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Informatisierung, Reorganisation und Mikropolitik

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Computer und Macht in Organisationen

Part of the book series: Sozialverträgliche Technikgestaltung ((STH))

  • 102 Accesses

Zusammenfassung

Sieben Fälle, sieben Prozeßverläufe, sieben Knäuel ziemlich verwickelter mikropolitischer Konstellationen und Auseinandersetzungen: Jetzt wollen wir sie ent-wickeln und aufrollen. Den roten Faden, den wir in diesem Abschnitt freilegen wollen, könnten wir „Logik der Mikropolitik“ nennen. Wie beeinflussen mikropolitische Konstellationen, Interessen und Strategien den Prozeß der Informatisierung: die Implementationsverfahren, die Technikwahl und -auslegung und den damit einhergehenden, wenn auch nicht immer intendierten Prozeß der Reorganisation?

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Literatur

  1. Das ist bei uns kein Thema“, lautet dann der Jargon der Praxis und spricht damit implizit aus, das Thema und Problem in der Praxis nahezu miteinander identifiziert werden. Das ist Ausdruck einer instrumentellen Rationalität, für die Themen sich nur im Hinblick auf verfolgte Ziele stellen: als Probleme oder Problemlösungen. Zur Frage „Thema und Relevanz” vgl. Waldenfels (1987, 55 ff.) mit Rekurs auf Husserl, A. Gurwitsch, William James, Dilthey, Heidegger und A. Schütz. „Kein Thema“ war „bei uns” lange: Umweltschutz, Datenschutz, die Verwundbarkeit von Computersystemen und vieles, vieles andere.

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  2. Daß es nach der Entscheidung dieselbe Kontingenz wie vorher, nur in fixierter Form gibt (Luhmann 1988, 168), halten wir deshalb für eine unglückliche Formulierung. Zwar wäre die Entscheidung anders möglich gewesen, gerade das aber muß bestritten, verdrängt und unterdrückt werden. Wenn die Würfel gefallen sind, sind sie gefallen. Entscheidungen transformieren Kontingenz nicht in fixierte Form, sondern in das Gegenteil von Kontingenz: in Notwendigkeit resp. Unmöglichkeit, oder, wie wir sagen: Eindeutigkeit.

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  3. Vgl. auch die Formulierung von Lévi-Strauss ( 1973, 35), nach der die Bastelei strukturierte Gesamtheiten erarbeitet „durch Verwendung der Überreste von Ereignissen ‘odds and ends’, würde das Englische sagen, Abfälle und Bruchstücke…“Und (ebd., Fn.): „Das Basteln arbeitet mit ’zweiten Qualitäten’; cf. englisch ’Second hand’, aus zweiter Hand, ’Gelegenheit’.” ( Hervorh. d. Verf. )

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  4. Man sucht, bis man zufriedenstellende Lösungen gefunden hat, und hört dann einfach auf. Man sucht nicht: die beste von allen Alternativen. Um ein Argument von March und Simon (1976, 132) aufzugreifen: Wenn Sie schon eine Nadel im Heuhaufen suchen müssen, werden Sie sich zufrieden geben, wenn Sie eine gefunden haben, die spitz genug ist, und nicht noch weitersuchen, bis Sie die spitzeste gefunden haben, (besonders wenn Sie vorher gar nicht wissen, wie viele Nadeln darin sind und wie spitz die spitzeste ist.) In der Ökonomie ist versucht worden, die optimale Dauer/Kosten der Suche zu bestimmen und das Problem so zu entschärfen. Das aber führt in einen infiniten Regreß, weil die Bestimmung des optimalen Maßes an Informationen wiederum Informationen voraussetzt, nach denen gesucht werden muß, etc. ad infinitum. Vgl. Winter (1964; 1975) und Elster ( 1979; 1981, 263; 1987 ).

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  5. So verbreitet ist dieses Selbstmißverständnis indes nicht. Unter Praktikern findet man großes Verständnis für die Praxisferne analytischer Entscheidungsmodelle und für deren begrenzten, auch: mikropolitischen Stellenwert; s. auch dazu den Abschnitt IV.2.2.

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  6. Na und?’ ist eine vernünftige Frage.“ (Weick (1985, 242); vgl. auch ebd., 222.

