiere er allein, als bestünde die Welt nur in seiner Einbildung, als sei nichts, als er” (Stud. 28, 2 f). Vgl. oben Kap. I, 2.4.2.

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  116. Vgl. bes. Langen, Moritz’ Weg, S. 174 ff.

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  117. Vgl. zum Typus des inkludenten Melancholikers Tellenbach, Gestalten der Melancholie, S. 10 ff. Über das melancholische Grundmotiv der Einschränkung dürfte sich nicht zuletzt die prononcierte Identifikation Reisers mit Goethes Werther herschreiben, den Tellenbach als literarisches Exempel der Inkludenz diskutiert. Nach Langens Hinweis auf die parallele Thematik der Einschränkung i24Goethes Jugendroman (Moritz’ Weg, S. 204) hat Schings (Melancholie und Aufklärung, S. 249) den Konnex der abendlichen Kirchhofszene mit dem “Werther-Motiv der Einschränkung” angedeutet.

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  118. Vgl. zur formalen Differenz der Hartknopf-Romane zum Anton Reiser und ihrer verlagerten literarischen Aussagequalität Schrimpf, Nachwort zu ders. (Hg.), Andreas Hartknopf; Andreas Hartknopfs Predigerjahre; Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers, S. 27 ff, bes. S. 29 f.

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  119. Langen, Moritz’ Weg, S. 422.

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  120. Vgl. Schrimpf, Nachwort, S. 30 f.

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  121. Zu Hartknopfs Wanderschaft nach Osten und der Bedeutung der ihr zuzuordnenden Sonnen-aufgangsmetaphorik vgl. ebd., S. 40 f.

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  122. Zur kosmologischen Dimension der finstermelancholischen Räume bei Moritz siehe Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 230. Schon Langen spricht von der “fast kosmischen Trauer” dieser Naturschilderungen. Langen, Moritz’ Weg, S. 181.

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  123. Riedel, Anthropologie des jungen Schiller, S. 156 ff.

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  124. Moritz, Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers, S. 16. Im folgenden zitiert als FG. Zum Umschlag optimistischer, affirmativer philosophischer Gedankengänge vgl. AR, S. 327 f (Reisers Gedicht über die Zufriedenheit, das “wieder in schwarze Melancholie” endet).

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  125. Zur melancholischen Metaphysik Moritz’ und ihrer Theodizeekritik vgl. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 240 f; 247 f, sowie Schrimpf, Nachwort, S. 5 ff. Zur sprunghaften, unter der Agide melancholischer Phantasie stehenden Reflexionsweise Moritz’ über “Sein”, “Zerstörung” und “Tod”, die schon sein Zeitgenosse Johann Heinrich Campe moniert, vgl. Thomas P. Saine, Die ästhetische Theodizee. Karl Philipp Moritz und die Philosophie des 18. Jahrhunderts, München 1971, S. 36 ff.

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  126. Vgl. AR, S. 94; AR, S. 269; AR, S. 449. In dem Aufsatz Die Unschuldswelt (in: Moritz, Schriften zur Asthetik und Poetik, S. 32) stellt Moritz der harmonischen Naturordnung die von “Verwirrung” und “Unordnung” geprägte “moralische Welt” der Menschen gegenüber.

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  127. Vgl. außer der Kirchhofsszene etwa die krisenhafte Erfahrung des Todes bei der Hinrichtung der “vier Missetäter” AR, S. 263 f: “Und wo blieb nun der Geist nach der Zerstörung und Zerstückelung des Körpers? [...J er dachte sich den übriggebliebenen und in der Luft herumfregenden Verstand des Menschen, der bald in seiner Vorstellungskraft zerflatterte. -”

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  128. Moritz, Die Unschuldswelt, S. 54. “Oder ist die Freiheit der endlichen Wesen nur anschei- nend? So wäre denn diß wunderbare Ganze eine aufgezogene Uhr, die von selber abläuft

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  129. Ebd., S. 56.

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  130. Moritz, Eine Yergleichung zwischen der physischen und der moralischen Welt, in: ders., Schriften zur Asthetik und Poetik, S. 32.

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  131. Popes Essay an Man wird die fir die nichtmenschliche Natur erprobte und gegen die orthodoxe Sündenstraftheologie erfolgreiche Entübelungsstrategie des ‘partial Evil, universal Good’ (Essay an Man) auf die gesellschaftliche Sphäre übertragen und ihre Ubel als notwendige Begleiterscheinungen eines gesetzmäßigen Systems sanktionieren: “The gen’ral ORDER, since the whole began,/ Is kept in Nature, and is kept in Man.” (Essay, I, 171–172) Vgl. Macklem, Anatomy of the World, S. 59 ff, bes. S. 61. Zur teleologischen Ausdeutung der moralischen Mala in der Aufklärung hin auf das gesellschaftliche Gesamtwohl oder den geschichtlichen Fortschritt siehe auch Odo Marquard, Art. Malum, Einführung und Überblick, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 5, Darmstadt 1980, Sp. 654 f.

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  132. AR, S. 277 f. Vgl. auch Reisers autotherapeutisches Gedicht “Der Gottesleugner” (AR, S. 306), das ihn von dem “schrecklichen Abgrund(e) des blinden Ohngefährs, an dessen Rande er schon stand”, mit “Schaudern und Entsetzen” zurückbeben läßt. Zu den metaphysischen Negationen der tiefen Melancholie Reisers zählen auch seine “Gotteslästerungen”. Vgl. AR, S. 257.

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  133. Moritz, Die Unschuldswelt, S. 54. Vgl. Karl S. Guthke, Die Mythologie der entgötterten Welt. Ein literarisches Thema von der Aufklärung bis zur Gegenwart, Göttingen 1971.

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  134. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 248. Zu Moritz und den Wurzeln des Weltschmerzes im 18. Jahrhundert vgl. William Rose, Die Anfänge des Weltschmerzes in der deutschen Literatur, in: GRM XII (1924), S. 140–155, hier bes. S. 150 ff.

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  135. Ritter, Landschaft, S. 159, Anm. 57 (S. 182).

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  136. Ebd., S. 147, Anm. 28 (S. 176): “Die fortwirkende Mächtigkeit der metaphysischen Tradition im Felde des Ästhetischen und die Umsetzung ihrer Begriffe in eine ästhetisch vermittelte Gegenwart schließen die Bewegung ein, in welcher das, was ästhetisch die Gegenwart des metaphysischen und theologischen Gegenstandes vermittelt, dann auch im dialektischen Umschlag zur Sichtbarkeit seiner Abwesenheit werden kann.” Diese theoretisch von Ritter ins Auge gefaßte und an Baudelaires Paysage und L’Irr¨¦parable exemplifizierte metaphysische Umkehrpotenz des Naturraums soll hier für die poetische Evokation nichtästhetischer Melancholiieräume reklamiert werden.

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  137. Auch Langen (Moritz’ Weg, S. 419 f) begreift die Szene als Kontrafaktur eines spezifischen landschaftlichen Blicks: “Der Blick von der Höhe des Krainbergs, eine panoramahafte Umschau also, die im Sturm und Drang und in der Romantik zum Sinnbild des Unendlichkeitsstrebens und eines oft hymnisch gesteigerten, euphorischen Lebensgefiihls wird, besitzt hier einen rein negativen Symbolwert, es zeigt dem Einsamen das öde Gefängnis seiner irdischen Tage.”

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  138. Moritz, Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei, Berlin 1793, S. 4 f.

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  139. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 245, S. 248. Einige der philosophischen Skizzen Moritz’ lassen diese Strategie, die Zweifel am harmonischen Weltganzen psychologisch durch die Melancholiediagnose zu relativieren, im Titel erkennen. Der kleine Aufsatz Gegenwart und Vergangenheit ist etwa untertitelt: Sonderbare Zweifel und Trostgründe eines hypochondrischen Metaphysikers. Vgl. Moritz, Schriften zur Ästhetik und Poetik, S. 57 ff.

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  140. Vgl. dazu bes. Saine, Die ästhetische Theodizee, S. 64 f.

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  141. Vgl. hierzu Saine, Die ästhetische Theodizee, S. 65 ff, der zu Recht (S. 67) auf Shaftesbury als Inaugurator der ästhetischen Theodizee verweist.

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  142. Schrimpf, Nachwort, S. 25. Zu den Fragmenten vgl. ebd., S. 46 ff. Zur Wirkung des Konzepts der “anschauenden Erkenntnis” auf die im folgenden zitierten Passagen des Geistersehers vgl. Saine, Die ästhetische Theodizee, S. 66 ff.

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  143. Zur prinzipiellen epistemologischen Bedeutung der überblickshaften und konzentrativen Simultanwahrnehmung bei Moritz vgl. Grams, Karl Philipp Moritz,-S. 66 ff. Siehe dazu auch die entscheidenden Ausfiihrungen Moritz’ in seiner Abhandlung Ober die bildende Nachahmung des Schönen, die das Kunstwerk als “Abglanz des höchsten Schönen im verfüngenden Maaßstabe” begreift: Moritz, Schriften zur Ästhetik und Poetik, S. 63 ff, bes. S. 71 f, S. 76 f. Zu den Ursprüngen dieser kunsttheoretischen Reflexionen in Moritz’ Landschaftserlebnis vgl. insbesondere Jan Wolter, Ästhetisches Naturerlebnis und Theorie des Schönen bei Karl Philipp Moritz, in: ZfdPh 97 (1978), S. 585–616, bes. S. 606 ff.

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  144. Zu Recht hat Wolfgang Grams (Karl Philipp Moritz, S. 135 ff) die zentrale pädagogische und gesellschaftsreformistische Bedeutung des ästhetischen Dialogs mit der Natur als Lehrerin bei Moritz hervorgehoben. Grams moderne Auslegung auf ein gewaltfreies “dialogisches” Verhältnis von Natur und Mensch hin (ebd., S. 136) übersieht aber völlig die auf Shaftesbury zurückreichende Tradition moralistischer Naturdichtung und ihr zentrales Theorem der freien, gesprächshaften Unterrichtung durch die Natur. Vgl. dazu Wolff, Shaftesbury, S. 87 ff, bes. S. 112 ff. Moritz’ pädagogische Umsetzung des moralistischen Konzepts ästhetischer Bildung durch die schöne Natur kann deshalb kaum als “historisch Ungewöhnliche(s)” (ebd., S. 150) gewürdigt werden.

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  145. Zur moralistischen Naturdichtung vgl. Kap. II, 4.3.2.1.

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  146. Spectator 477, zit. nach Possin, Natur und Landschaft, S. 75: “It [der Naturgarten, H. S.] is naturally apt to fill the Mind with Calmness and Tranquillity, and to lay all its turbulent Passions at rest. It gives us a great insight into the Contnvance and Wisdom of Providence, and suggests innumerable Subjects for Meditation. I cannot but think the very Complacency and Satisfaction which a Man takes in these Works of Nature to be a laudible, if not virtuos, Habit of Mind.”

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  147. Specs. 525, zit. nach Possin, Natur und Landschaft, S. 73.

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  148. Spect.411, Essays, ed. Gillman, S. 482.

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  149. Omasreiter, Naturwissenschaft und Literaturkritik, S. 57.

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  150. Vgl. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 45 f, 212 f und passim.

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  151. Vgl. Omasreiter, Naturwissenschaft und Literaturkritik, S. 56. Addison führt seine therapeutischen Uberlegungen auf Bacons Essay upon Health zurück (Specs. 411, Essays, ed. Gillman, S. 482).

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  152. Michael von Loan, Von den Mitteln die Gesundheit zu erhalten, in: Des Herrn von Loen gesammlete kleine Schriften, hg. v. J. B. Müller, Bd. IV, Frankfurt/ Leipzig 1752, S. 175. Zu Loan vgl. Busse, Der Hypochondrist, S. 110 f. Auch Cheynes English Malady (1733) empfiehlt die Flucht aus der lasterhaften Stadt in die Segnungen des mäßigen Landlebens als Therapeutikum gegen die Melancholie. Starobinski, Geschichte der Melancholiebehandlung von den Anfängen bis 1900, Basel 1960, S. 76.

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  153. Hirschfeld, Das Landleben, S. 198 f. Zur diätetischen, physiologische wie ästhetische Einflüsse umfassenden Wirkung des Landlebens auf die Gesundheit vgl. ebd., S. 85 ff, sowie S. 177 ff.

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  154. Vgl. Starobinski, Geschichte der Melancholiebehandlung, S. 76. Pinels Melancholieartikel für dieEncyclop¨¦die m¨¦thodique, Serie M¨¦decine, Bd. 9, 2. Teil von 1816, zitiert dieses therapeutische Verhältnis der Reise zur Melancholie als Bestand des Allgemeinwissens: “Man weiß, daß Reisen für Engländer die geeignetsten Mittel sind, wenn sie ihre düstere Melancholie loswerden wollen.” Zit. nach ebd.

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  155. A. M. von Thümmel’s scimmtliche Werke, Vierter Band, Leipzig 1853, S. 228 ff (Kursive im Zitat i. O. gesperrt.) Vgl. dazu Busse, Der Hypochondrist, S. 136 ff, der den Aspekt der Heilung durch die schöne Natur aber nur pauschal erwähnt.

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  156. Zum hedonistischen Prinzip der Landschaftswahrnehmung bei Thümmel und ihren epikureisch-deistischen Hintergrund vgl. Sauder, Der reisende Epikureer, S. 93 ff, bes. S. 113 f zu den Sonnental-Episoden.

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  157. L. F. Calmeil, Art. Lyp¨¦manie, im Dictionnaire encyclop¨¦dique des sciences m¨¦dicales, 2. Serie, Bd. 3, Paris 1870, zit. nach Starobinski, Geschichte der Melancholiebehandlung, S. 78.

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  158. Ebd., S. 79.

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  159. Vgl. FG, S. 2: Der “arme Hirt” aus dem Dorfe lerne mit “jedem Blick, womit er Wiese und Berg und Thal umfaßt, und dann wieder sein Auge auf ein kleines goldenes Würmchen fallen läßt, daß unter Kräutern und Blumen lebt, das Ganze mit Rücksicht auf das Einzelne und das Einzelne mit Rücksicht auf das Ganze betrachten”.

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  160. Vgl. zu den zuvor im Text angefiihrten Zitaten ebd., S. 7: “Als ich gestern dieses Anblicks eine halbe Stunde lang genossen hatte, da erheiterte sich meine trübe Seele wieder - mein Blick wurde freier - meine Brust athmete leichter - so will ich denn öfter zu diesem Anblick meine Zuflucht nehmen [...] Und was war mein Kummer? - war er nicht eben in dieser Verstimmung meiner Phantasie gegründet, die der feste Anblick der mich umgebenden Natur wieder heilte.”

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  161. Auf die zentrale therapeutische Bedeutung des ästhetischen Natur- und Landschaftserlebnisses in den Hartknopf-Romanen (vgl. bes. AH, S. 126 f) als Gegenpol zu den diskutierten melancholischen Entriickungen kann hier nicht mehr eingegangen werden. Summarisch sei auf die Arbeiten Langens, Moritz’ Weg, S. 184 ff, S. 402 ff und Grams, Moritz, S. 153 ff verwiesen.

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  162. Vgl. dazu bes. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 250 f.

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  163. Kant, Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen KW II, S. 834. Vgl. oben Kap. II, 4.3.2.1.

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  164. Die therapeutische und kompensatorische Funktion der Flucht in Natur und Einsamkeit faßt auch das Titelkupfer des dritten Teils des Anton Reiser ins Bild, auf dem der Wanderer in der freien Landschaft auf die entfernten Türme Hannovers blickt. Vgl. Langen, Moritz’ Weg, S. 201.

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  165. Nach F.J. Schneider, Utopie und Landschaft, hat auch Grams (Moritz, S. 121–134) gegen die pauschale Kompensationsthese prinzipiell und mit dem Blick auf Moritz die Sozialität der auf einsamen Spaziergängen *enossenen schönen Natur unterstrichen. Vgl. etwa zur moralistischen Vermittlung von einsamem Naturgenuß, sittlicher Bildung und Gotteserfahrung die Beiträge zur Philosophie des Lebens S. 158 (Langen, Moritz’ Weg, S. 200), in denen Moritz konstatiert, daß ein einsamer Abendspaziergang “mehr reizendes” für den Menschen habe als “die Gesellschaft unsrer vertrautesten Freunde”, weil beim Anblick der “herrlichen Schönheiten der Natur” das Herz sich “erweitere”, “gute Entschließungen” in uns geweckt würden, “bis wir zuletzt in froher Anbetung und Dankbarkeit gegen den Schöpfer unsres Wesens zerfließen.”

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  166. Grams, Moritz, S. 134 f.

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  167. Vgl. dazu ebd., S. 76 ff, bes. S. 81.

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  168. Vgl. dazu das sanftmelancholische Tableau einer Abendlandschaft in Moritz’ Denkwürdigkeiten zit. ebd., S. 78.

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  169. Auch Moritz’ Anton Reiser kontrastiert die melancholische Enge mit der Vorstellung einer wahrscheinlich aus Rousseaus Sensualismus gespeisten kindlich-glückhaften Einschränkung. Vgl. AR, S. 37: “Wie groß ist die Seligkeit der Einschränkung, die wir doch aus allen Kräften zu fliehen suchen! [...] Auf dem kleinen Dorfe war die Welt ihm schön, aber hinter den blauen Bergen, nach welchem er immer sehnsuchtsvoll blickte, warteten schon die Leiden auf ihn [Anton Reiser, H. S.), die die Jahre seiner Kindheit vergällen sollten.” Zu Rousseaus sensualistischen Reflexionen über das Glück der Einschränkung vgl. Gerhard C. Gerhardi, HORTUS CLAUSUS: Funktionen der Landschaft bei Jean-Jacques Rousseau, in: Zeitschrift fir Asthetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, 28/1 (1983), S. 34–61, sowie Georges Poulet, Metamorphosen des Kreises in der Dichtung, Frankfurt/M./Berlin/Wien 1985, S. 103124.

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  170. Zur zentralen biographischen Bedeutung ästhetischen Naturgenusses fir Moritz auf seinen Reisen vgl. Wolter, Asthetisches Naturerlebnis, S. 604 ff.

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  171. Völker, Muse Melancholie, S. 27 f.

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  172. AR, S. 277. Zum Umschlag sanftmelancholischer und tugendhafter, durch die Landschaft erweckter Empfindungen in den düstermelancholischen Lebensüberdruß siehe auch AR, S. 235.

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  173. Hierzu Langen, Moritz’ Weg, S...187 ff.

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  174. Vgl. AR, S. 155. Dazu Wolter, Asthetisches Naturerlebnis, S. 588 f.

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  175. Zum Guckkasten als aufklärerischem Modell visueller Wahrnehmung vgl. bes. Langen, Anschauungsformen, S. 31 ff. Zur ästhetisierenden Funktion der Guckkastenmetapher in der besprochenen Szene siehe Wolter, Ästhetisches Naturerlebnis, S. 591 f.

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  176. Reiser hat zur gleichen Zeit genug Gelegenheit“ ”beständig Ideen“ fir ”einen Aufsatz über die Liebe zum Romanhaften“ zu sammeln (AR, S. 291), der die Vorstufe der späteren, in Erfurt angegangenen Abhandlung über die falsche Empfindsamkeit (AR, S. 466) darstellt.

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  177. Vgl. zu Schiller oben Kap. II, 4.4. Zum sinnlichen-imaginativen Überhang in Reisers Naturgenuß am Wiesenplatz siehe auch AR, S. 283: “An diesem Bache verträumte er manche glückliche Stunde seines Lebens.” Ich befinde mich damit im Gegensatz zu Wolter (Asihetisches Naturverhältnis, S. 598 t), der den reflexionslosen Naturgenuß Reisers als Indiz echter Empfindsamkeit auslegt.

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  178. Im unmittelbaren Anschluß an die zitierte Passage heißt es: “[...] dann verlor er sich in dem naheliegenden niedrigen Gebüsch [...] wo er denn beim Geräusch des nahen Wasserfalls sich entweder in angenehmen Phantasien wiegte, oder las.” (AR, S. 291)

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  179. Vgl. zum Dilettantismusproblem außer den Ausfiihrungen Langens (Moritz’ Weg, S. 187 ff) den Aufsatz H. Rudolf Vagets: Das Bild des Dilettanten bei Moritz, Schiller und Goethe, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1970, S. 1–31.

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  180. Büchner an Gutzkow, Straßburg 1836, HA II S. 455.

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  181. W. H. Riel konstatiert 1850 an den Rheinveduten und ihren ins Hochgebirgshafte stilisierten Bildobjekten den zum Erhabenen disponierten Blick des “ganzen Publikums”, der sich markant von dem an Claude Lorrain geschulten Landschaftsgeschmack der Vätergeneration unterscheide. W. H. R., Das landschaftliche Auge, S. 58, S. 62.

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  182. K. E. Franzos, Einleitung zu ders. (Hg.), Georg Büchner’s Sdmmtliche Werke S. XXXIV.

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  183. Ludwig Büchner, Einleitung zu: Nachgelassene Schriften von Georg Büchner [hg. v. Ludwig Büchner], Frankfurt am Main 1850, S. 2. Uber die von Ludwig erwähnten Wanderungen in den Schwarzwald und den Jura sind sonst keine biographischen Zeugnisse bekannt. Vgl. Dedner (Hg.), Der widerständige Klassiker, S. 108, Anm. 10.

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  184. HA II S. 449.

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  185. Ebd., S. 418 ff.

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  186. Vgl. die Wiedergabe des Briefes bei Hauschild, Büchner, S. 381 ff.

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  187. Vgl. die ebd., S. 382, Anm. 17 zitierten Äußerungen des Universitätsrektors von Löw und Gerold Meyers.

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  188. Ebd., S. 383. Lüning glossiert Büchners Gleichsetzung lakonisch: “ [...] daran mochten wohl zum Theil ein paar Leber Augen mit beitragen, die das Land, dem sie angehörten, in verklärendem Schimmer erschienen ließen.”

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  189. HA II, S. 450 f. Zum landschaftlichen Alpentourismus seit Mitte des 18. Jahrhunderts val. Peter Faessler, Reiseziel Schweiz. Zwischen Idylle und “großer Natur”, in: Hermann Baumger, Klaus Beyrer, Gottfried Korff (Hg.), Von der Pilgerfahrt zum modernen Tourismus, München 1991, S. 243–248.

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  190. An Adolph Stöber, Straßburg, 3. Nov. 1832, in: Georg Büchner, Werfe und Briefe. Münchner Ausgabe, hg. v. Karl Pörnbacher, Gerhard Schaub u.a., München 1990, S. 277.

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  191. Vgl. Mayer, Büchner-Chronik, S. 368.

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  192. HAIIS.421.

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  193. Ebd., S. 425.

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  194. Der eine der beiden von Jan-Christoph Hauschild aufgefundenen Büchnerbriefe an den Straß-burger Großonkel Edouard Reuß (Darmstadt, 31. August 1833) macht die “furchtbar, kolossal, langweiligen Umgebungen” der Darmstädter Gesellschaft ironisch vorstellig als erhabene Exotik der “Wüste”: “Es ist etwas großartiges in dieser Wüstenei, die Wüste Sahara in allen Köpfen und Herzen.” (zit. nach Hauschild, Georg Büchner, S. 311).

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  195. Wilhelm Schulz über: Nachgelassene Schriften von G. Büchner, S. 65. Vgl. ebd. S. 101 f die Erläuterung Walter Grabs zur revolutionären und zivilisationskritischen Afrika- und Beduinenexotik etwa Freiligraths im Vormärz.

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  196. Vgl. Irle, Büchners “Lenz”, S. 76; Jancke, Georg Büchner, S. 245; Gödtel, Büchners “Lenz”, S. 37. Dagegen hat sie in der Beeck, Büchner als Psychopathologe, in seiner oberflächlichen Zusammenstellung der “psychopathologische(n) Zustandsschilderungen” in Büchners Lenz übergangen.

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  197. So berichtet ein Schizophrener von einer seiner euphorischen Weltuntergangsvisionen: “Wiederum ein anderes Mal hatte ich das Gefühl, als ob ich selbst zur Seligkeit heraufgezogen werden würde; ich hatte dann gleichsam von den Höhen des Himmels herab unter einem blauen Gewölbe die ganze Erde unter mir, ein Bild von unvergleichlicher Pracht und Schönheit.” Zit. nach Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, S. 248. Allgemein zur Klinik pathologischer Glückszustânde vgl. Willy Mayer, Zur Phänomenologie abnormer Glücksgefiihle, in: Zeitschrift für Pathopsychologie 2 (1914), S. 588–610.

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  198. Vgl. Thieberger, Lenz lesend, S. 53 ff, bes. S. 56 f.

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  199. Vgl. Roy Pascal, Büchner’s Lenz - Style and Message, in: Oxford German Studies 9 (1978), S. 78. Ubereinstimmend zur Erzählperspektive: Thieberger, Lenz lesend, S. 53 f; Hasselbach, Lenz, S. 58 f.

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  200. Hasselbach, Lenz, S. 59.

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  201. Jaspers, Gesammelte Schriften zur Psychopathologie, S. 260 ff; hier bes. die Def. S. 260 f; zur Halluzination S. 267.

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  202. J. W. Goethe, Schriften zur Geologie, Mineralogie und Meteorologie. Mit einem Nachwort von Hans Fischer, München 1963, S. 186 f in Anspielung auf die unten zitierte berühmte Passage aus Leonardos Malertraktat.

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  203. Zu Leonardos revolutionärer, auf dem Imaginationsinzitament gegründeter Inventionstechnik vgl. besonders Ernst H. Gombrich, Die Kompositionsmethode Leonardos, in: ders., Kunst der Renaissance I, S. 79–86, sowie Holländer, Landschaftsmalerei, S. 196. Zum traditionellen Anteil des Phantastisch-Willkürlichen in der Landschaftsmalerei: Gombrich, Entstehung der Landschaftsmalerei, bes. S. 151 f und 154; Holländer, Landschaftsmalerei, S. 189, S. 196, Anm. 23.

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  204. Zum Begriff vgl. Willy Hellpach, Geopsyche, S. 176 f.

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  205. Vgl. Klapproth, Die abenteuerliche Landschaft, S. 13, Anm. 17 und bes. S. 54 ff.

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  206. Thomas Burnets Geologie zeigt schon am Ende des 17. Jahrhunderts ästhetisches Gefallen an den “natural curiosities”, den “lusus naturae” unterirdischer Grotten (vgl. Aubin, Grottoes, S. 410, Anm. 22). Addisons Pleasures of the Imagination von 1713 (Spect. 414, Essays ed. Gillman, S. 492) würdigen das Vergnügen an “those accidental landscapes of trees, clouds, and cities, that are sometimes found in the veins of marble; in the curious fret-work of rocks and grottos”.

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  207. Alexander Cozens, A New Method of assisting the invention in drawing original Compositions of Landscape (1785), In: A. P. Opp¨¦, Alexander and Robert Cozens, London 1952, S. 165 ff, hier S. 168 mit dem Hinweis auf Leonardo; Jacek Wozniakowski, Die Wildnis. Zur Deutungsgeschichte des Berges in der europäischen Neuzeit, Frankfurt/M. 1987, S. 298 ff.

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  208. Vgl. Die Ausführungen Günter Oesterles, E.T.A. Hoffmann: Des Vetters Eckfenster. Zur Historisierung ästhetischer Wahrnehmung oder Der kalkulierte romantische Rückgriff auf Sehmuster der Aufklärung, in: Der Deutschunterricht, 39 (1987) H. 1 Romantik, S. 97 f.

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  209. Die Tradition einer in der Romantik kulminierenden Aufwertung des Subjektiven im Landschaftserleben, der “willkürlich” aus natürlichen Chaosformen imaginierten Formen hat ihren ebenso mächtigen Widerpart in einer organizistischen Tradition des Naturschönen, die Shaf-tesbu s gegen den antiken Atomismus gerichtetes Willkürverdikt (Die Moralisten, II 4, S. 106 ft) mit Kant und der Klassik Schillers und Goethes verbindet. Ihre Aussonderung des Zufälligen stellt die Landschaftsmalerei ebenso wie die Gärtnerei unter das Prinzip des objektiven, notwendigen, naturgesetzhaften Zusammenhangs ihrer natürlichen Objekte und befehdet die aus ihrer Sicht produktionsästhetisch verwerfliche, weil auf dem unwägbar Schöpferischen beruhende romantische Landschaftstheorie im Zeichen des Dilettantismus. Vgl. Gerndt, Idealisierte Natur, S. 129 ff.

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  210. Siehe den Aufsatz von Walter Münz, Ludwig Tieck: Der blonde Eckbert/ Der Runenberg (1797/1804), in: Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts, Interpretationen, Bd. 1, Stuttgart 1988, S. 7–59, hier bes. S. 37 ff.

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  211. So die Interpretation Thiebergers, Lenz lesend, S. 53 f.

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  212. Vgl. zu diesem Typ der Illusion: Jaspers, Gesammelte Schriften zur Psychopathologie, S. 261.

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  213. Immanuel Kant, Versuch über die Krankheiten des Kopfes KW II, S. 894. Die folgenden Zitate ebd.

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  214. Vgl. Jaspers, Gesammelte Schriften zur Psychopathologie, S. 262.

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  215. Ebd., S. 894 f. Kursive von mir, H. S.

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  216. Ich befinde mich damit in dezidiertem Gegensatz zu Roy Pascals Interpretation der Illusionen als “interpretative images” einer gerade das Pathologische hinter sich lassenden “clarification of understanding”: “All these images bear witness not to the earlier dreamy, alienated state of mind, but to vivid perception and lively imagination [...] Neither Lenz’s senses nor his mental faculties are now confused or dull”, Pascal, Büchner’s Lenz S. 78 f.

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  217. Leonce und Lena II, 2 (HA I, S. 122): “Leonce. [...] - Welch unheimlicher Abend. Da unten ist Alles still und da oben wechseln und ziehen die Wolken und der Sonnenschein geht und kommt wieder. Sieh, was seltsame Gestalten sich dort jagen, sieh die langen weißen Schatten mit den entsetzlich magern Beinen und Fledermausschwingen und Alles so rasch, so wirr und da unten rührt sich kein Blatt, kein Halm. Die Erde hat sich ängstlich zusammengeschmiegt, wie ein Kind und über ihre Wiege schreiten die Gespenster.”

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  218. Starobinski, Melancholie und Unsterblichkeitswahn, S. 79 über analoge Projektionsphänomene bei Baudelaire.

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  219. Schillers Kontemplativerhabenes begreift neben den Privationen auch das die Phantasie imitierende “Unbestimmte” ein: “Auch das unbestimmte ist ein Ingrediens des Schrecklichen, und aus keinem andern Grunde, als weil es der Einbildungskraft Freyheit gibt, das Bild nach ih- rem eigenen Gutdünken auszumahlen. Das bestimmte hingegen fiihrt zu deutlicher Erkenntniß und entzieht den Gegenstand dem willkührlichen Spiel der Phantasie, indem es ihn dem Verstand unterwirft. Homers Darstellung der Unterwelt wird eben dadurch, daß sie gleichsam in einem Nebel schwimmt desto furchtbarer, und die Geistergestalten im Oßian sind nichts als luftige Wolkengebilde, denen die Phantasie nach Willkür den Umriß gibt.” Schiller, Vom Erhabenen NA XXI, S. 191.

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  220. Vgl. die zutreffende Qualifizierung der Eindrücke bei Thieberger, Lenz lesend, S. 55. Sie erweckten “im Menschen das Bewußtsein seiner Nichtigkeit”; selbst die positiven Elemente hätten “etwas Gewaltig-Einschüchterndes an sich.”

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  221. Abdallah TS VIII, S. 68 f. Val. die theoretische Vorgabe in Burkes Enquiry II, 17 (Ton und Lärm): “Das Geräusch gewaltiger Wasserfälle und tosender Stürme, das Dröhnen von Gewittern oder Geschützen erweckt im Gemüt eine Empfindung von Großem und Furchtbarem”, sowie II, 18 (Plötzlichkeit): “Das plötzliche Anfangen oder Aufhören eines Tons von irgendwie beträchtlicher Stärke hat dieselbe Macht”, und II, 19 (Unterbrechung): “Auch ein leiser, zitternder, laufend unterbrochener Ton kann Erhabenes hervorbringen”. Burke, Vom Erhabenen und Schönen S. 120 ff.

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  222. Im Anschluß an die Titelgebung in den von Rudolf Köpke herausgegebenen Nachgelassenen Schriften Tiecks von 1855 und in Thalmanns vierbändiger Tieck-Ausgabe wird das Schlußkapitel im folgenden als “Ryno” zitiert.

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  223. Müller-Dyes, Schauerroman und Tieck, S. 105 f.

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  224. TW I, S. 18.

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  225. Vgl. dazu Hans Holländer, Zur phantastischen Architektur, in: Christian W. Thomsen; Jens Malte Fischer (Hg.), Phantastik in Literatur und Kunst, Darmstadt 1985, S. 417. Vgl. auch in Tiecks Schicksalstragödie Karl von Berneck (1795) das Zusammenspiel von Angstdisposition, Privation resp. malerischer Meteorologie und Schreckillusion im Verhalten Mathildes am dies fatalis (TS XI, S. 53 f): “Mathilde. Aber laßt mich. Seht, mir wird hier eiskalt - Hört Ihr nichts gehn, nicht schleichen? Leopold: Nichts, meine Liebe. Mathilde: Ich sehe Gesichter an den Wänden, die Mondstrahlen flimmern hin und wieder und flechten entsetzliche Gebilde zusammen.”

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  226. Schiller, Über das Erhabene NA XXI, S. 42.

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  227. Vgl. Bodmer, Critische Betrachtungen über die poetischen Gemählde der Dichter (1741), Reprint Frankfurt/ M. 1971, S. 231: “Man weiß ohne dem, wie nahe das Ergetzen und der Schmertze mit einander verwandt sind, also daß der höchste Grad des Ergetzens, wenn er nur einen Grad steiget, sich in Schmerzen verwandelt t...]”. Zur allgemeinen theoretischen Akzeptanz der schon in Platons Phädon diskutierten, von Descartes in seinem Traktat Les Passions de L’Ame (1649) psychophysiologisch gedeuteten Korrelation von Schmerz und Lust in der Frühaufklärung vgl. Zelle, Angenehmes Grauen, S. 119 und die Anm. 19 ebd.

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  228. Vgl. bes. das im folgenden Exkurs (“Psychologie des Unendlichen”) diskutierte Entgren-zungserlebnis aus Jean Pauls Titan: “Das stolze Weltall hatte seine große Brust schmerzlich ausgedehnt und dann selig überfüllt.”

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  229. Hirschfelds Theorie der Gartenkunst (Bd. I, S. 196) zitiert im Zusammenhang der “erhabensten und mächtigsten Bewegungen”, die “die Gebirge auf ihrem Gipfel” (ebd., S. 194) gewähren, aus dem 13. Brief der Physisch-moralischen Briefe über die Berge de Lucs (1778) die Schilderung eines enthusiastischen Gipfelblick-Erlebnisses. Die herrliche Aussicht auf dem Berg von Chaumont bei Neufchatel löst bei “Mademoiselle S.” heftiges Atmen und Tränen aus.

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  230. Pseudo-Longin, Vom Erhabenen S. 39 (7, 2): “Denn von Natur wird unsere Seele vom wirklich Erhabenen emporgetragen, sie empfängt einen freudigen Auftrieb und wird erfüllt von Lust und Stolz, als habe sie, was sie hörte, selber erzeugt.” Vgl. zur ästhetischen Mimesis im Erhabenen: Lehmann, Das Erhabene, S. 754 f, sowie Claudia Henn, Simplizität, Naivetät, Einfalt. Studien zur ästhetischen Terminologie in Frankreich und in Deutschland 1674–1771, Zürich 1974, S. 14 f, die das gleiche Phänomen terminologisch als “Empfinden der Kongenialität” faßt.

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  231. Poenicke, Geschichte der Angst ?, S. 85.

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  232. Vischer, Ober das Erhabene S. 155. Vgl. dazu Lehmann, Das Erhabene, S. 757 f.

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  233. Vgl. Nicolson, Mountain Gloom, S. 136 f.

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  234. J. J. Bodmer, Critische Betrachtungen S. 212 f.

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  235. In Henry Mores Democritus Platonissans, Or the Infinitie of Worlds (1646) heißt es etwa: “An inward triumph Both my soul up-heave/ And spread abroad through endlesse ‘spers¨¦d air./ My nimble mind this clammie cloth doth leave,/ And lightly stepping as from starre to starre/ Swifter than ligthning, passeth wide and farce/ Measuring th’ unbounded Heaven and wasteful skie [...]”. More, Complete Poems, ed. Grosart, S. 91.

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  236. Vgl. Waldemar Zacharasiewicz, Die “Cosmic Voyage” und die “Excursion” in der englischen Dichtung des 17. und 18. Jahrhunderts, Wien 1969, bes. S. 13 ff zur modernen Astronomie als naturwissenschaftlicher Voraussetzung der fiktiven literarischen Weltraumfahrten.

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  237. Addison, Pleasures of the Imagination X (Spect. 420 S. 517 f.

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  238. Brockes, Auszug S. 115. Vgl. zur Bedeutung des aus der neuen Astronomie gespeisten Ernebungs- und Flugmotivs fir die Physikotheologie und seine Weiterentwicklung als Metapher des lyrischen Affekts in der Ode vgl. Karl Richter, Literatur und Naturwissenschaft, S. 170 ff, sowie ders., Die kopernikanische Wende, S. 136 ff.

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  239. Vgl. Zacharasiewicz, Cosmic Yoyage, S. 62 ff und S. 99 ff zu Shaftesburys Moralists.

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  240. Addison, Pleasures of the Imagination II (Spect. 412) S. 484.

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  241. Vgl. Bodmer, Critische Betrachtungen S. 212, der den ersten Teil der oben zitierten Passage auf deutsch ohne Angabe seines Gewährsmannes wiedergibt, und Hirschfeld, Landleben S. 72 f. Die zweite Ausgabe des Landlebens von 1767 lehnt sich noch enger an Addisons Spectator-Essay 412 an.

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  242. Ernst Moritz Arndt, Bruchstücke einer Reise von Baireuth bis Wien im Sommer 1798 Leipzig 1801, S. 158 f.

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  243. Hirschfeld, Landleben S. 73, spricht etwa hinsichtlich weiter Aussichten und ihrer in der Ferne nur teilweise zu erkennenden Objekten von dem “Vergnügen, da fortzudenken, wo der Blick nichts mehr findet.”

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  244. Jean Paul, Titan, JPW 3, S. 22.

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  245. Vgl. zum intratextuellen Stellenwert des sublimen Gipfelblicks und der kritischen Relativierung seines Höhenenthusiasmus in Jean Pauls Titan: Dieter Arendt, Der poetische Nihilismus in der Romantik. Studien zum Verhältnis von Dichtung und Wirklichkeit in der Frühromantik, Bd. 1, Tübingen 1972, S. 156 ff.

