Zusammenfassung
Das im politischen Bereich entstandene Konzept der nachhaltigen Entwicklung stellt neue Anforderungen an die Wissenschaft. Die erste liegt in der Konkretisierung der normativen Elemente des Konzepts. Als diese sind im Sinne der Brundtlandkommission (Hauff 1987) zu nennen:
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das Recht auf ein menschenwürdiges Leben für alle;3
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Gerechtigkeit zwischen den heute lebenden und gegenüber den zukünftigen Generationen (intragenerative und intergenerative Gerechtigkeit);
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ein anderer, ressourcenärmerer Wohlstand in den Industrieländern als Basis für Umverteilungspotentiale zwischen Nord und Süd.
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Literatur
Dieses Recht schließt neben der Sicherung der Grundbedürfnisse ebenso die Forderung ein, dass für alle Menschen die Möglichkeit geschaffen werden muss, ihre Wünsche nach einem besseren Leben zu befriedigen (Hauff 1987: 74).
Die Entwicklung von Transdisziplinarität als wissenschaftliche Methode ist noch nicht abgeschlossenen. Der Sammelband „Nachhaltige Entwicklung und Transdisziplinarität“ von Brand (2000) gibt den aktuellen, heterogenen Stand dieser Debatte im Kontext von Nachhaltigkeitsforschung wieder. Mit den Voraussetzungen und Problemen transdisziplinärer Forschung beschäftigen sich u.a. auch Häberli/Grossenbacher-Mansuy (1998), Mittelstrass (1995) und Weingart (1997).
Dies soll nicht heißen, dass nicht entsprechende Vorschläge in der Diskussion sind. So gehen Balsiger/Kötter (2000) von der Notwendigkeit eindeutig bestimmbarer Zuständigkeiten und Rangordnungen aus. Nach ihnen bedürfen interdisziplinäre Forschungsprojekte einer eindeutigen, strukturellen Problembeschreibung, die ausdrückt, welche Erwartungen sich „jeweils in einer Disziplin bezüglich der Beiträge der anderen Disziplinen zur Problemlösung herausbilden (d.h. welche ,guide-supply`-Beziehungen zwischen den Fächern bestehen)“ (ebd.: 188).
Danach sind Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft als eigenständige, aber miteinander gekoppelte Subsysteme zu betrachten. Jedes dieser Systeme weist eigene Dynamiken, Geä setzmäßigkeiten, Regeln sowie räumliche und zeitliche Strukturen auf. Der Erhalt der unktionsfähigkeit und Störungsresistenz (resilience) des Gesamtsystems ist demzufolge nur durch die gleichzeitige Erhaltung der Funktionsdynamiken aller drei Einzelsysteme zu gewährleisten (vgl. dazu Luhmann 1988 und Willke 1989 für die Sozial-und Politikwissenschaften; Odum 1973 und Cruse 1981 für die Ökologie sowie Daly 1996 für die Wirtschaftswissenschaften).
Eine nähere Erläuterung der einzelnen methodischen Schritte findet sich in DIW et al. (2000: 25ff.) sowie in Kurzform in FIBS (2000: 12ff.).
Diese Regeln beziehen sich auf den Umgang mit erneuerbaren Ressourcen (Abbaurate maximal auf dem Niveau ihrer Regeneration), mit nichterneuerbaren Ressourcen (Abbaurate auf Niveau ihrer Substitutionsmöglichkeiten), die Nutzung der Umwelt als Senke (Belastbarkeit der Umweltmedien als Grenze) und auf die Beachtung der Zeitdauer natürlicher Reaktionen auf Umweltbelastungen. Die Beachtung dieser „grundlegenden Regeln“ (Handlungsmaximen) sollte verhindern, dass die natürlichen (Mindest-)Bedingungen des Wirtschaftens über die Zeit erhalten bleiben.
Mit den folgenden Erläuterungen versuchen wir, die jeweils fachspezifischen Begründungen der Kriterien in Kurzform wiederzugeben. Grundlage hierfür sind die durch die jeweils zuständigen Institute erstellten Ausführungen in Kapitel 2 des Projektabschlussberichts des Verbundprojekts „Arbeit und Ökologie“ (DIW et al. 2000: 33ff.). Die Argumente und als Beleg eingefügten Quellenverweise sind überwiegend den Autoren dieser Abschnitte zuzurechnen.
Werden die so genannten ökologischen Rucksäcke hinzugenommen, also die Materialverbräuche, die Abfälle und der notwendige Energiebedarf bei Rohstoffgewinnung, Produktion, Nutzung und Entsorgung, wächst dieses Missverhältnis enorm an (Schmidt-Bleek 1998).
Eine unbegrenzte Fähigkeit zur Generierung und Akkumulation von Wissen ist die entscheidende Voraussetzung für die prinzipielle Möglichkeit unbegrenzten Wirtschaftswachstums (Smulders 1995). Die Hypothese, dass die Akkumulation von Wissen unbegrenzt ist, beruht darauf, dass Wissen durch Nicht-Rivalität gekennzeichnet ist (Romer 1986). Darüber hinaus erzeugt die Nutzung von Wissen weiteres Wissen, sodass nicht mit abnehmenden Skalenerträgen gerechnet werden muss; deswegen kommen ökologische (Entropie-)Grenzen bei der Produktion von Wissen nicht zum Tragen (Smulders 1995).