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  7. Auch Theoretiker dürften ein bißchen bricolage betreiben. Im übrigen ließe sich zeigen, daß auch der unmittelbare Zusammenhang, in dem Lévi-Strauss sein Konzept entwikkelt, auf unseren Gegenstand übertragbar ist. Ihm geht es um die Differenz zwischen mythischem — „wildem“ — und „wissenschaftlichem” Denken, aber nicht im abfälligen Sinne eines ethnozentrischen Gefälles. Die mythische Reflexion liegt für ihn „auf halbem Wege zwischen sinnlich wahrnehmbaren Eindrücken und Begriffen“ (Lévi-Strauss 1973, 31). Das Zwischenglied zwischen dem Bild und dem — wissenschaftlichen — Begriff ist das Zeichen. Es ist, wie das Bild, konkret und hat doch die Fähigkeit des Verweisens auf anderes, wie der Begriff. Allerdings ist diese Fähigkeit begrenzt, weil die Zeichen Einheiten einer mythischen Sprache sind, in der sie schon einen Sinn besitzen. Das mythische Denken bastelt mit einem gegebenen Satz an Elementen, Zeichen, während das wissenschaftliche Denken — der Begriff — gerade auf Durchgänge und Öffnungen dieser Begrenztheit aus ist. Es wäre nun ein lohnendes Unterfangen, die Ergebnisse der Organisationskulturforschung, die es ja so sehr mit Mythen, Ritualen und Legenden zu tun hat, daraufhin durchzusehen, ob sie nicht ein „wildes Denken” in unserer alltäglichen Lebenspraxis, auch der von Managern, zu Tage fördert. Manager jedenfalls scheren sich nicht viel um begriffliche Durchdringung und Verallgemeinerung, sondern begnügen sich auch in ihrem Denken mit bricolage. Sie müssen die Zeichen der Zeit erkennen,aber nicht auf den Begriff bringen. Ersteres geht auch ohne das Letztere. Leitbilder, wie wir sie unten (in IV.2.3) im einzelnen diskutieren, haben eine solche Zwitterstellung zwischen Bild und Begriff. Die hat auch ein bilderreicher und suggestiver Jargon des Entscheidens und Problemlösens (und Basteins). Der Bastelkasten ist voll von Softwarewerkzeugen (tools), Bausteinen und Ergänzungsbausteinen, Modulen (ursprünglich: Bauteil für Röhrengeräte) und Komponenten; kleine Probleme oder Lösungen, die wenig

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  8. Zur mikropolitischen Analyse dieses Phänomens, das im übrigen in der einschlägigen industriesoziologischen Literatur unisono konstatiert wird, vgl. Windeler (1988b) und unten, VI.2.

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  9. Das wirft natürlich ein mehr als bezeichnendes Licht auf die Datenschutzgesetzgebung.

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  10. Darauf gehen wir nicht näher ein, weil wir diesen Punkt nicht systematisch untersucht haben. Er ist aber in der Praxis nicht unwichtig. Es gibt eine generationenspezifische Uniformität kultureller Deutungsmuster, die eine erhebliche Rolle für die Beharrungs-B. Zwischen Anwenderunternehmen und Software-Häusern (vgl. IV.2.9); 9. Zwischen Zentralen und dezentralen Einheiten.

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  11. Bereits Weltz/Lullies (1983) verweisen darauf, daß die in der wissenschaftlichen Diskussion vorherrschende Meinung, betriebliche Innovationsprozesse könnten erfolgreich über das Zusammenwirken von Fach-und in der Hierarchie verankerten Machtpromotoren gesteuert werden, den Blick gegenüber der Komplexität des Geschehens einengt. Zu Recht betonen sie, daß Macht sich nicht definitiv bestimmten Beteiligten im Prozeß zuordnen läßt. Gerade unsere Ergebnisse verweisen auch darauf, „daß im Rahmen der jeweiligen betrieblichen Handlungskonstellation wechselnde Personen/Positionen einmal mehr, einmal weniger Macht haben, das heißt, wem Macht zukommt, das wechselt im Prozeß des Zusammenspiels von offiziell zugewiesenen Fach-und Entscheidungskompetenzen“ (ebd., 177 ).

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  12. Vgl. als kleines Beispiel das Gespräch zwischen einem Programmierer und Nutzer in einem Computerzentrum, das Kaplan und Johnson (1979) als kabbalistisches Sprach-und Machtspiel analysiert haben.

