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Lagererziehung im Freiwilligen Arbeitsdienst

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Book cover Erziehung durch Arbeit
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Zusammenfassung

Bedingt durch das Delegationsprinzip und die relativ flexibel gehaltenen Rahmenbedingungen des FAD blieb die Gestaltung des Alltags in den Lagern weitgehend der Verantwortung der jeweiligen Dienstträger überlassen. Entsprechend unterschiedlich sah auch die Praxis des FAD aus und selbst unter den Befürwortern der geschlossenen Lager sind Differenzierungen bezüglich des Stils, der Interaktionsformen und der sozialpädagogischen Zielsetzungen festzustellen. Zwischen dem Lageralltag eines „Volkslagers“ im Umfeld der volksbildnerisch engagierten Heimatwerke, dem eines Reichsbannerlagers und Lagern der NSDAP oder des Stahlhelm gab es inhaltliche Unterschiede. Sie waren eingebettet in unterschiedliche politische und soziale Milieus und gekoppelt an die jeweiligen verbandsspezifischen Arbeitsdienstvorstellungen. Das sei dem Versuch vorausgeschickt, verallgemeinernde Strukturierungen des Lagerwesens zu rekonstruieren. Diese werden idealtypisch gewonnen an der Idee der geschlossenen Lager und abgelesen an der Praxis der rechtsextremen Dienstträgerverbände. Auch wenn bei ihnen die sozialpädagogischen Zielsetzungen des FAD sekundär waren, so verbanden sie doch mit der Lagererziehung allgemeine erziehungspolitische Intentionen, für die die Organisationsformen des Lagers selbst Erziehungsmittel waren. In den Lagern der rechtsextremen Verbände findet man diese Organisationsformen am weitesten entfaltet. In ihnen werden Techniken der Suggestion und Beeinflußung erprobt, wie sie später in den Lagern des RAD geplant und in großem Maßstab praktiziert wurden. Ihre Struktur bietet das soziale Substrat von Lagererziehung, deren Idealtyp relativ unabhängig von den speziellen Erziehungsvorstellungen und Verbandsinteressen ist und die als besondere Figuration eine Eigenstruktur besitzt, die nicht an die Intentionen der Träger gebunden, für diese aber funktional einsetzbar ist.

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Anmerkungen

  1. In der Praxis waren geschlossene Lager sehr häufig jedoch in Nähe der Städte und Dörfer angesiedelt und die einzelnen Dienstträgerverbände legten Wert auf Kontakte mit der ortsansässigen Bevölkerung, um das Bild des FAD als „vorbildliche Einrichtung“ zu unterstreichen.

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  2. Typisch für das in der Trivialliteratur kolportierte Deutungsmuster von Führertum und Kameradschaftsideologie ist folgende Szene bei Nebe (1934, S. 181): „Der Feldmeister tritt vor das Lager, sieht jedem Einzelnen ins verstaubte, verschwitzte Gesicht. Er weiß, daß sie zu ihm gehören, wie er zu ihnen. Sie sind seine Kameraden. Er schwört in ihre stolzen, kämpferischen Gesichter hinein, den Besten aus Deutschlands Jugend schwört er, seine Pflicht und noch mehr zu tun. Er wird ihr Führer sein.“

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  3. Von den Nationalsozialisten wurde damit ein weiteres Kriterium zur „Ausmerze“ geschaffen. Wer sich dieser Zwangskameradschaft nicht unterwarf, galt als „kameradschaftsfremd“. Dazu zählten jene, „denen die genannten allgemeinen Eigenschaften fehlen, und die etwas Sonderbares an sich haben.“ (Petersen, 1938, S. 53) Studenten, Abiturienten, berufliche und politische Aufsteiger waren in diesem Sinne besondere Adressaten der Umerziehung durch den Arbeitsdienst.

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  4. Vgl. hierzu die Schilderungen von Stratenwerth über Aufbau, Gestaltung und Alltag des Arbeitslagers Staumühle. Von Süden „tönt jetzt in den sinkenden Abend frischer Gesang. Bald übernimmt das Ohr den Gleichschritt einer marschierenden Kolonne. Und nun, Punkt fünf Uhr rücken sie ein, die draußen bei der Arbeit gewesen sind. Noch einmal fangen sich hell und schmetternd die Töne des Liedes zwischen den Baracken. Dann ertönt das Halt!, und eine Sekunde darauf, nämlich nach dem Wegtreten, ist das bis dahin so stille Lager erfüllt von brausendem Leben.“ (Stratenwerth, 1932, S. 37)

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  5. Allerdings muß darauf verwiesen werden, daß die meisten zeitgenössischen Alltagsschilderungen von Verbandsführern stammen und ein im Sinne der offiziellen Verbandsideologie verzerrtes Bild zeichnen. Vgl. hierzu auch die sechs Berichte aus verschiedenen FAD-Lagern bei Heinz, 1933, S. 85ff..

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  6. Vgl. hierzu Kap. 6 sowie den detaillierten Erinnerungsbericht von Klaus Stelling, der das FAD-Lager der Schlesischen Jungmannschaft in Pilchowitz leitete (Stelling, 1982).