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  246. Hirschfeld begründet im 1. Band seiner Theorie der Gartenkunst (S. 205) die Lust an entfernten Aussichten mit der aus der Großen-Seinskette-Vorstellung abgeleiteten Psychologie des Strebens: “sie [die Lust am Fernblick, H. S.] scheint aus der ursprünglichen Bestimmung unserer Seele zur Erweiterung zu entspringen; ausgebreitete Prospecte schaffen allezeit der Einbildungskraft die angenehmste Beschäftigung; und alles, was ihr freyen Lauf giebt, erweckt Vorstellungen und nährt den Geist.”

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  247. Hirschfeld, Landleben S. 72 f.

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  248. Daß die Steigerung der Seelenkräfte hier wie bei Hirschfeld auf der Weitung des optischen Gesichtskreises beruht, verdeutlichen eine Reihe von Außerungen Karl Philipp Moritz’, etwa AR, S. 390: “[...] mit dem Horizonte erweiterten sich auch gemeiniglich seine Vorstellungen, und an die Aussicht in eine neue Gegend knüpfte sich immer gern eine neue Aussicht in das Leben.” Solche Reflexionen über den Zusammenhang von der Größe sinnlicher Wirkungskreise mit dem Umfang der menschlichen Gemütskräfte entstammen der sensualistischen Anthropologie, deren Grundgesetz Rousseau im Emile so formuliert: “Notre pense¨¦ ne va plus loin que nos yeux, et notre entendement ne s’dntend qu’avec l’espace qu’il mesure.” J. J. Rousseau, Emile zit. nach Gerhardi, Hortus clausus, S. 42.

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  249. Diesen therapeutischen Effekt des Wintersturms auf den Zustand der Affektleere hat Pascal, Büchner’s Lenz S. 77 f, zutreffend notiert.

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  250. Vgl. Zelle, Angenehmes Grauen, S. 118 ff (“Psychologie der Langeweile”); S. 127 ff (“Melancholieprophylaxe und rührende Kunstwirkung”), sowie S. 139 ff (“Jean Baptiste Dubos’ Ästhetik der Zerstreuung”).

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  251. Burke, Vom Erhabenen S. 174 ff (IV, 6 und 7). Das Zitat ebd., S. 175. Vgl. Zelle, Angenehmes Grauen, S. 192 f. Zu den geographischen Voraussetzungen der englischen Diskussion (der klimatheoretisch begründete nationale Hang der Engländer zum Spleen) und den sozialgeschichtlichen Bedingungen der Dubosschen Zerstreuungsästhetik (im “Ennui” der im Absolutismus lahmgelegten französischen Gesellschaft) vgl. ebd., S. 126 ff und S. 150 ff.

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  252. Vgl. die Einordnung von Michael Feldt, Ästhetik und Artistik, S. 292. Zum antierhabenen Formschatz der literarischen Rokokolandschaft vgl. Alfred Anger, Landschaftsstil des Rokoko, in: Euphorion 51 (1957), S. 169; S. 178 ff. Zum Gegensatz der Rokokolandschaft zur dynamischen Sturm- und-Drang-Landschaft ebd., S. 176 ff.

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  253. Vgl. die am Ideal der Kleinkunst des Rokoko geprägten Schönheitsvorstellungen Burkes, Vom Erhabenen und Schönen S. 157 (Schönheit in der Farbe): “Erstens dürfen die Farben schöner Körper nicht düster und trübe, sondern müssen rein und hell sein. Zweitens dürfen sie nicht besonders grell sein. Diejenigen, die zur Schönheit am besten passen, sind die sanfteren Töne jeder Klasse: ein lichtes Grün, ein sanftes Blau, ein schwaches Weiß, Rosarot und Violett”. Zu Burkes Schönheitsbegriff im Umfeld des rokokohaften Zierlichen und Niedlichen vgl. die Einleitung Werner Strubes, ebd., S. 19 f.

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  254. Kant, Uber das Gefühl des Schönen und Erhabenen KW II, S. 827. Diese Vermischung von Erhabenheit und einem sich in Glanz und Schmuck äußerndem Schönen im Prächtigen hat Kant hier an der römischen Peterskirche exemplifiziert, vgl. ebd., S. 828 f.

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  255. Vgl. Pascal, Büchner’s Lenz S. 77 ff, der in der Berglandschaft einen schon in den Illusionen der Wintersturmphase einsetzenden mentalen “process of clarification” kulminieren sieht.

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  256. Laut Schaub, Lenz-Kommentar (S. 8) eine im 17. Jahrhundert gebildete, aber nicht in die Umgangssprache eingedrungene Verdeutschung zunächst für Planet, später auch Komet.

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  257. Ergänzend zu Joachim Ritters Ausführungen hat H. R. Jauß auf das seit Rousseau bedeutende Medium der Erinnerung und den historischen Raum der Vergangenheit als Konstituenten einer modernen ästhetischen Vergegenwärtigung der Kosmosnatur als Landschaft hingewiesen: H. R. Jauß, Naturerfahrung und Aisthesis, S. 175 f; ders.:, Literarische Tradition und gegenwärtiges Bewußtsein der Modernität, in: ders., Literaturgeschichte als Provokation, Frankfurt/M. 1970, S. 49.

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  258. Zur grotesken Leiblichkeit vgl. unten Kap. III. 4.2 und die Anm. 35 ebd.

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  259. Vgl. Carl Meyer, Die Landschaft Ossians, S. 35, und Kahn, Melancholie in der deutschen Lyrik, S. 85. In Heydenreichs Poem Das Moos lagert der Melancholiker ähnlich wie Büchners Lenz im “stillem Moose E...] einsam/ Trauernd sein Haupt”. Zit. nach ebd., S. 85.

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  260. In der Terminologie Freuds bezeichnet das autoplastische Weltverhältnis im Gegensatz zum durch Arbeit an der realen Außenwelt gekennzeichneten alloplastischen Realitätsbezug den träumerisch-halluzinatorischen Realitätsersatz. Vgl. S. Freud, Der Realitätsverlust bei Neurose und Psychose, FGW VIII, S. 366, und Metzner, Verständnis der Apokalypse, S. 428.

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  261. Schon der Hainbündler und Melancholie-Lyriker Hölty nutzt das Phantasieflugschema als Medium melancholischer Wirklichkeitstranszendierung. In verschiedenen Gedichten hebt Hölty die Fähigkeit namentlich der Phantasie hervor, Raum und Zeit zu überwinden, die Grenze zwischen Erde und Himmel zu überschreiten: “Wonne! Wonne! Die Welt taumelt zurück! Ich bin/ Am Gestade des lichten Sterns!! Lilla hüpfet heran, leitet mich an der Hand/ Unter die Chöre der Seeligen” (An die Phantasie Ludwig Christoph Heinrich Hölty, Sämtliche Werke, hg. v. W. Michael, Weimar 1914–18, 1, 79) Vgl. dazu Völker, Ludwig, Muse Melancholie, S. 38 f.

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  262. Zu den aus der Rhetorik übertragenen stoisch-apathischen Vorstellungselementen des Sublimen siehe unten Kap. III, 3.3.3. Büchners Blick auf die Alpen während des im Sommer 1833 unternommenen Vogesenausflugs - er dürfte mit seiner Dualität von intensiverhabenem Sturm und extensiverhabener Gipfellandschaft der Anfangsschilderung des Lenz zugrundeliegen - spiegelt diese stoische Semantik des “Drüberstehens”. Vgl. HA II S. 419: (Blick vom weißen See auf die Alpen:) “Plötzlich trieb der Sturm das Gewölke die Rheinebene herauf, zu unserer Linken zuckten die Blitze, und unter dem zerissenen Gewölk über dem dunklen Jura glänzten die Alpengletscher in der Abendsonne. i...] Ueber den Schwarzwald und den Jura schien das Gewölk wie ein schäumender Wasserfall zu stürzen, nur die Alpen standen hell darüber, wie eine blitzende Milchstraße. Denkt Euch über der dunklen Kette des Jura und über dem Gewölk im Süden, soweit der Blick reicht, eine ungeheure, schimmernde Eiswand, nur noch von oben durch die Zacken und Spitzen der einzelnen Berge unterbrochen,”

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  263. Georg Simmel, Die Alpen, in: ders., Philosophische Kultur, Leipzig 1923, S. 146 f. Die barocke Emblematik deutet dieictura der über den Wolken stehenden Gipfel als “Sicherheit in Gott” und “Erhebung über das Irdische” bzw. über die “Händel der gemeinen Welt”. Vgl. Arthur Henkel; Albrecht Schöne (Hg.), Emblemata. Handbuch zur Smnbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Stuttgart 1967, Sp. 60 f.

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  264. Vgl. zum Moment des Zeitunendlichen als Bestandteil des Gebirgserhabenen oben Kap. II, 4.3.3.1. Die von Simmel “einfühlend” aus dem kollektiven Diskurs über das Gebirgserhabene geschöpfte Vorstellungsreihe der Enthobenheit, Unberührtheit, spirituellen Reinheit und unmittelbaren Gottnähe prägt auch Goethes ästhetisches Erlebnis der alpinen Schneegebirge auf seiner zweiten Schweizreise von 1779. Vgl. Wolfgang Binder, Goethe und die Schweiz, S. 34 f und den dort zitierten Brief Goethes aus Genf vom 27.10. 1779.

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  265. Simmel, Die Alpen, S. 149, S. 148, S. 149.

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  266. Zu Lenz’ Wende vom asketischen Pietismus zur neologischen Vollkommenheitsphilosophie unter dem Einfluß Shaftesburys und Spaldings vgl. Ottomar Rudolf, J.M.R. Lenz. Moralist und Aufklärer, Bad Homburg 1969, S. 196 ff.

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  267. Hirschfeld, Theorie der Gartenkunst Bd. I, S. 194 ff.

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  268. J. J. Rousseau, Julie oder Die neue H¨¦loïse, S. 77 f.

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  269. Bei dem Neologen J. J. Spalding, einem der Hauptgewährsmänner der popularphilosophischen Perfektibilitätslehre und ihrer metaphysischen Optionen, heißt es in der Bestimmung des Menschen: “Ich werde also, von diesem niederdrückenden Gewichte des trägen Leibes entlastet, mich mit einem weit schnellem und mächtigem Fluge durch den weiten Umfang der möglichen Erkenntnisse schwingen können [...]”. Zit. nach Riedel, Anthropologie des jungen Schiller, S. 172.

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  270. Vgl. die von Hirschfeld zitierten Äußerungen aus de Lucs Physisch-moralischen Briefen über die Berge (1778). Hirschfeld resümiert explizit seine Beispielsammlung: “Solche sind die Entziickungen, worin ich oft auf den Bergen gerathe, und wo ich mehr Gründe für die geistige Natur der Seele und fuir ihre Unsterblichkeit sammle, als in allen Schriften der Weltweisen.” Theorie der Gartenkunst I, S. 197 f.

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  271. Vgl. oben Kap. 11, 3.3.

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  272. Rousseau, Julie oder die Neue H¨¦loise S. 88. Vgl. oben Kap. II, 4.3.2.2.

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  273. Vgl. dazu Metzner, Verständnis der Apokalyptik, S. 431 f.

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  274. Vgl. ebd., S. 432.

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  275. Es 38, 9: “Du wirst heraufziehen und daherkommen wie ein Sturmwetter und wirst sein wie eine Wolke, die das Land bedeckt [...]” Zur Verbindung der Sintflutmotivik mit der Vorstellung des Wilden Heeres vgl. Metzner, Verständnis der Apokalyptik, S. 432.

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  276. Vgl. ebd., S. 431.

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  277. Vgl. ebd.

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  278. Nerval berichtet in seiner Sylvie von einem um 1825 in Frankreich gepflegten endzeitlichen Gesellschaftsspiel. Während eines Festbanketts besangen höhere Töchter als in weiße wallende Gewänder gekleidete Engel die verflossene Schönheit der Erde und legten die Gründe ihres Erkaltens dar. Vgl. Metzner, Persönlichkeitszerstörung und Weltuntergang, S. 68 f.

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  279. “Und ihm folgte nach das Heer im Himmel auf weißen Pferden [...] Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, daß er damit die Völker schlüge [...]”

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  280. Die apokalyptische Deutung der gesamten Anfangsschilderung kann zusätzlich mit einem Hinweis auf die Rezeptionsgeschichte des Büchnerschen Lenz gestützt werden. Hugo v. Hofmannsthals Romanfragment Andreas oder Die Vereinigten nennt den bei Büchner impliziten apokalyptischen Bezug explizit und assoziiert ihn der melancholischen Meteorologie und Raumenge: “Die Wolken hingen regungslos ins Tal hinein, alles war trüb und schwer, öde wie am Ende der Welt. Er wußte nicht, wohin gehen [...] Das Tal war ihm unerträglich, er kletterte zum Wald empor [...1 endlich war er sich selber entsprungen wie einem Gefängnis. Er stürmte in Sprüngen dahin, er wußte nichts von sich als den Augenblick [...] Andreas warf sich auf das Grab und blieb lange liegen in dumpfen Gedanken [...] Das lief alles so hin und her, daraus spann sich eine Welt, die hinter der wirklichen war, und nicht so leer und öd wie die.” Zit. nach Dietmar Goltschnigg, Rezeptions- und Wirkungsgeschichte Georg Büchners, Kronberg/TS. 1975, S. 192. Zur Affinität Hofmannsthals wie seines soziokulturellen Umfelds im Jungen Wien zur Schizophrenie vgl. bes. Gotthart Wunberg, Depersonalisation und Bewußtsein im Wien des frühen Hofmannsthal, in: Kudszus (Hg.), Literatur und Schizophrenie, S. 69–103. Als apokalyptisches Motiv aus dem Erzählauftakt von Büchners Lenz wäre zudem die berühmte Kopfstandmetapher zu bestimmen, deren Literarizität Furness mit dem Hinweis auf Cervantes’ Don Quixote und Eichendorffs Ahnung und Gegenwart nachgewiesen hat. (N. A. Furness, An Note an Büchner’s Lenz: “...nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte.”, in: Forum for Modern Language Studies 18 (1982), S. 313–316). Lenzens Kopfstand im Gebirge als Indikator seines Wahns läßt sich aber zugleich auf den in Jes. 24, 1–3 begründeten endzeitlich-apokalyptischen Topos der verkehrten Welt beziehen, nach dem das Endgericht Gottes alle Werte und Institutionen der Gesellschaft umstülpt. Vgl. dazu und zur literarischen Aufnahme des Topos in der englischen Komödie des 17. und 18. Jahrhunderts: Ian Donaldson, The World Upside-Down. Comedy from Jonson to Fielding, Oxford 1970.

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  281. Zu dieser die volle Prozeßfigur der theologischen Apokalyptik nachvollziehenden Weltuntergangsvariante: Wetzel, Weltuntergangserlebnis, S. 406 f. Vgl. ebd. die Fälle I (S. 411 t); Fall X (S. 419 f) und Fall XI (S. 420 f).

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  282. Vgl. P. Althaus, Art. Eschatologie RGG, Bd. 2, Sp. 651.

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  283. “Der zweite Schritt der Psychose will auch den Realitätsverlust ausgleichen t...] durch Schöpfung einer neuen Realität.” Freud, Der Realitätsverlust, FGW VIII, S. 365. Hierzu und zum folgenden siehe Metzner, Verständnis der Apokalyptik, S. 428 f, ders., Persönlichkeitszerstörung und Weltuntergang, S. 196 ff.

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  284. Freud, Der Realitätsverlust, FGW VIII, S. 367.

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  285. Zur Bedeutung der Weltvereisungsvorstellung und der Polreise für die literarische und psychotische Apokalyptik vgl. Metzner, Persönlichkeitszerstörung und Weltuntergang, passim, und ebd., S. 69 zur Applikation der Buffonschen Weltvereisungstheorie auf die alpinen Gletscher im Kreise der englischen Romantiker.

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  286. Michael Balint, Angstlust und Regression. Ein Beitrag zur psychologischen Typenlehre, Reinbek 1972, S. 55, S. 64, hat die primärnarzißtische Einheit von Ich und Welt als “Harmonie der grenzenlosen, konturlosen Weiten” oder “freundlichen Weiten”, ihr negatives, aus Verdrängung der regressiven Phantasie entstandenes Pendant als Idee der “furchterregenden leeren Räume” bestimmt und damit die duale Auslegung der kopernikanischen Wende als philosophische Metaphern menschlichen Selbstbewußtseins psychoanalytisch gewendet. Grundsätzlich zur psychoanalytischen Theoriebildung über den Narzißmus: Heinz Henseler, Die Theorie des Nazißmus, in: Die Psychologie des 20. Jahrhunderts, Bd. II, Freud und die Folgen, hg. v. Dieter Eicke, Zürich 1976, S. 459–476.

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  287. Vgl. Freud, Paranoia, FGW VIII, S. 309.

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  288. Karl Hilfiker, Die schizophrene Ichauflösung im All, in: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und ihre Grenzgebiete 87 (1927), S. 439–469.

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  289. Metzner, Persönlichkeitszerstörung und Weltuntergang, S. 199, hat darauf hingeweisen, daß Freuds phasiache Theorie des Psychoseverlaufs den inneren Zusammenhang zwischen den beiden oft gemeinsam auftretenden apokalyptischen Gestalten des einzig nach einem Weltuntergang Uberlebenden und des größenwahnsinnigen Weltschöpfers erhellt.

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  290. Vgl. den bei Hilfiker, Die schizophrene Ichauflösung im All, S. 449 f, beschriebenen Fall eines Katatonikers, der in einem Zustand der Erregung zunächst ein euphorisches Erlebnis einer die Naturgesetze durchbrechenden Wunderwelt (2. Phase) hat, in der darauffolgenden Nacht aber den dysphorischen Weltuntergang einer kosmischen Verfinsterung erlebt.

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  291. AR, S. 34. Vgl. dazu Metzner, Persönlichkeitszerstörung und Weltuntergang, S. 198 f. Zu Schnabels Insel Felsenburg (1731–1743) und seinem neronischen Schöpfer neuer Welten, Altvater Albertus Julius, als Glied in der Kette literarischer Apokalyptik ebd., S. 42 ff.

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  292. Cotard, Etudes S. 374–378. Vgl. Starobinski, Melancholie und Unsterblichkeitswahn, S. 67, Anm. B. Cotard trennt seinen körperbezogenen dysphorischen “Riesenhaftigkeitswahn” noch vom “Größenwahn”, schränkt zugleich aber seine klassifikatorische Abscheidung mit dem Hinweis auf die klinische Übergängigkeit der Phänomene ein. Vgl. ebd., S. 67.

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  293. Cotard, zit. ebd.

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  294. Vgl. Starobinski, Melancholie und Unsterblichkeitswahn, S. 67.

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  295. Vgl. Freud, Trauer und Melancholie,..FGW X, S. 435 f.

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  296. Vgl. ebd. S. 436: “Dürfen wir eine Obereinstimmung der Beobachtung mit unseren Ableitungen annehmen, so würden wir nicht zögern, die Regression von der Objektbesetzung auf die noch dem Narzißmus angehörige orale Libidophase in die Charakteristik der Melancholie aufzunehmen.”

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  297. Vgl. unten Kap. III, 3.4; Kap. III, 4.2.

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  298. Lehmann, Das Erhabene, S. 757 ff, bes. S. 759.

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  299. Ebd., S. 756 f.

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  300. Hans Blumenberg, Die kopernikanische Wende, Frankfurt 1965, S. 122 ff, hier S. 127.

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  301. Blaise Pascal, Gedanken. Eine Auswahl, hg. v. Ewald Wasmuth, Stuttgart 1980, S. 37.

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  302. Vgl. Blumenberg, Kopernikanische Wende, S. 157 f.

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  303. Vgl. Richter, Kopernikanische Wende, S. 140 ff.

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  304. Ebd., S. 143 f.

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  305. Brockes, Auszug S. 477. Vgl. Richter, Kopernikanische Wende, S. 139.

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  306. Vgl. Arthur O. love oy, The Great Chain of Being. A Study of the History of an Idea, Cambridge, Mass., 1961, hier S. 99 ff zur nachkopernikanischen Kosmologie, S. 208 ff zur aufklärerischen Theodizee. Zur Resistenz der Chain of Being gegen ihre schon in der Aufklärung einsetzende Temporalisierung vgl. bes. Lepenies, Ende der Naturgeschichte, S. 49 ff.

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  307. G. W. Leibniz, Aus einem weiteren Brief an Varignon von 1702 [Über das Kontinuitätsprinzip], in: ders., Philosophische Schriften, hg. v. Herbert Herring, Bd. IV (Schriften zur Logik und zur philosophischen Grundlegung von Mathematik und Naturwissenschaft), Darmstadt 1992, S. 75 ff. Vgl. dazu und zu Leibniz’ Rezeption der neuplatonischen Konzeption: Lovejoy, The Great Chain of Being, S. 144 ff, bes. S. 180 f; Hacker, Ordnungsutopien, S. 24 ff.

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  308. Vgl. Sallmann, Studien zum philosophischen Naturbegriff, S. 144 ff und S. 163.

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  309. Koyr¨¦, Von der geschlossenen Welt, S. 42, S. 52 und passim.

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  310. Vgl. ebd., S. 119 ff zu More, bes. S. 130 f; S. 147 ff zu Newton und seinen physikotheologischen Anhängern.

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  311. Vgl. etwa die Bestimmung des leeren Unendlichkeitsraums bei dem Newton-Schüler Samuel Clarke in der Kontroverse mit Leibniz: “Der leere Raum ist kein auributum sine subjecto [...]” weil “wir durch diesen Raum nicht einen solchen verstehen, worinnen gar nichts vorhanden wäre, sondern wir verstehen nur einen Raum ohne Cörper. Gott ist gantz gewiß in einem ieden leeren Raum zugegen 1...1”. Zit nach. Koyr¨¦, Von der geschlossenen Welt, S. 229 f. Zedlers Universallexikon zitiert im Artikel Leerer Raum aus D. Rüdigers Physica divina das Axiom, “daß man sich keinen solchen leeren Raum einbilden könne, daß darinnen gar keine Substanz anzutreffen, indem solches wider die Allgegenwart Gottes wäre.” Ein solcher Leerraum sei “ohne Verdacht der Atheisterey nicht zu behaupten.” Joh. Heinr. Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon Bd. 29, Leipzig und Halle 1741, Sp. 1120, 1122.

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  312. Shaftesbury, Inquiry concerning Virtue and Merit in: ders., Characteristics ed. Robertson, Vol. I, S. 276.

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  313. Vgl. Hacker, Ordnungsutopien, S. 33 f.

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  314. Vgl. unten Kap. III, 3.6.4.

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  315. Vgl. oben Kap. III, 3.2.1, Exkurs.

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  316. Zur Abkunft der aufklärerischen Vervollkommnungspsychologie von der neuplatonischen Seinskette vgl. Lovejoy, The Great Chain of Being, S. 250, sowie Saine, Die ästhetische Theodizee, S. 57.

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  317. Diese Theodizeefunktion des enthusiastischen Phantasieflugs erhellt unmittelbar aus Shaftesbus Moralisten (S. 170 ff). Im dritten Teil wendet sich die über die Erdoberfläche hinfliegende ncy den wüsten Regionen des Geokosmos zu und leistet ihre ästhetische Apologie. Der Phantasieflug entspricht so dem Modus der neuen synthetischen Naturbetrachtung, die die anscheinenden Unvollkommenheiten aus höherer Warte als Phänomene einer unendlich mannigfaltigen und insofern vollkommenen Schöpfung einsichtig macht, ja in ihnen die erhabene Präsenz des Göttlichen wahrnimmt. Vgl. Wolff, Shaftesbury, S. 115 ff.

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  318. Moses Mendelssohn, Rhapsodie, oder Zusätze zu den Briefen über die Empfindungen in: ders., Schriften zur Philosophie und Asthetik, hg. v. Fritz Bamberger, Bd. 1, Berlin 1929, S. 398.

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  319. Vgl. Johann Joachim Winckelmanns Anmerkungen über die Baukunst der Alten Leipzig 1762, S. 50: “Ein Gebäude ohne Zierde, ist wie die Gesundheit in Dürftigkeit, die niemand allein vor glücklich hält, wie Aristoteles saget; und das Einerley oder die Monotonie kann in der Baukunst, so wie in der Schreibart und in anderen Werken der Kunst, tadelhaft werden.”

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  320. Hirschfeld, Theorie der Gartenkunst, I S. 209.

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  321. Vgl. zur Abhängigkeit Moritz’ von der kosmologischen Ordnungsvorstellung der Seinskette und ihrem Derivat, der Vervollkommnungspsychologie: Saine, Die ästhetische Theodizee, S. 51 ff.

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  322. Zur Mitleidskritik Bernard de Mandevilles (1670–1733) sowie seiner Gegenposition in der Moralphilosophie Shaftesburys, der von ihm abhängigen schottischen Schule und Rousseaus vgl. bes. Hans-Jürgen Schings, Der mitleidigste Mensch ist der beste Mensch. Poetik des Mitleids von Lessing bis Büchner, München 1980, S. 22–33 (“Positionen der Aufklärung: Mandeville und Rousseau”).

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  323. Vgl. hierzu und zum Folgenden Riedel, Anthropologie des jungen Schiller, S. 176 ff.

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  324. Zur kardinalen Bedeutung der kosmologischen und metaphysischen Sympathielehre für den jungen Schiller vgl. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 59 ff.

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  325. Schiller, Brief an W. F. H. Reinwald, 14. 4. 1783, NA XXIII, S. 80.

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  326. Philosophische Briefe Theosophie, NA XX, 1. Teil, S. 121. Vgl. Riedel, Anthropologie des jungen Schiller, S. 199 zum hermetischen Ort dieser Liebesauffassung bei dem schwäbischen Theosophen F. Ch. Oetinger und dem hermetischen Mediziner Jakob Hermann Obereit. Zur skeptizistischen Brechung dieser von Julius rückblickend präsentierten Aufklärungsmetaphysik vgl. ebd., S. 203 ff.

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  327. Philosophische Briefe Theosophie, NA XX, S. 120. Kursive i. O. gesperrt. Siehe dazu Riedel, Anthropologie des jungen Schiller, S. 183 f.

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  328. Das gegenbildliche Geselligkeitsideal Moritz’ hat Saine, Die ästhetische Theodizee, S. 120, als “elitären Altruismus” bezeichnet.

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  329. Vgl. besonders das Bekehrungsgespräch des zweiten Kapitels: Abdallah TS VIII, S. 4 ff. Zur Einordnung der Philosophie Omars in den Kontext des aufklärerischen Sensualismus und Materialismus vgl. außer Ribbat, Ludwig Tieck, S. 26 f, den ausführlichen Kommentar bei Hölter (Hg.), Ludwig Tieck. Schriften 1789–1791, S. 1006 ff. Hölter weist besonders auf frappierende Parallelen zum Materialismus d’Holbachs hin, dessen Philosopheme Tiecks Abdallah finstermelancholisch verzerrt.

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  330. Abdallah TS VIII, S. 103. Kursive im Text von mir, H. S.

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  331. Vgl. dazu Abdallahs aus der ästhetischen Kontemplation einer Abendlandschaft geschöpfte Schöpfungsaffirmation zu Beginn des zweiten Kapitels (TS VIII, S. 5).

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  332. So zuerst Rudolf Majut, Studien um Büchner. Untersuchungen zur Geschichte der problematischen Natur, Berlin 1932, der auf die Relevanz des “Weltschmerzes” im William Lovell für Büchner hingewiesen hat (S. 104 f, 122 f, S. 175). Maurice B. Benn, Georg Büchner. The drama of revolt, Cambridge 1976, S. 126, S. 292 f.

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  333. Vgl. Rudolf Köpke, Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben des Dichters nach dessen mündlichen und schriftlichen Mittheilungen, 2 Theile Leipzig 1855, Bd. I, S. 100 ff. Siehe dazu auch den langen Brief Tiecks an Wackenroder vom 12. Juni 1792 (Werke und Briefe von W. H. Wackenroder, Heidelberg 1967, S. 314 ff), in dem nicht nur beide Spielarten einer pathologischen Melancholie und einer ästhetisierten Schwermut erscheinen, sondern der auch die enge Verbindung von melancholischer Disposition und schauerliterarischem Erlebnishorizont aufweist. Der bekannte nächtliche Wahnsinnsanfall Tiecks erfolgt etwa auf die mehrstündige Lektüre des Grosseschen Genius dessen Bildlichkeit in Tiecks Derealisationsund Depersonalisationserfahrungen eingeht. Vgl. zur melancholischen Disposition Tiecks vor allem dessen Brief an F. Schlegel, Ziebingen, 16. 12. 1803: “ [...] von meiner frühsten Kindheit hängt mein Gemüt zu einer schwärmerischen Melankolie und je älter ich werde, je mehr tritt meine Kindheit entwickelt in mir hervor.” Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel, Briefe mit Einleitung und Anmerkungen hg. von H. Lüdeke, Frankfurt/M. 1930, S. 146.

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  334. Karlheinz Weigand, Offenbarung oder Chaos?, Anmerkungen zum Naturverhältnis in Tiecks “William Lovell”. Mit einem Ausblick auf Eichendorff, in: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins 75 (1971), S. 41. Zu Tiecks Roman vgl. Arendt, Der poetische Nihilismus, Bd. 2, S. 330 ff, sowie Paulin, Tieck, S. 29 ff, der (ebd. S. 21) Abdallah als “Vorstufe” zum William Lovell einschätzt.

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  335. Zur Melancholie als charakterologischer Basis des William Lovell vgl. Franz Loc[uai, Lovells Leiden und die Poesie der Melankolie. Zu Ludwig Tiecks Gedicht Melankolie, in: Wulf Segebrecht (Hg.), Gedichte und Interpretationen Bd. 3: Klassik und Romantik, Stuttgart 1984, S. 100–113, sowie ders., Künstler und Melancholie, S. 95 ff., S. 658 (Anm. zu ebd., S. 17

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  336. ro uai, Lovells Leiden, S. 105; S. 107.

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  337. Vgl. dazu Walter Münz (Hg.), Ludwig Tieck: William Lovell, Stuttgart 1986, S. 668. Insofern Tiecks Roman den der aufklärerischen Melancholiekritik geläufigen Wechsel zwischen Schwermut und schwärmerischem Enthusiasmus nachzeichnet, kann aber nicht die Rede davon sein, daß Tieck den im 18. Jahrhundert gültigen Melancholiebegriff sprengt. Zur Rhythmik der schwärmerischen Melancholie Lovells vgl. TW I, S. 244 und bes. S. 321 f.

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  338. Die deutlichen Parallelen zwischen Tiecks Jugendroman und Karl Philipp Moritz’ erfahrungsseelenkundlicher Autobiographie bezüglich der Melancholiethematik lassen vermuten, daß die starken Impulse des Berliner Asthetikprofessors auf den jungen Tieck (vgl. Klaus Günzel, König der Romantik. Das Leben des Dichters Ludwig Tieck in Briefen, Selbstzeugnissen und Berichten, Berlin 1981, S. 49 f) auch hier wirksam waren. Tieck, der Moritz im Hause des Kapellmeisters Reichardt persönlich kennenlernte und die ästhetischen und mythologiekundlichen Vorlesungen des Akademie-Professors zusammen mit Wackenroder besuchte, scheint sich in der Tat zeitweise sehr weitgehend mit Moritz identifiziert zu haben. Wackenroder nennt Moritz Tiecks “Zwillingsbruder” (Wackenroder an Tieck, in: Werke und Briefe von W. H. Wackenroder, Heidelberg 1967, S. 381), während Tieck selbst bekennt, daß seine “Empfindungsart [...] nahe an die seinige [K. Ph. Moritz’, H. S.]” grenze. (Tieck an Wakkenroder, Göttingen, 28. Okt. 1792, ebd., S. 407). Im selben Brief sagt sich Tieck aber “nochmal von ihm [Moritz, H. S.] los”, weil seine eigene “Art zu denken”, d.h. seine “Empfindungen anzuwenden”, von Moritz differiere. Tiecks Kritik richtet sich nachgerade gegen das erfahrungsseelenkundliche “Studium der Psychologie”. Moritz ständige Praxis, “immer tiefer in das verworrene Gewebe seines Herzens” zu schauen, verleite nicht nur dazu, alle guten Handlungen auf den “jammervollsten Eigennutz” oder die “verächtlichste(n) Leidenschaft” zurückzufiihren, sie untergrabe “alle Kraft zu handeln” und führe schließlich zu “trägen Spekulationen” (ebd., S. 406 f). Tiecks Abwehr zeigt sehr genau die verhängnisvolle Gravitation der erfahrungsseelenkundlichen Seelenanatomie zur tiefen Melancholie und ihrem unidealen, materialismusaffinen Menschenbild. Trotzdem gehörte Moritz’ Anton Reiser zu Tiecks “lebenslangen Lieblingsbüchern” (Günzel, König der Romantik, S. 50).

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  339. Vgl. Loquai, Lovells Leiden, S. 107. Hans Esselborn (Der “Nihilismus” in Ludwig Tiecks “William Lovell”. Ein Beitrag zur Gattungsfrage, in: Wirkendes Wort 1/1990, S. 4–22) hat auf die zentrale Bedeutung der Schwärmerkritik für Tiecks Roman hingewiesen und dessen widersprüchliche Wertung der Hauptfigur aus der unreflektierten Vermengung zweier divergierender Romantypen (des Briefromans mit dem Schauerroman) zurückgeführt (bes. ebd., S. 14 f)

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  340. Arendt, Der poetische Nihilismus, S. 332 f, sowie Esselborn, Tiecks William Lovell S. 14. Siehe dazu Tiecks Vorreden zur zweiten und dritten Auflage des Lovell bei Münz (Hg.), William Lovell S. 699 f und S. 702. Daß die kritische Perspektive auf die schwärmerischen Entgleisungen Lovells aber zugleich der Distanzierung von eigenen Überzeugungen gilt, belegt Tiecks Brief an Solger vom 31.3. 1815: Der Lovell sei “das Denkmal und Mausoleum vieler gehegten und geliebten Leiden und Irrtümer, aber als es gebaut ward, war der Zeichner und Arbeiter schon von diesem Leiden frei, ich war fast immer sehr heiter, als ich dies Buch schrieb, nur gefiel ich mir noch in der Verwirrung.” Zit. nach ebd., S. 699 f.

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  341. Vgl. Lobsien, Landschaft in Texten, S. 113 ff zu Tobias Smolletts Roman The Expedition of Humphrey Clinker (1771).

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  342. Den Einfluß der beiden Naturschilderungen aus Tiecks Lovell auf die Anfangsschilderung in Büchners Lenz hat zuletzt beiläufig Axel Kühnlenz reklamiert: “Wie den Leuten die Natur so nahtrar...” Ludwig Tiecks Der Runenberg als Quelle für Büchners Lenz in: GBJb 7 (1987/88), S. 304, Anm. 31; S. 307, Anm. 48.

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  343. Zur prinzipiellen Relevanz der Chaostranszendierung in Tiecks Lovell und der Dualität der Chaoserfahrung als ästhetischer Reiz und distanzloser Schrecken in den beiden Gebirgsschilderungen vgl. Weigand, Offenbarung oder Chaos?, S. 49 ff.

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  344. Lovells ästhetische Partizipation am Chaos aus Felsen, Nebel, Wolken und Licht steht im Kontext eines Briefes, der die melancholische Charakterdisposition des Protagonisten in ihren vielfältigen Varianten und Gefährdungen thematisiert. Vgl. zu Lovells Landschaftserlebnis im Gebirge: Arendt, Der poetische Nihilismus Bd. I, S. 140 ff, sowie Bd. II, S. 344 f.

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  345. TW I, S. 360.

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  346. Ebd., S. 377 f.

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  347. Dem philosophischen Egoismus gesellt sich wie bei Moritz als pathologisches Pendant der Solipsismus. Zu ihrer begrifflichen Identität in Tiecks Jugendroman vgl. Weigand, Offenbarung oder Chaos?, S. 52, Anm. 34.

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  348. Vgl. Arendt, Der poetische Nihilismus, Bd. II, S. 349 ff. Als historische Wurzel dieses Willkürdenkens wurde Kants Erkenntniskritik bestimmt (ebd., S. 351).

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  349. Zur metaphysischen Vertiefung der problematischen Subjektivität Lovells: Guthke, Mythologie der entgötterten Welt, S. 102 ff, der trotz seines Hinweises auf die zentrale Bedeutung des Melankolie-Gedichts nicht den Zusammenhang des Scheiterns “der sich selbst überlassenen ”romantischen Subjektivität“ (ebd., S. 103) mit der Melancholie aufweist. Zu Lovells Mythologie der entgötterten Welt gehört auch nicht allein und vordringlich der böse Gott oder die feindlichen Dämonen (ebd., S. 103 f; S. 106), sondern der im Bann des kosmologischen Pessimismus stehende melancholische Privationsraum.

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  350. TW I, S. 628 f: “In der Einsamkeit liegt eine Bangigkeit, die unsre ganze Seele zusammenzieht; wir entsetzen uns vor der großen, ungeheuren Natur, wenn kein Sonnenlicht die große Szene beleuchtet und unsern Blick und unsre Aufmerksamkeit auf die einzelnen Partien richtet, sondern die Finsternis alles zu einem unübersehlichen Chaos vereinigt. Dann gehen wir völlig im wilden, ungeheuern Meere unter, wo Wogen sich auf Wogen wälzen und alles gestaltlos und ohne Regel durcheinanderflutet. Nirgends kann man sich festhalten; unsre Welt sieht dann aus wie eine ehemalige Erde, die soeben in der Zertrümmerung begriffen ist - und wir werden unbemerkt mit verschlungen.”

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  351. Jean Paul, Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei in: Siebenkäs, Erstes Blumenstück JPW 2, S. 266–271. Zum Impetus der Atheismusvisionen Jean Pauls gegen die auf die causa prima Gott verzichtende mechanistische Welterklärung: Wolfgang Proß, Jean Pauls geschichtliche Stellung, Tübingen 1975, S. 176 ff. Zur Jean-Paul-Rezeption Büchners vgl. J. W. Smeed, Jean Paul und Georg Büchner, in: Hesperus 22 (1961), S. 32 f, und Bernhard Böschenstein, Umrisse zu drei Kapiteln einer Wirkungsgeschichte Jean Pauls: Büchner - George - Celan, in: Jahrbuch der Jean-Paul-Gesellschaft 10 (1975), S. 188.

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  352. Vgl. dazu Christian Begemann, Erhabene Natur. Zur Übertragung des Begriffs des Erhabenen auf Gegenstände der äußeren Natur in den deutschen Kunsttheorien des 18. Jahrhunderts, in: DVjs 58 (1984), H. 1, S. 98 f. Zur genieästhetischen Symbolik des Gebirges und der Gipfelstimmung, ihrer romantischen Rezeption und Ausstrahlung auf die Anfangsschilderung in Büchners Lenz vgl. Arendt, Der poetische Nihilismus, Bd. 1, S. 130 ff, zu Büchner ebd., S. 172 ff.