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  13. Damit plädieren wir übrigens auch dafür, derartige unternehmensübergreifende Beziehungen (einschließlich Marktbeziehungen!) mit dem methodologischen Instrumentarium einer strategischen oder mikropolitischen Analyse zu untersuchen; vgl. dazu mehr im methodologischen Anhang; für ein Beispiel (Herstellerstrategien auf Bürokommunikationsmärkten) Köpper/Jacobs/Wilde (1985).

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  14. Im Fall der Versicherung, und das ist nicht untypisch, sogar in Karrierechancen für den Betriebsrat, der uns durch seine erklärte Zielsetzung aufgefallen war, den Einfluß der Gewerkschaften im Unternehmen zu minimieren (sic!).

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  15. Die klare Abgrenzung zu den anderen Phasen, insbesondere zur Auswahlentscheidung I zwischen Standard und Eigenentwicklung und zur Grundsatzentscheidung läßt sich nicht immer einhalten; dies gilt ebenso für die Abgrenzung zu Auslegungs-und Nutzungsentscheidungen.

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  16. Dem Unternehmensberater geht es um die zweifelsfreie Überführung noch bestehender Kontingenzen in eine eindeutige Lösung. Zunächst beurteilt er die sechs EDV-Systeme, die den Kriterien 1. bis 4. genügen, als technisch gleichwertig. Akteure, die nicht zu den Promotoren zählen, bestreiten, daß die Systeme die jeweiligen Probleme gleich gut lösen. Sie haben aber weder ausreichende Fachkompetenz noch Zeit, einen Gegenbeweis anzutreten. Dementsprechend gewinnen die unternehmensspezifischen Kriterien (5. und 6.) an Bedeutung. Auch die Kriterien 7.-10. lassen in der Argumentation des Unternehmensberaters nur die eine Lösung zu. Mögliche, ihm bekannte Einwände stellt er zurück. Er orientiert sich in seiner Argumentation an den Vorstellungen der offensichtlich mächtigsten Position.

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  17. Erst im Verlaufe der Implementierung erkennt sie die strategische Bedeutung der Zusage einer solchen 1:1-Abbildung. Die sich ihr eröffnenden Handlungsmöglichkeiten nutzt sie erfolgreich und geschickt aus, um in der Auswahlentscheidungsphase verlorenes Terrain wieder gutzumachen. Diese auf den ersten Blick so harmlose Anforderung einer 1:1-Abbildung ist als Kriterium weitverbreitet. Wirkungen zeigt sie oft faktisch nicht nur im technischen Sinne. Sie kann dazu dienen, sich gegen zukünftige Fehler abzusichern, sie kann aber auch dazu genutzt werden, den Einführungsprozeß zu behindern oder zu blockieren. Mit Recht kann man nämlich davon ausgehen, daß generell nicht alle betriebsspezifischen Funktionen ohne größere Probleme von einem Standardsystem abgedeckt werden.

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  18. Das ist wohlgemerkt kein Plädoyer gegen solche Modelle, sondern eines gegen ihre Überschätzung und für die Berücksichtigung ihrer subjektiven und mikropolitischen Dimensionen.

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  19. Das Beispiel macht noch einmal deutlich, daß sich beide Logiken nicht eindeutig und allgemein gegeneinanderstellen lassen, sondern sich erst als Resultat einer konkreten mikropolitischen Analyse ergeben. Unsere Verallgemeinerungen stehen unter diesem Vorbehalt.

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  20. Sämtliche betriebswirtschaftliche Instrumente und Verfahren der Objektivierung dieser Entscheidungen - via Wirtschaftlichkeitsanalysen etc. - enden schließlich doch bei subjektiven Wertansätzen und Nutzenschätzungen. Das gilt ganz besonders im Falle der EDV-Technik, auch wenn die Literatur dabei gern im zukünftigen wissenschaftlichen Fortschritt Trost sucht. Vgl. z.B. Grochla/Meller (1977, insbes. 51), Ortmann (1984, 69 ff.) und neuerdings die Sammelrezension jüngerer Arbeiten zur Wirtschaftlichkeit computergestützter Fertigungstechniken von Mertens und Schumann (1989).