Darüber hinaus ergeben sich gravierende theoretische und praktische Probleme einer Bewertung des Kapitalstocks (Beckenbach 1998: 19).
Entsprechende Konzepte werden innerhalb der Wirtschaftswissenschaften unter den Stichworten „critical loads“, „critical levels”, „safe minimum standards“ (Gerken/Renner 1996: 26ff. bzw. Rennings/Hohmeyer 1997: 47) oder auch in Form ,variabler Leitplanken’ bei Klemmer (Klemmer 1998: 16f.; Blazejczak/Krähmer 1997) diskutiert.
Die Enquete-Kommission versteht ihre Ausführungen nur als einen ersten Entwurf, der die Diskussion um eine Präzisierung der Nachhaltigkeitsregeln anregen soll (Deutscher Bundestag 1998: 19).
Für Stoffströme wird das international anerkannte Konzept des Total Material Requirement (TMR) angewendet (Adriaanse et al. 1998; Spangenberg et al. 1999). Dieses erfasst den gesamten Materialaufwand einer Volkswirtschaft (biotische Rohstoffe, abiotische Rohstoffe, Boden mit Ausnahme von Wasser und Luft) einschließlich der Vorketten (ökologische Rucksäcke). Als Energiemaß kommt der auf volkswirtschaftlicher Ebene üblicherweise erhobene nationale Primärenergieverbrauch in Betracht.
Der Bezug auf das Jahr 2020 ergibt sich aus dem Quantifizierungshorizont der Nachhaltigkeitsszenarien. Als Vergleichjahr dienen die Werte von 1990.
Die erste Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ lehnte sich hierbei an die Definition von Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an, wonach Gesundheit ein Zustand des vollständigen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens ist. Zu den sozialen Voraussetzungen für psychische Gesundheit zählte die Kommission u.a. eine materielle Grundsicherung, d.h. die Verfügbarkeit von Wohnung und Einkommen, mit und ohne Arbeit, die Qualität der Arbeit und Möglichkeiten zur Entfaltung individueller Lebensentwürfe (Enquete-Kommission 1994: 495).
Vgl. z.B. Enquete-Kommission (1994: 491ff.); Diefenbacher et al. (1997: 71ff.); Heins (1998); Minsch et al. (1998: 20); Deutscher Bundestag (1998: 22ff.).
Diese Überlegungen haben uns zur Entwicklung eines in den Querschnittsanalysen entfalteten „erweiterten Arbeitsbegriffs“ geführt, der auf den vier Elementen Ausdifferenzierung der Erwerbsarbeit, Entgrenzung der Erwerbsarbeit in Richtung „informeller” Arbeitsformen, Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Leben und Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Umwelt aufbaut (siehe hierzu Kapitel 4).
Die folgenden Ausführungen beruhen auf Kapitel 4 und 7.3.2 des Projektabschlussberichts (DIW et al. 2000: 287ff., 596ff.) sowie auf Teil 2 der Kurzfassung (FIBS 2000: 18ff.) bzw. sind in Teilen diesen Kapiteln entnommen.
Im Rahmen der Projektarbeit wurden die skizzierten Grundideen und Annahmen für jedes der Szenarien entfaltet; eine durchgängige einheitliche Strukturierung der Szenarien hat sich als zu aufwendig und schwierig erwiesen.
Die gewünschten Änderungen der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung hin zu einer gleichmäßigeren Verteilung können nur qualitativ und damit weitgehend normativ beschrieben werden und entziehen sich daher einer quantitativen Abbildung im Modell.
Die Auswirkungen der unterschiedlichen Nachhaltigkeitsstrategien auf wichtige wirtschaftspolitische Zielgrößen wurden mit Hilfe des Panta-Rhei-Modells ermittelt (Meyer et al. 1998, 1999). Dieses Modell ist ein sektoral tief gegliedertes ökonometrisches Jahresmodell, das insbesondere für langfristige Analysen sektoraler und gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen unter Berücksichtigung der Kreislaufzusammenhänge entwickelt wurde..
Das Jahr 1994 wird als Vergleichsjahr für die quantitativen Modellergebnisse gewählt, weil zuletzt für dieses Jahr Daten in einer Detailliertheit vorliegen, wie sie für das Modell Panta Rhei benötigt werden.
Für das ökonomisch-soziale Szenario wird dieser Indikator wegen der Konzentration auf existentielle Ressourcen (siehe ökonomische Nachhaltigkeitskriterien) als nicht relevant angesehen.
Die folgenden Ausführungen beruhen auf Kapitel 6 des Projektabschlußberichts (DIW et al. 2000: 547ff.).
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Brandl, S., Hildebrandt, E. (2002). Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit: Kriterien — Szenarien — Strategien. In: Zukunft der Arbeit und soziale Nachhaltigkeit. Reihe „Soziologie und Ökologie“, vol 8. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11912-8_2
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