Zusammenfassung
Jetzt stellen wir unser empirisches Material vor. Es sind sieben Fallstudien, sieben mikropolitische Analysen von Prozeßverläufen der Entscheidungsprozesse, der Implementation und der Anfangsphase der Anwendung neuer EDV-Systeme. Die Unternehmen gehören verschiedenen Branchen an, und wir beobachten die Prozeßverläufe für unterschiedliche EDV-Systeme: Im Fall III.1 ist es ein Metallindustrieunternehmen, das ein umfassendes Produktionslogistikprojekt durchführt. Wir untersuchen die in dieses Gesamtprojekt eingebundenen Aktivitäten der Einführung eines Produktionsplanungs- und -steuerungs-(PPS-)Systems. In den Fällen 2, 3, 4 und 5, einer Versicherung, einer Bank, einem Chemieunternehmen und einem Betrieb aus der Nahrungsmittelindustrie, steht die mikropolitische Analyse der Einführung eines Personalinformationssystems (PIS) im Mittelpunkt. Der Fall 6 zeigt die Einführung eines Software-Paketes zur Unterstützung und Verbindung der Konstruktion und der mechanischen Fertigung (CAD/CAM) auf einer Werft. Der Fall 7 hat die Aktivitäten zur Realisierung eines Zeiterfassungssystems (ZES) in der Nahrungsmittelindustrie zum Gegenstand.
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Literatur
Stücklisten geben Auskünfte darüber, wie Enderzeugnisse sich zusammensetzen. Sie zeigen, welche selbstgefertigten oder aus anderen Unternehmen bezogenen Teile enthalten sind, in welcher Anzahl sie einfließen und aus welchen Teilkomponenten das Endprodukt komponiert ist. Die Arbeitspläne enthalten die festgelegten Arbeitsvorgänge, die durchgeführt werden müssen, um das Teil oder die Komponente zu fertigen. Daneben werden die Fertigungsverfahren und die Maschinen ausgewählt, die Prozeßparameter wie zum Beispiel die Schnittdaten bei Werkzeugmaschinen festgelegt und eine Vorgabe-bzw. Planzeit ermittelt, in der das Produkt gefertigt werden soll. (Vgl. zu den EDV-technischen Realisierungsansätzen in diesen Bereichen genauer Scheer 1988, 82 ff. bzw. 174 ff. und Helberg 1987, 13 ff.)
Diese Angabe ist vom Werksleiter aus seiner Sicht „verallgemeinert“. Es stimmt zwar, daß die Materialkosten bis 1985 stiegen. Zwischen 1985 und 1987 sind sie jedoch um ca. 10% gefallen.
Allerdings nur auf dem Papier — tatsächlich liegt er darüber: Ein strikter Einstellungsstop wird unterlaufen, indem zusätzliche Arbeiter jeweils zeitweise vom I. bis 29. jeden Monats eingestellt werden — und also in der jeweils per Ultimo erstellten Personalstatistik nicht auftauchen.
Die Planung muß sich nicht auf Endprodukte beziehen. Welcher Detaillierungsgrad — insbesondere bei EDV-Unterstützung — gewählt wird, muß jeweils entschieden werden (vgl. Kittel 1983, 10 ).
Muß eine neue Pumpe gefertigt werden, werden Akteure aus der Konstruktion, Arbeitsplanung usw. hinzugezogen. Der Personalbedarf wird monatlich auf der Basis einer Grobplanung und des weiteren zweimal jährlich in einer Besprechung zwischen den Abteilungsleitern abgestimmt.
Da eine Stücklistenauflösung relativ aufwendig ist, wird in der Literatur vorgeschlagen, sie nur bei Teilen mit großem Wert, die eine möglichst exakte Bedarfsermittlung erfordern, anzuwenden (vgl. Kittel 1983, 28 ). In diesem Unternehmen ist das anders, Anderungen werden gewünscht.
Der Hauptabteilung Materialwirtschaft werden vom kaufmännischen Vorstand oder auch vom Fachbereichsleiter „lediglich” Vorgaben über das Budget gemacht. Wie sie es ausgeben, kontrolliert die Hauptabteilung mehr oder weniger autonom. Allerdings erfordert die Vorgabe des Vorstandes, zwei Prozent in einem bestimmten Jahr einzusparen, daß mit fast allen Zulieferern auf den nationalen und internationalen Märkten neue Verhandlungen zu führen sind. Ausgenommen sind Fremdmaterialien, deren Preise nicht in Direktverhandlungen mit Zulieferern verhandelt werden, sondern sich nach Börsenwerten richten (z.B. Kupfer und Aluminium).