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  21. Was hier mit speziellem Bezug auf Wirtschaftlichkeitsrechnungen etc. zusammengefaßt ist, läßt sich im Prinzip auf alle Arten betriebswirtschaftlicher Rechnungen verallgemeinern. Es gilt z.B. auch für Investitionsrechnungen, die Kostenrechnung und das gesamte betriebliche Rechnungswesen. Alle diese Rechnungen repräsentieren nicht die betriebliche Realität, „so wie sie ist“, sondern spezifische, perspektivische und insofern einseitige Weltausschnitte. Die Wahl der jeweiligen Perspektive ist durch die Analysezwecke und durch die Interessen des Analytikers bestimmt. Auch erschöpft sich der Sinn solcher Rechnungen keineswegs in der Vorbereitung von Entscheidungen. Sie sind vielmehr höchst bedeutsame Versuche einer sozialen Konstruktion von Realität. Ihre objektivistische Interpretation ist von einer interpretativ verfahrenden Organisationstheorie seit längerem gründlich demonstriert worden. Ein wichtiger Ort dieser Diskussion ist die Zeitschrift „Accounting, Organizations and Society”. Vgl. für einen vorzüglichen Überblick Morgan (1988), ferner etwa Lavoie (1987), Ansari/Euske (1987); mit Bezug auf Informationssysteme und Computertechnik March (1987); unter dem Gesichtspunkt von Macht, Herrschaft, Kontrolle und Mikropolitik z.B. Burchell u.a. (1980), Merino/Neimark (1982), Tinker u.a. (1982), Tinker (1985).

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  22. Die folgende Beobachtung konnten im übrigen auch wir machen: „Es hat uns bei unseren eigenen Betriebsrecherchen oft die Ähnlichkeit in Auftreten und Argumentationsweise von EDV- und Organisationsexperten unterschiedlicher Betriebstypen überrascht. Durchgängig strahlten sie ein Bewußtsein unbegrenzter Gestaltungskompetenz aus, legten.das ungebrochene Selbstbewußtsein derjenigen an den Tag, die sich als Herren über das neue Schaltzentrum für den Ablauf innerbetrieblicher Funktionsprozesse fühlen können und sich wie kaum eine andere Gruppe im Betrieb im Bunde mit der zukünftigen Entwicklung wissen, als Sendboten des Fortschritts und der Modernität fühlen und zugleich einen neuen Pioniergeist zu verkörpern glauben.“ (Baethge/Oberbeck 1986, 420)

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  23. In der Typologie Hubers (1987) ist dies ein eutopes (eudämonistisch-utopisches) Technikbild.

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  24. Z.B. Göbel/Schlaffke (1987) und Berthel (1987), der Führungsdefizite in puncto Innovationsbereitschaft ganz allgemein konstatiert.

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  25. So jetzt zum Beispiel Aiginger (1985) mit Bezug auf Produktionsentscheidungen. Alternativen zur Maximierung des erwarteten Nutzens, etwa die Orientierung an Mittelwert und Varianz einer Aktion, wie wir sie aus der Portfolio-Theorie kennen, die „Prospect Theory“ von Kahnemann und Tversky (1979) u.a. übergehen wir, weil sie für unsere Problemstellung nicht fruchtbarer sind. Jüngere empirische Untersuchungen haben im übrigen klargemacht, daß das Risikoverhalten von Managern nicht dem Kanon der üblichen Entscheidungstheorie entspricht (March/Shapira 1987 ).

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  26. Natürlich ist dieselbe Argumentationsfigur auf jede tiefere Hierarchieebene wie auch auf das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat anwendbar; es ergäbe sich dann eine Kaskadenstruktur von Unsicherheiten, Abhängigkeiten, Macht-und Kontrollbeziehungen, die sich gleichsam von oben nach unten über die Beteiligten ergießen. Vgl. dazu Mackenzie (1986).