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  353. Lavater an Herder, 16.11. 1774, zit. nach Begemann, Erhabene Natur, S. 98: “Er ist das originalste Genie, das ich kenne. Lauter Kraft! Fülle und Stille! Wildheit des Kriegers - und Gefiihl der höchsten Erhabenheit! [...] seine Geister sind Sturmwind, seine Diener Feuerflammen! Er geht auf den Flügeln des Windes. Sein Lachen ist Spott der Hölle und seine Liebe - tödtender Blitzstrahl.”

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  354. Vgl. Gerhard Kaiser, Das Genie und seine Götter. Ein Beitrag zu Wandrers Sturmlied von Goethe, in: Euphorion 58 (1964), S. 41–58, bes. S. 47, S. 53.

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  355. Lenz, Pandämonium Germanicum 1. und 2. Szene des ersten Akts, Haug/ Titel II, S. 251 ff.

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  356. Arendt, Der poetische Nihilismus, Bd. 1, S. 131.

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  357. Goethe, Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe Gebet: “[...] Vor dir, wie vor dem Schaum stürmenden Sturze des gewaltigen Rheins, wie vor der glänzenden Krone der ewigen Schneegebirge, wie vor dem Anblick des heiter ausgebreiteten Sees, und deiner Wolkenfelsen und wüsten Thäler, grauer Gotthard! wie vor jedem großen Gedanken der Schöpfung wird in der Seele reg was auch Schöpfungskraft in ihr ist.” DjG V, S. 239. Kursive i. O. gesperrt. Vgl. dazu Roy Pascal, Der Sturm und Drang, Stuttgart 1963, S. 247, sowie zur empfindsamen “Kontextualität” des Gedichtes im Landschaftsenthusiasmus Klopstocks und ihrer Uberschreitung in Goethes Zeilen bes. Roger Paulin, Von “Der Ziirchersee” zu “Aufm Züricher-see”, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1987, S. 23–49, hier S. 36 ff. Zur Schweizreise der Stürmer und Dränger vgl. außer Binder, Goethe und die Schweiz, S. 20 ff, Petra Maisak, Die Geniereise in die Schweiz 1775, in: Christoph Perels (Hg.), Sturm und Drang, Katalog der Ausstellung im Frankfurter Goethe-Museum und im Goethe-Museum Düsseldorf, Frankfurt 1988, S. 163–178.

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  358. Siehe dazu bes. Martin Bollacher, Der junge Goethe und Spinoza. Studien zur Geschichte des Spinozismus in der Epoche des Sturm und Drang, Tübingen 1969, S. 93 f.

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  359. Ebd., S. 94. Goethes Rede Zum Schäkespears Tag beschreibt so die Erweckung zur Diesseitigkeit: “ich fiihlte aufs lebhaffteste meine Existenz um eine Unendlichkeit erweitert [...]”. DjG II, S. 83. Im Lied des physiognomischen Zeichners wird der Natur die Fähigkeit zugemutet, “dieses eigne Dasein hier/ Zur Ewigkeit [zu] erweitern”, GHA I, S. 53.

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  360. Von Lavater schreibt Goethe, er habe “jene Lust, sich ins Unendliche auszudehnen” gefühlt, “wozu uns der gestirnte Himmel sogar sinnlich einlädt”. Dichtung und Wahrheit, 19. Buch, WA I, 19, S. 143.

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  361. Die manisch-depressive Rhythmik des melancholischen Genies beschreibt schon die sentimentale Genietheorie Englands. So heißt es in Duffs Ueber den Einfluß des Genies (S. 147): “[...] und wenn er [der ”Mann von Genie, H. S.] zur Einen Zeit in seinen Freuden sich bis zum Entzücken empor hebt, so fällt er ein andermal in eine tiefsinnige, aber angenehme Schwermuth zurück.“ Mit dem Blick gerade auf Jakob Michael Reinhold Lenz hat Mattenklott die pathologisch gefährdete innere Dialektik der Schwermut der Stürmer und Dränger aber von der sentimentalen süßen Melancholie und ihren auch in Duffs Bemerkung unübersehbaren Sicherungsinstanzen abgegrenzt: Mattenklott, Melancholie, S. 52.

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  362. Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Gesamtausgabe in zwei Bänden nach der Edition von Arthur Hübscher, Bd. 2, Stuttgart 1987, S. 501 (Kap. 31, Vom Genie).

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  363. Pascal, Büchner’s “Lenz”, S. 77 f.

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  364. Vgl. die Interpretation der Anfangsschilderung bei Arendt, Der poetische Nihilismus, Bd. 1, S. 172 ff, bes. S. 177.

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  365. Zu der in den Anmerkungen entfalteten Dramentheorie Lenzens und ihrem Verhältnis zum Kunstgespräch in Büchners Erzählung vgl. Meier, Büchners Asthetik, S. 104–111.

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  366. Die in der Aristotelischen Poetik angekündigte zweite Quelle der Poesie ist in der dort angeführten Bemerkung versteckt, alle Menschen fänden Gefallen an der Nachahmung. Vgl. Haug/ Titel I, S. 652.

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  367. Lenz, Anmerkungen übers Theater Haug/ Titel I, S. 335.

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  368. Ebd., S. 336. Vgl. dazu Britta Titel, Nachahmung der Natur als Prinzip dramatischer Gestaltung bei Jakob Michael Reinhold Lenz, Frankfurt/ M. 1962, S. 10 f, sowie S. 19 zum Lenzschen Begriff des “Durchschauens”. Zur zentralen Bedeutung der nichtdiskursiven synthetischen, auf die simultane Erfassung des jeweiligen Ganzen genchteten sinnlichen Anschauung in der Ästhetik des 18. Jahrhunderts vgl. insbesondere Alfred Bäumler, Das Irrationalitätsprinzip in der Ästhetik und Logik des 18. Jahrhunderts bis zur Kritik der Urteilskraft, Darmstadt 1981, S. 234 ff (zu Resewitz’ Versuch über das Genie 1759) und 242 ff.

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  369. Lenz, Anmerkungen übers Theater Haug/ Titel I, S. 334 f: “L..1 so viel ist gewiß, daß unsere Seele von ganzem Herzen wünscht, weder sukzessiv zu erkennen, noch zu wollen. Wir möchten mit einem Blick durch die innerste Natur aller Wesen dringen, mit einer Empfindung alle Wonne, die in der Natur ist, aufnehmen und mit uns vereinigen.”

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  370. Vgl. zur zentralen Bedeutung der aufklärerischen Vervollkommnungspsychologie für Lenz dessen Versuch über das erste Principium der Moral der den “Trieb nach Vollkommenheit” als “ursprüngliche(s) Verlangen unsers Wesens” bestimmt, “sich eines immer größern Umfanges unserer Kräfte und Fähigkeiten bewußt zu werden.” Gegen Rousseaus provokantes Eintreten für einen glückhaften Ruhezustand setzt Lenz den “höchste(n) Zustand der Bewegung” als den dem Menschen “angemessenste(n)”. In ihm könne man sich das “größtmöglichste Vergnügen versprechen” [...], “welches eigentlich bei allen Menschen in der ganzen Welt in dem größten Gefihl unserer Existenz, unserer Fähigkeiten, unsers Selbst besteht.” Haug/ Titel I, S. 488, S. 492 f. Zweifellos realisiert die in den Anmerkungen vorgefihrte geniale ekstatische Entgrenzung einen solchen “höchsten Zustand der Bewegung”.

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  371. Ebd., S. 335.

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  372. Vgl. hierzu und zum Folgenden vor allem Titel, Nachahmung der Natur, S. 10 ff, sowie Meier, Büchners Ästhetik, S. 107, S. 109.

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  373. Lenz, Anmerkungen übers Theater Haug/ Titel I, S. 336 f: “Der wahre Dichter verbindet nicht in seiner Einbildungskraft, wie es ihm gefällt, was die Herren die schöne Natur zu nennen belieben, was aber mit ihrer Erlaubnis nichts als die verfehlte Natur ist.” Vgl. auch die Bemerkung in Lenzens Aufsatz Meinungen eines Laien: “Denn die Natur ist es nicht, die uns auf krumme Wege fiihrt, die Supernatur ist es, die schöne Natur, die das Ding besser verstehen will, als Gott und alle seine Propheten, die Kunst.” Zit. nach Titel, Nachahmung der Natur, S. 13.

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  374. Vgl. Lenz’ Versuch über das erste Principium der Moral Haug/ Titel I, S. 496: “E...] dies ist der fruchtbarste Teil meiner Prinzipien. Wir müssen suchen andere um uns herum glücklich zu machen. [...) Diese beständig wachsame und wirkende Sorgfalt fir den Zustand meines Nebenmenschen wird auch das beste Mittel sein, hier in dieser Welt meine Fähigkeiten zu entwickeln, meine Vollkommenheit zu befördern.” Kursive i. O. gesperrt, H. S.

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  375. Vgl. auch die Interpretation der Passage als kritische Metapher einer unbestimmten, der konkreten Anschauung verlustig gegangenen Erkenntnishaltung bei Titel, Nachahmung der Natur, S. 20, Anm. 3. Ausdrücklich nimmt Lenz das im enthusiastischen Seelenflug erwähnte Schwärmen “nach Brücken” einige Abschnitte vorher (Haug/Titel I, S. 333) mit einer Bescheidensheitsgeste zurück: “E...] da aber die Welt keine Brücken hat, und wir uns schon mit den Dingen, die da sind, begnügen müssen, fiihlen wir wenigstens Zuwachs unsrer Existenz, Glückseligkeit, ihm [Gott, H. S.]] nachzuäffen, seine Schöpfung ins Kleine zu schaffen.”

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  376. Vgl. die den enthusiastisch-genialen Phantasieflug mit dem Ikarvsmythos desavouriende Genrekritik im Eingangsmonolog der Komödie Die Kleinen Haug/Titel II, S. 489: “ENGELBRECHT: E...] Lebt wohl große Männer, Genies, Ideale, euren hohen Flug mach ich nicht mehr mit, man versengt sich Schwingen und Einbildungskraft, glaubt sich einen Gott und ist ein Tor. Hier wieder auf meine Füße gekommen wie ein Apoll, als er aus dem Himmel geworfen ward, will ich unter den armen zerbrochenen schwachen Sterblichen umhergehn und von ihnen lernen, was mir fehlt, was euch fehlt - Demut.”

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  377. Das Schreckerlebnis auf dem Berg vor Waldersbach setzt den dysphorischen, schauderhaften Zustand sozialer Privation ins Bild, den die gesellschaftsbezogene Vollkommenheitspsychologie des historischen Lenz als ihren Gegenpol bestimmt: “Die meisten, die größesten und fiirtrefflichsten unserer Fähigkeiten liegen tot, sobald wir aus aller menschlichen Gesellschaft fortgerissen uns völlig allein befinden. Daher schaudert unserer Natur für nichts so sehr, als einer gänzlichen Einsamkeit, weil alsdenn unser Gefühl unserer Fähigkeiten das kleinstmöglichste wird.” Lenz, Versuch über das erste Principium der Moral Haug/Titel I, S. 490. Kursive i. O. gesperrt.

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  378. Lenz, Anmerkungen übers Theater Haug/Titel I, S. 333.

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  379. Der Text findet sich schon in der Lenz-Edition Tiecks von 1828, die auch Büchner nachweislich (Hinderer, Büchner-Kommentar, S. 160) besaß: I.M.R. Lenz’ gesammelte Schriften hg. v. Ludwig Tieck, Bd. 3, S. 276 ff. Vgl. zu dem Gedicht Lenz’: Weiss, Alpenerlebnis, S. 118, sowie der Hinweis bei Curt Hohoff, Jakob Michael Reinhold Lenz in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Hamburg 1977, S. 116.

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  380. Lenz, Die Erschaffung der Welt LWB III, S. 220.

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  381. Ebd., S. 219: “Wähnen sie wärens, fühlen sich Götter,/ Fühlen sich todter als Staub und Nichts.”

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  382. Ebd., S. 221.

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  383. Die Passage endet mit der Versicherung (vgl. ebd.): “Bis in die innerste Wurzel der Seele/ Sich die Urstimme wieder erhebt./ Hier ist Berg,”

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  384. Das gilt auch fir das aristokratische Genie- und Geschichtsverständnis des jungen Goethe, das an die Gesetzlichkeit der sakralisierten pantheistischen Natur gebunden bleibt und keine beziehungslose Autonomie und Apotheose des Individuums anzielt. Vgl. dazu Bollacher, Der junge Goethe, S. 167 ff zu Goethes Rede Zum Schäkespears Tag. Zu Goethes ästhetischer Rehabilitierung des Niedrigen, “Niederländischen” in der Kunst in seinem frühen Aufsatz Nach Falconet und über Falconet und zu der partiellen Parallelität der hier entfalteten Anschauungen mit dem Büchnerschen Kunstgespräch im Lenz vgl. Paul Requadt, Zu Büchners Kunstanschauung: Das “Niederländische” und das Groteske, Jean Paul und Victor Hugo, in: ders., Bildlichkeit der Dichtung. Aufsätze zur deutschen Literatur vom 18. bis 20. Jahrhundert, München 1974, S. 111 ff, sowie Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 63 ff und S. 71 f. Diese Vermittlung des Niedrigen mit dem Hohen, Genialen im Sturm und Drang verbietet es, mit Arendt den in der Anfangsschilderung gesetzten Widerruf des Genialen als Richtspruch Büchners über die gesamte Epoche des deutschen Idealismus und ihre wirklichkeitsenthobene subjektivistische Geistigkeit begreifen zu wollen. (Arendt, Der poetische Nihilismus, Bd. 1, S. 172 ff, hier bes. S. 178 f.) Arendts historisch undifferenzierte Etikettierung vereint unter dem Schlagwort des Idealismus inkommensurable, ja antagonistische Postitionen der Goethezeit; sie stempelt Büchners Protagonisten zum Vertreter jener Position, von der er sich im historischen Vorausgriff im Kunstgespräch distanziert.

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  385. Vgl. Fischer, Büchners Lenz, S. 30 ff.

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  386. An E. Gaupp am 29. 11. 1777. zit nach Waldmann, Lenz in Briefen, S. 77.

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  387. J. F. Oberlin, Herr L, S. 39.

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  388. Sabine Kubik (Krankheit und Medizin, S. 113 ff) hat Oberlins Überzeugung vom sündhaften Selbstverschulden des Geisteskranken auf die im wesentlichen von Francis Willis ausgebildete und von Pinel und Reil weitergetragene psychiatrische Methode des “moral management” zurückgeführt. Dieser Behandlungsweise zufolge ist der Kranke durch eine autoritär strukturierte, sittlich-moralische Beeinflussung und pädagogische Führung von seiner angeblich selbstverschuldeten Devianz zur rechten Lebensordnung zurückzubringen.

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  389. Vgl. zu den psychiatriekritischen Aspekten von Büchners Lenz bes. ebd., S. 127 ff. Kubik hat nachdrücklich die pathogene Wirkung des ärztlichen Blicks Kaufmanns und Oberlins auf den Zustand der Büchnerschen Lenzfigur hervorgehoben.

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  390. Vgl. dazu unten Kap. III, 3.5.2.

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  391. Vgl. oben Kap. III, 2.3.

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  392. Vgl. oben Kap. III, 3.2.1, Exkurs: “Psychologie des Unendlichen”.

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  393. Rousseau, Die neue H¨¦loi’se I, 21, S. 73.

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  394. Ebd., S. 77 f: “Die Gedanken nehmen da [auf hohen Bergen, H. S.], ich weiß nicht, was fir einen großen, erhabnen Schwung, den Gegenständen gemäß, die uns rühren; sie haben, ich weiß nicht was fir eine ruhige Wollust, die nichts Heftiges und Sinnliches hat. [...] Man ist da ernsthaft ohne Schwermut, ruhig ohne Unempfindlichkeit, zufrieden, daß man ist und denkt, alle zu lebhaften Begierden ermatten, verlieren jene Schärfe, die sie schmerzhaft macht, lassen im Innersten des Herzens nur noch eine leichte, sanfte Aufwallung zurück; und so macht eine glückliche Himmelsgegend die Leidenschaften, die sonst den Menschen peinigen, zu Werkzeugen seines Glücks.”

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  395. Ebd., S. 78.

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  396. Vgl. ebd., S. 76 f.

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  397. Vgl. bes. Ritz, Büchners “Lenz”, S. 9, der in der Raumgliederung von Fläche und Linie zu Recht das Moment der Eintönigkeit hervorgehoben hat, sowie Hasselbach, Lenz, S. 61.

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  398. Kant, Beobachtungen über das Gefthl des Schönen und Erhabenen KW II, S. 828.

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  399. Pseudo-Longinus unterscheidet in seinem Traktat (Vom Erhabenen 12, 1, S. 55) die qualitative Höhe der auxesis von der quantitativen Ausbreitung eines Themas in der amplificatio und kommt zu dem Schluß: Das Erhabene, das Pathos und die Tropen “scheinen mir aber darin voneinander abzuweichen, daß das Erhabene einen Aufflug, das Erweitern eher eine stoffliche Bereicherung bildet. Deswegen kann jenes häufig schon. In einem einzigen Gedanken liegen, die Erweiterung ist immer an Fülle und einen gewissen Uberfluß gebunden.” Zu Pseudo-Longins Differenzierung vgl. Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern/ München 91978, S. 483; allgemein zu Pseudo-Longins Konzept außer Karl Viëtor (Die Idee des Erhabenen in der deutschen Literatur, in: ders., Geist und Form. Aufsätze zur deutschen Literaturgeschichte, Bern 1952, S. 241) bes. Henn, Simplizität, S. 4 f.

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  400. Pr¨¦face der Longin-Übersetzung von 1674, zit. nach Henn, Simplizität, S. 5.

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  401. Henn, Simplizität, S. 1 ff, bes. 4 f. Zur Longinus-Rezeption Boileaus und seinem klassizistischen Dogma der Simplizität des Erhabenen vgl. auch Viëtor, Die Idee des Erhabenen, S. 238 ff, bes. S. 241.

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  402. Vgl. Viëtor, Die Idee des Erhabenen, S. 241 f. Boileaus Forderungen werden besonders von Fenelons Ausfiihrungen über die Tragödie mit ihrem Postulat des “grand facile” aufgegriffen.

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  403. J. J. Winckelmann, Kleine Schriften und Briefe hg. v. Wilhelm Senff, Weimar 1960, S. 44: “Das allgemeine vorzügliche Kennzeichen der Griechischen Meisterstücke ist endlich eine edle Einfalt und eine stille Grösse, sowohl in der Stellung als im Ausdruck.” Vgl. dazu Viëtor, Die Idee des Erhabenen, S. 241, sowie bes. Henn, Simplizität, S. 190 ff.

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  404. In Burkes Enquiry ist die Simplizitätsdoktrin in der Statuierung der unity als notwendiger Voraussetzung der erhabenen Wirkung großer visueller Objekte erkennbar. Burke, Vom Erhabenen S. 178 ff (IV, 10: “Warum Einheit zur Riesigkeit erforderlich ist”): “So muß also jedes Ding, das vermöge seiner Quantität groß ist, ein Einziges, Einfaches und Ganzes sein.” Ebd. S. 179 f. Herders klassizistische Bestimmung des Erhabenen als höchstes Schönes in seiner Kalligone. Vom Erhabenen und vom Ideal (1800) gründet sich, wie die Vorstudien deutlich zeigen, auf das Boileausche Dogma: “Erhaben [ist] das, was seiner Natur und Region nach mit Einem Viel, und zwar das Viele in Einem still und mächtig giebt oder wirket.” Vom Erhabenen. Ein Entwurf in: Suphan XXII, S. 265.

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  405. Vgl. dazu Begemann, Erhabene Natur.

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  406. Im Anschluß an John Baillies 1747 postum veröffentlichten Essay an Sublime definiert etwa Alexander Gerard in seinem Essay an Taste (1759) ganz allgemein: “Objects are sublime, which possess quantity or amplitude, and simplicity in conjunction.” Zit. nach Hipple, The Beautiful, the Sublime & the Picturesque, S. 71.

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  407. Ann Radcliffe, A Journey Made in the Summer of 1794 Dublin 1795, zit. nach Ware, Sublimity, S. 27.

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  408. Zit. nach ebd., S. 23 f.

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  409. Zit. nach ebd., S. 24.

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  410. Blair, Critische Abhandlung S. 67 f, S. 131 ff, sowie S. 184.

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  411. Vgl. oben Kap. II, 4.2.

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  412. Vgl. unten Kap. III, 3.6.4.

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  413. William Gilpin, Observations Relating Chiefly to Picturesque Beauty, Made in the Year 1776, on Several Parts of Great Britain, Particularly The Highlands of Scotland London 1789, zit. nach Ware, Sublimity, S. 27, Anm. 49. Allgemein zu William Gilpin und der von ihm begründeten Asthetik des Pittoresken: Hippie, The Beautiful, The Sublime & The Picturesque, S. 192–201; Wozniakowski, Die Wildnis, S. 199–209, sowie Eckhard Lobsien, Landschaft als Zeichen. Zur Semiotik des Schönen, Erhabenen und Pittoresken, in: Smuda (Hg.), Landschaft, S.159–177.

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  414. Vgl. Wozniakowski, Die Wildnis, S. 206 f.

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  415. William Gilpin, On Picturesque Beauty, S. 1052: “In a mountain scene what composition could arise from the corner of a smooth knoll coming forward on one side, intersected by a smooth knoll on the other, with a smooth plain perhaps in the middle, and a smooth mountain in the distance? The very idea is disgusting. Picturesque composition consists in uniting in a whole a variety of parts and these parts can only be obtained from rough objects.” Kursive von mir, H. S. Die dazugehörigen Abbildungen aus Gilpins Essay bei Hippie, The Beautiful, The Sublime & The Picturesque, zwischen S. 202 u. S. 203, dazu die Erläuterung ebd., S. 194 f, sowie bei Werner Hofmann, Zu Friedrichs geschichtlicher Stellung, in: ders. (Hg.), Caspar David Friedrich, S. 70.

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  416. Gilpin, On Picturesque Beauty S. 1056.

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  417. Kant, Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, KW II, S. 827: “Die Miene des Menschen, der im vollen Gefühl des Erhabenen sich befindet, ist ernsthaft, bisweilen starr und erstaunt.” Ahnlich definiert der vorromantische Kunsttheoretiker und Ossian-Prophet Blair in seinen Lectures an Rhetoric (1783) das Erhabene als ernsthafte, angenehme Rührung. Vgl. Viëtor, Die Idee des Erhabenen, S. 257.

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  418. In Kants Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen heißt es vom Melancholiker (KW II, S. 842): “In der Ausartung dieses Charakters neiget sich die Ernsthaftigkeit zur Schwermut [...]”. Schillers schwermütiger Prinz im Geisterseher charakterisiert “Tiefer Ernst und eine schwärmerische Melancholie”. NA XVI, S. 46.

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  419. Hirschfeld sieht zu einem “rührenden Schauplatz der Vergänglichkeit” alles geeignet, “was auf die Hinfälligkeit der Dinge verweist, was bey ihrer Vorstellung Ernst, Nachdenken und sanfte Melancholie vermehren kann”. Theorie der Gartenkunst Bd. IV, S. 161. Schiller spricht anläßlich des “tiefen elegischen Tons” der Hohenheimer Gartenanlage von dem “ernste(n) Geflihl der Vergänglichkeit”. Ober den Gartenkalender auf das Jahr 1795 NA XXII, S. 290. Friederike Jerusalems sanftmelancholisches Poem An die Nachtigall weiht “Stunden der verborgnen Trauer ”Der Wehmut und dem weisen Ernst.“ Kahn, Melancholie in der Lyrik, S. 23.

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  420. Blair, Critische Abhandlung S. 67 f.

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  421. Zit. nach Hirschfeld, Theorie der Gartenkunst, I S. 213.

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  422. Ebd., S. 220.

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  423. Ebd., Bd. IV, S. 82.

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  424. Vgl. oben Zweiter Teil, Kap. II, 4.3.3.

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  425. Vgl. Kammerer, Geschichte des Landschaftsgefiihls, S. 166 und passim mit Beispielen für die Übertragung von Versen aus Albrecht von Hallers Alpen auf deutsche Mittelgebirge. Ernst Moritz Arndts Bruchstücke einer Reise von Bayreuth bis Wien,. S. 45, aktivieren die Burnetsche Ruinenvorstellung gegenüber der Fränkischen Schweiz. Uber die Wanderung zwischen Wäschenfeld und Rabeneck entlang der Wisent schreibt Arndt: “Kein Busch, kern Strauch, kein Grün erhellt die gräßliche Trauer dieser Gegend. Selbst die Wiesen sind hier steinigt und uneben, und die zürnende Wiesend macht tausend mäandrische Krümmungen. Es ist einem, als wandle man unter den Trümmern einer untergegangenen Welt.”

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  426. Vgl. dazu Hohof, Lenz, S. 116, sowie Winter, Lenz, S. 95 f.

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  427. Freye/Stammler II, S. 118 f.

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  428. Oberlin, Herr L, S. 39, 10: “Den Tag hindurch war er auf meiner Stube, wo er sich mit Zeichnen und Malen der Schweizergegenden, mit Durchblättern und Lesen der Bibel, mit Predigtschreiben, und Unterredung mit meiner Frau beschäftigte.” Vgl. auch ebd., S. 40, 26 f: “[...] und ging an sein Malen”.

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  429. So eine Formulierung aus Karl Ludwig Fernows von der idealistischen Ästhetik Kants und Schillers beeinflußter Abhandlung Ueber die Landschaftsmahlerey (1806) über eine Variante des Furchtbar-Erhabenen. C. L. F., Über die Landschaftsmalerei in:ders., Römische Studien Zweiter Teil, Zürich 1806, S. 40. (Kursive i. O. gesperrt.)

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  430. Zu den furchterregenden Objekten der dynamischerhabenen Natur zählt Kant “kühne über-hangende gleichsam drohende Felsen”. Kritik der Urteilskraft, ¡ì 28, KW X, S. 185.

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  431. Vgl. oben Zweiter Teil, Kap. II, 4.3.3.

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  432. Herder, Kalligone. Vom Erhabnen und vom Ideal Dritter Theil, Kap. 3: Vom Erhabenen. Ein Entwurf in: Suphan XXII, S. 261. Vgl. auch ebd. S. 245 f den explizite Ausschluß der Kantschen Liäson von Chaos und Erhabenem.

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  433. Vgl. dazu Günter Oesterle, “Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente. Kontroverse Form-probleme zwischen Aufklärung, Klassizismus und Romantik am Beispiel der Arabeske, in: Herbert Beck; Peter C. Bol; Eva Marek-G¨¦rard (H g.), Ideal und Wirklichkeit der bildenden Kunst im späten 18. Jahrhundert, Berlin 1984, S. 119 f.

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  434. J. W. Goethe, Der Dynamismus der Gebirge in: ders., Schriften zur Geologie, Mineralogie, Meteorologie, S. 26 f. Vgl. zu den geologischen Grundpositionen Goethes bes. Josef Dürler, Die Bedeutung des Bergbaus bei Goethe und in der deutschen Romantik, Leipzig 1936, S. 78–109, bes. S. 90 ff.

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  435. Vgl. dazu Binder, Goethe und die Schweiz, S. 27 ff. In Wilhelm Meisters Wanderjahren, 1. Buch, 10. Kapitel, konstatiert Wilhelm beim Besuch der Sternwarte: “Das Ungeheure hört auf erhaben zu sein, es überreicht unsre Fassungskraft, es droht uns zu vernichten.” AG 8, S. 131. Der erste der Briefe aus der Schweiz (1779) berichtet dagegen von der “große(n) ruhigen Empfindung” bei der Durchquerung der Birs-Schlucht: “Das Erhabene gibt der Seele die schöne Ruhe, sie wird ganz dadurch ausgefüllt, fühlt sich so groß als sie sein kann. Wie herrlich ist ein solches reines Gefühl, wenn es bis gegen den Rand steigt ohne überzulaufen.” AG 12, S. 10.

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  436. Vgl. dazu besonders Goethes Italienische Reise AG 11, S. 18, in den Tiroler Alpen: “Nun wurde es dunkler und dunkler, das einzelne verlor sich, die Massen wurden immer größer und herrlicher [...]”, sowie ebd., S. 449, bei Betrachtung der römischen Architektur: “Besonders ist die Fülle der Mondscheinbilder über alle Begriffe, wo das einzeln Unterhaltende, vielleicht störend zu Nennende durchaus zurücktritt und nur die großen Massen von Licht und Schatten ungeheuer anmutige, symmetrisch harmonische Riesenkörper dem Auge entgegentragen.” Von der Überfahrt nach Sizilien berichtet Goethe (Palermo, 3. April 1787), die “große, simple Linie” des Meeres habe ihm als “Landschaftszeichner” “ganz neue Gedanken gegeben.” AG 11, S. 252.

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  437. HSS 3, S. 112. Zu den zitathaften und parodistischen Beziehungen der Harzreise auf Biographie und Literatur Goethes vgl. Jost Hermand, Werthers Harzreise, in: ders., Von Mainz nach Weimar. Studien zur deutschen Literatur, Stuttgart 1969, S. 129–151, sowie zu Heines historischer Relativierung ästhetischer Naturerfahrung Norbert Altenhofer, Harzreise in die Zeit. Zum Funktionszusammenhang von Traum, Witz und Zensur in Heines früher Prosa, Düsseldorf 1972. Heines Nordsee wird noch in der dritten Abteilung das Konzept des Einfacherhabenen auf das “wogende unermeßliche Meer” und den “wie eine riesige Kristallkugel” erscheinenden Himmel anwenden: “[...] ich erscheine mir dann selbst sehr ameisenklein, und dennoch dehnt sich meine Seele so weltenweit. Die hohe Einfachheit der Natur, wie sie mich hier umgibt, zähmt und erhebt mich zu gleicher Zeit, und zwar in stärkerem Grade als jemals eine erhabene Umgebung.” HSS 3, S. 226 f.

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  438. Vgl. Kap. II, 4.3.

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  439. Vgl. Kap. 4.3.2.2.; 4.3.3.2.

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  440. Vgl. zum Folgenden Henn, Simplizität, S. VI ff.

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  441. Ebd., S. VI.

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  442. Ebd.

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  443. Ebd., S. VII f. Der Pietist Rambach konstatiert entsprechend im 18. Jahrhundert, daß die biblische Sprache “ohne scharfsinnige Beweisführungen und - wie es des redenden Gottes würdig ist - durch schlichte Behauptungen” gekennzeichnet ist. Zit. ebd., S. VII.

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  444. Ebd., S. 19, S. XI.

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  445. Vgl. ebd., S. 20. Kants moralphilosophisch gewendete Definition des apathisch Erhabenen läßt diese theologische Konzeption des “unbewegten Bewegers” unverkennbar durchscheinen: “Aber [...] selbst Affektlosigkeit (apatheia, phlegma in significatu bono) eines seinen unwandelbaren Grundsätzen nachdrücklich nachgehenden Gemütes ist und zwar auf weit vorzüglichere Art [als der Enthusiasmus, H. S.] erhaben, weil sie zugleich das Wohlgefallen der reinen Vernunft auf ihrer Seite hat. Eine dergleichen Gemütsart heißt allein edel; welcher Ausdruck nachher auch auf Sachen, z.B. Gebäude, ein Kleid, Schreibart körperlichen Anstand u. dgl. angewandt wird [...]”. Kritik der Urteilskraft KW X, S. 199.

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  446. Herder, Kalligone Suphan VOL, S. 264.

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  447. Die kongeniale Identifikation mit dem stoisch-apathischen Machtzentrum des Einfacherhabenen setzt - das sei beiläufig erwähnt - eine entscheidende wirkpsychologische Umgestaltung gegenüber dem rhetorischen Simplizitätsideal voraus. Seine persuasive Strategie zielt darauf, mit dem autoritativen einfachen Ausdruck heftige Gemütsbewegungen hervorzurufen. Vgl. Henn, Simplizität, S. 20 und ebd. Anm. 1 mit dem Beispiel aus Silvains Trait¨¦ du sublime: “ [...] il arrive quelquefois que les discours les plus simples, les plus doux, & les plus tranquilles, font naître des passions violentes.” Offensichtlich wird dieses Modell in der weiteren Entwicklungsgeschichte des Einfacherhabenen, besonders nach seiner Übertragung auf Gegenstände der Außenwelt, durch das Kongenialitätsempfinden überlagert: nicht mehr heftige Empfindungen löst der einfacherhabene Gegenstand aus, sondern ruhige Enthobenheit.

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  448. Die Abhängigkeit der Vogesenlandschaft von Oberlin und seinem ehrwürdig-ernsthaften Gebaren hat schon Inge Stephan erkannt: I. S., “Ein Schatten, ein Traum” - Lenz-Rezeption bei Büchner, in: dies.; Hans-Gerd Winter (Hg.) “Ein vorübergehendes Meteor”? J.M.R. Lenz und seine Rezeption in Deutschland, Stuttgart 1984, S. 86.

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  449. Büchners Vogesenschilderung transformiert im Grunde ein sublimes Schema in die Gebirgs-ästhetik, das er schon in seinem melancholischen Jugendgedicht Leise hinter düstrem Nachtgewölke anwendet. Hier (HA II S. 118) erscheinen die “alte(n) Strebepfeiler” der Burgruine als “ernste Geister”, die stoisch “auf der Welt Vergänglichkeit” niederschauen.

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  450. Stud. 27, 34 f; 29, 1–3.

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  451. Vgl. bes. John S. White, Georg Buechner or The Suffering through the Father, in: The American Imago 9 (1952), S. 365–427, hier zum Lenz S. 408–415, sowie die Arbeit Inge Stephans: Lenz-Rezeption, S. 64–110.

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  452. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 86.

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  453. Albrecht Schöne hat in seiner Untersuchung zur “Wiederholung der exemplarischen Begebenheit” als zentrales Selbstdeutungsmuster des historischen Lenz das Gleichnis vom verlorenen 4 ohn (Lukas 15, 11–32) eruiert. A. S. Säkularisation als sprachbildende Kraft, Göttingen 1968, S. 92–138. Die neuere Forschungsliteratur hat erneut die kardinale Bedeutung des Vaterkonflikts fir die Biographie J.M.R. Lenz’ unterstrichen: Sigrid Damm, Vögel, die verkünden Land. Das Leben das Jakob Michael Reinhold Lenz, Frankfurt/ M., 1989, S. 24, sowie bes. Gersch; Schmalhans, Lenz, S. 400 f.

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  454. Die zentrale Rolle des Vaterkonflikts fir Biographie und Dichtung Büchners betont: Jan-Chri-stoph Hauschild, Schiffbruch und Lebensplan. Büchners Vaterbeziehung im Prozeß der Literansierung, in: Burghard Dedner; Günter Oesterle (Hg.), Zweites Internationales GeorgBüchner-Symposium 1987 - Referate, Frankfurt/ M. 1990, S. 37–52. Zu Büchners Lenz als “Bekenntnisbuch” hinsichtlich des eigenen Vaterkonflikts ebd., S. 46 f.

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  455. White, Suffering through the Father, S. 409, S. 412. Zur biographischen Voraussetzung dieses Ambivalenzkonfliktes bei Büchner vgl. ebd., S. 370 f.

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  456. Vgl. dazu allgemein Carl Pietzcker, Einführung in die Psychoanalyse des literarischen Kunst-werks am Beispiel von Jean Pauls “Rede des toten Christus”, Würzburg 21985, S. 15 ff.

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  457. Stephan, Lenz-Rezeption, bes. S. 89 f.

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  458. Vgl. ebd. S. 78, S. 84 ff. Zur erstrangigen Bedeutung der Stilisierung von Oberlin und seiner Frau zu Elternfiguren in Büchners Erzählung auch Kubik, Krankheit und Medizin, S. 51 ff.

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  459. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 84 f.

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  460. Oberlin steht dabei nur am Ende wiederholter Versuche Lenzens, sich vor allem zwischen 1772 und 1777 in seinem Freundeskreis nach Ersatzeltern umzusehen. Herder und Lavater nennt er “Vater” und “liebster Papa”, Sophie von La Roche “Mutter”, die er “mütterlich gütig” ansieht oder deren “müterlichen Tadel” er erwartet. LWB III, S. 332, S. 417, S. 561, S. 297, S. 330, S. 385, S. 331. Vgl. Gersch; Schmalhaus, Lenz, S. 400, Anm. 96.

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  461. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 78.

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  462. In der theologischen Abhandlung Meinungen eines Laien. Stimmen des Laien (1775) bezeichnet Lenz das Gehorsamsgebot gegenüber den Eltern als “in uns liegendes Naturgesetz”: “Fühlen Sie nicht, daß es recht ist, unsere Erzeuger zu ehren, daß es edel ist, ihnen auch in Dingen zu gehorchen, wobei wir etwas von unserm Vorteile aufopfern [...] Abweichung von diesen Regeln ist Abweichung von unserer wahren Existenz, und das Finale derselben die Aufhebung von unserer Existenz.” LWB II, S. 602 f.

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  463. Stud. 23, 11–12. Vgl. Oberlin, Herr L, S. 39, 14 ff.

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  464. Vgl. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 86.

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  465. Vgl. dazu Pietzcker, Psychoanalyse, S. 45, S. 49.

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  466. Vgl. ebd., S. 43 ff zu den verschieden entwickelten narzißtischen Phantasien.

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  467. Vgl. ebd., S. 50: “Die idealisierte Elternimago garantiert und synthetisiert durch ihre Gegenwart die Einheit mit der Objektwelt, deren Einheit mit dem Subjekt und auch dessen Einheit. Sie läßt die Trennungen ertragen, ‘schließt alte Wunden” und hebt das Gefühl der ’leeren Unermeßlichkeit’ und der Verlassenheit auf.“

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  468. Auf den prekären Status von Lenzens autotherapeutischer Vater-Kind-Phantasie hat auch Kubik, Krankheit und Medizin, S. 51 f, hingewiesen.

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  469. Vgl. zum Folgenden die zusammenfassende Charakteristik von Pietzcker, Psychoanalyse, S. 19 ff. Grundsätzlich dazu mit ausführlicher Bibliographie: E. Nase; J. Scharfenberg, Psychoanalyse und Religion, Darmstadt 1977.

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  470. In seinem Kindergedicht Neujahrs Wunsch An meine Hochzuehrend Eltern (1763) erweist sich die Apostrophe des Anfangs (“Vater, uns hat deine Güte, noch bis hieher durchgebracht” als Anrede Gottes. Das Gedicht endet mit der bewußten Liäson beider Autoritätsinstanzen: “Segne Vater, meinen Vater”. LWB III, S. 7. In dem zwei Wochen nach seinem Aufenthalt in Waldersbach niedergeschriebenen Brief an seinen Vater bekennt Lenz mit einem Kernzitat aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn: “Vater! ich habe gesündigt im Himmel u. vor Dir u. bin fort nicht wert, daß ich dein Kind heiße.” Ebd., S. 568. In einem weiteren Brief Lenzens an den Vater (Moskau, etwa 1790) erscheint dieser ausdrücklich als “von oben” installierte Macht, deren Mißachtung das eigene Seelenheil verwirkt hat: “Teuerster mit unsterblichem Ruhm von oben geschmückter verehrungswürdigster Papa! [...] ich winde mich als ein Wurm im Staube und flehe um Erlösung [...] Ich habe gefehlt, 1000mal gefehlt. Am meisten in Liefland - gegen Sie [...]” Ebd., S. 671 ff. Kursive i. O. gesperrt. Zur Verbindung von Vaterbild und Gottesvorstellung bei J.M.R. Lenz vgl. auch Schöne, Wiederholung der exemplarischen Begebenheit, S. 123 f.