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  7. Vgl. hierzu den Bericht über das Lager Altstorkow der ev. sozialen Schule Spandau. BAR 77/133.

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  8. Die ev. soziale Schule übergab im Mai 1933 ihre Lager dem Stahlhelm und der NSDAP. Schon mit Schreiben vom 31. 3. 1933 teilte der Landerführer Pommerns der Schule allen Arbeitsdienstlagern mit: „Durch das Wollen und die Tat der jetzigen Regierung hoffen wir auf eine Genugtuung unserer bisherigen Arbeit. Wir wollen dies freudig begrüßen und insofern sichtbar gestalten, daß in Zukunft neben unserem Zeichen der Bewegung die schwarz-weiß-rote Fahne (das Zeichen der alten Stärke und Einigkeit) gehißt wird… Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit wird in Zukunft neben unserem Wimpel das Hakenkreuz am Auto der Landesführung geführt.“ (BAR 77/134)

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  9. Anfang 1933 waren 18795 katholische Jugendliche an ca. 1000 Arbeitsmaßnahmen des „Katholischen Reichswerks für Arbeitsdienst“ beteiligt. (Degen, 1933, o. S.) Bis Juli 1932 hatte das Reichswerk 900 Maßnahmen mit insgesamt 26000 Jugendlichen durchgeführt. (Das Junge Deutschland, H 10/1932) Zur Position der Christlichen Pfadfinder zum FAD vgl. Das Junge Deutschland H 12/1932. Dem Reichswerk gehörten an der Katholische Jungmännerverband, der Katholische Gesellenverein, der Verband kath. kaufm. Vereinigungen Deutschlands und sein Jugendverband, der Katholische Jungfrauenverband und der Deutsche Caritasverband. (Wille und Werk, Nr. 28/1932)

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  10. Zur Funktion der paramilitärischen Ausbildung im RAD vgl. Petersen, 1938, S. 80 ff.

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  11. In Bremen beispielsweise schufen die in der „Arbeitsgemeinschaft für Arbeitsdienst und Siedlung“ zusammengeschlossenen Dienstträgerverbände schon im September 1932 für die Dienstwilligen eine einheitliche Uniform und führten ein eigenes Arbeitsdienstabzeichen ein. Auch die evangelischen Dienstträgerverbände hatten sich eine eigene Arbeitsdienstfahne zugelegt. (BAR 77/81)

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  12. Wie stark die von Raupach vorgelegte Analyse der Lagerpädagogik auf Erfahrungen aus der Volkslagerbewegung fußt, zeigt der Bericht von Kurt Hüttenrauch über das „Volkslager“ Cismar (Ostholstein), abgedruckt in Heinz, 1933, S. 97ff.. Es ist allerdings zweifelhaft, ob sie noch die ursprüngliche Intention der Volkslagerbewegung 1928 bis 1930 erfaßt, nämlich: Das „Streben nach einer möglichst weitgehenden Identität von Erleben und Erkennen durch Schaffung eines inneren Zusammenhangs der Arbeitsmethoden mit den sachlichen Arbeitsaufgaben.“ (Keil, 1932 b, S. 63)

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  13. Berichte über ähnliche Karrieren finden sich in BA ZSg 145/5 und ZSg 145/7 sowie BA R 77/81; vgl. auch die Lebenslaufberichte von RAD-Führern und Arbeitsdienstangehörigen der Gruppe 257 des Gaus XXV (Wiesbaden) in: HHStA Abt. 483/3093.

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  14. Der Gießener Arbeitsamtbezirk führte in Hessen und Hessen-Nassau die meisten FAD-Maßnahmen durch. Vom 30. 10. 1931 bis 30. 4. 1932 nahmen 2603 Arbeitsdienstwillige an 107 Maßnahmen teil (Gießener Anzeiger v. 30. 4. 1932), die das Arbeitsamt Gießen bewilligte.

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  15. Die Quellen sind: Selbstdarstellungen von Abiturienten, Materialien der Deutschen Studentenschaft und des NS-Studentenbundes, der Dienststellen des Arbeitsdienstes, Selbstdarstellungen von Arbeitsdienstangehörigen ohne Abitur und Bewertungen von Rektoren der deutschen Hochschulen über Kenntnisstand und Studienprobleme der AD-Angehörigen. Die letzte Quelle ist insofern von übergreifender Bedeutung, da sie ein Legitimationsproblem des Arbeitsdienstes anspricht, das seiner Leistungsfähigkeit. Im FAD bezieht das sich auf die Arbeitsleistung, hier auf den befürchteten Wissensverlust der Abiturienten.

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  16. Die basalen erziehungstheoretischen Grundbegriffe Seipps lauten: Zuchtziel, Zuchtvorgang, Zuchtzeit und Formung.

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Dudek, P. (1988). Lagererziehung im Freiwilligen Arbeitsdienst. In: Erziehung durch Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-12096-4_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-12096-4_9

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-11886-4

  • Online ISBN: 978-3-663-12096-4

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