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  27. Vgl. auch die Unterscheidung von Weick (1985, 38 f.), die sich auf das garbage can model der Organisation von Cohen, March und Olsen bezieht: „Zwei wichtige Entscheidungsstrategien in Mülltonnen-Organisationen sind Übersehen und Flucht. Die Strategie des Übersehens erfordert schnelle Entscheidungen. Du triffst eine Entscheidung immer dann, wenn die wichtigen Probleme an anderen Entscheidungen hängen und bevor sie der Entscheidung zutreiben können, die Du triffst. Durch das Treffen der Entscheidung hast Du nichts gelöst, da die Probleme noch immer an anderen Entscheidungen hängen. Ähnlich beinhaltet der Entscheidungsstil der Flucht ein Hinauszögern von Entscheidungen, bis die Probleme abwandern und sich an andere Entscheidungen hängen. Sobald die Probleme weg sind, triffst Du die Entscheidung.“

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  28. Die Leute lernen nicht, daß die Zahl der Implementationen höchstens etwas über das Alter einer Software, aber nicht über ihre Qualität aussagt.“ So ein von Weißbach (1986, 9) zitierter Softwareentwickler. Das Beispiel demonstriert indes, wie leicht aus „weichen” Organisationsmythen harte organisatorische Realität werden kann, wenn sich Mikropolitik daran orientiert.

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  29. Vgl. z.B. Sayles (1958); Stinchcombe (1965); Warwick (1975); Hedberg (1979); Child/Loveridge (1983); Wilkinson (1983); Child (1984); Jones/Wood (1984); Pettigrew (1985); Strassman (1985); für einen Überblick Child/Ganter/Kieser (1987).

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  30. Auch hier erklärt eine mikropolitische Analyse natürlich beileibe nicht alles. Ethnomethodologische Untersuchungen zur kulturellen Persistenz lenken die Aufmerksamkeit darauf, daß kulturelle Verständnisweisen und Deutungsmuster eine um so größere Beharrlichkeit und generationsweise Uniformität aufweisen, je höher Handlungen institutionalisiert sind (Zucker 1977 ); und die Forschung zur organisationalen Trägheit hat neben (mikro-)politischen Aspekten eine ganze Reihe anderer Ursachen für diese „structural inertia“ namhaft gemacht, z.B. gesetzliche Barrieren, Fixkostenbelastungen, oder auch Evolutionsdruck in Richtung auf Zuverlässigkeit und Rechenhaftigkeit und damit Trägheit (vgl. Hannan/Freeman 1984 ).

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  31. Im Verhältnis zu diesen Abteilungen hat dieses Spiel allerdings nicht nur kooperativen, sondern auch kompetitiven Charakter, weil sie anderen Standards und Normen - z.B. möglichst günstiger Einkauf, kleine Läger, niedrige Kapitalbindung oder Flexibilität bei Kundenanforderungen, Liefertreue etc. - folgen müssen. Trotzdem bleibt Kooperation die gewinnbringende Strategie.

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  32. Sie nehmen in diesem Fall ihren Ausgangspunkt beim technischen Vorstand, dessen Vergütung zu einem Teil von der jährlichen Erfüllung des Produktionssolls abhängig ist.

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  33. Pivot: Dreh-, Angelpunkt, Türangel. Für die Rolle bestimmter Figuren in kollektiven Entscheidungsprozessen sind viele Begriffe vorgeschlagen worden: change agent, Fach-und Machtpromotor, Treiber, Bremser, gate keeper, u.a. (Vgl. den folgenden Abschnitt.) Sie beziehen sich in der Regel auf die innovationsfördernde oder -hindernde Rolle von Akteuren, oft normativ gefärbt im Sinne der Installation innovationsfördernder Funktionen und Figuren (vgl. für einen Überblick Kirsch/Esser/Gabele 1978, 236 ff., 320 ff., 356 ff.). Diese Frage läßt der Begriff des pivot players offen. Er macht stattdessen darauf aufmerksam, daß bestimmte Akteure eine Position haben, an der — wie an einem Türzapfen — zwei Kräfte wirken: eine statische und eine dynamische, und daß sie dabei ihr Spiel spielen müssen. Ob die Tür dann klemmt oder nicht, hängt von ihrer Spielweise ab. Wir haben den Begriff entlehnt aus der mathematischen Theorie kooperativer Spiele, genauer der Theorie unvollkommener Koalitionen. In Drei-Personen-Spielen, bei denen A mit B und B mit C verbunden sind, nicht aber A und C, heißt B pivot player. Vgl. Reichardt (1966, 16 ff.).

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  34. So hat zum Beispiel in unserem Fall III.2 (Versicherung) der Personalreferent eine unauffällige, aber sehr wichtige Initiativfunktion gehabt und das obere Management eine zum Teil durchaus konservative Rolle gespielt. Vgl. für den Ursprung strategischer Innovationen auch den instruktiven Überblick bei Schreyögg (1987, 153 ff.).