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  471. Fre e/Stammler II, S. 118 f.

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  472. J.M.R. Lenz, Stimmen des Laien auf dem letzten theologischen Reichstage im Jahre 1773 Haug/ Titel I, S. 511 f.

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  473. Wiederum kann hier ein deutlicher Anklang an bei Tieck ausgeprägte synästhetisch-halluzinatorische Wahrnehmungsphänomene verzeichnet werden. Von seinem Aufenthalt in Genua schreibt William Lovell an Rosa: “Ich labte mich hier am Anblicke des großen allmächtigen Meeres. Mein Geist ward in mir größer, und ich fühlte mich einmal wieder über die Menschen und über die Natur hinausragen. Die unübersehliche Fläche redete mich erhaben an, und ich antwortete ihr innerlich mit bestimmter Kühnheit. Alle meine Sorgen, die mich sonst so schwer drückten, waren hinweggeflogen, und ich war frei und unbeängstigt.” Tieck, William Lovell, TW I S. 649. Das im Zitat ausgedrückte ästhetisch-therapeutische, im Kontext der moralistischen natura loquitur-Umdeutung stehende Naturverhältnis kann bei Tieck auch ins Schauerliche umschlagen und sich mit den nach außen projizierten Ängsten des Melancholikers mischen. In dieser Ausprägung kommt es den Erfahrungen des Büchnerschen Lenz sehr nahe. Vgl. Der Runenberg TW II, S. 66: “Er [der junge Christian, H. S.] kam in Gegenden, in denen er nie gewesen war, die Felsen wurden steiler, das Grün verlor sich, die kahlen Wände riefen ihn wie mit zürnenden Stimmen an, und ein einsam klagender Wind jagte ihn vor sich her.”

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  474. Vgl. bes. die Interpretation Fischers (Büchners Lenz, S. 35) die gerade den entscheidenden Anteil der Privation “Alleinsein” an der zweiten Vogesenschilderung gegenüber der ersten hervorhebt.

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  475. Ebd.

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  476. “[...] manche Gedanken, mächtige Gefühle wurde er nur mit der größten Angst los, da trieb es ihn wieder mit unendlicher Gewalt darauf, er zitterte, das Haar sträubte ihm fast, bis er es in der ungeheuersten Anspannung erschöpfte.” (Stud. 17, 14–18).

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  477. Vgl. Hasselbach, Lenz, S. 63 f.

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  478. Vgl. oben Kap. III, 3.2.2 sowie bes. die Anm. 91 ebd. Vgl. zum primärnarzißtischen Status auch Henseler, Theorie des Narzißmus, S. 461, zu den pathologischen Versuchen seiner Restitution ebd., S. 473 f. Die Auflösung der Umwelt in eine homogenisierte, konturlose flüssige Masse entspricht ziemlich genau Balints Definition des Primärzustands und Freuds Romain Rolland entlehnter metaphorischer Übersetzung des primären, allumfassenden Ichgefühls als “ozeanisches Gefühl”. S. Freud, Das Unbehagen in der Kultur, FGW XIV, S. 421 ff.

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  479. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß Balints Definition des Primärzustands als “primäre Liebe” eine von Anfang an bestehende primitive objektgerichtete Beziehung des Individuums zu seiner Umwelt annimmt, die als “diffuse, unbegrenzte und unzerstörbare Substanz” gesehen werde. Vgl. Henseler, Theorie des Narzißmus, S. 462.

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  480. Zum unterschiedlichen symbolischen Gehalt von Gebirge und Meer vgl. Simmel, Die Alpen, S. 147 f; die im Text zitierten Begriffe ebd., S. 148.

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  481. Willy Hellpachs “Geopsyche. Die Menschenseele unter dem Einfluß von Wetter und Klima, Boden und Landschaft” (Stuttgart 1950), ein Werk, das unreflektiert konzeptuelle Momente der landschaftsästhetischen Anthropogeographie weiterträgt, schreibt (S. 176 0 den “einförmigen Linien und Flächen” der Ebene bzw. den “ausgedehnten einfachen Linien [...] und Flächen” breiter Hochtäler eine beruhigende, abspannende oder gar einschläfernde Wirkung zu.

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  482. Vgl. unten Kap. III, 3.5 und 3.6.

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  483. Dieser erzähltechnische Befund ist rezeptionsästhetisch auch dann geltend zu machen, wenn man den Entwurfcharakter der vor der Naturschilderung lokalisierten Passage annimmt. Er schlägt sich sowohl in der doppelten Nennung des Hinaustretens wie in der “Wie-Reihung der Motive” (Stud. 10, 4 f0 nieder, letztere nach Gersch eine “Gedächtnisstütze”, ein Notat fir die spätere Ausformulierung. Hubert Gersch, Georg Büchner: “Lenz”. Textkritik, Editionskritik, Kritische Edition. Diskussionsvorlage fir das “Internationale Georg-Büchner-Symposium” Darmstadt 25.-28. Juni 1981, zit. nach Schaub, Lenz, S. 16. Diesem Entwurfcharakter entsprechend, hat Bergemann in den auf seine Büchner-Werkedition von 1922 folgenden Ausgaben den ersten Hinweis des Textes auf den Transzensus getilgt. Vgl. Hans Peter Herrmann, “Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg”. Zur Textgestaltung von Georg Büchners nachgelassener Erzählung, in: ZfdPh 85 (1966), S. 260, Anm. 31. Herrmann hat dagegen zuerst auf die inhaltliche Akzentuierung der Winterlandschaftssequenz durch das zweimalige Ankündigen des Hinaustretens sowie auf ihre Verflechtung mit den der deskriptiven Passage vorausgehenden Reflexionen hingewiesen.

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  484. Oberlins Licht- und Stimmenvision ereignet sich “auf der Höhe”, die Begegnung mit der “unaufhaltsamen Hand” findet ebenfalls draußen “auf der Brücke” statt. Von den Steintalbewohnern wird dann sogar explizit festgestellt, es sei ihr vertrauter Umgang mit der “Natur”, in der sich die “himmlischen Mysterien” offenbarten.

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  485. Heines satirischer Rekurs auf die Semantik des landschaftlichen Transzensus in der Harzreise inszeniert virtuos diese Ziel- und Zwecklosigkeit des Wanderns: “Von Goslar ging ich den andern Morgen weiter, halb auf Geratewohl, halb in der Absicht, den Bruder des Klausthaler Bergmanns aufzusuchen. Wieder schönes, liebes Sonntagswetter. Ich bestieg Hügel und Berge, betrachtete, wie die Sonne den Nebel zu verscheuchen suchte, wanderte freudig durch die schauernden Wälder, [...] das Wiesental blitzte wie eine diamantenbesäete Golddecke, und der Hirt schritt darüber hin mit seiner läutenden Herde. Ich mochte mich wohl eigentlich verirrt haben. Man schlägt immer Seitenwege und Fußsteige ein, und glaubt dadurch näher zum Ziele zu gelangen. Wie im Leben überhaupt, gehts uns auch auf dem Harze.” HSS 3, S. 129.

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  486. Hellppach, Geopsyche, S. 19. Hellpachs in der Tradition des geographischen Landschaftsbe-griffs stehende und den deterministischen Einfluß von “Boden”, “Klima”, “Landschaft” auf Kosten der soziohistorischen Vermittlungen überbetonende Arbeit faßt das Verhältnis von idealem Wintertag und aufgeräumter Stimmung entsprechend als reine Einflußbeziehung: “[...] bei Wintertagen, die sich durch Kühle, Helligkeit und mäßige Luftbewegung auszeichnen, sind wir subjektiv aufgeräumt, wohlgemut (”euphorisch“), unternehmungslustig, und unsere Leistung geht glatt und rasch vonstatten, ja wir können mehr und besseres zuwegebringen.”

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  487. Kurt Voss, Georg Büchners “Lenz”. Eine Untersuchung nach Gehalt und Formgebung, Bonn 1922, hier S. 66–72 (Kap. N: “Einfluss von D. E. Stöbers Schrift ‘Leben und Wirken Joh. Fr. Oberlins’.) Daß der Passus aus Oberlins Annalen der Büchnerforschung unbekannt ist, belegt seine Abwesenheit in den Lenz-Kommentaren Hinderers und Schaubs sowie in dem der neuen Büchner-Ausgabe des Verlags deutscher Klassiker (Georg Büchner, Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente in zwei Bänden, hg. v. Henri Poschmann, Bd. 1, Dichtungen, Frankfurt/M. 1992, hier zur Winterlandschaft S. 823 ff.)

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  488. Peter Pütz (Büchners ‘Lenz’, S. 7) konstatiert - trotz seines Hinweises auf die “eingeengte Erzählhaltung des Berichts” Oberlins - bezüglich der ästhetischen Einbindung der Steintalbewohner in die Landschaft: “[...] solche Verbindungen sind Oberlin fremd; selbst einfache Naturbeschreibungen fehlen so gut wie ganz; von den Stationen seiner Reise ist die Rede, niemals aber von Landschaften. [...] Dem Chronisten ist die Natur gleichgültig.” Kursive i. O. gesperrt. Bei Albert Meier (Georg Büchners Asthetik, S. 53) paradiert diese These bereits als büchnerphilologische Selbstverständlichkeit. Die Naturschilderungen von Büchners Erzählung hätten im Bericht Oberlins “natürlich kein Vorbild haben können.”

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  489. Kurtz, Oberlin, S. 84.

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  490. Vgl. Ursula Naumann, Predigende Poesie. Zur Bedeutung von Predigt, geistlicher Rede und Predigertum für das Werk Jean Pauls, Nürnberg 1976, S. 67 ff.

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  491. Vgl. dazu vor allem die vorzügliche Studie Ketelsens, Naturpoesie, hier die thesenhafte Zusammenfassung S. VI ff.

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  492. Ebd., S. 36, S. 100. Die empirisch zugänglichen attributiva relativa scheidet die Theologie von den nur durch die Offenbarung erfahrbaren attributa absoluta interna.

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  493. Zur physikotheologischen Absicht, den Finalnexus der Naturobjekte im christlichen Ordo universalis und seiner Heilsordnung zu wahren, vgl. ebd., S. 149 und passim.

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  494. Vgl. allgemein zur Tradition der theologia naturalis und des lumen naturale sowie bes. Zum Zusammenwirken von Naturforschung und theologia naturalis in der Schweiz: Eduard Fue-ter, Geschichte der exakten Wissenschaften in der schweizerischen Aufklärung (1680–1780), Amsterdam 1971, S. 45–55; Ketelsen, Naturpoesie, S. 136.

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  495. Zur patristisch-mittelalterlichen Herkunft der Lehre vom Buch der Natur: Heribert M. Nobis, Art. Buch der Natur in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. von Joachim Ritter, Bd. 1, Darmstadt 1971, Sp. 957–959; Curtius, Europäische Literatur, S. 323–329; Hans Blu- menberg, Die Lesbarkeit der Welt, Frankfurt/M. 1986, S. 47 ff. Die natürliche Offenbarung Gottes durch das Buch der Natur ist dabei der übernatürlichen durch die Schrift untergeordnet. Zur Beliebtheit der thomistischen Metapher vom Buch der Natur in der englischen wie deutschen Physikotheologie vgl. Ketelsen, Naturpoesie, S. 136.

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  496. Vgl. Lempp, Problem der Theodicee, S. 32 ff. Zur Auffassung von der Welt als Spiegel göttlicher Vollkommenheit als Lieblingsvorstellung Leibniz’ ebenso wie Wolffs: Gerhard Kaiser, Klopstock. Religion und Dichtung, Gütersloh 1963, S. 57.

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  497. Vgl. Philipp, Werden der Aufklärung, S. 106 f.

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  498. Vgl. dazu und zum folgenden Ketelsen, Naturpoesie, S. 140 ff am Beispiel von Brockes Die Rose. Auf diese physikotheologische Trennung von Sinnenschein und vernunftmäßiger Gotteserfahrung hat Kaiser, Klopstock, S. 286, ausdrücklich hingewiesen.

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  499. Zum ontologischen Hintergrund des physikotheologischen “Schönen”, das nicht den sinnlichen Augenschein meint, vgl. Ketelsen, Naturpoesie, S. 175.

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  500. Ebd., S. 53.

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  501. Hierzu und zum folgenden ebd., S. 113 f und die Anm.*

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  502. Zur Bedeutung Lockes für die neue Ästhetik der Imagination in England vgl. Tuveson, The Imagination, S. 16 ff.

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  503. Vgl. zum Folgenden bes. Possin, Natur und Landschaft, S. 134 ff.

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  504. Vgl. Addison, Pleasures of the Imagination Essays, ed. Gillman, S. 481: “We [...] imme-diately assent to the beauty of an object, without inquiring into the particular causes and occasions of it.”

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  505. Zur zentralen Stellung der “cheerfulness” in der Moralistik Addisons als “moral habit of the mind” und “Christian virtue” vgl. Possin, Natur und Landschaft, S. 168.

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  506. Spect. 393 zit. nach Possin, Natur und Landschaft, S. 70. Vgl. auch ebd., S. 134 f.

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  507. J. J. Rousseau, Die Bekenntnisse in: ders., Die Bekenntnisse. Die Träumereien des einsamen Spaziergängers übersetzt von Alfred Semerau und Dietrich Leube, mit einer Einführung von Jean Starobinski sowie einem Nachwort und Anmerkungen von Christoph Kunze, München 1978, S. 631 f.

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  508. Vgl. Kaiser, Klopstock, S. 86 ff. Gegenüber dem Rationalismus formen die Neologen zwar schon die Vernunftidee zugunsten eines durch Gründe und Folgerungen gestützten Empfindens um, werden aber durch den Klopstockschen Gefühlsüberschwang in seiner “dritten Art von Gott zu denken” (Von der besten Art über Gott zu denken) überholt. Vgl. ebd., S. 98 f.

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  509. Richter, Kopernikanische Wende, S. 147 f mit dem Hinweis auf Ansätze zum Hymnischen bei Brockes. Zum Abrücken der Klopstockschen Lyrik von der physikotheologischen Naturpoesie und ihren Verfahren und Prämissen vgl. auch Kaiser, Klopstock, S. 287.

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  510. Klopstocks Oden und Elegien. Faksimiledruck der bei Johann Georg Wittich in Darmstadt 1771 erschienenen Ausgabe. Mit einem Nachwort und Anmerkungen hg. v. Jörg-Ulrich Fechner, Stuttgart 1974, Anmerkungen, S. 21.

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  511. Vgl. Blumenberg, Die Lesbarkeit der Welt, S. 183 ff.

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  512. Ursula Naumann, Predigende Poesie, S. 68 f.

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  513. “Wenn man nun vom Dasein der Dinge in der Welt auf ihre Ursache schließt, so gehört dieses nicht zum natürlichen sondern zum spekulativen Vernunftgebrauch [...] Ich behaupte nun, daß alle Versuche eines bloß spekulativen Gebrauchs von der Vernunft in Ansehung der Theologie gänzlich fruchtlos und ihrer inneren Beschaffenheit nach null und nichtig sind; daß aber die Prinzipien ihres Naturgebrauchs ganz und gar auf keine Theologie führen [...]”. I. Kant, Kritik der reinen Vernunft KW IV, S. 559, Kursive i. O. gesperrt. Vgl. dazu Marquard, Kant und die Wende zur Asthetik, S. 239.

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  514. Vgl. oben Kap. II, 2.3.1.

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  515. Vgl. dazu die Studie Wolfgang ProB’: Jean Pauls geschichtliche Stellung. Zur Rezeption te-leologischer Ideen beim jungen Jean Paul aus Predigt- und Schriftsammlungen des späten 18. Jahrhunderts sowie der diesbezüglich bedeutenden Vermittlerrolle des Kaplans Völkel vgl. Naumann, Predigende Poesie, S. 67.

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  516. Vgl. Wölfel, Kosmopolitische Einsamkeit, S. 44. Zur Einbettung der in den Romanen Jean Pauls gestalteten Naturbezüge in die spätaufklärerische Naturbegeisterung vgl. Naumann, Predigende Poesie, S. 68.

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  517. Vgl. dazu Friedrich Vollhardt, Straßburger Gottesbeweise. Adolph Stoebers Id¨¦es sur les rapports de Dieu d la Nature (1834) als Quelle der Religionskritik Georg Büchners, in: GBJb 7 (1988/ 89), S. 59. Das Zitat stammt aus Karl Gottlieb Bretschneiders Handbuch der Dogmatik der evangelisch-lutherischen Kirche 31828), zit. nach ebd., S. 64.

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  518. Ebd., S. 59 und die Anm. 38 ebd.

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  519. Vgl. ebd., S. 59, Anm. 38.

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  520. Vgl. Ketelsen, Naturpoesie, S. 56 f.

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  521. Ebd., S. 22.

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  522. Burckhardt-Stoeber, S. 109.

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  523. Kurtz, Oberlin, S. 145. Vgl. zu Oberlin Klopstock-Rezeption auch Erich Psczolla, Johann Friedrich Oberlin 1740–1826, Gütersloh 1979, S. 69 f.

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  524. Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 78 f.

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  525. Kurtz, Oberlin, S. 84.

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  526. Ketelsen, Naturpoesie, S. 57 und passim.

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  527. Vgl. den von Kurtz, Oberlin, S. 116 mitgeteilten Ausspruch Fallots über den Konnex von eschatologischer Antizipation und Heiligung der Arbeit bei Oberlin: “Oberlin machte aus dem Ackerbau etwas wie einen heiligen Ritus: die Erde ist das Urbild des Himmels; ihre Pflege gleicht einem himmlischen Sakrament.”

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  528. Zu dem von W. Philipp geprägten Begriff: Ketelsen, Naturpoesie, S. 57.

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  529. Zit. nach Kurtz, Oberlin, 85 f.

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  530. Vgl. Burckhardt-Stoeber, S. 18: “Das Steinthal bildet einen Theil der Gegenhänge und der westlichen Verzweigungen des Hochfelds, das uneigentlich Feuerfeld, vom Patoiswort Champ de F¨¦, zu deutsch Viehfeld, Hochfeld genannt wird. Von diesem Hochfeld aus umfaßt die Aussicht einen ungeheuren Gesichtskreis, erstreckt sich über einen großen Theil von Elsaß und Baden und erreicht selbst die Eisberge der Schweiz.”

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  531. Stoeber, Vie de Oberlin S. 115.

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  532. Stoeber, Der Dichter Lenz, S. 11, Anm.

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  533. Voss kommt (Lenz, S. 66) auf der Grundlage seiner Studien zur Überzeugung, daß Büchner die Oberlin-Biographie D. E. Stoebers genau gekannt haben muß.

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  534. Stoeber, Vie de Oberlin S. 116: “15. F¨¦vrier 1782. Moi en danger de p¨¦rir dans les neiges avec deux pensionnaires en voulant revenir de Rothau et le lendemain sur le pont de deux poutres par-dessus la Bruche, o¨´ je fus remis en ¨¦quilibre par une main invisible.” (Kursive i. O.) Vgl. den Nachweis bei Voss, Lenz, S. 68.

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  535. Stoeber fuhrt die Episode aus dem Februar 1782 an, um die Gefahren der winterlichen Exkursionen, denen Oberlin auch während des Krankenbesuchs in Barr ausgeliefert war, zu unterstreichen.

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  536. Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie, hg. v. Gretel Adorno und Rolf Tiedemann, Frank-furt 1981, S. 108: “Das Wort ‘wie schön’ in einer Landschaft verletzt deren stumme Sprache und mindert ihre Schönheit; erscheinende Natur will Schweigen 1...]”. Vgl. auch die Sonnenuntergangsszene auf dem Brocken in Heines Harzreise: “Während ich so in Andacht versunken stehe, höre ich, daß neben mir jemand ausruft: ”Wie ist die Natur doch im allgemeinen so schön!’ Diese Worte kamen aus der gefühlvollen Brust meines Zimmergenossen, des jungen Kaufmans. Ich gelangte dadurch wieder zu meiner Werkeltagsstimmung [...]“, HSS 3, S. 144 f.

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  537. Vgl. Basil Willey, The Religion of Nature, London 1957, S. 17 f; Ketelsen, Naturpoesie, S.

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  538. Bei Thomas ¨¤ Kempis heißt es beispielsweise: “O Lord, let that become possible to me by Thy grace, which by nature seems impossible to me.” Zit. nach Willey, The Religion of Nature, S. 17.

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  539. Ketelsen, Naturpoesie, S. 56.

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  540. Ebd., S. 57.

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  541. Albrecht von Haller, Über den Ursprung des Übels [1734], in: ders.: Die Alpen und andere Gedichte. Auswahl und Nachwort von Adalbert Elschenbroich, Stuttgart 1978, S. 55.

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  542. Brockes’ Auszug formuliert diesen eschatologischen Anspruch in einem Motto gegenüber dem auf S. 16 angebrachten Kupferstich: “Seht wie lieblich blühn und gläntzen Gärten, Wälder und Gefilde,/ Die verlohrnen Edens Auen zeigt der Frühling uns im Bilde.” Zum eschatologischen Aspekt des physikotheologischen Naturbezugs vor allem in den Gedichten Brockes: Ketelsen, Naturpoesie, S. 34, S. 56 f, S. 107.

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  543. Helmut J. Schneider, Utopie und Landschaft im 18. Jahrhundert, in: Wilhelm Voßkamp (Hg.) Utopieforschung. Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie, Bd. 3, Stuttgart 1982, S.172–190.

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  544. Ebd., S. 175. Schneiders Hinweis auf die gnadentheologischen Implikate des aufklärerisch-empfindsamen Landschaftsblicks erfolgt tm Anschluß an Odo Marquard, der in der “Positivierung der unberührten Natur” eine “profane Kompensation des Verlusts der Gnade” erkennt und den “Ausbrüchen in die Unbelangbarkeit” vor den selbstgestellten Zukunftsansprüchen eingliedert. (O. M., Der angeklagte und der entlastete Mensch, S. 52) Im Gegensatz aber zu Marquard nimmt Schneider keine Trennung von Geschichtsphilosophie und gnadenhafter Landschaftserfahrung vor - in der Landschaft, so Marquard, entkomme das mit den eigenen Machensansprüchen übertribunalisierte Subjekt in den Schutz der Gnade natürlichen So-Seins -, sondern integriert beide mit seiner These der Latenz geschichtsphilosophischer Konstruktivität. Unabhängig von Piepmeiers kritischer Revision der Ritterschen Trennung von Landschaft und arbeitsbelasteter, gesellschaftlicher Natur entdeckt F. J. Schneider damit die grundsätzliche Immanenz des naturbeherrschenden und -destruktiven Moments im Landschaftserleben: die Naturbeherrschung als Voraussetzung landschaftlichen Sehens ist als “Grund seiner Zerstörung” ebenso zu bestimmen wie als Grund von Kompensation“ (ebd., S. 182), eine Einsicht, die Schneider am scheiternden Sehen des Türmers Lynkeus in Faust II, V. Akt plausibel macht.

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  545. Schneider, Utopie und Landschaft, S. 178 f. Die physikotheologische Beschwörung des ada-mitischen Ursprungsblicks verweist auf die biblisch-altchristliche Überlieferung, derzufolge sich der paradisus voluptatis (Gen. 2, 8 ff) ja gerade im paradisus corporalis im Status der unverdorbenen und noch jungfräulichen Sinne als erfüllte Gegenwart genießen ließ. Vgl. dazu Hans Robert Jauß, Aisthesis und Naturerfahrung, in: Zimmermann (Hg.), Das Naturbild des Menschen, S. 163.

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  546. Stoeber, Vie de Oberlin S. 115: “La proximit¨¦ apparante du ciel anima toute mon ame de force et d’encouragement, plus que jamais je pris la r¨¦solution de consacrer toute ma vie au bien-¨ºtre de mon prochain, pour remplir les vues de mon cr¨¦ateur et ob¨¦ir ainsi, autant qu’il me sera possible, aux pr¨¦ceptes de notre Sauveur.” Oberlin spart die übliche Lobpreisung Gottes und seiner Attribute aus und vollzieht sofort den erst aus der Gotteserkenntis resultierenden Schritt in die moralische Applikation, die auch der physikotheologischen Naturpoesie eignet. Vgl. Ketelsen, Naturpoesie, S. 93: “Naturerkenntis heißt zugleich auch Gotteserkenntnis, und Gotteserkenntnis heißt nach tradiertem Verständnis auch, den Grund der Sittlichkeit zu erkennen.”

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  547. Vgl. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 87.

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  548. Zum Zusammenhang beider Szenen vgl. ebd.

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  549. Vgl. unten Kap. III, 3.4.4.

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  550. Burckhardt-Stoeber, S. 20.

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  551. So die irrtümliche Attribuierung Inge Stephans, Lenz-Rezeption, S. 88. Die Aureole umschließt im Gegensatz zur auf den Kopf beschränkten Gloriole die ganze Gestalt. Johannes Jahn, Artikel “Heiligenschein”, in: ders., Wörterbuch der Kunst, Stuttgart 1940, S. 226.

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  552. Zur Strategie der physikotheologischen Naturpoesie, die Herrlichkeit Gottes optisch im Lichtglanz des Natürlichen zu vermitteln, und ihrer Wurzel im alttestamentlichen Kabod-DoxaKomplex vgl. umfassend Philipp, Das Werden der Aufklärung, S. 100 ff. Der alttestamentliche Kabod ist die strahlende Feuersubstanz um Gott her, “die durch Naturerscheinungen hindurch [...1, besonders aber jenseits ihrer als Wesensbestimmung Gottes dient.” Der alttestamentliche Kabod geht in den Begriff der neutestamentlichen Doxa ein die den göttlichen Lichtglanz, das erhabene Wesen Gottes und seiner Welt bezeichnet. In Brockes Bethautem Gras fungieren die das glitzernde Sonnenlicht widerspiegelnden Tautropfen als Reflektoren der göttlichen Herrlichkeit, als “kleine Sonnen”, die die Seele “himmelwärts” zur lichten Klarheit “aller Dinge Quell”, Gott, lenken. Vgl. ebd., S. 101 f und die Anm. 16 ebd.

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  553. Jahn, Artikel “Heiligenschein”, S. 226.

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  554. Vgl. die Deutung Inge Stephans, Lenz-Rezeption, S. 88.

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  555. Vgl. dazu sowie allgemein zur Objektivierung und Kollektivierung ödipaler Konflikte im Christentum: Pietzcker, Psychoanalyse, S. 20 f.

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  556. Zum “Duft” als “Übersetzung und gebräuchliches deutsches Äquivalent” der kunstwissen-schaftlichen Fachvokabel “sfumato” und ihrer typologischen Identifikation mit den Fernsichten Claude Lorrains bei Hagedorn, Goethe und Stifter vgl. Wolfgang Riedel, “Der Spaziergang”. Ästhetik der Landschaft und Geschichtsphilosophie der Natur bei Schiller, Würzburg 1989, S. 46 f, Anm. 34.

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  557. Es ist unverständlich, daß Eva Borst in ihrer Untersuchung zum “Einfluß der niederländischen Genremalerei auf Georg Büchners Erzählung ‘Lenz’ (in: Literatur fir Leser 1988, H. 2, S. 98–106) trotz ihres Hinweises auf die besondere Relevanz des Clair-Obscur fir den Lenz zur Feststellung kommen kann, in der Passage werde auf den Hell-Dunkel-Kontrast verzichtet. Ebd., S. 105.

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  558. Vgl. oben Kap. II, 4.3.2.2.

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  559. Vgl. entsprechend die “schwarze(r) ernste Farbe” der Hütten in der ersten einfacherhabenen Vogesenlandschaft, Stud. 8, 34.

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  560. Hinderer, Büchner-Kommentar, S. 143 f.

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  561. Siehe dazu Jörg Jochen Berns, Zeremoniellkritik und Prinzensatire. Traditionen der politischen Asthetik des Lustspiels Leonce und Lena in: Dedner (Hg.), Georg Büchner: Leonce und Lena, S. 219–274, bes. S. 225 ff.

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  562. Leonce und Lena I, 4 (HA I S. 117): LENA. Ja jetzt! Da ist es. Ich dachte die Zeit an nichts. Es ging so hin, und auf einmal richtet sich der Tag vor mir auf. Ich habe den Kranz im Haar - und die Glocken, die Glocken! Sie lehnt sich zurück und schließt die Augen. Sieh, ich wollte, der Rasen wüchse so über mich und die Bienen summten über mir hin; sieh, jetzt bin ich eingekleidet und habe Rosmarin im Haar. Gibt es nicht ein altes Lied: Auf dem Kirchhof will ich liegen Wie ein Kindlein in der Wiegen 1...]“ Man achte auf die analoge Verkettung sentimentaler melancholischer Motive in Erzählung und Lustspiel: Glockenklang, Rosmarinzweig und sentimentale, auf den Kirchhof gerichtete Todesphantasie.

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  563. Vgl. Hirschfeld, Theorie der Gartenkunst IV, S. 161. Zur besonderen Eignung des Friedhofs als Ambiente, sanftmelancholischer Stimmungen vgl. außerdem die oben (Kap. II, 4.3.3.2) an eführten Außerungen Abbts.

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  564. Vgl. die zutreffende Einordnung Dedners, Bildsysteme, S. 194: “ [...1 auch die Menschen sind bei aller Lebendigkeit dem Tod verpflichtet. Sie erscheinen in ihrer ‘ernsten schwarzen Tracht’ und tragen Rosmarinzweige.”

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  565. Abbts Von lateinischen Elegien bestimmt ausdrücklich das “Geläute der Sterbeglocken” (S. 285) als wehmütige Stimmungen inzitierenden Umstand. Vgl. auch Anton Reisers Faible fair die “melancholischen” Glocken des Erfurter Karthäuserklosters: AR, S. 450 f.

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  566. Vgl. Dedner, Bildsysteme, S. 194: “Der Eindruck, hier sollte eine Vorfrühlingslandschaft beschrieben werden, trügt indes. Eher erscheinen mit dem Verschwinden des Winters noch einmal die letzten Reste des Herbstes”. Zum elegischen Reiz pflanzlichen Verfalls in der melancholischen Lyrik des 18. Jahrhunderts vgl. Kahn, Melancholie in der Lyrik, S. 72 f.

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  567. Vgl. oben Kap. I, 3.2.2, Anm. 20.

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  568. HA II S. 424. Zur ungewöhnlich milden Wetterlage im Winter 1833/34 und der aus den zeitgenössischen meteorologischen Aufzeichnungen ableitbaren Neudatierung von Büchners Fatalismusbrief vgl. Hauschild, Büchners “Fatalismusbrief”, bes. S. 515 ff. Für die Parallelität von Predigtszene und Büchners Melancholiekrise ist der Fatalismusbrief aufschlußreich, der die “Wollust des Schmerzes und des Sehnens” der automatenhaften Fühl- und Seelenlosigkeit in der tiefen Melancholie entgegensetzt. HA II S. 426. Schaub, Lenz-Kommentar, S. 17 f, hat auf die Bedeutung von “Gesang und Musik” fir das Lösen des “Starrkrampfs” sowohl in der Predigtszene des Lenz wie in dem Fatalismusbrief Büchners hingewiesen.

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  569. Zur pietistischen Prägung der Straßburger Eugeniden und ihrer Elternhäuser sowie ihrem Kontakt zu Oberlin und seinem Amtsvorgänger Stuber vgl. Heinrich Anz, ‘Leiden sey all mein Gewinnst’. Zur Aufnahme und Kritik christlicher Leidenstheologie bei Georg Büchner, in: GBJb 1 (1981), S. 160–168.

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  570. AR, S. 83, S. 114.

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  571. Vgl. auch die AR, S. 78 ff geschilderte Predigt des Pastors Paulmann. Ähnlich wie die Predigt von Büchners Lenz wird die auf Reiser so stark wirkende pathetische Abschiedspredigt von einem kurzen “erschütternden” Lied emotional vorbereitet: “Durch dies kurze und erschütternde Lied wurde man gleichsam voll Erwartung dessen, was da kommen sollte. Das Herz war zu großen und erhabenen Eindrücken vorbereitet [...]”. Die Predigt selbst führt Prediger wie Gemeinde durch alle Höhen und Tiefen psychischer und physiologischer Erschütterung und endet im wehmütigen Mitleid: “Alles zerschmolz nun in Wehmut und Tränen.- [...] es war, als wenn jedesmal die Empfindung einen neuen elektrischen Schlag erhielt, wodurch sie bis zum höchsten Grade verstärkt wurde. [...] da war kein Kind, das nicht sympathetisch mitgeseufzt und mitgeweint hätte.”

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  572. Axel Kühnlenz, “Wie den Leuten die Natur so nahtrat...” Ludwig Tiecks Der Runenberg als Quelle für Büchners Lenz in: GB7b 7 (1988/89), Tübingen 1991, S. 297–310.

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  573. Ebd., S. 298.

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  574. Vgl. ebd. unter Berufung auf Garmann, TraumlandschaRen Tiecks, hier bes. S. 213 ff.

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  575. Kohnlenz, Tiecks Runenberg S. 300.

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  576. Hartmut Böhme, Romantische Adoleszenzkrisen. Zur Psychodynamik der Venuskult-Novellen von Tieck, Eichendorff und E.T.A. Hoffmann, in: Klaus Bohnen; Sven-Aage Jorgensen; Friedrich Schmöe (Hg.), Literatur und Psychoanalyse. Vorträge des Kolloquiums am 6. und 7. Oktober 1980, Kopenhagen/ München 1981, S. 133 ff.

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  577. Außer den drei Phantasus-Märchen Tiecks - Der Runenberg (1802), Der Tannhäuser und Der Getreue Eckart (1799) - sind vor allem Hoffmanns Bergwerke zu Falun (1818) und Eichendorffs Marmorbild (1819) dazu zu rechnen.

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  578. Böhme, Adoleszenzkrisen, S. 155.

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  579. Vgl. ebd., S. 136 ff. Zur dualen Raumsymbolik des Runenberg auch Norbert Mecklenburg, “Die Gesellschaft der verwilderten Steine”. Intetgretationsprobleme von Ludwig Tiecks Erzählung ‘Der Runenberg’, in: Der Deutschunterricht 34 (1982), S. 62–76, hier S. 63 ff. Die romantischen Venuskultnovellen antizipieren mit ihrer dichotomischen, Kultur und Natur opponierenden Raumordnung eine von Freud gezogene Parallele zwischen freier Wunschproduktion und freiem Naturraum: “In der Phantasietätigkeit genießt [...] der Mensch die Freiheit vom äußeren Zwang weiter, auf die er in Wirklichkeit längst verzichtet hat [...] Die Schöpfung des seelischen Reiches der Phantasie findet ein volles Gegenstück in der Errichtung von ’Schonungen’, ’Naturschutzparks’ dort, wo die Anforderungen des Ackerbaus, des Verkehrs und der Industrie das ursprüngliche Gesicht der Erde rasch bis zur Unkenntlichkeit zu verändern drohen. Der Naturschutzpark erhält diesen alten Zustand, welchen man sonst überall mit Bedauern der Notwendigkeit geopfert hat. Alles darf darin wuchern und wachsen, wie es will, auch das Nutzlose, selbst das Schädliche. Eine solche dem Realitätsprinzip entzogene Schonung ist auch das seelische Reich der Phantasie.” S. Freud, Vorlesungen zur Einfiihrung in die Psychoanalyse, FGW XI, S. 387.

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  580. Böhme, Adoleszenzkrisen, S. 152 und passim.

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  581. Vgl. auch die Studie Garmanns, Traumlandschaften Tiecks, die Tieck (S. 213) attestiert, durch “die Korrelation bestimmter Symbolkomplexe im Akt der Verlandschaftung der Seele” den modernen psychoanalytischen Theoriebildungen “auf spezifische Weise Vorschub” geleistet zu haben. Der Verfasserin ist allerdings die mangelnde begriffliche Scheidung der ästhetischen Landschaftsvorstellung von den natürlichen Wunschräumen der Romantik vorzuhalten.

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  582. Böhme, Adoleszenzkrisen, S. 149.

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  583. Vgl. Kühnlenz, Tiecks Runenberg S. 302, der die Filiationen beider Texte zur Melancholic-tradition aber nicht zur Kenntnis genommen hat.

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  584. Vs.’. ebd., S. 301 die Behauptung, Büchner beziehe neben dem “emotionalen Aspekt des religiosen Lebens” auch den dafiir konstitutiven Reiz der “Landschaft” Tiecks ein.

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  585. Vgl. die in dem Fatalismusbrief beschriebende Halluzination: “Ich glühte, das Fieber bedeckte mich mit Küssen und umschlang mich wie der Arm der Geliebten. Die Finsterniß wogte über mir, mein Herz schwoll in unendlicher Sehnsucht, es drangen Sterne durch das Dunkel, Hände und Lippen bückten sich nieder.” HA II, S. 426.

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  586. Christian Victor Kindervaters Ueber das Wohlgefallen an traurigen Vorstellungen (in: Denkwürdigkeiten aus der philosophischen Welt, Leipzig 1787) nennt (S. 100) das Selbstmitleid “eine der süßesten gemischten Empfindungen”.

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  587. Vgl. Kaspar Heinrich Spinner, Der Mond in der deutschen Dichtung von der Aufklärung bis zur Spätromantik, Bonn 1969, S. 27 ff, bes. S. 29.

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  588. Der Einbruch der archaischen Runenberg-Welt in die Dorfidylle geschieht auch nur unter der Bedingung einer Verschiebung der illegitimen Lüste auf das Geld als “Substitut verdrängter, nicht domestizierbarer Triebziele”. Vgl. Mecklenburg, Interpretationsprobleme, S. 70.

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  589. So eine wichtige und sicher zutreffende These Kühnlenz’ (Tiecks Runenberg S. 301, Anm. 17).

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  590. Vgl. TW I, S. 69: Christian wird “an seine [des Menschengeschlechts, H. S.] Abhängigkeit vom freundlichen Erdboden” erinnert, “dessen Milde es sich vertrauen muß.” Er “wollte sich wieder kindlich, bedürftig und demütig an die Menschen wie an seine Brüder schließen.” Deshalb “enspricht” die “Omnipräsenz des Leidens” in Büchners Lenz auch nicht Tiecks Fassung der Leidensthematik, wie Kühnlenz (1ecks Runenberg S. 302) konstatiert.

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  591. Auf diesen therapeutischen Konnex hat Heinrich Anz, Leidenstheologie, S. 166, vollkommen richtig hingewiesen, allerdings ohne die Bezüge zum poetisch-psychologischen Melancholie-komplex wahrzunehmen.

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  592. Ebd., S. 164.