Im Gegensatz zum erzeugnisorientierten Prinzip ist das verrichtungsorientierte Prinzip dadurch gekennzeichnet, daß die Kapazitätseinheiten in der Regel nicht typgebunden sind. Die Kapazität ist durch Fremdvergabe oder Einsatz von Alternativmaschinen erweiterbar. Das Umsetzen von Mitarbeitern ist ohne hohe Verluste möglich.“ (PPS-Studie)
Unternehmensjargon; gemeint ist: die zu Verkaufspreisen bewertete Produktion.
Die Zusammensetzung des Fertigungsprogramms, das Produktmix, ist für das zu erreichende Ergebnis wesentlich. Dabei werden Hunderte verschiedene Produkte, eine für die Branche überdurchschnittliche Produktvielfalt, gefertigt. So ist es für das Betriebsergebnis wichtig, ob es junge oder alte Produkte sind, ob sie für den nationalen oder internationalen Markt gefertigt werden. Das alles beeinflußt die Erlösstruktur.
Natürlich ist der Ursprung dieser später realisierten Idee eines Hochregallagers nicht exakt zu verorten. So reklamiert später auch der Werksleiter die Autorenschaft. Wichtiger als diese Frage scheint uns der folgende Zusammenhang. „Dieser Weg, um an neue Ideen zu kommen, ist üblich“, betont der Abteilungsleiter. „Auf diesen Symposien werden die neuesten Ansätze, die Trends und die relevanten Bereiche der Veränderung vorgestellt. Diejenigen, die für das Unternehmen relevant sind, müssen dann in Projekte eingebracht werden.” Trends, relevante Bereiche der Veränderung, Leitbilder der Rationalisierung, so könnte man verallgemeinern, werden nicht unwesentlich auf Veranstaltungen dieser Art geboren. Sie dirigieren den interessierten Blick der Akteure auf bestimmte Lösungsmöglichkeiten im eigenen Betrieb und sichern solche Lösungen „aus kompetentem Mund“ ein Stück weit ab. Sie verbessern deren Anerkennung im Betrieb.
In neueren Forschungen wird die deterministische Auslegung als zentrales Defizit der bisherigen PPS-Systeme benannt. Der Grund liegt darin, daß die Übergangszeiten zwischen den Arbeitsschritten und damit die gesamte Auftragsdurchlaufzeit von der Menge von Aufträgen abhängt, also eine stochastische Größe bildet. Mittelwertbildung und Streuung variieren damit entsprechend der Auftragsmenge (vgl. Bechte 1980; Kettner/ Bechte 1981; Wiendahl 1982).
Ein genaueres Bild über diesen Prozeß des ‘Verbiegens’, über die Anpassung an Betriebsspezifika, kann der Leser im Fall II1.2 gewinnen. Auch wenn es sich um eine ganz andere Branche usw handelt: die Probleme der Anpassung an Betriebsspezifika ähneln sich sehr.
Als Zielsetzung des Unterprojektes Personal formuliert der Projektkoordinator „Personalabbau“. Immerhin ist es geplant, daß am Ende des Logistikprojektes 85 Mitarbeiter eingespart werden können.
Die geplanten Bestellaufträge für Kaufteile benötigen in der Regel keinen Eröffnungshorizont. Die Terminierung der Bestellungen ergibt sich aus der auf der Basis der Wiederbeschaffungszeiten errechneten Vorlaufverschiebung.
Die Termine für die Eröffnung und die Freigabe (10 bzw. 5 Tage vor Fertigungsbeginn) sind probeweise Festlegungen in unserem Falle. Sie hätten auch anders festgelegt werden können und werden es womöglich noch, wenn man praktische Erfahrungen gesammelt hat. Die Systemlogik zwingt lediglich dazu, daß das Eröffnungsdatum vor dem Freigabedatum liegt.
Die ABC-Analyse zeigt: Die Kaufteile der Gruppe A sind wertmäßig gleich geblieben, die der Gruppe B schwanken zwischen 15 und 19 statt vorher 10 Millionen DM und der Bestand an Teilen der Kategorie C hat sich verdoppelt. Auch dies belastet natürlich die Ergebnissituation.
Im Industriedurchschnitt werden die Logistikkosten, d.h. die Kosten für Abwicklungs-, Transport-, Lager-und Kapitalbindungskosten mit etwa 20% vom Umsatz beziffert. Logistische Optimierung scheint da lohnend (vgl. 011e 1986, 313 ).
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Ortmann, G., Windeler, A., Becker, A., Schulz, HJ. (1990). Die Fälle. In: Computer und Macht in Organisationen. Sozialverträgliche Technikgestaltung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11998-2_4
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