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  35. Vgl. für einen umgekehrt verlaufenden Teufelskreis, bei dem das Desinteresse an Innovationen beim oberen Management liegt, Berthel (1987, 7 ff.).

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  36. Mintzberg/McHugh beziehen sich bei ihrer Bestimmung von Projektstruktur, mit dem sie spezielle formale Organisationen ganzer Unternehmen kennzeichnen, auf den von Warren Bennis geprägten Begriff der Ad-hocratie. In seiner von Mintzberg geprägten Fassung kann er auch für Projektteams in formal anders strukturierten Organisationen verwendet werden. Mintzberg (1979) benennt die folgenden fünf Elemente als Charakteristika: 1. Die Organisation operiert in einer dynamischen und komplexen Umwelt, die ausgefeilte Innovationen verlangt. Die Outputs tendieren dazu, Unikate zu sein. 2. Dies zwingt die Organisation, hoch ausgebildete Experten in multidisziplinären Teams zusammenzubringen, die 3. in zeitlich beschränkten Teams an Projekten arbeiten, die die Struktur einer Matrix besitzen. Mutual adjustment (Lindblom) bei nur begrenzten Möglichkeiten der Standardisierung und Kontrolle bildet das 4. Element. Als 5. Attribut führt er die ‘selektive’ Dezentralisierung von Macht an (vgl. Mintzberg/McHugh 1985, ebd.).

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  37. Vgl. z.B. die „Konzeption der Bundesregierung zur Förderung der Entwicklung der Mikroelektronik, der Informations-und Kommunikationstechniken“ (1984), das „Aktionsprogramm Arbeit und Technik” der IG Metall (1984) und die Publikation der Gesamtmetall (1986) zu „Neue Techniken und Arbeit“; vgl. weiter u.a. z.B. Göbel/ Schlaffke (1987) und Baron u.a. (1987), in deren empirischer Erhebung bei der Einführung von Betriebsdatenerfassung 45% der befragten Unternehmen angaben, man müsse die Mitarbeiterschulung in den Einführungsprozessen stärker beachten.

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  38. Die Verbindung von strategischer Planung und Human Resource Management ist bereits seit über 10 Jahren Thema von Überlegungen zum strategischen Management; vgl. z.B. Ansoff/Declerck/Hayes (1976); Ansoff (1984) und Staehle (1988, 1989, 568 ff., 718 ff.).

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  39. Auf einen ähnlichen Sachverhalt zielt im übrigen Berthel mit seinem Wort vom „Teufelskreis der Innovationshemmnisse“: „Ein Abbau der beschriebenen Führungsdefizite kann auf ein folgenschweres Hindernis stoßen: Veränderungen der Führung… sind gleichzeitig ihrerseits Innovationen” (1987, 7). Berthel zielt dabei im wesentlichen auf vier Problemkreise: Innovationsneigung als positive Grundhaltung, innovationsorientierte Informationssysteme, innovationsfördernde Organisationsstrukturen und Personalmanagement. Wichtig für uns ist aber hauptsächlich der Hinweis auf die strukturelle Ursache der Führungsdefizite: Sie sind nicht personalen Defiziten, sondern organisationsstrukturellen Gründen geschuldet, einem circulus vitiosus zwischen Inovationsvoraussetzungen und -hemmnissen.

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  40. Irrationalität meint dabei jenen Bereich von Bedürfnissen, Motiven und menschlichen Ausdrucksmöglichkeiten, der sich einer Zerlegung in Mittel und Zweck, in Prozeß und Resultat sperrt und den die Gebrüder Böhme (1985) „das Andere der Vernunft“ genannt haben. Es liegt uns fern, ihn etwa in denunziatorischer Absicht auszugrenzen. Gerade für die Entwicklung der Computertechnik spielen zweifellos die Obsessionen von Erfindern, begeisterten oder zwanghaften Ingenieuren und Programmierern eine große Rolle; vgl. die Beiträge zum Verhältnis von „Computer und Psyche” bei Krafft/Ortmann (1988).