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  593. Vgl. dazu die Kritik Thorn-Prikkers, Literatur zu ‘Lenz’, S. 189 f, die aber Anz’ zutreffende Beobachtungen zu pauschal abfertigt. Zum Spektrum der Leidensthematik in Büchners OEuvre vgl. bes. Gerhard Jancke, Georg Büchner, S. 248 ff (Exkurs: “Die Bedeutung des Schmerzes in Büchners Werk”).

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  594. So die diätetischen Bestimmungen melancholischen Mitleids in der sentimentalen Genietheorie Duffs: Ober den Einfluß des Genies S. 148 f.

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  595. I. Oesterle (Verbale Präsenz, S. 171 f und die Anm. 13 ebd.) hat auf die weitgehende Identität des philosophischen Problemhorizonts sowie die Konvergenz von Leidensphilosophie und Schauerästhetik beim jungen Tieck wie bei Büchner hingewiesen. Diese Affinität kann aber weder für die diskutierte Szene aus Tiecks Runenberg noch für die der Apostasieszene zugrundeliegende Passage aus Tiecks Aufruhr in den Cevennen reklamiert werden. Vgl. unten Kap. III, 4.2.

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  596. Vgl. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 79.

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  597. Böhme, Adoleszenzkrisen, S. 140.

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  598. Zur Übergängigkeit der Symbolfelder Berginnerers und Meer vgl. bes. Elis Fröboms Traum in Hoffmanns Die Bergwerke zu Falun: “Es war ihm, als schwämme er in einem schönen Schiff mit vollen Segeln auf dem spiegelblanken Meer, und über ihm wölbe sich ein dunkler Wolkenhimmel. Doch wie er nun in die Wellen hinabschaute, erkannte er bald, daß das, was er fir das Meer gehalten, eine feste durchsichtige funkelnde Masse war, in deren Schimmer das Schiff auf wunderbare Weise zerfloß, so daß er auf dem Kristallboden stand und über sich ein Gewölbe von schwarz flimmerndem Gestein erblickte.” E. T. A. Hoffmann, Poetische Werke, Bd. 5, Berlin 1957, S. 206.

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  599. Auf die charakterologische Voraussetzung des Wunderbaren bei Tieck im Typus des träumerischen Melancholikers hat Müller-Dyes (Schauerroman und Tieck, S. 115) ausdrücklich aufmerksam gemacht. Zur Verschränkung von Narzißmythos und Melancholie in Tiecks Runen-berg und Hoffmann Bergwerken zu Falun vgl. auch Hans Schuhmacher, Narziß an der Quelle. Das romantische Kunstmärchen: Geschichte und Interpretationen, Wiesbaden 1977, S. 111.

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  600. Vgl. TW II, S. 64.

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  601. Ebd., S. 62. Vgl. auch ebd., S. 65: “Jetzt sitze ich seit acht Tagen hier oben auf dem Vogelherde, im einsamsten Gebürge, und am Abend wurde mir heut so traurig zu Sinne, wie noch niemals in meinem Leben; ich kam mir so verloren, so ganz unglückselig vor, und noch kann ich mich nicht von dieser trüben Stimmung erholen.”

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  602. Den Anteil der Melancholie an der Initiation verrät noch die Projektion der Trauer auf die “klagenden Töne” der Alraunwurzel. TW II, S. 62 f.

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  603. Vgl. dazu und zum Vorbildcharakter von Tiecks Runenberg fir Hoffmanns Erzählung: Klaus J. Heinisch, Deutsche Romantik. Interpretationen, Paderborn 1966, S. 139 ff.

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  604. Hoffmann, Die Bergwerke zu Falun S. 204. Vgl. auch die Charakteristik Elis’ als Melancholiker durch die Matrosen ebd. S. 199. Die Mentorfigur, der Bergmann Torbern, steht als “finstrer tiefsinniger Mann” (ebd., S. 219) ebenfalls unter dem Zeichen des Saturn. Zur Reaktivierung des ambivalenten Konzepts genialer Melancholie in Hoffmanns Goldenem Topf vgl. Günter Oesterle, E.T.A. Hoffmann: Der Goldene Topf, in: Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts, Bd. I, Stuttgart 1988, S. 181–220, hier S. 213 ff.

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  605. Loquai, Künstler und Melancholie, S. 273.

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  606. Böhme, Adoleszenzkrisen, S. 149 ff. Vgl. auch Heinisch, Deutsche Romantik, S. 137 f. Zum ethnologischen Kontext der Phantasien von der Verschmelzung mit der Erdmutter: Hans Peter Duerr, Traumzeit. Über die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation, Frankfurt/ M. 1985, S. 39–60 (¡ì 3: Die Vagina der Erde und der Venusberg).

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  607. Böhme, Adoleszenzknsen, S. 152. Zur Korrelation von Inzest und Initiationsritus im Schoß der “großen Mutter” vgl. Duerr, Traumzeit, S. 51 ff.

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  608. Zur Schellingschen Naturphilosophie als Fundament von Tiecks Runenberg vgl. Klaus Lindemann, Von der Naturphilosophie zur christlichen Kunst. Zur Funktion des Venusmotivs in Tiecks ‘Runenberg’ und Eichendorffs ’Marmorbild’, in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch 15 (1974), S. 108. Lindemann betont allerdings, daß Tiecks antithetische Gegeneinandersetzung von anorganischer und organischer Natur den Schellingschen Prozeßgedanken verändert.

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  609. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 89.

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  610. Vgl. die Deutung Stephans ebd., S. 89 f.

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  611. Siehe die Beschreibung der großen Runenbergschönheit: “[...] nackt schritt sie endlich im Saale auf und nieder, und ihre schweren schwebenden Locken bildeten um sie her ein dunkel wogendes Meer, aus dem wie Marmor die glänzenden Formen des reinen Leibes abwechselnd hervorstrahlten.” TW II, S. 68. Vgl. entsprechend Hoffmann, Bergwerke zu Falun S. 206 den Traum mit der Überblendung von Meer und Berginnerem.

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  612. Tieck, Runenberg TW II, S. 72: “Sehe ich nicht schon Wälder wie schwarze Haare vor mir? Schauen nicht aus dem Bache die blitzenden Augen nach mir her? Schreiten die großen Glieder nicht aus den Bergen auf mich zu?” Vgl. dazu Max Dietz, Metapher und Märchengestalt. IV. Tiecks Frau vom Runenberg, in PMLA 48 (1933), S. 877–887, sowie bes. Münz, Tieck: Der blonde Eckben S. 27 ff. Daß das Phantasus-Gedicht in der Ausgabe von 1812 die wilde Natur von “Wald und Flur und Felsgestalten” als Haupt des großen Pan imaginiert (Tieck, Schriften, Bd. 6, hg. v. Manfred Frank, Frankfurt/ M. 1985, S. 125), vermag nochmals die religionsgeschichtliche Kohärenz von Magna Mater und Pantheismus zu erhellen.

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  613. Vgl. etwa die Kritik Michael Kohlenbachs an Inge Stephans Auslegung: M. K. [Rez.], Inge Stephan; Hans Gerd Winter, “Ein vorübergehendes Meteor?, in: GBJb 4 (1984), S. 357 f.

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  614. Vgl. zum Folgenden: Roger Paulin, Von “Der Zürchersee” zu “Aufm Zürichersee”, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1987, S. 23–49.

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  615. Ebd., S. 29, S. 41 f. Der Gottschedianer Schönaich tut noch in seiner Ganzen Ästhetik in einer Nuß oder neologisches Wörterbuch (1754) die Rede von der “Mutter Natur” als unschicklich und unzulässig ab. Paulin, ‘Zürchersee’, S. 29.

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  616. Ebd., S. 41.

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  617. Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, Bd. I, Hamburg 1820, S. 113.

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  618. Ebd., Bd. X, S. 364.

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  619. Nach dem Vorbild der Pleasures of the Imagination Addisons (1713) fassen die Reflexionen Hirschfelds die “stillen Ergötzungen des Landes” als sozialisierenden Prozeß, in dem die landschaftsästhetisch auf den Weg gebrachte Affektmodellierung zu “Freude” und “Zufriedenheit” zugleich zur Einsicht in die göttliche Benevolenz führt und gleichsam wie von selbst in die tugendhaften Sozialaffekte Mitleid, Wohlwollen, Dankbarkeit, Liebe und Freundschaft mündet. Vgl. zur Sozialisierung des Landschaftserlebnisses bei Hirschfeld: Auszüge aus C.C.L. Hirschfelds Landleben Zwickau 1817, S. 28 ff, bes. S. 33 f. Allgemein zur Durchdringung von Freundschaftskult und empfindsamem Naturgenuß: Böschenstein-Schäfer, Idylle, S. 55.

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  620. Zum bestimmenden Einfluß der moralistischen Naturdichtung Englands auf Gessner - nämlich dem Thomsons - vgl. Böschenstein-Schäfer, Idylle, S. 77, und Price, Die Aufnahme englischer Literatur, S. 107. Allgemein zum bedeutenden Einfluß der Seasons weniger auf ihren Übersetzer Brockes als auf den Kreis der Empfindsamen einschließlich Klopstocks vgl. ebd., S. 98 ff.

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  621. Klaus Scholder, Grundzüge der theologischen Aufklärung in Deutschland, in: Geist und Geschichte der Reformation. Festschrift für Hans Rückert, Berlin 1966, S. 462.

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  622. Paulin, ‘Zürchersee, S. 29. Vgl. zum Naturkonzept in der spätantiken orphischen Hymnik Curtius, Europäische Literatur, S. 116 f. Die christliche Adaptation der heidnischen natura tilgt gerade die genetische Abhängigkeit der Menschen von ihr. Sie ist nicht Erzeugerin, sondern nur Ernährerin der Menschen und zugleich Gott als ihrem Herrn unteran. Ebd., S. 117.

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  623. Paulin, ‘Zürchersee’, S. 41. Klopstock selbst wird in seinen Revolutionsoden diesen Säkularisationsschub im Naturerleben nachvollziehen. Was vorher in seinen religiösen Hymnen als Emanation ?örtlicher Transzendenz und Antizipation der eigenen Auferstehung zum ewigen Leben figurierte - der Symbolbestand erhabener Naturerscheinungen wie Sonne, Licht, nächtliche Dunkelheit, Gewitter oder Sonnenaufgang (vgl. den Morgengesang am Schöpfungsfeste) - dient einer “enttheologisierten Eschatologie” (Molzan) nunmehr als naturgesetzliches Zeichen des diesseitigen Menschheitsmorgens in der neuen, bürgerlich konditionierten Gesellschaftsordnung. Vgl. dazu die Studie Alfred Molzans: “O komm, du neue, labende, selbst nicht geträumte Sonne!” - Das Naturbild im Dienste des aktiven Humanismus F. G. Klopstocks, in: Weimarer Beiträge 1968, S.998–1036, bes. S. 1012 f.

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  624. Auszü«e aus C.C.L. Hirschfelds Landleben S. 29. Vgl. die entsprechende Äußerung Sulzers aus seinen Unterredungen über die Schönheit der Natur S. 131.

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  625. Vgl. dazu Minden Kranefuss, Klopstock und der Göttinger Hain, in: Hinck (Hg.), Sturm und Drang, S. 146 f, sowie Paul Mog, Ratio und Gefühlskultur. Studien zu Psychogenese und Literatur im 18. Jahrhundert, Tübingen 1976, S. 100 f.

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  626. Vgl. Max Horkheimer; Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Frankfurt/M. 1986, S. 33: “Furchtbares hat die Menschheit sich antun müssen, bis das Selbst, der identische, zweckgerichtete, männliche Charakter des Menschen geschaffen war, und etwas davon wird noch in jeder Kindheit wiederholt. Die Anstrengung, das Ich zusammenzuhalten, haftet dem Ich auf allen Stufen an, und stets war die Lockung, es zu verlieren, mit der blinden Entschlossenheit zu seiner Erhaltung gepaart. [...] Die Angst, das Selbst zu verlieren und mit dem Selbst die Grenze zwischen sich und anderem Leben aufzuheben, die Scheu vor Tod und Destruktion, ist einem Glücksversprechen verschwistert, von dem in jedem Augenblick die Zivilisation bedroht war.”

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  627. Vgl. insbesondere die Interpretation von Rousseaus R¨ºveries bei Mog, Ratio und Gefühlskultur, S. 77 ff, bes. S. 90 f. Zum regressiven Naturerlebnis in den Maibriefen Werthers und den Verbindungen dieser narzißtischen Entgrenzungen zu Rousseaus Tagträumen vgl. ebd., S. 119 ff, passim. Zu Rousseaus R¨ºveries du Promeneur solitaire vgl. unten Kap. III, 3.6.1.

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  628. Stolberg, Ueber die Fülle des Herzens Werke, Bd. X, S. 364. Stolbergs zivilisationskritisches, gegen “schwächliche” Degenerationsformen der Empfindsamkeit gerichtetes Kraft- und Leidenschaftspathos weist dann auch die “empfindsame, blos leidende Reitzbarkeit” zurück, die sich doch in seinen regressiven Naturbezügen selbst geltend macht: Jede “Erschlaffung der Natur” sei “schändlich Ebd., S. 356. Vgl. auch ebd., S. 365 mit der Beschwörung, es sei unmöglich, in den Schönheiten der Natur nicht die ”Stimme Gottes, Spuren Gottes, Nähe Gottes, Offenbarung Gottes“ zu empfinden. Stolbergs Ausführungen zum Extensiverhabenen (ebd., S. 364 0 weisen jenen ”emotional grundierten Spiritualismus“ aus, ”in dessen Rahmen sich für Stolberg später die bruchlose Rückkehr zum Christentum“ vollziehen kann. Vgl. Kranefuss, Klopstock, S. 148.

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  629. “Ich saug an meiner Nabelschnur/ Nun Nahrung aus der Welt./ Und herrlich rings ist die Natur/ Die mich am Busen hält.” DjG V, S. 235.

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  630. Vgl. Stolbergs Formulierung: “Natur! Natur! an deren Brüsten ich allein ungestörte reine Wollust athmen kann.” Freud ging in seiner frühen Definition des Primärzustands (1905) noch von einer Ojektliebe des Kindes zur Mutterbrust aus (vgl. Henseler, Theorie des Narzißmus, S. 462).

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  631. Vgl. unten Kap. 1II, 3.6.1.

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  632. Bollacher, Der junge Goethe, S. 93.

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  633. LWB III, S. 291.

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  634. Haug/Titel I, S. 199.

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  635. LWB In, S. 291: “Doch ich würde nur schwärmen, wenn ich fortfiihre und dafür muß ich meinen Geist in Acht nehmen.”

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  636. Haug/Titel I, S. 199.

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  637. Vgl. zum Einfluß der Neologie, besonders Spaldings auf Lenz: Rudolf, Lenz, S. 48 ff, sowie S. 196 ff; außerdem zur religiösen Entwicklung Lenz’: Winter, Lenz, S. 42 f. Aufschlußreich hierfür sind vor allem Lenz’ Briefe an Salzmann vom Oktober 1772, LWB III, S. 280 ff. Lenz nennt sich selbst (LWB III, S. 295) einen “guten evangelischen Christen, obgleich [...] kein(en) orthodoxe(n)”.

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  638. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 68–84, hier S. 72, S. 70.

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  639. Vgl. dazu Otto Prokop; Wolf Wimmer, Wünschelrute, Erdstrahlen, RRdiästhesie. Die okkulten Strahlenfiihligkeitslehren im Lichte der Wissenschaften, Stuttgart 1977, hier die Definition S. 2.

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  640. Vgl. schon den Hinweis Bergemanns auf den Mesmerismus: Büchner, Werke und Briefe, S. 661; weiterhin Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 70; Wolfgang Proß, Spinoza, Herder, Büchner: Uber ‘Gesetz’ und ’Erscheinung’, in: GBJb 2/1982, S. 90.

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  641. Voss, Lenz, S. 78 ff.

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  642. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 71 f. Vgl. den Hinweis auf Goethes Abhandlung bei Requadt, Zu Büchners Kunstanschauung, hier S. 111 ff.

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  643. DjG V, S. 354.

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  644. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 72.

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  645. Zum hermetischen Gehalt des Runenberg und seiner dingsymbolischen Repräsentation in der geheimnisvollen Edelsteintafel, der hermetischen Tabula smaragdina vgl. Schumacher, Narziß an der Quelle, S. 54 f.

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  646. Vgl. Hans Graßl, Aufbruch zur Romantik. Bayerns Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte 1765–1785, München 1968, S. 111 f nach Joseph Ennemosers Darstellung in seiner Geschichte der Magie (Leipzig 1844). Zum systematischen Ort des hermetischen Sympathiedenkens in der Neuzeit, der magia naturalis, vgl. Will-Erich Peuckert, Gabalia. Ein Versuch zur Geschichte der magia naturalis im 16. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1967. Zur Genese des naturphilosophischen Sympathiebegriffs in der Stoa siehe bes. das Buch Karl Reinhardts, Kosmos und Sympathie. Neuere Untersuchungen zu Poseidonios, München 1926, hier S. 111 ff.

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  647. Vgl. dazu Peuckert, Gabalia, S. 11 ff.

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  648. Vgl. Rolf Christian Zimmermann, Weltbild des jungen Goethe. Studien zur hermetischen Tradition des deutschen 18. Jahrhunderts, Bd. 1, München 1969, S. 24.

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  649. Zu Leibniz’ Rekurs auf hermetische Vorstellungen vgl. Zimmermann, Der junge Goethe, Bd. I, S. 32.

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  650. Hierzu und zum Folgenden ebd., S. 19 ff.

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  651. Ebd., S. 31.

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  652. Ebd. Zur Rezeption der hermetisch-magischen Sympathielehre im 18. Jahrhundert vgl. außerdem Peuckert, Gabalia, S. 401–448 (bes. S. 409 ff zur mechanistischen Ausdeutung der magischen actio in distans bei J. N. Martius; zur Negation der hermetischen Sympathielehre und der sie voraussetzenden Weltseele bei Tharsander (= G. W. Wegner) S. 438 ff.

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  653. Zu den bayerischen Gold- und Rosenkreuzern vgl. bes. Graßl, Aufbruch zur Romantik, S. 96129, zum hermetischen Denken des schwäbischen Pietismus: Riedel, Anthropologie des jungen Schiller, S. 198 ff.

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  654. Vgl. Mog, Ratio und Gefühlskultur, S. 110 f. Auch von Dalberg zitiert wie Shaftesbury und Schiller als Oppositionsmodell zur kosmischen Sympathie den kosmologischen Pessimismus: “Wirkte nicht Verbindungskraft unter ihnen, so wären in der Schöpfung weder Sonnen, noch Welten, die einzelnen Wesen würden in ewiger Nacht traurig und einsam schweben.” Carl Theodor von Dalberg, Betrachtungen über das Universum Erfurt 1777, S. 27.

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  655. Zimmermann, Weltbild des jungen Goethe, Bd. I, S. 31.

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  656. Vgl. Bollacher, Der junge Goethe, S. 167 ff.

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  657. Ebd., S. 175.

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  658. Zum Fortbestehen hermetischer Naturvorstellungen im Spinozismus Goethes vgl. bes. Zimmermann, Weltbild des jungen Goethe, Bd. II, S. 164 ff. Zum hermetischen Gehalt des Fal- konet-Aufsatzes siehe ebd., Bd. I, S. 279 ff. Vgl. außerdem zum Anteil hermetischer Uber-zeugungen in Goethes Naturkonzept: Andreas B. Wachsmuth, Goethe und die Magie, und ders., Die Magia Naturalis im Weltbilde Goethes, in: ders., Geeinte Zwienatur. Aufsätze zu Goethes naturwissenschaftlichem Denken, Berlin-Weimar 1966, S. 26–56 und 157–220.

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  659. Henry F. Ellenberger verlegt die Entstehung der modernen dynamischen Psychiatrie auf Mesmer und das Jahr 1775: H. F. E., Die Entdeckung des Unbewußten, Bern 1973, S. 89.

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  660. Vgl. Martin Blankenburg, Der “thierische Magnetismus” in Deutschland. Nachrichten aus einem Zwischenreich, in: Robert Darnton, Der Mesmerismus und das Ende der Aufklärung in Frankreich, Frankfurt/M./Berlin 1986, S. 204, sowie den Hinweis Blankenburgs (ebd., S. 191) darauf, daß der “mesmeristische Diskurs nicht substantiell und eindeutig an bestimmte weltanschauliche Optionen geknüpft” sei.

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  661. Eine umfassende Darstellung der Kontroverse zwischen Gaßners supranaturalistischem Exor-zißmus und Mesmers magnetischer Kurmethode liefert Graßl, Aufbruch zur Romantik, S. 131–171. Zu Mesmers stnkt naturgesetzlicher Interpretation seiner magnetischen Kuren vgl. auch Blankenburg, Der ‘tierische Magnetismus’, S. 196, S. 202.

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  662. Vgl. Martin Blankenburg, F. A. Mesmer - Aufklärer und Citoyen, in: Heinz Schott (Hg.), Franz Anton Mesmer und die Geschichte des Mesmerismus. Beiträge zum internationalen wissenschaftlichen Symposion anläßlich des 250. Geburtstages von Mesmer, 10. bis 13. Mai 1984 in Meersburg, Stuttgart 1985, S. 75. Blankenburg unterstreicht besonders den dynamistischen Charakter der Mesmerschen Physik.

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  663. Vgl. ebd., S. 68 ff; ders., Der ‘thierische Magnetismus in Deutschland, S. 197 ff. Zur Lokali-sierung Mesmers im wissenschaftlichen, dem Wunderbaren und Phantastischen offenen Kontext der Spätaufklärung vgl. bes. Darnton, Mesmerismus, S. 18 ff.

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  664. Blankenburg, F. A. Mesmer, S. 76 ff.

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  665. Vgl. dazu Darnton, Mesmerismus, S. 56 ff, zur Straßburger Sektion S. 66. Zur philanthropischen Aktivität der Straßburger Soci¨¨te und ihren Mitgliedern siehe vor allem Ellenberger, Entdeckung des Unbewußten, S. 117 f, sowie die Dissertation von Jacqueline Levy, Magnetisme animal et medecine ¨¤ Strasbourg ¨¤ la fin du XVIIIe si¨¨cle, Strasbourg 1974.

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  666. Vgl. dazu vor allem Adam Crabtree, Mesmerism, divided consciousness, and multiple personality, in: Schott (Hg.), Mesmer, S. 133–143.

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  667. Vgl. dazu Darnton, Mesmer, S. 66 f; Ellenberger, Entdeckung des Unbewußten, S. 113 ff; Leibbrand, Spekulative Medizin der Romantik, S. 176, 185 f.

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  668. Vgl. dazu Darnton, Mesmerismus, S. 115 ff.

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  669. Ellenberger, Geschichte des Unbewußten, S. 117 f. Über die beiden anderen Straßburger Magnetismus-Gesellschaften informiert Levy, Magnetisme animal, komprimiert in der Zusammenfassung S. 92 ff.

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  670. Stoeber, Vie de Oberlin S. 523: “Oberlin suivait avec attention les progr¨¨s de cette nouvelle d¨¦couverte, qui ouvre un champ si vaste aux observations et aux m¨¦ditations les plus importantes. II fit nombre d’extraits des ouvrages qui lui parvinrent et sçut se procurer des manuscrits, r¨¦dig¨¦s sur des cures remarquables.”

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  671. Vgl. dazu Kurtz, Oberlin, S. 144. In einem Spectra betitelten Manuskript der Qberlinsammlung in der Stadtbibliothek Strasbourg sind 30 Visionen, Weissagungen und Ähnliches aus dem Jahre 1774 aufgeführt. Das belegt das parapsychische Interesse Oberlins noch vor dem Kontakt mit dem Mesmerismus.

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  672. Psczolla zitiert in seiner Oberlinbiographie einen in dieser Hinsicht aufschlußreichen Brief Gustav Werners (1809–1887) vom 16. Juli 1883, der auch die Konjunktion von Mesmerismus und Swedenborgianismus bei Oberlin andeutet. Werner war befreundet mit dem Swedenborgianer und schweizerischen Obristen in französischen Diensten, Caspar Wegelin, der sich öfters in Waldersbach aufgehalten hat (Psczolla, Oberlin, S. 121, Anm. 12): “Merkwürdig war mir, was Wegelin mir von Oberlins Verkehr mit seiner verstorbenen Frau und den heimgegangenen Gemeindegliedern erzählte; er wußte, wo sie waren, wie sie drüben noch durch Läuterungs-Zustände gehen mußten, und betete stets für sie. Er hatte Himmelskarten verfertigt und teilte die Himmel in untere, mittlere und obere Regionen ein und kannte den Zwischenort zwischen Himmel und und Hölle. Seine Schilderungen von der anderen Welt waren ähnlicher Art wie sie Swedenborg gibt. In Straßburg hatte es dazumal mehrere männliche und weibliche Personen, die im somnambulen Zustand von Kranken befragt wurden und ihnen oft überraschende Aufschlüsse über ihre Krankheit und dann über Heilmittel aufgaben; ‘Schlafer’ nannte man sie.” Gustav Werner, Brief vom 16. Juli 1883, zit. nach Psczolla, Oberlin, S. 121.

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  673. Zum Einfluß der Schriften Swedenborgs auf Oberlins eschatologische Spekulationen vgl. ebd., S. 169 f. Oberlins erster Kontakt mit Swedenborgs Wunder des Himmels und der Hölle fiel ins Todesjahr seiner Frau, 1783. Die in der Oberlinbibliothek noch erhaltenen Swedenborg-Schriften zeugen mit ihren Gebrauchsspuren von einem zwischen starker Bewunderung, aber auch skeptischer Distanz gegenüber willkürlicher Exegese schwankenden Verhältnis Oberlins zu dem Mystiker.

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  674. Vgl. Damton, Mesmerismus, S. 66 f. Damton macht auf briefliche Kontakte der Swedenbor-gianischen Exegetischen und Philanthropischen Gesellschaft zu Stockholm zur Straßburger Soci¨¦t¨¦ Harmonique aufmerksam. Danach sollte verabredet werden, das hehre Ziel der Regeneration der Menschheit durch die wechselseitige Verbreitung der jeweiligen Werke zu unterstützen.

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  675. Erst im Februar 1778 wird Mesmer - nach dem Skandal um die Behandlung der blinden Pianistin Paradis in Wien - nach Paris reisen. Oberlins Auseinandersetzung mit dem Tierischen Magnetismus dürfte erst - wahrscheinlich über Straßburg vermittelt - in die mittleren und späten achtziger Jahre fallen.

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  676. Vgl. D. E. Stoebers Deutung von Oberlins Interesse am Mesmerismus: “Le Magn¨¦tisme [...] fut pendant longtemps trait¨¦ avec un superbe d¨¦dain, il fut le point de mire des sarcasmes de tous ceux qui aiment mieux faire de l’esprit que de la raison; qui, z¨¨l¨¦s disciples du mat¨¦rialisme, ne parlent qu’avec ironie de tout ce qui tient au spiritualisme. [...] Mais c’est surtout la partie psychologique du magn¨¦tisme gui lui inspira le plus vif int¨¦r¨ºt; cet etat de clairvoyance, dans lequel lame semble ¨ºtre d¨¦tachee du corps, d¨¦livr¨¦e de ses chaînes [...]. Stoeber, Vie de Oberlin S. 523.

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  677. Auf Puys¨¦gur und die Straßburger Soci¨¦t¨¦ Harmonique hat zuerst Voss, Lenz, S. 80 f, - aller-dings ohne Rekonstruktion der historischen Zusammenhänge - hingewiesen und von hier aus Einflüsse auf Büchners Interesse am Somnambulismus vermutet.

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  678. Ellenberger, Geschichte des Unbewußten, S. 116.

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  679. Vgl. vor allem Leibbrand, Spekulative Medizin der Romantik, S. 174 ff, sowie Dietrich von Engelhardt, Mesmer in der Naturforschung und Medizin der Romantik, in: Schott (Hg.), Mesmer, S. 88–107.

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  680. Engelhardt, Mesmer in der Romantik, S. 96 f; Leibbrand, Spekulative Medizin der Romantik, S. 100 ff.

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  681. Engelhardt, Mesmer in der Romantik, S. 96 f. Diese Zusammenhänge hat Voss in seiner Lenz-Dissertation von 1920 im Rekurs auf Kiesers und Kerners Darstellungen des Mesmerismus klar herausgestellt. Hinzuweisen ist hier besonders auf Gotthilf Heinrich Schuberts Traumlehre. Vgl. Leibbrand, Spekulative Medizin der Romantik, S. 191 ff.

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  682. Vgl. C. v. Klinckowstroem; R. v. Maltzahn, Handbuch der Wünschelruthe, München/ Berlin 1931, S. 43 f, sowie die historische Darstellung in: [Anon.] Geschichtliche Darstellung der neuere Versuche über das vermeintliche Vermögen einiger Menschen, vermittelst der Wünschelruthe unterirdische Metalllager und Wasserquellen zu entdecken, ingleichen einiger andern vermeintlichen Entdeckungen, worauf jene geleitet haben in: Allgemeine Medizinische Annalen des Jahrs 1808 Februar, Sp. 100 ff.

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  683. Vgl. hierzu und zum Folgenden besonders Friedrich Klemm; Armin Hermann, Johann Wilhelm Ritter und der “Siderismus”. Die letzten Lebensjahre des Physikers, Einleitung zu: F. K.; A. H. (Hg.), Briefe eines romantischen Physikers. Johann Wilhelm Ritter an Gotthilf Heinrich Schubert und an Karl von Hardenberg, München 1966, S. 9–14; Heinrich Schipperges, Nachwort zu: Johann Wilhelm Ritter, Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1810, Heidelberg 1969, S. 1–50, hier S. 30 ff; von den zeitgenössischen Darstellungen bes. [Anon.], Geschichtliche Darstellung der neuem Versuche Sp. 105 ff.

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  684. Ritter, Brief an Carl von Hardenberg, München, den 1. Febr. 1807, in: Klemm; Hermann (Hg.), Briefe eines romantischen Pysikers, S. 28.

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  685. Ebd., S. 29, S. 32.

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  686. Ebd., S. 29.

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  687. Vgl. dazu bes. Carl v. Klinckowstroem, Beitrag zur Geschichte der Wünschelrute und verwandter Erscheinungen, namentlich der Ritter’schen Pendelversuche, in: Psychische Studien 35 (1908), S. 76–87, sowie die zeitgenössische Ubersicht bei [Anon.], Geschichtliche Darstellung der neuem Versuche S. 109 ff.

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  688. Vgl. dazu Schellings Briefwechsel: Horst Fuhrmans (Hg.), F. W. J. Schelling, Briefe und Dokumente, Bd. IB 1803–1809, Zusatzband, Bonn 1975, S. 379 ff, bes. Schellings Briefe an Windischmann (München, 18. 12. 1806, ebd., S. 384 f), und an Hegel (München, 11.1. 1807, S. 405 ff; München, 22.3. 1807, S. 415 ff) sowie Hegel an Schelling (Jena, 23. 2. 1807, S. 409 ff, und Bamberg, 1.5. 1807, S. 430 ff). Siehe dazu außerdem den Kommentar ebd., S. 646 ff.

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  689. [F. W. J. Schelling], Notiz von den neuen Versuchen über die Eigenschaften der Erz- und Wasserfühler und die damit zusammenhängenden Erscheinungen in: Intelligenzblau der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung Nr. 36, 9. Mai 1807, Sp. 314–320.

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  690. Ebd., S. 318. Vgl. auch Hegels Parallelisierung in seinem Brief an Schelling vom 1. 5. 1807 (Schelling, Briefe und Dokumente, S. 431): “Was wir am tierischen Magnetismus in seiner verwundersamsten Gewalt haben, dieses In-eins-Werden von Personen, worin die eine bis zu einem Akzidens der anderen in der natürlichen Sphäre herabsinkt [...] - dies steigt im Siderismus zu dem sogenannten Unorganischen herunter und detailliert sich zu einer magischen Einigung und Mitgefühl höherer und niederer Naturen.”

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  691. Lorenz Oken, Büchners Züricher Mentor, hatte nicht nur F. A. Mesmer noch persönlich ge-kannt und 1810 einen Aufsatz über ihn veröffentlicht (Ueber Mesmer in: Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung 1810 Sp. 43–46), sondern war von Schelling auch auf den Ritterschen Siderismus hingewiesen worden, über den sich Oken im Sommer 1807 in Göttingen kundig machte. Vgl. Oken an Schelling, Northeim, 13. B. 1807, in: Schelling, Briefe und Dokumente, Bd. III, S. 448. Hier bekennt Oken euphorisch: “Ich glaube alles, was man auch finden mag. Die Natur kann kein Wunder mehr tun, das mir ihr zu gros dünkte. Der thierische Magnetismus liefert Erscheinungen welche eben solche Wunder sind.” Außer Lorenz Oken dürfte der im Woyzeck in der Doktor-Figur verhöhnte Gießener Universitätsprofessor und Arzt J. B. Wilbrand als Vermittler mesmeristischer Ideen an Büchner interessant sein. Wilbrand, aus der naturphilosophischen Schule der Romantik stammend (vgl. Marianne Trapp, Die Philosophie an der Universität Gießen im 19. Jahrhundert, Gießen 1944, S. 38–52), hatte 1824 in Frankfurt eine Darstellung des tierischen Magnetismus publiziert (vgl. ebd., S. 48 t), in der die spekulative Auslegung des somnambulen Zustands auf übernaturliche Kräfte hin negiert wird.

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  692. Vgl. zu Goethes hermetisch inspirierter Naturauffassung und seiner Wissenschaftskritik die erhellende Studie von Hartmut Böhme: Lebendige Natur - Wissenschaftskritik, Naturforschung und allegorische Hermetik bei Goethe, in: DVjs 60 (1986), H.2, S. 249–272, hier S. 262 f.

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  693. Vgl. ebd., S. 256, S. 258.

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  694. Zum persönlichen Verhältnis Goethes zu Schelling und den Affinitäten in ihrer Naturkonzeption (bes. im Gesetz der dynamischen Polarität) vgl. Otto Braun, Goethe und Schelling. Eine Studie, in: Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft 9 (1922), S. 198–214; Jochen Kirchhoff, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 1982, S. 28 f, S. 73 f und passim; Paul Hankamer, Zur Genesis von Goethes ‘Wahlverwandtschaften’, in: Ewald Rösch (Hg.), Goethes Roman “Die Wahlverwandtschaften”, Darmstadt 1975, S. 125148, bes. S. 132 ff; zu Goethes Wertschätzung Ritters, mit dem er bis 1804 persönlich korresponierte, siehe Carl von Klinckowstroem, Goethe und Ritter. Mit Ritters Briefen an Goethe, in: Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft 8 (1921), S. 135–151.

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  695. Goethe erhielt Ende Januar 1807 über Hegel Kenntnis vom “Siderismus” Ritters (vgl. Hegel an Schelling, Jena, 23. 2. 1807, in: Schelling, Briefe und Dokumente, Bd. III, S. 412, sowie die Anm. 5 ebd.) und verfolgte - wie seine Tagebücher erkennen lassen - mit lebhafter Anteilnahme die Wünschelruten- und Pendelexperimente des romantischen Physikers. Vgl. Klinckowstroem, Goethe und Ritter, S. 142.

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  696. Zur Abhängigkeit dieser Nebenhandlung in II, 11 von Ritters Campetti-Experimenten: Otto Brahm, Eine Episode aus Goethes Wahlverwandtschaften, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 26 (1882), S. 194–197; ferner Julius Schiff, Mignon, Ottilie, Makarie im Lichte der Goetheschen Naturphilosophie, in: Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft 9 (1922), S. 139 ff; Klinckowstroem, Goethe und Ritter, S. 139; Oskar Walzel, Goethes Wahlverwandtschaften“ im Rahmen ihrer Zeit, in: Rösch (Hg.), ”Die Wahlverwandtschaften“, S. 35–64; besonders zur romantischen Dimension Ottilies: Esther Schelling-Schär, Die Gestalt der Ottilie - Zu Goethes ”Wahlverwandtschaften“, Zürich 1969, das Kapitel ”Sympathie“ (S. 33–48), vor allem S. 37 ff mit dem Hinweis auf das konkrete biographische Vorbild von Goethes Ottilie in Sylvie von Ziegesar, von der ähnliche somnambule Zustände bekannt waren.

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  697. Die Zitate aus den Wahlverwandtschaften nach Goethe, GHA VI, S. 444. Vgl. insgesamt dazu auch den Herausgeberkommentar S. 702 ff.

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  698. GHA VIII, S. 443 f.

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  699. Vgl. Böhme, Lebendige Natur, S. 268 f. Böhme macht auf einen weiteren wissenschaftsge-schichtlichen Bezug der Passage aufmerksam: Sie deute zweifelsfrei auf den Freiberger Montanprofessor Abraham Gottlieb Werner und sein Postulat, die Minerale allein vermittels der Sinnesorgane zu bestimmen.

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  700. Vgl. Stoeber, Vie de Oberlin, S. 532–534: Oberlin “attachait un sens mystique aux couleurs [...]. Le roue signifie la foi; le jaune, l’amour le bleu, la science [...]. Chacun des douze apôtres de notre Seigneur et Saveur J¨¦sus-Christ a sa couleur, qui le distingue particuli¨¨rement, et une pierre pr¨¦cieuse qui lui est quasi appropri¨¦e. Apocalypse XXI, 14.

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  701. HA I S. 37.

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  702. HAIIS.443ff.

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  703. Vgl. Lenz, Der neue Menoza V, 2: “ZIERAU: Was die schöne Natur nicht nachahmt, Papal das kann unmöglich gefallen. BÜRGERMEISTER: [...] Kerl! was geht mich deine schöne Natur an? Ist dir’s nicht gut genug wie’s da ist, Hannshasenfuß? willst unsern Herrngott lehren besser machen?” Haug/Titel u, S. 177. Vgl. die entsprechenden, gegen Charles Batteux’ gerichteten Passagen in den Anmerkungen übers Theater über die Verpflichtung des Genies auf getreue Nachahmung (Haug/Titel I, S. 336 ff, sowie ebd., S. 333 über die “Glückseligkeit”, Gott “nachzuäffen, seine Schöpfung ins Kleine zu schaffen”, S. 345 den Ausfall gegen den “Schulmeister, der mit seinem Stäbchen einem Gott auf die Finger schlägt.”

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  704. Requadt, Büchners Kunstanschauung, S. 124. Vgl. auch Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 73 ff.

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  705. Requadt, Büchners Kunstanschauung, S. 136, S. 125. Vgl. Hans Mayer, Georg Büchner und seine Zeit, Frankfurt 31977, S. 348 ff (“Der Fels des Atheismus”), hier S. 352.

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  706. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 77 f. Belege für das 19. Jahrhundert liefert Peter De-metz, Defenses of Dutch Painting and the Theory of Realism, in: Comparative Literature 15, 1963, S. 97–115, hier S. 103 f.

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  707. Requadt, Büchners Kunstanschauung, S. 133 f. Vgl. bes. die ebd., S. 133 zitierte Passage der Preface: “Elle [la muse moderne] se demandera si la raison ¨¦troite et relative de l’artiste doit avoir gain de cause sur la raison infinie, absolue, du cr¨¦ateur; si c’est ¨¤ l’homme ¨¤ rectifier Dieu...”

