Zusammenfassung
Die gegenwärtigen, im vorliegenden Band dokumentierten Bemühungen um eine allgemeine Bildwissenschaft gehen nicht nur davon aus, dass es überhaupt so etwas wie eine allgemeine Bildwissenschaft geben kann und sollte, sie setzen ebenfalls voraus, dass bisher eine Bildwissenschaft noch nicht besteht, auch wenn die Bezeichnung „Bildwissenschaft“ sich seit der Einrichtung des Bildwissenschaftlichen Kolloquiums (BWK) im Jahre 1994/95 und seit der 1997 erfolgten Tagung hierzu recht schnell durchgesetzt hat, allerdings ohne dass immer klar wäre, was unter diesem Ausdruck eigentlich genau zu verstehen ist bzw. verstanden werden sollte. Natürlich gibt es Bildwissenschaften, wie die Kunstgeschichte, die sich berechtigterweise allgemeiner Anerkennung erfreuen. Aber hiervon möchte ich die Bildwissenschaft als eine Disziplin unterscheiden, die weder nur teilweise mit Bildern noch nur mit Teilbereichen der Bildthematik beschäftigt ist, sondern ganz ausschließlich und erschöpfend in den verschiedenen Bildphänomen ihren Gegenstandsbereich findet. Da sich die wesentlichen Aspekte der Bildthematik aber in keine der bestehenden Bildwissenschaften in befriedigender Weise als Ganzes einordnen lassen, wird die Bildwissenschaft vermutlich als eine interdisziplinär verfahrende Disziplin zu konstituieren sein. Als Beispiel für eine andere derartige Wissenschaft, die sich in jüngster Zeit hat etablieren können, ließe sich auf die Kognitionswissenschaft hinweisen. Hier mag der wissenschaftliche Status, der sich in einem allgemein akzeptierten Paradigma mit einer für alle Beteiligten verbindlichen Methodik äußert, zwar angezweifelt werden, zumindest ist aber ein gemeinsamer Gegenstandsbezug, ein intensiver Austausch zwischen den verschiedenen Teildisziplinen sowie ein allgemeiner Theorierahmen deutlich erkennbar, in dem sich die Bemühungen der einzelnen Disziplinen aufeinander beziehen lassen. Meine These wäre, dass es zumindest in diesem Sinn auch eine Bildwissenschaft geben kann, sofern es gelingt, einen gemeinsamen Theorierahmen zu entwickelt, der für die unterschiedlichen Disziplinen als integratives Forschungsprogramm dienen kann. Genau dieses integrative Forschungsprogramm fehlte bisher. Freilich ist ein umfassendes Forschungsprogramm nicht etwas, das ein einzelner entwickeln könnte. Als gemeinsames, disziplinenübergreifendes Forschungsprogramm lässt es sich nur sinnvoll konzipieren, wenn die Forscher der verschiedenen Disziplinen ihre jeweiligen Kompetenzen verbinden und aufeinander abstimmen. Hierzu ist es auf jeden Fall sehr hilfreich, zunächst ein Forum schaffen, das die nötige Klärung der unterschiedlichen Ansätze und Zugangsweisen ermöglicht und so das Entstehen einer gemeinsamen Begrifflichkeit unterstützt.
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Sachs-Hombach, K. (2003). Einleitung. In: Sachs-Hombach, K. (eds) Was ist Bildkompetenz?. Bildwissenschaft, vol 10. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11814-5_1
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