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  41. Indem wir so sprechen, halten wir trotz aller Einwände an einem Begriff organisationaler Rationalität fest. Das ist zunächst intuitives Resultat unserer Untersuchungsmethode. Wir sprechen mit beteiligten Akteuren, informieren uns über das Unternehmen, reden mit anderen, auch Gegenspielern, gewinnen einen Eindruck ihrer Kompetenz, berücksichtigen ihre mikropolitischen Interessen und Strategien, beschaffen uns externe Informationen von Experten, aus der Literatur etc., wägen Argumente ab und würdigen kritisch die widersprüchlichen Auffassungen, rekonstruieren die Entscheidungs-und Auseinandersetzungsprozesse — und haben uns schließlich ein Bild gemacht. Nicht immer ist es abgeschlossen, nicht immer stellt es sich überhaupt ein, niemals können wir sicher sein, immer bleibt es in unserer Perspektive befangen. Aber die Intuition „Wir sind im Bilde“ ist nicht bloße Illusion, sondern rührt aus der Kraft dieses Bildes. Sie bedeutet, daß wir eine Problemlösung dann und genau dann rational nennen, wenn unser Kommunikationsprozeß mit den beteiligten Akteuren und die kritische Rekonstruktion und Würdigung der Reorganisationsepisode dieses Urteil zum Ergebnis hat. Das halten wir für berechtigt, weil Menschen in Organisationen selbst keine Möglichkeit haben, prinzipiell anders zu verfahren. Und so und nicht anders machen sie es, allerdings mit anderen Wahrnehmungen, Wahrnehmungsbeschränkungen und unter Beobachtung ihrer Interessen. Ohne allzuviel Ironie ließe sich sagen: Auch Manager erheben Habermassche Geltungsansprüche. „Politische Entscheidungen” heißen im Jargon der Praxis solche, für die es keine sachlichen Rechtfertigungen gibt, die vielmehr „über die politische Schiene“, über die Unternehmensspitze und das heißt: mit Macht durchgesetzt werden. Es gibt eine durchaus starke Aversion gegen machtverzerrte Kommunikation, die allerdings stark nachläßt, wenn man selbst die Macht hat. Wie Burns (1961/62, 259 f.) schon bemerkt hat: Mikropolitiker sind — wie bei Sartre die Hölle — immer die anderen.

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  42. Das ist allerdings ein Eindruck, den unsere Konzentration auf den mikropolitischen Focus suggerieren mag. Zur Klarstellung also noch einmal: Macht und Politik ist nur eine allerdings wichtige, Dimension des Handelns; Verständigung eine zweite, Rechtfertigung eine dritte. Der Anteil von Verständigung und Rechtfertigung ist in der Praxis auch von Wirtschaftsorganisationen hoch, aber eben immer auch machtdurchwirkt. Unsere Subsumtion des Geschehens unter die mikropolitische Perspektive ist zunächst rein analytischer Art, allerdings dann Ausfluß unserer Überzeugung, daß ohne die Kategorie der Macht Organisationen nicht analysiert werden können.

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  43. Eine Geschichte der Ökonomie, die nicht auf deren rationalitätssteigernde Wirkung allein fixiert ist, wäre erst noch zu schreiben. Vgl. aber Hirschmans Bemerkungen in „Abwanderung und Widerspruch“ (1974, 8 ff.) und dort den Verweis auf das vergessene Buch von Horace Secrist: „The Triumph of Mediocrity in Business” (1933).

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  44. Ihr Wirkungsprinzip basiert letztlich genau auf der Verstärkung des Legitimationsdrucks: Jedem einzelnen Vorgesetzten werden Vorgaben gesetzt, die er — statistisch — zu erfüllen hat. Der institutionalisierte Legitimationsdruck des Verfahrens programmiert seinen Erfolg vor — und dessen Scheinhaftigkeit. Die Vorgabewerte werden ‘realisiert’, und möglichst rasch wieder unterlaufen“ (Weitz 1986a, 533). Wie man sieht, gleicht Weltz’ Argumentation genau der unseren: Druck wird auf Akteure ausgeübt. Die Vorgaben stellen aber noch lange keine Eindeutigkeit her. Man kann sie „statistisch” erfüllen und doch unterlaufen. Die Kontingenz ist eben durch die Verstärkung des Drucks nicht beseitigt.

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Ortmann, G., Windeler, A., Becker, A., Schulz, HJ. (1990). Informatisierung, Reorganisation und Mikropolitik. In: Computer und Macht in Organisationen. Sozialverträgliche Technikgestaltung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11998-2_5

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