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  708. Vgl. Stud. 15, 6 f: “Nur eins bleibt, eine unendliche Schönheit, die aus einer Form in die andre tritt, ewig aufgeblättert, verändert [...].” Büchners Anspielen auf den theologischen Topos vom liber naturae hat Schings (Der mitleidigste Mensch, S. 74 t) mit einer Parallelstelle in Merciers Neuem Versuch über die Schauspielkunst in Beziehung gesetzt.

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  709. Mayer, Büchner und Weidig, S. 76 ff, hier die These S. 78. Vgl. Goethe, Diderot’s Versuch über die Mahlerei WA I, 45, S. 251 f: “Die Natur macht nichts Incorrectes. Jede Gestalt, sie mag schön oder häßlich sein, hat ihre Ursache, und unter allen existirenden Wesen ist keins, das nicht wäre, wie es sein soll.” [...] Die Natur arbeitet auf Leben und Dasein, auf Erhaltung und Fortpflanzung ihres Geschöpfes, unbekümmert ob es schön oder häßlich erscheine. [...] [Goethes Kommentar, H. S.]

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  710. Mayer, Büchner und Weidig, S. 80. Auf den Pantheismus als Basis der Naturauffassung im Lenz hat bereits Weiss (Enttäuschter Pantheismus, S. 253 ft) hingewiesen.

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  711. Spinoza, Die Ethik. Deutsch von Carl Voigt, Stuttgart 1948, I, Lehrs. 15, S. 14.

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  712. Vgl. hierzu und zum Folgenden Bollacher, Der junge Goethe, S 44 ff und S. 170 ff.

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  713. “Je mehr wir die Einzeldinge erkennen, um so mehr erkennen wir Gott”. (Ethik V, Lehrs. 24, S. 290)

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  714. Bollacher, Der junge Goethe, S. 173.

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  715. Ebd., S. 174.

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  716. Rez.: Die schönen Künste in ihrem Ursprung, ihrer wahren Natur und besten Anwendung betrachtet von J. G. Sulzer FGA Nr. 101, vom 18. 12. 1772, DjG HI, S. 95. Vgl. dazu Bollacher, Der junge Goethe, S. 85 und 189 f.

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  717. Wolfgang ß, Spinoza, Herder, Büchner, hier bes. S. 73 f.

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  718. Ebd., S. 72. Zur Abhängigkeit des spinozischen Systems von dem über den englischen Chemiker Robert Boyle vermittelten antiken Atomismus vgl. ebd., S. 65 f.

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  719. Damons Tod I, 6 (HA I, S. 27). Vgl. Proß, Spinoza, Herder, Büchner, S. 74.

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  720. Vgl. Proß, Spinoza, Herder, Büchner, S. 67. Im Proömium zum IV. Buch der Ethik schreibt Spinoza: “Der Grund also oder die Ursache, weshalb Gott oder die Natur handelt und weshalb Gott oder die Natur existiert, ist ein und dieselbe. Wie sie um keines Zweckes willen existiert, so handelt sie auch um keines Zweckes willen; vielmehr, wie für ihre Existenz, so hat sie auch für ihr Handeln keinen Anfangsgrund und keinen Endzweck.” Ethik IV, Vorwort, S. 191 f.

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  721. Vgl. zur apologetisch intendierten Überwölbung des naturwissenschaftlichen Kausalprinzips durch das ontologische Finaltheorem in der physikotheologischen Naturpoesie Ketelsen, Naturpoesie, S. 132 f; S. 149 f.

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  722. Vgl. dazu und zu Goethes Aufnahme von Spinozas Kritik an den “absurden Endursachen”: Bollacher, Der junge Goethe, S. 184 ff.

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  723. Zu Büchners Spinozarezeption und seinem Anknüpfen an die Teleologie-Kritik Spinozas vgl. auch Joachim Kahl, “Der Fels des Atheismus”. Epikurs und Georg Büchners Kritik an der Theodizee, in: GBJb 2 (1982), S. 114 ff, bes. S. 118.

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  724. Dazu und zur Zugehörigkeit Büchners zur naturgeschichtlichen Schule: Wolfgang Proß, Naturgeschichtliches Gesetz und gesellschaftliche Anomie: Georg Büchner, Johann Lucas Schönlein und Auguste Comte, in: Alberto Martino (Hg.), Literatur in der sozialen Bewegung. Aufsätze und Forschungsberichte zum 19. Jahrhundert, Tübingen 1977, S. 228–259, bes. S. 237 ff. Zur Genese des naturgeschichtlichen Leitprinzips der “einfachen Formen” bei Bacon als “legitim aus der Metaphysik in die Naturwissenschaft übernommenes Hilfsmittel”: Ebd., S. 252 f. Zu Spinozas Übernahme von Bacons “einfachen Formen” in seine eigene Epistemologie vgl. Prol3, Spinoza, Herder, Büchner, S. 69 f. Die ältere Arbeit Otto Döhners zu “Georg Büchners Naturauffassung” (Marburg 1967) hat die zentrale Bedeutung der Teleologiekritik in der nachkantischen “idealistischen” Biologie vor allem Goethes und ihr auf Spinoza zurückgehendes Konzept von der Natur als selbstgenügsamem Zusammenhang hervorgehoben (S. 171 ff, bes. S. 174).

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  725. Büchner, Ueber Schädelnerven, HA II, S. 292.

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  726. J. G. Herder, Briefe. Gesamtausgabe 1763–1803, Bd. I (April 1763 - April 1771), Weimar 1977, Nr. 58, S. 140. Zur Interpretation von Herders Brief und seinem spinozistischen Gehalt vgl. Proß, Spinoza, Herder, Büchner, S. 70 ff.

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  727. HA H, S. 21. “Die Erde wird nämlich hier ein Prüfungsland genannt; dieser Gedanke war mir immer sehr anstößig, denn ihm gemäß wird das Leben nur als Mittel betrachtet, ich glaube aber daß das Leben selbst Zweck sei denn: Entwicklung ist der Zweck des Lebens, das Leben selbst ist Entwicklung, also ist das Leben selbst Zweck. Vgl. dazu Jancke, Büchner, S. 23 ff.

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  728. Vgl. Goethe an Zelter, 29. 1. 1830: “ [...] es ist ein pränzenloses Verdienst unsres alten Kant um die Welt [...], daß er, in seiner Kritik der Urtheilskraft, Kunst und Natur kräftig nebeneinander stellt und beiden das recht zugesteht: aus großen Principien zwecklos zu handeln. so hatte mich Spinoza früher schon in dem Haß gegen die absurden Endursachen gegläubiget.” WA IV, 46, S. 223.

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  729. Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland HSS 5, S. 570. Zu Heines geschichtsteleologisch auf die demokratische Revolution hin ausgelegter PantheismusinterQretation vgl. Martin Bol-lacher, Aufgeklärter Pantheismus. Die Deutung der Geschichte in Heines Schrift Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland in: Wolfgang Kuttenkeuler (Hg.), Heinrich Heine. Artistik und Engagement, Stuttgart 1977, S. 144–186, bes. S. 164 ff.

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  730. Vgl. Jancke, Georg Büchner, S. 236 ff, bes. S. 240.

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  731. Vgl. dazu die Kritik des Erzaufklärers Friedrich Nicolai am müßiggängerischen und ausschweifenden Habitus des katholisch-süddeutschen Kulturraums in seiner Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781. Nebst Bemerkungen über die Gelehrsamkeit, Industrie, Religion und Sitten Berlin 1783–1795, etwa Bd. I, S. 110 f: “Der Anblick der Wallfahrt war für uns ganz neu [...] Hin und wieder zwischen den Linien sah mit Waldbrüder, Taugenichts [sic!], die unter dem Scheine der Heiligkeit müßig gehen, schmarutzen, huren, und zuweilen stehlen [...] Die meisten Leute, die diese Wallfahrt ausmachen, kamen 12 bis 20 Stunden her. Man kann sich leicht vorstellen, wie viel Zeit auf solchem elenden frömmelnden Müßiggange verloren gehet [...] Aber eben dieser Müßiggang und diese Ausschweifungen sind Ursache, warum die Leute durch alle Verbote von solchen Wallfahrten nicht abzubringen sind. Die Wallfahrt ist doch immer nicht Arbeit, sondern Spaziergang.” Zum bürgerlichen Wertekontext dieser Kritik siehe den Aufsatz von Wolfgang Martens: Ein Bürger auf Reisen, in: Friedrich Nicolai 1733–1811. Essays zum 250. Geburtstag, hg. von Bernhard Fabian, Berlin 1983, S. 99–123, hier S. 105 f.

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  732. Vgl. Max Weber, Asketischer Protestantismus und kapitalistischer Geist, in: derjs Soziologie, Weltgeschichtliche Analysen, Politik, hg. v. Johannes Winckelmann, Stuttgart 1976, S. 357–381.

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  733. Norbert Elias, Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen,6Bd 2: Wandlungen der Gesellschaft. Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation, Frankfurt/M. 1979, S. 338 f.

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  734. Heine, Religion und Philosophie in Deutschland HSS 5, S. 570 f: “Wir kämpfen nicht für die Menschenrechte des Volks, sondern für die Gottesrechte des Menschen. Hierin, und in noch manchen andern Dingen, unterscheiden wir uns von den Männern der Revolution. Wir wollen keine Sansculotten sein, keine frugale Bürger, kein wohlfeile Präsidenten: wir stiften eine Demokratie gleichherrlicher, gleichheiliger, gleich-beseeligter Götter. Ihr verlangt einfache Trachten, enthaltsame Sitten und ungewürzte Genüsse; wir hingegen verlangen Nektar und Ambrosia, Purpurmäntel, kostbare Wohl-gerüche, Wollust und Pracht, lachenden Nymphentanz, Musik und Komödien [...]” Büchners Nähe zu Heines sensualistisch begründeter Theologiekritik hat Mayer, Büchner und Weidig, S. 219 f, nachdrücklich betont und die Aufnahme einiger zentraler Passagen aus Heines Religion und Philosophie in Deutschland in Dantons Tod nachgewiesen. Vgl. bes. ders., Büchner-Chronik, S. 390 ff. Zur zentralen Stellung der Heineschen Opposition von Sensualismus - Spiritualismus in der frühsozialistischen bzw. -kommunistischen Diskussion der Dreißiger Jahre vgl. ders., Büchner und Weidig, S. 69 ff, zu ihrer Aufnahme in Dantons Tod ebd., S. 130 ff.

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  735. Vgl. unten Kap. IH, 4.3.

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  736. Vgl. Bollacher, Der junge Goethe, S. 68 ff. Herder identifiziert in seinen Johannes betitelten Erläuterungen zum Neuen Testament geradezu Christentum und Spinozismus. Dem entspricht die profane Auslegung der Christusgestalt als “Lehrer der Menschen” und - bei Goethe - als prometheischer Menschenhelfer und Ketzer (ebd., S. 71 f0. Hinter der Allianz von spinozistischer Immanenzphilosophie und christlich-johanneischen Anschauungen - Herder hält sogar am Begriff eines persönlichen Gottes fest - verbirgt sich allerdings “dezidierte Theologiekritik”. Vgl. Bollacher, Der junge Goethe, S. 166 f. Zum spätaufklärerischen Pantheismusstreit und zur Verquickung von Spmozismus und Christentum bei Herder, Goethe und Lavater vgl. auch Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 17 ff.

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  737. Vgl. unten Kap. III, 3.8.

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  738. Vgl. unten Kap. III, 4.4.

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  739. Vgl. zur Differenz oben Kap. III, 3.2.1 und die Anm. 6 ebd.

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  740. Fischer, Acedia und Landschaft, spricht (S. 104) von einer “zerflossene(n), konturlose(n) und wogende(n) Landschaft” im Lenz, ohne die Applizierbarkeit des Landschaftsbegriffs auf diese entmaterialisierten Naturrepräsentationen zu problematisieren.

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  741. Hoda Issa, Das “Niederländische” und die “Autopsie”. Die Bedeutung der Vorlage fir Georg Büchners Werke, Frankfurt 1988, S. 186.

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  742. Ich zitiere im folgenden nach der Winkler-Ausgabe: J. J. Rousseau, Die Träumereien des einsamen Spaziergängers in: ders., Die Bekenntnisse. Die Träumereien des einsamen Spaziergängers S. 647–755.

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  743. Vgl. bes. den berühmten Anfang der R¨ºveries: “So bin ich denn allein auf dieser Erde, habe keinen Bruder mehr, keinen Nächsten, keinen Freund, keine Gesellschaft außer mir selbst. Der geselligste und liebevollste unter den Sterblichen ist von seinen Mitmenschen einmütig geächtet worden.” Rousseau, Träumereien S. 649.

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  744. Vgl. die Schilderung des Vorfalls und des anschließenden Rückzugs des Philosophen auf die Petersinsel in Rousseaus Bekenntnissen S. 624 ff.

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  745. Rousseau, Träumereien S. 698.

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  746. Ebd., S. 699 f.

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  747. Mog, Ratio und Gefühlskultur, S. 87 f.

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  748. Herbert Marcuse, Triebstruktur und Gesellschaft. Ein philosophischer Beitrag zu Sigmund Freud, Frankfurt/M. 1969, S. 160 ff.

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  749. Vgl. Christian Angelet, Die romantische Landschaft und der Mythos vom primitiven Menschen, in: DVjs 55 (1981), S. 204 f.

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  750. Rousseau, Träumereien S. 660.

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  751. Zu Rousseaus entteleologisiertem Naturzustandstheorem und seiner Voraussetzung im theolo-gischen Konzept der natura pura vgl. Spaemann, Genetisches zum Naturbegriff, S. 62 ff. Zum Stellenwert der Animalität und Perfektibilität in Rousseaus Konstrukt des homme naturel siehe besonders Heinrich Meier, Rousseaus Diskurs über die Ungleichheit - Ein einführender Essay fiber die Rhetorik und die Intention des Werkes, in: H. M. (Hg.), J. J. Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit Paderborn/München/Wien/Zürich 1984, S. LX ff. Grundsätzlich zu Rousseaus Bonsauvagismus auch Norbert Kohl, Entzauberter Blick. Das Bild vom guten Wilden, Frankfurt/M. 1986, S. 173–200.

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  752. Vgl. oben Kap. I, 3.2.2 und die Anm. 32 ebd.

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  753. Mog, Ratio und Gef ihlskultur, S. 84 f.

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  754. Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit S. 111: “Seine Seele, die durch nichts in Unruhe versetzt wird, überläßt sich dem bloßen Gefühl ihrer gegenwärtigen Existenz, ohne irgendeinen Gedanken an die Zukunft, wie nah sie auch sein mag, und seine Pläne, die so beschränkt sind wie seine Ansichten, erstrecken sich kaum bis ans Ende des Tages.”

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  755. Rousseau bezeichnet die in den Träumereien vollzogene Regression auf die bloße Empfindung des Daseins als “Zustand, in welchem die Zeit nichts für sie ist, das Gegenwärtige immer andauert, ohne doch seine Dauer und irgendeine Spur seiner Abfolge merken zu lassen”. Rousseau, Träumereien S. 701.

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  756. S. Freud, Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, FGW XV, S. 80. Vgl. zur Enttemporalisierung in den R¨ºveries und zu ihrem Zusammenhang mit der Freudschen “Zeitlosigkeit des Es”: Mog, Ratio und Gefühlskultur, S. 86 f.

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  757. Vgl. etwa die Erzählung des Tieckschen Tannhäusers über sein Glück im Inneren des Venusbergs: “Wie viele Jahre so verschwunden sind, weiß ich nicht zu sagen, denn hier gibt es keine Zeit und keine Unterschiede I...]”. Ludwig Tieck, Der getreue Eckhart und Der Tannhäuser TW II, S. 56. Angesichts solcher Äußerungen scheint es geboten, die von Garmann aufgetane Differenz zwischen der zeitlosen “Statik” der Rousseauschen R¨ºveries und den “niemals abgeschlossenen Phantasiewelten” Tiecks, die eine “permanente Selbstverwandlung” implizierten, nochmals zu überdenken. Garmann, Traumlandschaften Tiecks, S. 115.

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  758. Stud. 6, 14–16: “Aber es waren nur Augenblicke, und dann erhob er sich nüchtern, fest, ruhig als wäre ein Schattenspiel vor ihm vorübergezogen, er wußte von nichts mehr.”

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  759. Vgl. oben Kap. III, 3.3. Der Konnex von Ruhe und Naturgenuß gilt auch für die Sonntagslandschaft, auch wenn sie nicht mit einer entsprechenden expliziten Prädikation versehen ist. Die langsame Bewegung der “laue(n) Luft” und die Auflösung des Raums in eine “harmonische Welle” bilden stimmungshafte Aquivalente zur Wiederkehr der Ruhe in der vorher einsetzenden Melancholieremission: “ [...] seine Nächte wurden ruhig.” (Stud. 11, 2 t)

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  760. Mog, Ratio und Gefühlskultur, S. 122 ff.

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  761. Goethe, Die Leiden des jungen Werthers Brief vom 4. und vom 10. Mai, DjG IV, S.

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  762. Vgl. den Brief vom 10. März, in dem die unendliche Mannigfaltigkeit des Mikrokosmos die Erfahrung des “unendlichen Gottes” herauffihrt (DjG IV, S. 106 t) dann den Brief vom 18. August, in dem der erinnerte Naturenthusiasmus vom Landschaftsblick in die imaginäre Schau umschlägt: “[...] wie umfaßt ich das all mit warmem Herzen, verlohr mich in der unendlichen Fülle, und die herrlichen Gestalten der unendlichen Welt bewegten sich alllebend in meiner Seele [...] Und nun über der Erde und unter dem Himmel wimmeln die Geschlechter der Geschöpfe all, und alles, alles bevölkert mit tausendfachen Gestalten [..] Ach damals, wie oft hab ich mich mit Fittigen eines Kranichs, der über mich hinflog, zu dem Ufer des un-gemessenen Meers gesehnt, aus dem schäumenden Becher des Unendlichen, jene schwellende Lebenswonne zu trinken, und nur einen Augenblick in der eingeschränkten Kraft meines Busens einen Tropfen der Seligkeit des Wesens zu fiihlen, das alles in sich und durch sich hervorbringt.” DSG IV, S. 138 f. Vgl. außerdem den Brief vom 21. Juni und die hier an der dämmernden Ferne“ und der ”Zukunft“ erörterte Sehnsuchtsproblematik. DjG IV, S. 121.

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  763. DjG IV, S. 106.

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  764. Vgl. dazu Peter Utz, Das Auge und das Ohr im Text. Literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit, München 1990, S. 91 f.

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  765. Vgl. dazu Hans-Rudolf Vaget, Die Leiden des jungen Werthers (1774), in: Paul Michael Lützeler und James E. McLeod (Hg.), Goethes Eizählwerk. Interpretationen, Stuttgart 1985, S. 42 ff. Zur passiven, auf rezeptive Empfindungsfiille und Genuß gegründeten Psychostruktur des Dilettanten vgl. auch ders., Das Bild vom Dilettanten.

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  766. DjG IV, S. 107.

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  767. Lenz, Versuch über das erste Principium der Moral Haug/Titel I, S. 492: “Rousseau ist fir den Zustand der Ruhe, oder der kleinstmöglichen Bewegung. Allein sollte dieser Zustand einem Wesen wohl der angemessenste sein, welches in sich einen Grundtrieb zu einer immer höhern Vervollkommnung, zu einer immer weitern Entwickelung seiner Fähigkeiten spürt? Nein! der höchste Zustand der Bewegung ist unserm Ich der angemessenste E...].” Vgl. dazu Norman R. Diffey, Jakob Michael Reinhold Lenz and Jean-Jacques Rousseau, Bonn 1981, S. 80 ff. Zur im Spätwerk Rousseaus voll ausgebildeten Indolenzproblematik vgl. ebd., S. 46 ff (“Aftermath: the Problem of ‘paix’ ”).

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  768. Zum Einfluß des in den R¨ºveries geschilderten, aus der selektiven Robinson-Crusoe-Rezeption Rousseaus hervorgehenden Inselglücks auf die Idyllentheorie Jean Pauls und sein Verständnis des poetischen Schöpfungsakts: Horst Brunner, Kinderbuch und Idylle. Rousseau und die Re- zeption des Robinson Crusoe im 18. Jahrhundert, in: Jean-Paul-Jahrbuch 2 (1967), S. 85–116. Hölderlin dagegen sieht - wie Paul de Man an Hölderlins Rheinhymne aufgezeigt hat - in Rousseaus Rückzug auf das sentiment de l’existence die Möglichkeit einer radikal innerlichen, spirituellen Wesensschau, die dennoch den sozialen, politischen, ja revolutionären Seinsbezug wahrt. Paul de Man, Hölderlins Rousseaubild, in: Hölderlin-Jahrbuch 15 (1967–68), S. 180208. Zu einer auf dem 1. Diskurs und den R¨ºveries gegründeten “Tiefenstruktur” im Verhältnis Kleists zu Rousseau vgl. bes. Bernhard Böschenstein, Kleist und Rousseau, in: Kleist-Jahrbuch 1981/82, S. 145–156.

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  769. Rousseau, Träumereien S. 660: “Ich erblickte den Himmel, einige Sterne und ein wenig Grün. Diese erste Empfindung war köstlich.”

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  770. Vgl. dazu Utz, Das Auge und das Ohr, S. 19 ff.

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  771. Vgl. dazu: Reinhard Brandt, Zur Genese des dreidimensionalen Sehbildes (Gassendi, Locke, Berkeley), in: Ratio 17 (1975), S. 170–182; Wolfgang Breidert, Einleitung zu: George Berkeley, Versuch Tiber eine neue Theorie des Sehens oder der visuellen Sprache... übers. u. hg. v. Wolfgang Breidert, Hamburg 1987, S. VII-XXX. Außerdem zum Stellenwert des Molyneux-Problems im Kontext der aufklärerischen Anthropologie: Proß, Herder und die Anthropologie der Aufklärung, S. 1136 ff.

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  772. Brandt, Genese des Sehbildes, S. 180.

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  773. Berkeley, Versuch über eine neue Theorie des Sehens S. 86 f.

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  774. Buffon, Histoire naturelle zit. nach Utz, Das Auge und das Ohr, S. 21.

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  775. Vgl. zur Diskussion der Sinnesproblematik bei Herder, dem jungen Goethe und in den Rezen-sionen der Frankfurter Gelehrten Anzeigen: Utz, Das Auge und das Ohr, S. 90 ff. Trotz ihrer allgemeinen erkenntnistheoretischen Depotenzierung vermag Herders kunstspezifisch operierende Ableitung ästhetischer Grundsätze aus den Leistungsvermögen der verschiedenen Sinne den bloßen Augenschein als Prinzip der Malerei zu rechtfertigen und die Landschaftsmalerei gegen ihre akademische Verachtung in Schutz zu nehmen. Vgl. dazu unten Kap. III, 3.6.3, Anm. 82.

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  776. Vgl. oben Kap. III, 3.4.1 und die Anm. 62 ebd.

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  777. Angelet, Mythos des primitiven Menschen, S. 206 f.

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  778. Georges Louis Leclerc, Comte de Buffon, Naturgeschichte des Menschen in: ders., Allgemeine Historie der Natur... Zweyter Theil, Hamburg und Leipzig 1752, S. 230: “Ich legte die Hand auf meinen Kopf; ich berührte meine Stirn und meine Augen; ich betrachtete meinen Leib, meine Hand schien mir damals das vornehmste Werkzeug meiner Wirklichkeit zu seyn. Was ich in diesem Gliede empfand, war so deutlich und vollständig, und der Genuß desselben schien mir in Vergleichung des Vergnügens, das mir das Licht und der Schall verursachet hatte, so vollkommen, daß ich mich gänzlich mit diesem festen Theile meines Wesens beschäfftigte, und ich empfand, daß meine Begriffe die Eigenschaft des Gründlichen und Wahren erlangten.”

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  779. Etienne Bonnot de Condillac, Abhandlung über die Empfindungen neu bearb. u. hg. v. Lothar Kreimendahl, Hamburg 1983, S. 136: “Ohne Zweifel ist es für sie [die Statue, H. S.] mit einer Reihe sehr angenehmer Gefühle verbunden, ihre Augen in diesem Chaos von Licht und Farben herumzuführen.” Erst in der Entfaltung der menschlichen Vermögen und Bedürfnisse und in der durch den Tastsinn geleiteten Wirklichkeitsbemächtigung aber potenzieren sich die Lüste: “Ich öffne die Augen dem Licht und sehe zunächst nur leuchtenden und bunten Nebel. Ich taste, schreite vor, taste abermals. Ein Chaos entwirrt sich unmerklich meinen Blicken. L..] So wirkt der Gesichtssinn; kaum ist er von dem Tastsinn unterwiesen, so verteilt er die Schätze in der Natur, schmückt freigebig die Orte mit ihnen, die sein Führer ihm entdeckt und macht aus Himmel und Erde ein Zauberbild, das seine Pracht nur dadurch erhält, weil er seine eigenen Empfindungen darauf ausbreitet.” Ebd., S. 208 ff. Zur entscheidenden Bedeutung des von Locke übernommenen Prinzips der inquietude für das nach Lustvermehrung und Schmerzvermeidung strebende sensualistische Ich vgl. Kreimendahl, Einleitung zu: Condillac, Abhandlung über die Empfindungen, S. XXXVII f.

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  780. Zum entscheidenden Einfluß der Histoire naturelle Buffons auf Rousseaus Definition des homme naturel im Discours sur l’ in¨¦galit¨¦ vgl. Kohl, Entzauberter Blick, S. 193; Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit S. 110, Anm. 140. Prinzipiell zum Verhältnis Rousseau-Buffon: Otis Fellows, Buffon and Rousseau. Aspects of a relationship, in: Problems and personalities (1970), S. 33–53.

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  781. Vgl. Utz, Das Auge und das Ohr, S. 90 ff.

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  782. DjG IV, S. 130 (Brief vom 24. Juli). Im Brief vom 10. Mai stellt sich die primämarzißtische Einheit von Welt, Himmel und Seele ein, wenn es um Werthers “Augen dämmert”. Ebd., S. 107. Vgl. besonders auch den Brief vom 21. Juni. Hier löst sich die im Gipfelblick überschaute landschaftliche Ferne, in die sich Werther “verlieren” will, zum “dämmernde(n) Ganze(n)” auf: “[...] unsere Empfindung verschwimmt sich darinne wie unser Auge [...].” Ebd., S. 121. Im Brief vom 22. Mai heißt es (ebd., S. 110): “Ich kehre in mich selbst zurück und finde eine Welt [...] Und da schwimmt alles vor meinen Sinnen, und ich lächle dann so träumend weiter in die Welt.”

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  783. Vaget, Die Leiden des jungen Werthers S. 37 f. Vgl. dazu den großen Wetzlarer Brief Goethes an Herder vom 10. Juli 1772, DjG II, S. 256.

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  784. Herder schreibt in der zweiten Plastik von 1778: “Ein Kind, ein rohes Auge sieht am Gemälde das Farbenbrett öfter, als man denket: es kann sich, so lange die Figur ihm am Brett klebt, jenen Schatten, diesen Streif nicht erklären; es gaffet.” Herder, Plastik. Einige Wahrnehmungen über Fonn und Gestalt aus Pygmalions bildendem Traume in: Wolfgang Proß (Hg.), Johann Gottfried Herder, Werke, Bd. 2 (Herder und die Anthropologie der Aufklärung), München/Wien 1987, S. 471. Vgl. zur Qualifizierung des gewohnheitsmäßigen Sehens als künstlichster und kältester Sinn: Herder, Viertes Kritisches Wäldchen, Zweites Stück in: Herder, Werke, hg. v. W. Proß, Bd. 2, S. 96 f, S. 139; Goethes Straßburger Romanfragment Arianne an Wetty (DjG II, S. 23) sowie die Goethe zugeschriebene Gessner-Rezension in den Frankfurter Gelehrten Anzeigen: “Wir kennen die Empfindungen, die aus der bürgerlichen Gesellschaft in die Einsamkeit führen, aufs Land, wo wir dann nur zum Besuch sind, nur wie bey einer Visite die schöne Seite der Wohnung sehn, und ach! nur sehn der geringste Antheil, den wir an einer Sache nehmen können.” DjG II, S. 271.

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  785. Vgl. bes. das Erlebnis der Winterlandschaft mit seiner gnadentheologischen Kontrafaktur, weiterhin die im Dunstkreis kirchlicher Frömmigkeit angesiedelte Sonntagslandschaft, deren entmaterialisierte primärnarzißtische Naturvision dem subversiv-religionskritischen Gehalt der nachfolgenden Predigt korreliert, und die Wintersturmsequenz der Anfangsschilderung. Suggerieren hier Lenzens akustische Illusionen vom “Wiegenlied und Glockengeläute” die kindliche Geborgenheit im Christentum, so deutet die rein sensuelle, größenwahnhafte Entgrenzung des Protagonisten gegenüber der erhabenen Firnlandschaft auf die mimetische Assimilation des autonomen Sturm- und-Drang-Genies an die Schönheit und Vollkommenheit einer entgötterten Natur. Siehe dazu oben Kap. III, 3.2.5.

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  786. Vgl. oben Kap. III, 4.3.2.1 und unten Kap. III, 3.7.

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  787. Vgl. dazu unten Kap. III, 3.7.

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  788. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 76, sowie Requadt, Büchners Kunstanschauung, S. 113.

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  789. Vgl. zur Terminologie Klaus P. Hansen, Utopische und retrospektive Mentalität. Uberlegungen zu einer verkannten Tradition, in: DVjs 57 (1983), hier bes. S. 572 f mit der Scheidung der retrospektiven Mentalität von der Utopie und ihrem progressistischen Geschichtsdenken.

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  790. Zur Abhängigkeit des “inneren Sinns” Mesmers vom sensorium commune vgl. Heinz Schott, Mesmers Heilungskonzept und seine Nachwirkungen in der Medizin, in: ders. (Hg.), Franz Anton Mesmer, S. 241 f. Zum Begriff des Gemeinsinns und seinen psychologisch-erkenntistheoretischen wie sozialethischen Bedeutungskomponenten vgl. A. v. Maydell; R. Wiehl, Art. “Gemeinsinn”, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 3, hg. v. Joachim Ritter, Basel 1974, Sp. 243–247.

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  791. Zimmermann, Weltbild des jungen Goethe, Bd. I, S. 154 f; S. 280 f.

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  792. Schott, Mesmers Heilungskonzept, S. 241 f. Vgl. Caullet de Beaumorel, Lehrsäue des Herrn Mesmers so wie er sie in den geheimen Versammlungen der Harmonia mitgetheilt hat [...] Straßburg 1785, S. 43 (¡ì 184): “Es ist erweislich, und man hat starke Gründe a priori, daß wir noch mit einem innern Sinne begabt sind, der mit dem Ganzen des Weltalls in Verbindung stehet; genaue Beobachtungen können uns davon überzeugen; man könnte sich auch die Ahndungen daraus begreiflich machen.”

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  793. Büchner, Probevorlesung Ueber Schädelnerven, HA II, S. 295.

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  794. G. W. F. Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830), Dritter Teil: Die Philosophie des subjektiven Geistes, ¡ì 406, in: G. W. F. Hegel, Werke in zwanzig Bänden (Theorie-Werkausgabe), Bd. 10, S. 137.

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  795. Vgl. Proß, Spinoza, Herder, Büchner, S. 74.

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  796. Vgl. auch die These Stephans, Lenz-Rezeption, S. 95, die im Kunst- und Pantheismusge-spräch “den philosophischen und literaturtheoretischen Begründungszusammenhang” für “die verschiedenen sich im Text ausdrückenden Verschmelzungsphantasien von Lenz” verortet.

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  797. Freud reklamiert in seiner Abhandlung “Animismus, Magie und Allmacht der Gedanken” (“Totem und Tabu”, III) die Korrelation von Animismus und Narzißmus, FGW IX, S. 110 f.

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  798. Vgl. den von Hilfiker, Die schizophrene Ichauflösung, S. 445 genannten Fall: “Die gleiche Seele ist für Tiere, Pflanzen und Menschen. Man muß sich eine Kugel, die Erde, denken, und daran hängen die Menschen. Die Verbindung der Seele mit dem Körper ist beim Menschen anders als beim Tier, aber die Seele als solche ist bei allen gleich. Man könnte auch die Tiere verstehen, wenn man wollte. [...] Kein Mensch hat eine Seele für sich. Jeder Mensch hat nur einen Anteil an der Weltseele. Ich habe davon einen besonderen Anteil, wie jeder der halluziniert. Die Schwingungen des Urstoffs sind bei mir viel feiner. Ich bin mit allen Leuten, die jemals lebten, verbunden, bis in alle Schwingungen zurück.”

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  799. Vgl. Ellenberger, Entdeckung des Unbewußten, S. 112. Dem schweizerischen Atzt Johann Heinrich Egg gegenüber hat Mesmer 1804 angeblich geäußert, alles fließende Wasser sei magnetisiert, weil er, Mesmer, zwanzig Jahre zuvor die Sonne magnetisiert habe.

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  800. “Hier weist der Mensch, Organism das erstemal, sich als Lebensspender an der ganzen übrigen Natur. [...] Der Punkt, den Archimedes forderte, ist gefunden. Wir werden die Erde wirklich bewegen.” Ritter an Carl von Hardenberg, München, den 1. Febr. 1807, in: Klemm; Hermann (Hg.), Briefe eines romantischen Physikers, S. 28, S. 32.

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  801. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 72.

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  802. Vgl. Büchners expliziten Rekurs auf die Traumvokabel in der zweiten Vogesenschilderung: “Er wurde still, vielleicht fast träumend [...].” (Stud. 17, 32)

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  803. Vgl. oben Kap. III. 3.5.1.

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  804. Zur zentralen Bedeutung der Marion-Figur fir den Aussagegehalt von Pantons Tod vgl. bes. die vorzügliche Untersuchung Reinhold Grimms, Coeur und Carreau. Über die Liebe bei Georg Büchner, in: Arnold (Hg.), Georg Büchner I/II, S. 299–326, sowie Theo Buck, Grammatik einer neuen Liebe. Anmerkungen zu Georg Büchners Marion-Figur, Aachen 1986.

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  805. HA II, S. 22.

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  806. Vgl. auch ebd.: “Ich kenne keinen Absatz, keine Veränderung. Ich bin immer nur Eins. Ein ununterbrochenes Sehnen und Fassen, eine Gluth, ein Strom.”

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  807. Hierzu und zum Folgenden Wedewer, Landschaft als vermittelte Theorie, S. 128 ff.

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  808. Gottfried Boehm, Das neue Bild der Natur. Nach dem Ende der Landschaftsmalerei, in: Smuda (Hg.), Landschaft, S. 87–110, hier vor allem S. 91 f.

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  809. Vgl. ebd., S. 88.

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  810. Val. dazu Smuda, Der Gegenstand in der bildenden Kunst, S. 76 ff.

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  811. Diese Enthermeneutisierung des landschaftlichen Blicks hat Holländer (Landschaftsmalerei, S. 215) am Rekurs der Impressionisten auf die unmittelbare Wahrnehmung festgestellt.

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  812. Vgl. Boehm, Das neue Bild der Natur, S. 92, S. 104, S. 108.

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  813. Das ist auch gegen Wedewer (Landschaft als vermittelte Theorie, S. 129) zu betonen: “In den ‘modernen’ Bildern der Landschaftsmalerei gewinnt die ästhetische Funktion von Landschaft als ’freier’ Natur somit Unabhängigkeit gegenüber der Tatsächlichkeit der Verhältnisse.” Solche ästhetische “Unabhängigkeit” erkauft die moderne “Landschaft” mit ihrer Selbstaufgabe.

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  814. Ebd., S. 108.

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  815. Holländer, Landschaftsmalerei, S. 215.

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  816. Vgl. dazu die folgenden Untersuchungen: Hubert Schrade, Die romantische Idee von der Landschaft als höchstem Gegenstande christlicher Kunst, in: Neue Heidelberger Jahrbücher NF, 1931, S. 1–94, hier S. 72 ff; Klaus Lankheit, Die Frühromantik und die Grundlagen der gegenstandslosen“ Malerei, in: Neue Heidelberger Jahrbücher, NF 1951, S. 55–90, hier S. 71 ff; ders., Caspar David Friedrich, in: Richard Brinkmann (Hg.), Romantik in Deutschland. Ein interdisziplinäres Symposion, Stuttgart 1978, S. 683–707; Johanna Matzner, Die Landschaft in Ludwig Tiecks Roman ”Franz Sternbalds Wanderungen“. Ein Beitrag zu den Kunstanschauungen der Berliner Frühromantik und der Dresdner Maler Ph. 0. Runge und C. D. Friedrich, Heidelberg 1971, hier S. 51 ff; Boehm, Das neue Bild der Natur, S. 90 f.

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  817. TW I, S. 907. Vgl. zum zentralen Stellenwert dieser Passage und der nächtlichen Eisenhüt-tenszene (TW I, S. 945), die das geeignete Sujet für eine Malerei ohne “Handlung” und “Ideal”, nur aus “Schimmer”, “verworrene(n) Gestalten” und einem “künstliche(n), fast tändelnden) Spiel der Farben” bestehend, vorführt: Matzner, Landschaft in Tiecks Sternbald S. 106 ff; Lankheit, Frühromantik, S. 61 f. Zur Ausstrahlung der Sternbald-Spekulationen auf die Nazarener, auf Ph. O. Runge und C. D. Friedrich: Matzner, Landschaft in Tiecks Stern-bald, S. 148 ff.

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  818. A. W. Schlegel, Die Gemählde. Gespräch S. 62 ff. Damit sind Herders Überlegungen in der Plastik radikalisiert. Herder hatte, aus der ursprünglichen Leistunpsfähigeit der verschiedenen Sinne das Wesen der differenten Künste begründend, die Malerei ausdrücklich als Kunst des flächenhaften Anscheins, des raumlosen Nebeneinanders definiert und die Landschaftsmalerei gegen die akademische Geringschätzung verteidigt. Herder, Plastik (1778), S. 477 f.

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  819. Lankheit, Frühromantik, S. 68 f, sowie bes. Christa Franke, Philipp Otto Runge und die Kunstansichten Wackenroders und Tiecks, Marburg 1974, S. 65 ff.

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  820. Heinrich von Kleists Werke, im Verein mit Georg Minde-Pouet und Reinhold Steig hg. v. Erich Schmidt, Bd. 4, Leipzig und Wien o. J. [1904/05], S. 230 f. Der Besprechung in den Berliner Abendblättern lag ein von Brentano und Arnim gemeinsam verfaßter Text zugrunde, von dem Kleist nach einer rigorosen Redaktion nur die vier ersten Sätze Brentanos - und auch sie nicht unverändert - übrigließ. Ab dem fünften Satz (“Nichts kann trauriger [...] sein [...]”) stammt die Besprechung im wesentlichen von Kleist, der sich dennoch aus der Vorlage bei Brentano bedient. Zur Verfasser- und Quellenfrage vgl. Christian Begemann, Brentano und Kleist vor Friedrichs Mönch am Meer. Aspekte eines Umbruchs in der Geschichte der Wahrnehmung, in: DVjs 60 (1990), S. 56, Anm. 6, außerdem Roswitha Burwick, Verschiedene Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft: Arnim, Brentano, Kleist, in: ZfdPh 107 (1988), Sonderheft, S. 33–44; zu Brentanos und Arnims Vorlage vgl. bes. Gerhard Kurz, Vor einem Bild: Zu Clemens Brentanos ‘Verschiedene Empfindungen vor einer Seelandschaft von Friedrich, worauf ein Kapuziner’, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1988, S. 128–140. Brentanos und Armms ursprünglicher Text wird im folgenden nach der Ausgabe von Fried-helm Kemp zitiert: F. K. (Hg.), Clemens Brentano, Werke, Bd. 2, Darmstadt 1963, S. 10341038.

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  821. Boehm, Das neue Bild der Natur, S. 91.

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  822. Vgl. Begemann, Brentano und Kleist, S. 60 ff.

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  823. Ebd., S. 77 ff, bes. S. 91.

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  824. Ebd., S. 83.

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  825. Ebd., S. 85 ff. Allgemein zum Panorama: Günter Hess, Panorama und Denkmal: Erinnerung als Denkform zwischen Vormärz und Gründerzeit, in: A. Martino (Hg.), Literatur in der sozialen Bewegung, S. 130–206, hier S. 136 ff.

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  826. Begemann, Brentano und Kleist, S. 89 f.

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  827. Ebd., S. 76.

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  828. Die Beziehungen Friedrichs zur Melancholietradition hat Tina Grauer am ikonographischen Inventar seiner Bilder aufgezeigt. T. G., Melancholie und Abgrund. Die Bedeutung des Gesteins bei Caspar David Friedrich. Ein Beitrag zum Symboldenken der Frühromantik, Berlin 1986, S. 120 ff.

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  829. Kleist entnahm alle drei Anspielungen auf die poetische Melancholie der Vorlage Brentanos. Vgl. Brentano; Arnim, Verschiedene Empfindungen S. 1034–1036.

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  830. Zur skeptischen Einschätzung Youngs etwa bei Zachariae vgl. oben Kap. II, 4.4, Anm. 2. Zum Ossianismus vgl. oben S. Kap. II, 4.2 und unten Kap. III, 4.3.

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  831. Brentano; Arnim, Verschiedene Empfindungen S. 1036. Ahnlich wie in Brentanos einleitendem Kommentar akzeptiert die “Dame” das Sujet, das sie “an zu Hause” erinnere, stößt sich aber an den radikalen Privationen des Bildes: “ [...] nur wünschte ich, daß eine frische Seeluft wehte und ein Segel herantriebe, und daß ein Sonnenblick niederglänzte und das Wasser rauschte; so ist mirs als wie ein Alpdrücken und Sehnsucht nach dem Vaterland im Traum; kommt weiter, es macht mich traurig.”

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  832. Ludwig Richter, Tagebuchnotiz vom 30. Januar 1825, in: ders., Lebenserinnerungen eines deutschen çalers. Selbstbiographie nebst Tagebuchniederschriften. Hg. v. Heinrich Richter, Frankfurt 1905, Anhang (Auszüge aus Ludwig Richter’s Jugendtagebüchern 1821–1837), S. 49. Auch H. J. Meyer spricht (im Hannoverschen Magazin Nr. 20, 1834) davon, daß die von Friedrichs Gemälden erweckten Gefiihle “nicht die erfreulichsten sind, meist die Gefühle des Schauerlichen, der Oede, des Verlassenseins, unheimlicher Einsamkeit” [...] Es beschleicht einen eine unheimliche, schauerliche, trübe Melancholie, man wird angst, man fiihlt sich so einsam, so verlassen, so nichts, man sehnt sich nach Menschen.“ Zit. nach Helmut Börsch-Supan; Karl Wilhelm Jähnig, Caspar David Friedrich: Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, München 1973, S. 122.

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  833. Vgl. auch das Urteil Marie Helene von Kügelgens: “Der Himmel ist rein und gleichgültig ruhng, kein Sturm, keine Sonne, kein Mond, kein Gewitter - ja, ein Gewitter wäre mir ein Trost und ein Genuß, dann sähe man doch Leben und Bewegung irgendwo. Auf der ruhigen Meeresfläche sieht man kein Boot, kein Schiff, nicht einmal ein Seeungeheuer, und in dem Sande auch nicht ein grüner Halm, nur einige Möwen flattern umher und machen die Einsamkeit noch einsamer und grausiger.” zit. nach Börsch-Supan; Jähnig, C. D. Friedrich, S. 169. Vgl. die bei Grütter, Melancholie und Abgrund, S. 156 angeführte, ähnlich gelagerte Kritik der Rezensenten an der in Friedrichs Watzmann evozierten “völlige(n) Einsamkeit” ohne “Leben”, an der “düstere(n) Leere ohne Trost”, am “Hochstehen ohne Erhoben zu werden”.

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  834. Brentano; Arnim, Verschiedene Empfindungen S. 1035.

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  835. Vgl. ebd., S. 1037: “HERR: [..] O, ich wollte, ich wäre der Kapuziner, der so ewig einsam hinüberschaut in das dunkle verheißende Meer, das wie die Apokalypse vor ihm liegt [...].”

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  836. Val. oben Kap. III, 3.2.4.

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  837. Die Wendung vom “einsame(n) Mittelpunkt im einsamen Kreise” stammt ebenfalls aus Brentanos Vorlage, ist aber hier zurückbezogen auf die topische Konjunktion von Mönchtum und Melancholie. Der “zweite(r) Herr” liest die öde Umgebung als “traurigen Spiegel seiner [des Mönchs, H. S.] Abgeschlossenheit” vom Leben. Brentano; Arnim, Verschiedene Empfindungen S. 1036.

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  838. Vgl. Begemann, Brentano und Kleist, S. 84, S. 90.

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  839. C. G. Carus, Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten Leipzig 1865/66, zit. nach Hofmann, Landschaftsmalerei, S. 25.

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  840. Die Zitate nach Kurt Karl Eberlein (Hg.), Caspar David Friedrich - Bekenntnisse, Leipzig 1924, S. 154, S. 152, S. 151. Vgl. zum Folgenden Werner Hofmann, Zu Friedrichs geschichtlicher Stellung, in: ders. (Hg.), Caspar David Friedrich 1774–1840, Katalog Hamburger Kunsthalle, München 1974, S. 70. Hofmann erwähnt allerdings nicht den Zusammenhang der monotonen Formsprache Friedrichs mit den aufklärerisch-klassizistischen Melancholieverdikten.

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  841. “Erfreuen soll die Kunst, so will es die Mode, vor einigen Jahren konnte der ernste Winter im Bild auch erfreuen, jetzt aber nicht mehr [...] Aber Nebel und Winter sind einmal in Verschiss bekommen und wer verbürgt es uns, ob nicht der rauhe, todverkündende Herbst bald ein gleiches Schicksal bedroht.” Zit. nach Eberlein, Friedrich - Bekenntnisse, S. 203.

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  842. Vgl. zur Kritik F. M. Klingers an der aufklärerischen Verkleinerung der lebendigen Natur durch das konzentrierende visuelle Medium der Camera obscura: Langen, Rahmenschau, S. 37. In diesem Kontext steht noch die Kritik Wailers an der Landschaftsmalerei in A. W. Schlegels Die Gemähtde. Ein Gespräch (in: Athenäum. Eine Zeitschrift. Hg. v. A. W. und F. Schlegel, Zweiter Band, Erstes und Zweites Stück, [Reprint] Darmstadt 1960, S. 54 f): “Wenn die Mahlerey nur nicht grade in diesem Fache [der Landschaftsmalerei, H. S.] gegen die Größe der Natur am meisten verlöre! Alle Landschaftsmahlerey ist doch nur eine Art von Miniatur.” Das Bild gebe “nie den Eindruck einer furchtbaren und unermeßlichen Größe wie der Gegenstand in der Natur.”

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  843. Vgl. Eberlein, Friedrich-Bekenntnisse, S. 277, S. 278 f. Vgl. auch ebd. S. 282 das explizite Postulat Ramdohrs, daß eine schöne Landschaft “durchaus mehrere Plane darstellen muß, an der sich die Wohlgestalt der Linienperspektive zeigen kann.”

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  844. Zit. ebd., S. 283 f.

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  845. Auch Dahl sieht Friedrichs karge Formspache in der Opposition gegen “all jene Überladungen, die jetzt die Welt erdrücken”, begründet. Beide Zitate nach Eberlein, Friedrich-Bekenntnisse, S. 235. Friedrichs bildkünstlerische Innovation, die Radikalisierung des extensiverhabenen Bildsujets zum leeren Unendlichkeitsraum, hat gleichwohl sine konzeptuelle und theoretische Vorgeschichte in der aufklärerischen und klassizistischen Ästhetik. Gegen die kanonische Vermittlung von Mannigfaltigem und Erhabenem hatte schon Bodmer eingewandt, daß die “Mannigfaltigkeit ein Hinderniß des Grossen” sei, und den leeren “unbewölkten Himmel” ebenso wie das windstille Meer“ als genußfähige Exempla höchster Größe angeCuhrt. Bodmer, Critische Betrachtungen S. 216 f. Mit seinem Urteil konnte sich Bodmer aber nicht gegen das herrschende kumulative Verdikt des Leerraums durchsetzen. Erst die spätklassizistiache Architekturtheorie im Umkreis der Französischen Revolution, bei Boull¨¦e, Ledoux, Poyet in Frankreich, bei Karl Philipp Moritz in Deutschland, wagt einen ähnlichen Ausgriff auf die ästhetische Präsentation eines sublimen Leerraums und operiert wie Friedrich wenige Jahre später vom Konzept des Einfacherhabenen aus. Vgl. dazu bes. die Ausführungen von Jean Starobinski, Das Geometrische Gemeinwesen, in: ders., 1789. Die Embleme der Vernunft, Paderborn/ München/ Zürich/ Wien 1981, S. 59–72, sowie Ruth Ghisler, ”Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente“ von Karl Philipp Moritz. Fragmente einer Architekturlehre aus Goethes römischem Freundeskreis., in: Jahrbuch des Freien deutschen Hochstifts 1970, S. 45 ff.

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  846. Vgl. oben Kap. HI, 3.3.1.

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  847. Vgl. dazu die Ausführungen Begemanns, Brentano und Kleist, S. 90 und die Anm. 95 ebd. Die Anspielung auf Ossian und Kosegarten, die Kleist der Vorlage Brentanos entnahm, ist laut Begemann nicht von Kleists Werk her zu entschlüsseln, das keine weiteren Äußerungen zu den beiden Poeten enthalte. Begemann verweist auf den von der kunstgeschichtlichen Forschung nachgewiesenen Einfluß Theobul Kosegarten auf Runges und Friedrichs Malerei hin (vgl. etwa Gerhard Eimer, Auge und Landschaft, in: ders. (lg.) Caspar David Friedrich. Auge und Landschaft. Zeugnisse in Wort und Bild, Frankfurt 1975, S. 35; Grütter, Melancholie und Abgrund, S. 180 f0. Zur Einordnung Friedrichs in die Wirkungsgeschichte des Ossianismus vgl. Ternois, Zur Wirkung der Gedichte Ossians, S. 40, sowie Hohl, Deutschland und Dänemark, S. 63 f.

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  848. Zit. nach Eberlein, Friedrich-Bekenntnisse, S. 229 f. Kursive i. O. gesperrt. Siehe auch den Vergleich Friedrichs mit Ossian bei dem Rezensenten der Hartungschen Zeitung 1832, dem des Journal des Luxus und der Moden Nov. 1816 und dem der Zeitung fir die elegante Welt 1807. Alle drei Nachweise bei Börsch-Supan; Jähnig, C. D. Friedrich, S. 118, S. 84, S. 67.

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  849. Vgl. dazu Hofmann, Zu Friedrichs geschichtlicher Stellung, S. 70 f.

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  850. Vgl. die Außerungen Friedrichs bei Eberlein, Friedrich - Bekenntnisse, S. 193: “Ich meinestetls fordere von einem Kunstwerk Erhebung des Geistes, und wenn auch nicht ausschließlich religiösen Aufschwung.”

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  851. Vgl. Ritter, Landschaft, S. 157.

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  852. Vgl. vor allem die Deutung Hans Holländers, Landschaftsmalerei, S. 209 ff.

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  853. Ebd., S. 209. Ähnliches findet W. Hofmann im “Pathos der Distanz” der Bildgestalten und Betrachterfiguren Friedrichs: “Diese Bilder sind Metaphern von Fragehaltungen, in denen der Mensch nicht irgendein Einssein, sondern sein Anderssein erfährt.” W. H., Zu Friedrichs geschichtlicher Stellung, S. 77.

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  854. Vgl. oben Kap. III, 3.3.2.

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  855. Vgl. Begemann, Brentano und Kleist, S. 90.

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  856. Büchner an Gutzkow, Straßburg 1836, HA II S. 455.

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  857. Büchner an Edouard Reuss, 20. August 1832, zit. nach Hauschild, Büchner, S. 309.

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  858. Zit. nach ebd., S. 311 f.

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  859. Wilhelm Schulz [Rez.]: Nachgelassene Schriften von G. Büchner, S. 65. Vgl. ebd. S. 101 f die Erläuterung Walter Grabs zur revolutionären und zivilisationskritischen Afrika- und Beduinenexotik etwa Freiligraths im Vormärz.

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  860. [Ludwig Büchner], Nachgelassene Schri en S. 46 f.

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  861. W. Schulz [Rez.], Nachgelassene Sc ritten S. 65: “Vor Allen erkannte und fühlte er [Büchner, H. S.] aufs schmerzlichste jene Kluft, welche die Menschen, mögen sie immerhin derselben Nation angehören, in allen jene unserer s.g. Civilisation in zwei Völker spaltet, von denen keines das andere versteht: in Reiche und Arme, in Gebildete und Ungebildete. [folgt der oben zitierte Passus über Büchners Flucht aus der ”flachen Menschenwüste, H. S.] Er wußte es, daß wir uns die glatte, gestriegelte Haut an der harten Rinde des Volkslebens eher abschinden, als aus dieser Haut herausspringen und mit dem Volke Volk sein können. Er wußte es auch, wie schwer es dem Volke wird, hinter der eingebeizten Kultur hindurch die wenigen Herzen zu erkennen, die noch warm für seine Leiden schlagen.“

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  862. Vgl. dazu Sieferle, Entstehung und Zerstörung der Landschaft, S. 254.

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  863. Ebd., S. 254 ff.

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  864. Vgl. oben Kap. II, 2.3.3.

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  865. Vgl. Martens, Ein Bürger auf Reisen, S. 110. Friedrich Nicolai konstatiert etwa (Beschreibung einer Reise Bd. VI, S. 464 f): “Die großen Szenen der Natur machen einen Eindruck, den kein menschliches Schauspiel erreicht, nirgends aber sind sie majestätischer als in bergichten Ländern.”

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  866. HA II S. 425.

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  867. Vgl. Haller, Die Alpen S. 5 ff, weiterhin Rousseaus Hymnus auf die Freiheit und Güte der Schweizer Gebirgsbewohner im 23. Brief der Neuen Heloise S. 80. Zur naturrechtlich-freiheitlichen Kodierung des Gebirges und anderer Bereiche unberührter Natur in der oppositionellen Politmetaphorik von Französischer Revolution und Vormärz vgl. Jäger, Politische Metaphorik, S. 34 ff, S. 87 f. Zum Leitbildcharakter der republikanischen Schweiz für die deutsche Nationalcharakterdiskussion sowie die eng damit verbundene Konzeptualisierung einer freiheitlichen Gesellschaftsverfassung: Werner Krauss, Zur Konstellation der deutschen Aufklärung, in: ders., Perspektiven und Probleme. Zur französischen und deutschen Aufklärung und andere Aufsätze, Neuwied/Berlin 1965, S. 143–265, hier bes. 149–172 (“Nationalgeist und Patriotismus”). Zur ästhetisch-anthropogeographischen Herleitung der schweizerischen Freiheit aus der abgeschiedenen Erhabenheit der Berge vgl. die folgende Passage aus Johannes von Müllers Schweizgeschichte: “Ruhiges Hirtenleben auf einsamer Alp, in reiner Luft, unter höherm Sternenglanz, und Erscheinungen großer, wunderbarer Natur, das war ihre Schule. Diese Abgeschiedenheit ist nicht fähig, neue Begriffe zu erzeugen; desto fester hält man auf angestammte. Sie durchdringen die Seele. Dabei wurde für die ursprüngliche Freiheit und Brüderschaft bei weitem am tiefsten zu Schwyz gefühlt.” Johannes von Müller, Geschichten Schweizerischer Eidgenossenschaft in: Sämtliche Werke, hg. v. Johannes Georg Müller, Bd. 14, Stuttgart 1832, IV, 4, S. 185.

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  868. Vgl. dazu Peter von Matt, Landschaftsdichtung, S. 202, sowie ders., Naturlyrik, in: Glaser (Hg.), Deutsche Literatur, bes. S. 208.

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  869. Zur sozialkonservativen Umdeutung und Nationalisierung der “Landschaft” im 19. Jahrhundert vgl. außer den prinzipiellen Überlegungen Eisels, Die schöne Landschaft, bes. die Ausfiihrungen Wormbs, Uber den Umgang mit Natur, S. 58 ff.

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  870. Vgl. HA I S. 22: “Meine Natur war einmal so, wer kann da drüber hinaus? [...] Ich kenne keinen Absatz, keine Veränderung. Ich bin immer nur Eins. Ein ununterbrochnes Sehnen und Fassen, eine Gluth, ein Strom. Meine Mutter ist vor Gram gestorben, die Leute weisen mit Fingern auf mich. Das ist dumm. Es läuft auf eins hinaus, an was man seine Freude hat, an Leibern, Christusbildern, Blumen oder Kinderspielsachen, es ist das nemliche Gefiihl, wer am Meisten genießt, betet am Meisten.”

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  871. Vgl. oben Kap. II, 4.5.

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  872. Zur Definition utopischer Mentalität nach den Kriterien menschlicher Autonomie und Herrschaft über Natur und Geschichte vgl. Hansen, Utopische und retrospektive Mentalität, S. 592.

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  873. Vgl. Stephan, Lenz-Rezeption, S. 95.

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  874. Dazu und zur Bedeutung des Visuellen und Bildhaften bei Büchner vgl. Robert C. Holub, The Paradoxes of Realism. An Examination of the “Kunstgespräch” in Büchners “Lenz”, in: DVjs 59 (1985), S. 102–124, sowie Issa, Das Niederländische, S. 186 ff.

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  875. Carel von Savoys Christus in Emmaus befand sich seit 1810 im Großherzoglichen Museum Darmstadts. Hier haben Büchner und sein Freund Alexis Muston das Gemälde nachweislich im Sommer 1833 betrachtet. Vgl. die Aufzeichnungen in Mustons Journal d’etudiant in: Heinz Fischer, Georg Büchner und Alexis Muston. Untersuchungen zu einem Büchner-Fund, München 1987, S. 259, sowie den Kommentar Fischers ebd., S. 26 ff. Eine farbige Reproduktion des Gemäldes findet sich im Katalog Georg Büchner. Leben, Werk, Zeit. Ausstellung zum 150. Jahrestag des “Hessischen Landboten”, Marburg 1985, S. 181.

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  876. Requadt, Büchners Kunstanschauung, S. 108 f.

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  877. So den in Kniehöhe Jesu befindlichen weiblichen Kopf im Profil und das lichtverklärte Gesicht des Auferstandenen, vgl. ebd., S. 109.

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  878. Vg1. die Bildbeschreibung von F. Back, Verzeichnis der Gemälde, Darmstadt 1914, zit. Nach Fischer, Büchner und Muston, S. 261: “Bräunliche Dämmerung. Um das gelblich und lila-grau getönte Weiß des Tischtuches einige gedämpfte Farben: das lilagraue Gewand Christi und sein blauer Mantel über der braunen Thronlehne, der gelblichgrüne Vorhang oben gegen das stumpfe Rot in der Kappe des jugendlichen Jüngers und in dem Mantel, der an dem Stuhl des Alten hängt. Im offenen Fenster das Abendrot.”

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  879. AR, S. 469. Zu den Erfurter Jugenderinnerungen Moritz/Reisers vgl. Langen, Moritz, S. 189, S. 191.

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  880. Klopstock, Messias XIV. Gesang, V. 603 ff, in: den, Werke und Briefe, Bd. IV, 2, S. 109 ff. Hier V. 706 (S. 112) als meteorologische Notiz: “Sieh es will Abend werden; der Tag hat sich schon geneigt” und V. 715 ff die Hütte des Kleophas zu Emmaus als Lokal der Wiedererkennung mit dem “heitere(n)” Abend: “O stiller/ Heiterer Abend, nach dieser Angst, des Tages des Trauerns.” Ebd., V. 220 f (S. 113).

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  881. Vgl. bes. Kahn, Melancholie in der deutschen Lyrik, S. 68 ff. Kahn nennt als dominierende Farbwerte poetischer Melancholie die Töne Braun, Grau, Schwarz, fahles Gelb und (S. 70) gebrochene, gedämpfte Rottöne (Stolberg: “verwelkendes Rot”, Matthisson und Justi setzen einen trüben Schimmer des Abendrots).

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  882. Vgl. oben Anm. 6 die Bildbeschreibung Backs.

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  883. Den affektdämpfenden Charakter der Farbgebung hat Requadt (Büchners Kunstanschauung, S. 108) zutreffend bestimmt: “Durch den einförmigen, bräunlichen Ton’, der nach niederländischer Manier über dem Bilde liegt, wird bereits das Geschehen gedämpft, jeder Sensation entzogen.”

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  884. Vgl. Schaub, Lenz, S. 34. Zu Gerschs Hinweis auf die erste Szene von Tiecks archentragödie vgl. Georg Büchner, Werke und Briefe, hg. v. K. Pörnbacher, München 1992, S. 547.

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  885. “Wie ich gestern neben am Tal hinaufging, sah ich auf einem Steine zwei Mädchen sitzen [...] Man möchte manchmal ein Medusenhaupt sein, um so eine Gruppe in Stein verwandeln zu können [...]”. Stud. 14, 29–15, 2

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  886. Boehm, Das neue Bild der Natur, S. 90 ff.

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  887. Dansons Tod, II 3; HA I S. 37.

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  888. Vgl. besonders Goethes Sulzer-Rezension: “Was wir von Natur sehn, ist Kraft, die Kraft verschlingt nichts gegenwärtig alles vorübergehnd, tausend Keime zertreten jeden Augenblick tausend gebohren, groß und bedeutend, mannigfaltig ins Unendliche [...]. 1-3]G III, S. 95. Zu Herders dynamischer Naturauffassung und seiner daraus hervorgehenden Kntik an der nichtschöpferischen, bloß reproduzierenden, ”malenden“ Beschreibungsliteratur vgl. Schönfeld, Malende Poesie, S. 93 ff.

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  889. Vgl. Boehm, Das neue Bild der Natur, S. 104.

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  890. Ebd.

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  891. Waren die primärnarzißtischen Taptraumvisionen Lenzens und sein regressiver Mythos der elementarischen Kommunikation mit der Natur dem spinozischen Entwurf der autonomen und selbstzweckhaften Natur zuzuweisen, so offenbarte das sozialkritische Modell des landschaftlichen Blicks in der Kaufmann-Kontroverse sowohl Verbindungen zur spinozischen Antiteleologie wie zur Naturbeherrschung der christlichen Vaterwelt. Vgl. oben Kap. III, 3.3.3 und III, 3.6.1.

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  892. Solche Phänomene der Mondsüchtigkeit hatte Mesmer in seiner Dissertation von 1766 De influ it planetarum angeführt, um die makro-mikrokosmische Einwirkung des “Oben” in das “Unten” zu belegen. Vgl. Leibbrand, Spekulative Medizin der Romantik, S. 179.

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  893. Novalis, Schriften, hg. v. Paul Kluckhohn und Richard Samuel, Bd. 1, Das dichterische Werk, Stuttgart 1960, S. 195.

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  894. Vgl. Robert Leroy; Eckart Pastor, Die Initiation des romantischen Dichters. Der Anfang von Novalis’ Heinrich von Ofterdingen in:Ernst Ribbat (Hg.), Romantik. Ein literaturwissenschaftliches Studienbuch, Königstein/Ts. 1979, S. 38–57, hier S. 45 zur konstitutiven Bedeutung des trauminzitierenden Mondlichts.

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  895. Zu Novalis’ Ofterdingen als Prototyp der romantischen Initianden vgl. Böhme, Adoleszenzkrisen, S. 141 f.

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  896. Vgl. Stud. 10, 24–28: “Es wurde ihm heimlich nach und nach, die einförmigen gewaltigen Flächen und Linien, vor denen es ihm manchmal war, als ob sie ihn mit gewaltigen Tönen anredete<n>, waren verhüllt [...]

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  897. Ritter, Fragmente Bd. II, S. 81 f (Nr. 477).

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  898. Schelling], Notiz von den neuen Versuchen S. 319 f.

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  899. Vgl. dazu Helmut Grosch, Franz Anton Mesmer und die Problematik einer naturwissenschaft-lichen Anthropologie, in: Schott (Hg.), Mesmer, S. 230 f, sowie Leibbrand, Spekulative Medizin der Romantik, S. 188 f.

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  900. Hegel, Philosophie des subjektiven Geistes, ¡ì 406, Zusatz, S. 138 f, sowie S. 150 ff. Als einen Fall dieses krankhaften Auseinandertretens führt Hegel S. 140 f die “Metall- und Wasserfühler” an, deren “nicht seltenes Vorkommen” er nicht bezweifelt.

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  901. Vgl. dazu Schelling-Schär, Die Gestalt der Ottilie, S. 39 f.

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  902. AG 9, S. 224 f. Ottilie äußert sich über den Grund ihres Ausweichens vor jenem Ort, an dem der Begleiter des Lords dann das Steinkohlelager findet: “Ich habe jenen Nebenweg niemals betreten, ohne daß mich ein ganz eigener Schauer überfallen hätte [...] Ich vermelde daher lieber, mich einer solchen Empfindung auszusetzen, um so mehr als sich gleich darauf ein Kopfweh an der linken Seite einstellt, woran ich sonst auch manchmal leide.” Auch die nachfolgenden Pendelversuche muß Ottilie abbrechen, “weil ihr Kopfweh sich wieder einstelle.”

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  903. DjG V, S. 354.

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  904. Sigmund Freud, Das Unheimliche, FGW XII, S. 227–268, hier bes. S. 253 f. Vgl. auch ders. Totem und Tabu, FGW IX, Abschn. III: “Animismus, Magie und Allmacht der Gedanken”.

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  905. Odo Marquard, Zur Bedeutung der Theorie des Unbewußten für eine Theorie der nicht mehr schönen Kunst, in: H. R3 Jauß (Hg.), Die nicht mehr schönen Künste. Grenzphänomene des Asthetischen, München 1983 (=Poetik und Hermeneutik 3), S. 375–392, hier S. 384 ff. Vgl. Proß, Spinoza, Herder, Büchner, S. 91 f.

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  906. Marquard, Theorie des Unbewußten, S. 385 f.

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  907. Auch Tiecks Runenberg begleitet die im Widerspiel von Wunsch und Abwehr gehaltene Initiation Christians in die archaische Wunschwelt im schauerliterarischen Ambiente des Unheimlichen. Christian hat von seinem Förster über den Runenberg “wundersame Dinge” gehört, zugleich war ihm dabei “grauenhaft zumute”. Der Gang hinauf zu den Ruinen, die sich “schauerlich im weißen Lichte” des Mondes zeigen, läßt die “große Freudigkeit Christians” in die “Angst” umschlagen, die der Protagonist - ganz analog der schon im Ryno erprobten schauerästhetischen “mimetic response” - in die nächtliche Umwelt projiziert: “ [...] die kahlen Wände riefen ihn wie mit zürnenden Stimmen an, und ein einsam klagender Wind jagte ihn vor sich her.” TW II, S. 66.

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  908. Die “Nachtseite” des Mesmerismus - seine zerstörerischen Folgen und höchst problematischen ethischen Konsequenzen - kennzeichnet etwa E.T.A. Hoffmanns Der Magnetiseur. Hoffmanns Literarisierung thematisiert ausdrücklich das “Grausen und Entsetzen” angesichts der “gänzlichen Willenlosigkeit” der Somnambulen Marie, ihrer “trostlose(n) Abhängigkeit von einem fremden geistigen Prinzip”. Vgl. dazu Wolfgang Müller-Funk, E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Magnetiseur. Ein poetisches Lehrstück zwischen Dämonisierung und neuzeitlicher Wissenschaftskritik, in: Schott (Hg.), Mesmer, S. 200–214. Zu Hoffmanns Dämonisierung und Diabolisierung des Mesmerismus auch: Götz Müller, Die Literarisierung des Mesmensmus in Jean Pauls “Der Komet”, in: Schott (Hg.), Mesmer, S. 197 ff.

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  909. Vgl. dazu Mog, Ratio und Gefühlskultur, S. 131 ff, sowie unten S. 419 f.

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  910. Vgl. Grimm, Coeur und Carreau, S. 311.

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  911. Hansen, Utopische und retrospektive Mentalität, S. 592.

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  912. Vgl. Hegel, Brief an Schelling vom 1. 5. 1807, in: Schelling, Briefe und Dokumente, S. 431.

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  913. Beispiele mystisch-konservativer (bei Fabre d’Olivet) und revolutionärer Durchdringung von Mesmerismus und Okkultismus (bei Restif de la Bretonne und dem frühkommunistischen cercle social) bietet Damton, Mesmerismus, S. 115 ff.

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  914. Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland HSS 5, S. 568 f: “Die Spiritualisten haben uns immer vorgeworfen, daß bei der pantheistischen Ansicht der Unterschied zwischen dem Guten und dem Bösen aufhöre. [...] Nach ihrer Weltanschauung ist die Materie an und für sich böse, was doch wahrlich eine Verleumdung ist, eine entsetzliche Gotteslästerung. Die Materie wird nur alsdann böse, wenn sie heimlich konspirieren muß gegen die Usurpationen des Geistes, wenn der Geist sie fletriert hat und sie sich aus Selbstverachtung Qrostituiert, oder wenn sie gar mit Verzweiflungshaß sich an dem Geiste rächt; und somit ward das Übel nur ein Resultat der spiritualistischen Welteinrichtung.”

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  915. Vgl. Voß, Lenz, S. 77 f; Schaub, Lenz, S. 39 f, sowie unten Kap III, 4.2.

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  916. Vgl. dazu Proß, Kategorie der Natur, S. 184 f, sowie ders., Spinoza, Herder, Büchner, S. 90 f.

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  917. Vgl. den Anhang zur Forschung, S. 446 ff.

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  918. Stud. 21, 17: “Unterdessen ging es fort mit seinen religiösen Quälereien.”

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  919. Vgl. Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, S. 93. Vgl. auch die Außerungen von Tellenbachs Melancholischen: “Das Gefiihl ist innerlich tot. [...] Alles ist so tot bei mir [...] Ich hab kein Gefühl mehr zu die Leut, alles ist leer und tot in mir.” Tellenbach, Räumlichkeit, I, S. 12, S. 14.

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  920. Vgl. unten Anm. 7.

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  921. Vgl. Schings, Der mitleidigste Mensch, S. 48 f.

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  922. Vgl. besonders Lenzens Identifikation mit der sozialen Privation des Kindes, Stud. 22, 3 f: “Das Kind kam ihm so verlassen vor, und er sich so allein und einsam [...]. Schillers Theorie des Erhabenen hatte solche distanzlose Verwechslungen mit dem Objekt des Mitleids ausdrücklich ausgeschlossen: ”Wenn aber das Affekt erregende [...] einen Grund des Erhabenen abgeben soll, so darf es nicht bis zum wirklichen Selbstleiden getrieben werden.[...] Wird das Mitleiden zu einer solchen Lebhaftigkeit erhöht, daß wir uns mit dem Leidenden ernstlich verwechseln, so beherrschen wir den Affekt nicht mehr, sondern er beherrscht uns.“ Schiller, Vom Erhabenen NA XX, S. 193. Kursive i. O. gesperrt.

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  923. Gegen Schings’ durchgängige Identifikation von Sympathielehre und Mitleidspoetik einerseits, seiner Polarisierung von Mitleid und (idealistisch-heroisch) gefaßtem Erhabenem andererseits hat Ingrid Oesterle Einspruch erhoben und auf die für Büchner zentrale Konjunktion von Sympathielehre und Schauerästhetik hingewiesen. I. Oe., Verbale Präsenz, S. 172, Anm. 14.

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  924. Pfeffel an Sarasin, 25. Februar 1778, in: Waldmann, Lenz in Briefen, S. 80: “Indem dieser wackere Geistliche [Oberlin, H. S.] bei uns war, besuchte Lenz [...] ein totkrankes Kind zu Bellefosse [recte: Fouday, H. S.], eine halbe Stunde vom Pfarrdorfe Waldersbach. Ungeachtet keine Hoffnung zum Aufkommen war, weissagte doch Lenz in einer Art von Begeisterung, das Kind würde nicht sterben. Des andern Tags ging er, vom Schulmeister Scheidecker von Waldersbach begleitet, wieder nach Bellefosse. Unterwegs geriet er in eine heftige Gemütsbewegung, verdoppelte seine Schritte und kam wenige Augenblicke nach dem Hinschiede des Kindes bei der Mutter an. Er weinte laut, hieß aber gleich darauf alles hinausgehen. Er ward unbemerkt beobachtet. Er that ein lautes brünstiges Gebet, warf sich auf den Leichnam und versuchte es eine ganze Stunde lang, ihn von den Toten aufzuwecken. Neue Gebete unterbrachen die Versuche, und als er endlich ihre Eitelkeit einsah, ging er zur Mutter. Es ist geschehen, sprach er, es ist umsonst. Hierauf beschuldigte er die Mutter sehr bitter, ihr Unglaube sei schuld an der Fruchtlosigkeit des Unternehmens, ging zurück, und sagte zum Schulmeister, der ihn begleitete, er, Lenz, habe das Kind vergiftet. Der Schulmeister suchte ihn zurechtzuweisen und brachte ihn zur einsamen Frau Oberlin zurück. Er schien wieder besänftigt, stürzte sich aber ein Stockwerk hoch zum Fenster hinunter, ohne sich anders als ein wenig am Arme zu beschädigen.”

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  925. Kindervater, Ueber das Wohlgefallen an traurigen Vorstellungen, S. 110. Die “ausgebreitete und zärtliche Theilnehmung” der Melancholiker “an der Glückseligkeit der lebenden Wesen”, ihre “ungefärbte Liebe zu ihren Mitteschöpfen” (ebd., S. 109 0 wird bei Kindervater - nach Kant - im Rekurs auf den Rousseauismus manifest politisch. Kindervater konzediert dem Melancholiker auch die “heiße Sehnsucht nach dem natürlichen Zustand des Menschen” und den Widerwillen gegen die “willkürlichen Gebräuche in der bürgerlichen Gesellschaft”, der sich besonders gegen die “Vornehmen des Landes” richte. Ebd., S. 114 f.

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  926. Es handelt sich um den Brief Schlossers an Oberlin, 2. März 1778: “Ich habe gefunden, daß seine Krankheit eine wahre Hypochondrie ist. 1...] er ist wie ein Kind, keines Entschlusses fähig, ungläubig gegen Gott und Menschen. Waldmann, Lenz in Briefen, S. 81.

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  927. Vgl. Stud. 22, 14 f: “Da stürzte er halb wahnsinnig nieder, dann jagte es ihn auf, hinaus ins Gebirg.” Den Zustand Lenzens am folgenden Tag kennzeichnet die “wahnsinnige Lust” in den “Abgrund” “immer wieder hineinzuschauen, und sich diese Qual zu wiederholen.” (Stud. 22, 36–23, 2)

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  928. Zum Atheisten als philosophisch unspezifischer, kaum durch konkrete Erfahrungen gesättigter Gegenfigur in der physikotheologischen Naturpoesie vgl. Ketelsen, Naturpoesie, S. 87 ff. In der letzten (21.) Strophe seines von der neuen, aus England übergreifenden Ästhetik des Erhabenen kündenden Poems Die Berge stellt Brockes den Atheisten zur Rede: “Sprich, verwildertes Gemüthe,/ Kommt dieß alles ohngefehr,/ Oder aus der Macht und Güte/ Eines weisen Wesens her?/ Sprich, verdienen solche Wercke/ Nicht einmahl, daß man sie mercke?” Brockes, Auszug S. 131. Gerade das abhorreszierte “Ungefähr”, den lukrezischen Kontingenzcharakter der Schöpfung, rückt die Apostasieszene aber ins Bild.

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  929. Vgl. dazu oben Kap. II, 4.2 den Exkurs: “Die frühaufklärerische Konstitution des Naturerha-benen”.

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  930. Vgl. zu Lukrez ebd.

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  931. Zur mythologischen Konjunktion von Gebirgskatastrophik und Titanomachie: Bernhard Schwarz, Die Erschließung der Gebirge von den ältesten Zeiten bis auf Saussüre. Bibliothek der Länder- und Völkerkunde, Bd. 9, Leipzig 1885, S. 73. Zur Assoziation der Vorstellungsreihen Chaos und Aufruhr im Titanenmythos vgl. Karl Philipp Moritz’ Deutung des Götterkriegs als Kampf des Gebildeten gegen das Ungeheure, Unförmliche und Grenzenlose: “Die Titanen sind das Empörende, welches sich gegen jede Oberherrschafft auflehnt [...]”. “Der Name der Titanen zeigt schon das weit um sich Greifende, Grenzenlose in ihrem Wesen an [...1”. Unter dem “Reiche der Titanen” habe man sich “das Grenzenlose, Chaotische, Ungebildete” gedacht. Karl Philipp Moritz, Götterlehre oder Mythologische Dichtungen der Alten. Mit Abbildungen nach antiken geschnittenen Steinen und anderen Denkmälern des Altertums Frankfurt/M. 1979, S. 21, S. 23, S. 24.

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  932. Vgl. oben Kap. III, 3.2.3.

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  933. Vgl. zur exponierten Bedeutung der sublimen Mondnacht und ihrer metaphysischen Erle-bensinhalte bei Jean Paul: Hannes Leopoldseder, Groteske Welt. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Nachtstücks in der Romantik, Bonn 1973, S. 41 f.

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  934. Vgl. Kap. R,4.5.

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  935. Zur unheimlichen Atmosphäre der Nachtstücke Salvator Rosas und zu ihrer Ausstrahlung auf die Gothic Novel vgl. besonders Leopoldseder, Groteske Welt, S. 26 f.

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  936. Manwarings Studie zur Rezeption der italienischen Landschaftsmalerei im England des 18. Jahrhunderts hat die kollektive Verbreitung der Malerei Rosas und ihre typologische Reduktion auf das Furchtbar-Erhabene, Wildromantische und Düstermelancholische nachgezeichnet (E. W. M., Italian Landscape, S. 44–54), die auch E.T.A. Hoffmann in seiner Salvator-RosaNovelle Signor Formica heranzieht. E.T.A. Hoffmann, Poetische Werke, Bd. 4, Berlin 1958, S. 326 f.

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  937. Stud. 22, 30–34: “Er wußte nicht mehr, was ihn vorhin so bewegt hatte, es fror ihn [...] und er ging kalt und unerschütterlich durch das unheimliche Dunkel es war ihm alles leer und hohl [...].”

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  938. I. Oesterle, Verbale Präsenz, S. 170, S. 179 f. In Tiecks Schicksalstragödie Der Abschied konstatiert die Mörderfigur Waller “[...] izt erst fiihl’ ich das ganze Gewicht ihres Verbrechens,- mein Blut war in Eis erstarrt,- ich war fühllos wie ein Stein!” Im Schlußmonolog heißt es dann: “Ha! wie kalt, wie leer ist alles in mir, ich könnte lachen [...1.” TS II, S. 316, S. 326.

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  939. Die Relevanz der ästhetischen Kategorie des Grotesken für Büchner haben im Anschluß an Wolfgang Kayser (Das Groteske. Seine Gestaltung in Dichtung und Malerei, Reinbek 1960, hier S. 70–74 zu Büchners Woyzeck) Benno von Wiese für Lenz (Büchner, Lenz, S. 122 zur Apostasieszene und prinzipiell S. 124), Requardt (Büchners Kunstanschauung, S. 131; zu Büchners wahrscheinlicher Rezeption von Hugos Pr¨¦face de Cromwell bes. S. 137 f), Walter Hinderer (Georg Büchner: Lenz <1839 >, in: Paul Michael Lützeler <Hg. >, Romane und Erzählungen zwischen Romantik und Realismus. Neue Interpretationen, Stuttgart 1983, S. 287; zur Apostasieszene), und zuletzt Hasselbach (Lenz, S. 37 ff; zur Wiedererweckungsund Apostasieszene), sowie besonders Theo Buck (Das Groteske bei Büchner, in: Etudes Germaniques 43 <1988> H. 1, S. 66–81), betont.

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  940. Auf diese Verbindung zwischen Melancholie und Groteske in Büchners OEuvre hat Walter Jens zuerst hingewiesen: W. J., Schwermut und Revolte, S. 92.

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  941. Vgl. dazu die Studie von Hannes Leopoldseder, Groteske Welt, hier die Zusammenfassung S. 190 ff. Zur Entwicklung des romantischen Nachtstücks aus der Schauerliteratur und zur qualitativen Differenz beider literarischer Formen ebd., S. 55 ff, S. 193.

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  942. Vgl. zur romantischen Groteske außer der Studie von Leopoldseder: Kayser, Das Groteske, S. 36 ff (die Theorie bei F. Schlegel, Jean Paul und Victor Hugo), S. 46 ff zu Klingemanns Nachtwachen, S. 50 ff (Jean Paul), S. 53 ff (E.T.A. Hoffmann), S. 64 ff (Achim von Arnim). Eine kritische Ubersicht über die Theoriebildung zur literarischen Groteske bietet Christian W. Thomsen, Das Groteske und die englische Literatur, Darmstadt 1977.

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  943. Vgl. oben Kap. II, 4.2 den Exkurs zur frühaufklärerischen Konstitution des Naturerhabenen.

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  944. Vgl. Kayser, Das Groteske, S. 136: “Das Groteske ist eine Struktur [...] das Groteske ist die entfremdete Welt. [...] dazu gehört, daß, was uns vertraut und heimisch war, sich plötzlich als fremd und unheimlich enthüllt.” Vgl. auch Carl Pietzcker, der in kritischer Anlehnung an Kayser die Strukturhaftigkeit des Grotesken betont: “Soll jenes Versagen zur Struktur des Grotesken gehören, so ist das Groteske nicht die ‘entfremdete Welt’, sondern die Struktur, in der die Kategorien unserer Weltorientierung angesichts der ‘entfremdeten’ Welt versagen. Es ist dann die Struktur einer Weltbegegnung, nicht die einer Welt.” C. P., Das Groteske, in: DVjs 45 (1971), H. 2, S. 199.

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  945. Stud. 22, 35–23, 2: “Am folgenden Tag befiel ihn ein großes Grauen vor seinem gestrigen Zustande, er stand nun am Abgrund, wo eine wahnsinnige Lust ihn trieb, immer wieder hin-einzuschauen, und sich diese Qual zu wiederholen.” Zum Abgrund und umgekehrt zu Berg und Turm als naturräumlichen bzw. architektonischen äquivalenten der körperlichen Groteske vgl. Michail Bachtin, Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur, Frankfurt/Berlin/Wien 1985, S. 17. Von der kritischen, in Büchners Woyzeck (HA I S. 159) aufscheinenden Perspektive auf das Groteske als degeneriertem Bürgergeschmack unterscheidet sich markant die als fundamentale Erschütterung ernstgenommen Groteske der Apostasieszene. Bereits Günter Oesterle (ebd., S. 209, Anm. 46) hat gegen Kaysers einsinnige Büchnerinterpretation (Das Groteske, S. 70–74) auf die je unterschiedliche, seiner komplexen Geschichte entsprechende Funktion des Grotesken bei Büchner hingewiesen.

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  946. Die Affinität von Wahnsinn und Groteske hat Kayser zweifach konstatiert: Der Wahnsinn ist Objekt der grotesken Entfremdungserfahrung, “gleichsam eine der Urerfahrungen des Grotesken”, aber auch die Wahrnehmungsweise, das Gestaltungsprinzip der grotesken Welt. Kayser, Das Groteske, S. 136.

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  947. Zur konstitutiven Bedeutung der Ambivalenz von Grauen und Lachen fir das Groteske vgl. Thomsen, Das Groteske, S. 199; Pietzcker, Das Groteske, S. 208 ff.

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  948. Benno von Wiese (Büchner, Lenz, S. 122) sieht in diesem Lachen Lenzens die Kulmination der in der Apostassieszene thematischen grotesken Entfremdung. Zum grotesken Lachen vgl. Kayser, Das Groteske, S. 138; Leopoldseder, Groteske Welt, S. 183 ff; kritisch gegen Kayser mit dem Hinweis auf die befreiende, karnevalisierende, antiautoritäre und die Furcht austreibende Funktion des grotesken Lachens, die in der Apostasieszene des Lenz wohl kaum zu finden ist, weil der destruktive Gestus von Lenzens Lachen nicht die fröhliche, schöpferische Heraufkunft einer neuen Sinnordnung einleitet: Bachtin, Literatur und Karneval, S. 30 f, bes. S. 32 ff (Grundzüge der Lachkultur). Zu deutlichen motivlichen und inhaltlichen Parallelen zwischen Büchner und Klingemanns Nachtwachen bei ebenso deutlichen Differenzen vgl. Walter Hinderer, “Dieses Schwanzstück der Schöpfung”: Büchners Dansons Tod und die Nachtwachen des Bonaventura in GBJb 2 (1982), S. 316–342, zum grotesken, chaosaffinen Lachen hier S. 334. Die katastrophische, aus der leiblichen Chaotik hervorgehende Komponente des Lachens hat Klaus Henrich in einem aufschlußreichen Aufsatz eruiert: K. H., “Theorie” des Lachens, in: Klaus Herding; Gunter Otto (Hg.), “Nervöse Auffangsorgane des inneren und äußeren Lebens” - Karikaturen, Gießen 1980, S. 12–30. Solche Chaotik des Totlachens bestimmt Dantons Replik in der Promenadenszene (Dantons Tod II, 2): “DANTON zu Camille. Muthe mir nur nichts Ernsthaftes zu. Ich begreife nicht warum die Leute nicht auf der Gasse stehen bleiben und einander in’s Gesicht lachen. Ich meine sie müßten zu den Fenstern und zu den Gräbern heraus lachen und der Himmel müsse bersten und die Erde müsse sich wälzen vor Lachen.” HA I S. 36.

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  949. Zur Binnendifferenzierung der Groteske in phantastische und satirische Groteske vgl. Kayser, Groteske, S. 138.

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  950. Vgl. dazu Kayser, Das Groteske, S. 46 ff; Hinderer, “Dieses Schwanzstück der Schöpfung”, der die perversio (S. 318 0 und den Vernichtungswillen der Satire (S. 335 0 als gemeinsame Strukturelemente bei “Bonaventura” und Büchner bestimmt hat.

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  951. Ritter, Landschaft, S. 147 f.

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  952. Die Verkehrung des Erhabenen ins Lächerliche, die “Bonaventura” mit Büchner teilt (Hinderer, “Dieses Schwanzstück”, S. 321), betrifft auch in den Nachtwachen die “rührende” Mondnacht des sanftmelancholischen Naturkults: “An den Mond [...] Deine gutmütige Miene könnte man leicht fir Einfalt halten, besonders heute, wo dein Antlitz zugenommen hat und recht rund und genährt anzuschauen ist [...J.” Nachtwachen S. 114.

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  953. Vgl. dazu Bachtin, Literatur und Karneval, S. 15 ff (Die groteske Gestalt des Leibes). Die Konvergenz grotesker Leiblichkeit mit Strukturen psychotischen Körpergefiihls, vor allem mit dem narzißtischen Größenwahn, ist augenfällig und wird von Büchners Text außer in der Apostasieszene in der Wintersturmsequenz thematisiert. Vgl. oben Kap. III, 3.2.1.

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  954. [Ludwig Büchner, Hg.], Nachgelassene Schriften S. 18 f.

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  955. K. E. Franzos, Einleitung zu ders., (Hg.), Georg Büchners Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Erste kritische Gesammt-Ausgabe Frankfurt/ M. 1879, S. CXLVI.

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  956. Tieck hat 1826 nur zwei der ursprünglich vier geplanten Teile herausgegeben. Eine nach der Publikation eingetretene Arbeitspause bringt Tieck von seinem Cevennen-Projekt ab, so daß die Ausarbeitung und Herausgabe der zu Ende konzipierten Fabel unterblieb, obwohl Tieck wiederholt und von verschiedener Seite um Abschluß seiner Arbeit gebeten wurde. Vgl. Köpkes Bericht über den Aufruhr in den Cevennen bei Uwe Schweikert, Dichter über ihre Dichtungen - Ludwig Tieck, Bd. 9/1, München 1971, S. 293 ff.

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  957. Zur gattungspoetischen Einordnung des als “Novelle” publizierten Aufruhrs unter die Kategorie des historischen Romans und nicht unter die bislang übliche der Novelle: Renate Werner, Das Problem der historischen Realität in Ludwig Tiecks Roman “Der Aufruhr in den Cevennen” unter besonderer Berücksichtigung der von Tieck benutzten Quellen, Magisterarbeit Bochum 1967, S. 2 f.

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  958. Vgl. dazu Th. M. Mayer, Büchner-Chronik, S. 367, und ders., Büchner und Weidig, S. 187 f. Dieses Interesse Büchners läßt sich zurückverfolgen bis zum Schüleraufsatz über den Helden-Tod der Vierhundert Pforzheimer (HA II, S. 7 ft) und schlägt sich in dem Brief an Gutzkow (Straßburg, 1836) nieder, der das Verhältnis von materiellem und ideell-religiösem Revolutions-“Hebel” reflektiert: “Und die große Klasse selbst? Für die gibt es nur zwei Hebel, materielles Elend und religiöser Fanatismus. Jede Parthei, welche diese Hebel anzusetzen versteht, wird siegen. Unsre Zeit braucht Eisen und Brod - und dann ein Kreuz oder sonst so was.” (HA II S. 455).

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  959. Vgl. Mayer, Büchner und Weidig, S. 99.

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  960. Vgl. Maurice B. Benn (The Drama of Revolt, S. 210) und Schaub (Lenz-Kommentar, S. 45 t), die aber beide auf eine Diskussion der Passagen verzichten.

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  961. Ludwig Tieck, Der Aufruhr in den Cevennen TW IV, S. 77.

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  962. Benn, Drama of Revolt, S. 210.

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  963. Vgl. dazu auch den Erzähleingang von Klingemanns Nachtwachen: “Es war eine von jenen unheimlichen Nächten, wo Licht und Finsternis schnell und seltsam miteinander abwechselten. Am Himmel flogen die Wolken, vom Winde getrieben, wie wunderliche Riesenbilder vorbei, und der Mond erschien und verschwand im raschen Wechsel [...] hoch oben in der Luft hauste der Sturm, wie ein unsichtbarer Geist.” Die Nachtwachen. Von Bonaventura S. 5.

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  964. Vgl. etwa Aufruhr in den Cevennen TW IV, S. 11 ff.

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  965. TS XI, S. LXXXVI. Die Novelle heißt es hier, müsse einen “sonderbaren auffallenden Wendepunkt” haben, “von welchem aus sie sich unerwartet völlig umkehrt, und doch natürlich, dem Charakter und den Umständen angemessen, die Folge entwickelt”.

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  966. Vgl. zum grundlegenden schwärmerkntischen Impetus des Aufruhrs Werner, Tiecks Aufruhr S. 108 ff, sowie Gneuss, Der späte Tieck, S. 36 f.

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  967. Vgl. den Art. Fanatici in Zedlers Universallexikon: “In Franckreich hat man das Wort von denenjenigen gebraucht, welche daselbst nach der Wiederruffung des Edicts von Nantes, der Reformirten Lehre beygepflichtet, und sonderlich von denen, welche in denen Sevennischen Gebärren, oder in andern Gegenden, die Waffen zu Vertheidung ihres Glaubens ergriffen, weil sich würcklich einige unter ihnen befunden, welche sich dergleichen Offenbarungen rühmten.” Zedler, Grosses und vollständiges Universallexicon [...] Bd. 9, Halle und Leipzig 1735, Sp. 212. Laut Kluges Etymologischem Wörterbuch hat sich der Begriff “fanatique” durch den Kamisardenaufstand zum “politischen WnAt” gewandelt. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 1967, S. 184.

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  968. Vgl. Wolfgang H. Schrader, Einleitung zu: Shaftesbury, Ein Brief über den Enthusiasmus. Die Moralisten S. VIII f, sowie in Shaftesburys Letter die Passage ebd., S. 17 und die Anm. 8 ebd.

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  969. Tieck, Aufruhr in den Cevennen TW IV, S. 13.

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  970. Ebd., S. 177.

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  971. Vgl. Watelets Charakteristik (Tieck, Aufruhr in den Cevennen TW IV, S. 177 f): “Ich verstand mich nun und die menschliche Natur, sowie die Gefahr der begeisterten Liebesentzückungen. Hatte ich doch die Brücke selbst betreten, über welche alle Schwärmer gegangen sind, den schmalen Steig [...] zwischen Tugend und Laster, zwischen Weisheit und Aberwitz, der aus Liebe und Freundlichkeit zu Haß und Mord führt [...] je heller sich der Liebesgeist in ihm [dem Menschen, H. S.] entzündet, je dunkler brennt auch das Verworfene in ihm [...].”

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  972. Zu dem auf den antienthusiastischen Traktat Casaubons (Treatise concerning Enthusiasm 1655) zurückgehenden schwärmerkritischen Antiplatonismus von protestantischer Orthodoxie und aufklärerischer Schwärmerkritik: Schings, Melancholie und Aufklärung, S. 163, S. 169 f, S. 184, S. 217.

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  973. Ebd., S. 157.

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  974. Shaftesbury, Brief über den Enthusiasmus, S. 8 (“Es gibt eine Melancholie, welche jeden Enthusiasmus begleitet”) und S. 14: “Nichts, außer einer natürlichen oder künstlich herbeigeführten trüben Stimmung kann einen Menschen zu dem Glauben bringen, daß die Welt von einer teuflischen oder boshaften Macht regiert werde. Ich bezweifle sehr, ob irgend etwas außer der trüben Stimmung die Ursache des Atheismus sein kann.”

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  975. Vgl. Schin s, Melancholie und Aufklärung, S. 210 ff.

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  976. neck, Aufruhr in den Cevennen TW IV, S. 76 f.

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  977. Es handelt sich um den Bericht lean Cavaliers, eines Vetters des gleichnamigen Kamisardenfiihrers, von seiner eigenen Bekehrung. Tieck rekurriert hier auf Maximilien Missons Th¨¦âtre Sacr¨¦ des Cevennes London 1707, S. 38–43. Vgl. Werner, Tiecks Aufruhr S. 110 ff, sowie das Quellenbeiheft S. 21 ff.

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  978. Werner, Tiecks Aufruhr S. 114 ff.

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  979. Vgl. Werner, Tiecks Aufruhr S. 118, Anm. 2. Zum pietistischen Bußkampf oben Kap. I, 3.1.

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  980. Vgl. dazu auch die analoge Apostasie Watelets und ihren bestimmenden Anteil religiöser Melancholie. Tieck, Aufruhr in den Cevennen TW IV, S. 177. Den durch das schauerliche Ambiente ausgelösten Abfall des Schwärmers hat der alte Beauvais prognostiziert: “’Bringen wir einen frommen, geläuterten Sinn’, sagte der Vater, ‘der Natur entgegen, so wird sie uns der heiligste Tempel, Psalmen und Lobgesänge tönen dann unserer frommen Begeisterung. Aber ihre dunkeln Felsen und Wasserfälle, ihre wüste Einsamkeit, mit den schwarzen Wolkenmassen drüber brütend, ihr wildes Echo kann auch verstörte Sinne noch unruhiger aufregen, den tobenden Geist noch mehr reizen, denn sie antwortet nur in der Weise, wie man sie fragt.’ TW IV, S. 45.

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  981. Diese Depotenzierung des Grotesken durch seine psychologisierende Deutung resultiert aus einem von Kayser formulierten Grundgesetz: “Der Gestalter des Grotesken darf und kann keine Sinngebung versuchen.” W. K., Das Groteske, S. 138.

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  982. Zur melancholischen Religionskritik im Lenz vgl. Sengles These vom Lenz als zensurgerechtem Gegenstück zu Gutzkows “Wally die Zweiflerin”: “Von der Zensur her gesehen [...] benützt der Dichter die Rolle des wahnsinnigen Lenz, um dem Zweifel an Gott so kräftig Ausdruck zu verleihen, wie das auf dem direkten Wege damals kein Schriftsteller durfte, ohne ins Gefängnis zu kommen.” Friedrich Sengle, Georg Büchner, in: ders., Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution 1815–1848. Bd. 3, Stuttgart 1980, S. 321 f.

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  983. TW IV, S. 76.

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  984. Val. Stud. 29, 12–19: “Oberlin sprach ihm von Gott. Lenz wand sich ruhig los und sah ihn mit einem Ausdruck unendlichen Leidens an, und sagte endlich: aber ich, wär’ ich allmächtig, sehen Sie, wenn ich so wäre, und ich könnte das Leiden nicht ertragen, ich würde retten, retten, ich will ja nichts als Ruhe, Ruhe, nur ein wenig Ruhe und schlafen können.”

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  985. Schaub, Lenz, S. 53.

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  986. Zur existentiellen Langeweile Leonces vgl. Völker, Die Sprache der Melancholie, S. 125. Völker zufolge “markiert Büchner begriffsgeschichtlich den Übergang von der ‘Melancholie’ zur ’Langeweile’ als dem Begriff, mit dem sich modernes Bewußtsein zunehmend identifiziert.”

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  987. Leonce und Lena, I, 1 (HA I S. 106): “t.EONCE [...] Es krassirt ein entsetzlicher Müßiggang [...] Was die Leute nicht Alles aus Langeweile treiben! [...] Alle diese Helden, diese Genies, diese Dummköpfe, diese Heiligen, diese Sünder, diese Familienväter sind im Grunde nichts als raffinirte Müßiggänger.”

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  988. Stud. 27, 34 f: “[...] die Natur, Menschen, nur Oberlin ausgenommen, alles traumartig, kalt [...]”

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  989. Vgl. oben Kap. III, 3.3.3.

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  990. JPW 2, S. 269 f. Vgl. dazu unten Anm. 22.

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  991. Vgl. die Interpretation Pietzckers, Psychoanalyse, S. 23 ff und S. 51.

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  992. Kahl, “Der Fels des Atheismus”, S. 118. Vgl. dazu Büchners Spinoza-Exzerpte HA II S. 239 f. Spinoza nehme “das Unendliche und das Vollkommene in einer Bedeutung”. Die eine Substanz sei “ewig und unendlich, - aber sie ist nicht Gott, sie ist nicht das absolut vollkommne, moralische Wesen des Deismus, - sie ist nichts anders, als was jeder Atheist selbst, wenn er einigermaßen consequent verfahren will, anerkennen muß.” Wenn Spinoza wie im Scholium zum dritten Beweis auf Gott rekurriert, “hört der Philosoph auf und er vergöttert willkührlich das, was in sich und worin Alles ist.”

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  993. Vgl. Bollacher, Der junge Goethe, S. 186 ff.

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  994. Eth. I, Anhang, zit. nach HA II, S. 266.

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  995. Bollacher, Der jun e Goethe, S. 187.

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  996. Vgl. ebd., S. 44. Zu Büchners Spinoza-Kritik und ihrer Abhängigkeit von der Tennemanns, Schellings und Feuerbachs vgl. Proß, Spinoza, Herder, Büchner, S. 84, S. 93, S. 96 f, sowie ders., Kategorie der Natur, S. 182–184; Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 250, S. 257 ff zur Pantheismus-Diskussion in Dansons Tod.

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  997. Vgl. dazu die Spinoza-Exzerpte Büchners: HA II, S. 287, sowie ebd., S. 268: “Der ewige Widerspruch zwischen dem, was ist in der Endlichkeit, und dem Ewigen, an das wir dasselbe zu knüpfen suchen.”

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  998. Dansons Tod HI, 1 (HA I, S. 48). Gegen Spinozas Satz von der notwendigen Existenz Gottes wendet Büchner in seinen Spinoza-Exzerpten ein: “Was berechtigt uns aber, dieße Definition zu machen? Der Verstand? Er kennt das Unvollkommene. Das Gefiihl? Es kennt den Schmerz.”

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  999. Vgl. dazu Profi, Spinoza, Herder, Büchner, S. 75. Es handelt sich dabei um die Propositionen III, 6 und I, 33 der Ethik Spinozas: “Ein jedes Ding strebt, soviel an ihm liegt, in seinem Sein zu beharren.” und “Die Dinge konnten auf keine andere Weise und in keiner anderen Ordnung von Gott hervorgebracht werden, als sie hervorgebracht worden sind.” Ethik S. 121 und S. 34.

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  1000. Vgl. dazu Profi, Spinoza, Herder, Büchner, S. 75 f.

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  1001. Vgl. dazu Tilo Schabert, Natur und Revolution. Untersuchungen zum politischen Denken im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts, München 1969, S. 38 f.

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  1002. Herder, Ober die dem Menschen angeborne Lage Suphan, IX, S. 537: “Alles Leben entspringt auf solche Weise aus Tod, aus dem Tode niedrigerer Leben, alle Organisation aus Zerstörung und Verwandlung geringerer Kräfte, alles Ganze der Ordnung des Plans aus Licht und Schatten, aus divergenten, sich einander entgegengesetzten, Kräften, wo das höhere positive Gesetz, das beide einschränkt und aufhebt, eben allein kosmon Welt, Plan, Ganzes, höheres Wohl, gemeinschaftliche Glückseligkeit beginnet und anstimmt.” Vgl. zu Herders Akkomodation der spinozischen Absurdität Profi, Spinoza, Herder, Büchner, S. 82 f und passim.

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  1003. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 41.

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  1004. Vgl. kritisch zu dieser der üblichen Spiegelungshermeneutik literarischer Landschaften folgenden oberflächlichen Illustrationsthese Dirk Grathoff, Der Pflug, die Nußbäume und der Bauerbursche. Natur im thematischen Gefüge des “Werther”-Romans, in: Thomas Clasen; Erwin Leibfried (Hg.), Goethe. Vorträge aus Anlaß seines 150. Todestages, Frankfurt/M./Bern/New York 1984, S. 63.

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  1005. Vgl. dazu außer ebd., S. 68, die genaue Analyse des Briefes bei Hans-Peter Herrmann, Landschaft in Goethes “Werther” - Zum Brief vom 18. August, in: Clasen; Leibfried (Hg.), Goethe, S. 77–100. Weder Grathoff noch Herrmann, der eine an Ritter anschließende gesellschaftliche Interpretation des Briefes und seiner Naturdialektik versucht, thematisieren den naturphilosophischen Hintergrund des Briefes in Goethes Spinozismus.

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  1006. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 51 f. Zu weiteren Metaphern enttäuschten Pantheismus’ in der Dichtung Goethes ebd., S. 53 ff.

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  1007. J. W. Goethe, Die Leiden des jungen Werthers Erstes Buch, Brief vom 18. August. DjG IV, S. 138 f.

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  1008. JPW 2, S. 269: “1...] und die Ewigkeit lag auf dem Chaos und zernagte es und wiederkäute sich.” In einem der Vorentwürfe, Des todten Shakespear’s Klage ist diese Vision der unerlösten Ewigkeit klar mit dem Konzept der autonomen Natur assoziiert: “Die Ewigkeit wiederkäuet sich und zernagt das Chaos [...] das stumme nächtliche Begräbnis der Selbstmörderin Natur sehen wir und wir werden selbst mit begraben. [...] In dieser weiten Leichengruft der Natur ist alles allein wie das Nichts [...]”. Zum leeren Kreislauf und zur sinnlosen Wiederholung als Grundfiguren des enttäuschten Pantheismus vgl. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 55; S. 104 f.

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  1009. J. W. Goethe, Die Leiden des jungen Werthers Zweites Buch, Brief vom 12. Oktober, DjG IV, S. 159.

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  1010. Herbert Schöffler, Ossian. Hergang und Sinn eines großen Betrugs, in: ders.,2Deutscher Geist im 18. Jahrhundert. Essays zur Geistes- und Religionsgeschichte, Göttingen 1967, S. 146 f, ders. Die Leiden des jungen Werther. Ihr geistesgeschichtlicher Hintergrund, in: ders., Deutscher Geist, S. 161 ff.

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  1011. Schöffler, Leiden des jungen Werther, S. 161 f.

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  1012. Zit. nach ebd., S. 161.

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  1013. Ebd., S. 161 f.

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  1014. Ebd., S. 162.

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  1015. Ebd.: “Das ergreifendste Symbol dieser Welt findet sich aber- und abermals in Ossians Gesängen, das Echo. Wald und Klippen. Heide, Strom und Insel hallen wider von den Stimmen der Ossianischen Menschen. [...] Immer, immer erneut ist es dieser Widerhall aus dem Nichts, der dem Menschen aus dem Kosmos nur das zu geben vermag, was er in ihn hinein-schreit [...].”

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  1016. Vgl. ebd.

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  1017. Den Konnex der Ossianischen Bildwelt mit einer krisenhaften, aufklärerisch-empfindsame Kategorien überschreitenden Melancholie hat Schings (Melancholie und Aufklärung, S. 248) für Karl Philipp Moritz und Münz (William Lovell Anmerkungen, S. 659 f) für Tieck konstatiert.

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  1018. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 16.

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  1019. Vgl. dazu ebd., S. 61 f.

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  1020. Vgl. zu Büchner ebd., S. 249 ff, zum Lenz ebd., S. 253 ff. Weiss’ Lenz-Interpretation, die zutreffend die “ganzheitliche” Naturauffassung von Büchners Protagonisten auf den goethezeitlichen Spinozismus bezieht, berücksichtigt nur skizzenhaft und ohne Rekurs auf die ästhetischen Kategorien des Melancholischen, Erhabenen und Grotesken die Naturschilderungen in Büchners Erzählung. Auch die Explikation des spannungsreichen Verhältnisses zwischen spinozischer Naturauffassung Lenzens und ostentativer Orientierung am Christentum bleibt bei Weiss weitgehend ausgespart oder kommt zu Mißdeutungen. Weiss interpretiert etwa die Predigtszene als christliche Affirmation des Schmerzes (ebd., S. 254).

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  1021. Vgl. Metzner, Persönlichkeitszerstörung und Weltuntergang, S. 68 ff zu Byron.

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  1022. Zu Heines komplexem und widersprüchlichem Verhältnis zum Pantheismus vgl. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 159 ff. Weiss reklamiert eine “bald mehr, bald weniger ausgeprägte Zurückhaltung und einen kritischen Abstand gegenüber dem Pantheismus” auch für Heines frühen hegelianischen Geschichtspantheismus. Vgl. ebd., S. 162.

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  1023. Die Nordsee Zweite Abteilung, VII: Fragen HSS 3, S. 199: “Es murmeln die Wogen ihr ewges Gemurmel,/ Es weht der Wind, es fliehen die Wolken,/ Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt,/ und ein Narr wartet auf Antwort.”

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  1024. Vgl. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 183 f.

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  1025. Heine, Aus den Memoiren des Herrn von Schnabelewopski HSS 1, S. 517 f. Zu Heines Abkehr von der “astronomischen Emphase der Aufklärung” und Hegels idealistischer Abwertung des gestirnten Himmels: Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, I, S. 83 ff. Zur Destruktion der kosmologischen Sympathievorstellungen der Aufklärung und Romantik in der französischen Romantik, etwa in der Lyrik Lamartines (Le D¨¦sespoir; Dieu) vgl. bes. Auch die Studie von Ernst Ulrich Grosse, Sympathie der Natur. Geschichte eines Topos, München 1968, S. 169 ff.

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  1026. Einen Überblick über Lenaus philosophische Entwicklung vom spinozischen Pantheismus über die christliche Theosophie zum Hegelschen Pantheismus gibt Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 69 ff; S. 114 ff. Als zentrales Problem der spinozischen Immanenz stellt sich bei Lenau wie bei Büchner das Verhältnis von Substanz und Individuum (vgl. ebd., S. 116 t). Allerdings differiert Lenaus christlich-mystische und spiritualistische, die jungdeutsche “Emanzipation des Fleisches” einbeziehende Pantheismuskritik doch ganz erheblich von Büchners kritischer Perspektive auf die Mängel des Immanenzsystems.

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  1027. Zur literarhistorischen Definition des Weltschmerzes, zu seinen sozialen, historischen und religionsgeschichtlichen Voraussetzungen vgl. bes. die Ausführungen Friedrich Sengles, Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution 1815–1848. Bd. 1, Stuttgart 1971, S. 1–33, sowie Klaus Heitmann, Der Weltschmerz in den europäischen Literaturen, in: Klaus von See (Hg.), Neues Handbuch der Literaturwissenschaft, Bd. 15: Europäische Romantik II, hg. v. Klaus Heitmann, Wiesbaden 1982, S. 56–82.

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  1028. Die Differenz von Lenaus Schwermut zur empfindsamen Melancholie expliziert Völker, Muse Melancholie, S. 49 f, an dem programmatischen, Anfang der dreißiger Jahre entstandenen Gedicht Lenaus An die Melancholie (Vgl. Castle I, S. 117). Zur Qualität der Weltschmerz-Melancholie als “prinzipieller Pessimismus”, der aus “metaphysischer Enttäuschung” resultiert und zum “Leiden der Welt” totalisiert wird, vgl. Sengle, Biedermeierzeit I, S. 4, S. 8; ähnlich Heitmann, Weltschmerz, S. 56 und passim. Anders als Weiss, der die Evokationen des Weltschmerzes auf das philosophische Abdanken des goethezeitlichen Pantheismus bezieht, interpretieren Sengle und Heitmann den Weltschmerz als “Götterdämmerung des Christentums” bzw. als “Folgeerscheinung des Gottestodes”. Sengle, Biedermeierzeit I, S. 28; Heitmann, Weltschmerz, S. 56.

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  1029. Vgl. dazu Völker, Muse Melancholie, S. 49 f; allgemein zur Verbindung zwischen der elegischen Poesie der Hainbündler und den Weltschmerzdichtern des Vormärz Sengle, Biedermeier I, S. 235 f.

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  1030. Das gilt etwa fir Lenaus Gedicht Herbstgefühl (Castle 1, S. 281), in der die “Natur” mit der “ganzen Schwermut” des “trüben Wanderers” einverstanden ist. In seiner Rezension des Lyrtk-Bandes von Georg Keil (Castle 6, S. 33 ft), die bruchlos an den empfindsamen Naturbegriff anknüpft, bestimmt Lenau die Naturpoesie als der Zeit angemessene Dichtungsform, die dem Menschen “ideale Befriedigung” vermittle. Vgl. dazu Völker, Muse Melancholie, S. 54 ff. Zu dem empfindsamen Modell elegischer Naturpoesie, dem lyrischen Ich den Trost und das sympathetische Einverständnis der Natur zu suggerieren, vgl. Kahn, Melancholie in der deutschen Lyrik, S. 49. Zur topischen, von Properz inaugurierten und vor allem von Petrarcas 35. Sonett inspirierten Vorgeschichte solcher Sympathievorstellungen vgl. Grosse, Sympathie der Natur, S. 46 ff.

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  1031. Diesen zentralen Aspekt der Entfremdung in Lenaus Naturpoesie hat Rainer Hochheim hervorgehoben und die mit der Entfremdungserfahrung korrelierende Dämonisierung und Verhäßlichung der Natur auf den Expressionismus hin ausgelegt: R. H., Nikolaus Lenau als Vorläufer des Expressionismus. Eine Studie zu seiner Naturmetaphorik, in: Herbert Zeman (Hg.), Die österreichische Literatur. Ihr Profil im 19. Jahrhundert (1830–1880), S. 549–568, bes. S. 552 ff.

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  1032. Vgl. ebd., S. 555 f.

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  1033. Siehe dazu Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 112 ff. Zur Sprache der Privation bei Heine vgl. ebd., S. 192 ff.

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  1034. Ebd., S. 82, S. 112.

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  1035. Castle 1, S. 304 f. Vgl. dazu Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 81 f.

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  1036. Castle 1, S. 57. Vgl. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 108, S. 112.

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  1037. Castle 6, S. 42: “Vergleich: Der Mensch geht durch die Erde, wie der Gebirgswandrer oder der auf der Heide, in ein einsames Haus kommend, von den Hunden (Naturkräften) überfallen wird, indem das Haus verlassen ist. Wo ist der Herr daß er den Thieren Ruhe gebiete? wo ist Gott?” Kursive i. O. gesperrt. Vgl. dazu Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 90 f.

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  1038. Castle 6, S. 88.

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  1039. Zur Relativität der nihilistischen Bildwelt in Büchners Werk vgl. Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 297 ff, dessen Hinweis auf die christliche Affirmation des Leids aber überholt ist; Müller-Seidel, Natur und Naturwissenschaft, S. 222 f; Dedner, Bildsysteme 180 ff.

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  1040. Fischer, Büchners “Lenz”, S. 37, S. 39 f.

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  1041. Vgl. oben Kap. III, 3.1 das Zeugnis August Lünings über Büchners Vogesenenthusiasmus.

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  1042. Diese Verwandlung hat H. P. Herrmann syntaktisch am Anakoluth des zweiten Nebensatzes festgemacht: “Der letzte Nebensatz wird durch das reihende ”und“ auf ”Gebirg“ bezogen, durch das Relativpronomen ”deren“ aber auf ”Kristallwelle“ [...] inhaltlich zieht der doppelte Satzanschluß ”Gebirg“ und ”Kristallwelle“ in eins zusammen: Dem Dichter hat sich das Bild ”Kristallwelle“ vor das Ding ”Gebirg“ geschoben; das Gebirg ist zur Kristallwelle geworden, das Ding ist im interpretierenden Bild aufgegangen.” H. P. H., Zur Textgestaltung, S. 265.

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  1043. Meine Interpretation konvergiert hier weitgehend mit der Michael Feldts, der die abstraktamimetische Naturrepräsentation des Schlußtableaus als. Exposition des Gesellschaftsverlusts und als Korrelat des Lenzschen Wahns begreift. M. F., Asthetik und Artistik, S. 302 f.

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  1044. Herrmanns Interpretation des Bilds vom überschäumenden Pokal als “poetische Einheit von fester Dinglichkeit und rauschhaftem Leben”, als Ausgleich zwischen dionysischer Lebenslust und Begrenzungswillen (Herrmann, Zur Textgestaltung, S. 265) übersieht m. E. die problematische Korrelation der Metapher mit der abstrakt-amimetischen Naturrepräsentation.

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  1045. Vgl. Majut, Studien um Büchner, S. 50 ff, bes. S. 58 f.

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  1046. Leonce und Lena II, 4, HA I, S. 125. Die Zitate zuvor im Text ebd., S. 124 f.

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  1047. Ebd., S. 125:“ VALERIO: Ist denn Eure Hoheit noch nicht über die Lieutenantsromantik hinaus, das Glas zum Fenster hinaus zu werfen, womit man das Glas seiner Geliebten getrunken?” LEONCE: [...] Mensch, du hast mich um den schönsten Selbstmord gebracht. Ich werde in meinem Leben keinen so vorzüglichen Augenblick mehr dazu finden und das Wetter ist so vortrefflich. Jetzt bin ich schon aus der Stimmung. Der Kerl hat mir mit seiner gelben Weste und seinen himmelblauen Hosen Alles verdorben. [...]“

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  1048. Damons Tod IV, 6; HA I S. 72.

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  1049. Ebd., S. 72 f.

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  1050. Ebd., S. 71. Vgl. dazu sowie zu den kritischen Repliken Dantons und seiner Gefährten auf diese Beschwörung der ästhetischen Theodizee Weiss, Enttäuschter Pantheismus, S. 259 f.

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  1051. Vgl. oben Kap. II, 4.2 den Exkurs zur frühaufklärerischen Konstitution des Naturerhabenen.

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  1052. Vgl. Leibniz, Die Theodizee in: ders. Philosophische Schriften, Bd. II, 2, S. 5.

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  1053. In seiner Abhandlung Die metaphysische Schönheitslinie vergleicht Moritz die zweckhafte Vollkommenheit der Schöpfung mit einem “großen Zirkel”, von dem der “umschränkte(r) Verstand” des Menschen “nichts als grade Linien” wahrnehme. K. Ph. Moritz, Schriften zur Ästhetik und Poetik, S. 154.

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  1054. Vgl. Hügeli, Art. Malum S. 682.

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  1055. Vgl. bes. die unmittelbare Replik Dantons auf Philippeau HA 1 S. 71: “DANTON: Aber wir sind die armen Musicanten und unsere Körper die Instrumente.”

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  1056. Ebd., S. 72. Die Passage dürfte eine Zitatadaptation aus Tiecks Novelle Dichterleben (1826) sein, in der es über eine Tischsitte der Römer heißt: “Bei den schwelgenden Römern war es Sitte, Goldfische neben sich zu stellen, und an der Tafel sich am Wechselspiel der Farben, wie sich diese im Absterben wunderlich veränderten, zu ergötzen [...1.” TW IH, S. 364. Vgl. Hinderer, Büchner-Kommentar, S. 126 f.

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  1057. HA II, S. 424.

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Schmidt, H. (1994). Die Naturschilderungen in Büchners Lenz . In: Melancholie und Landschaft. Kulturwissenschaftliche Studien zur deutschen Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-12237-1_4

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