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Im Spannungsverhältnis von Pluralisierung und Norm(alis)ierung — Die Triade Geschlecht — Sexualität — Lebensform

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Vielfältige Lebensweisen

Part of the book series: Forschung Erziehungswissenschaft ((FO ERZWISS,volume 157))

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Zusammenfassung

Geschlecht — Sexualität — Lebensform: Hier einen engen Zusammenhang zu sehen, leuchtet nicht nur vordergründig ein, es erscheint auch logisch, vielleicht sogar selbstverständlich. In der Regel werden Geschlecht — Sexualität — Lebensform in einer Linie, in einem engen kausalen Zusammenhang gedacht. Diese Selbstverständlichkeit hinterfragend, richte ich meine Reflexionen sowohl auf die einzelnen Kategorien als auch auf deren Verhältnis untereinander. Über phänomenologische Beschreibungen und sozialstrukturelle Daten hinausgehend sollen insbesondere solche erkenntnis- und diskurstheoretischen Studien meine Aufmerksamkeit finden, deren Denkrichtungen daran orientiert sind dualistische Theorien zu überschreiten.

„... die Auseinandersetzungen um kulturelle Bedeutungen und soziale Identitäten (sind) Kämpfe um kulturelle Hegemonie..., das heißt um die Macht, soziale Bedürfnisse verbindlich zu definieren und Interpretationen sozialer Verhältnisse zu legitimieren.“ (Nancy Fraser)1

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Literatur

  1. Fraser (1994:16f).

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  2. Dort, wo im Folgenden beide Mechanismen gemeint sind werde ich sie einer einfacheren Schreibweise wegen als Norm(alis)ierung’ zusammenfassen, bei genaueren Analysen sie jedoch nach Jürgen Link (1996a u. b) als voneinander zu unterscheidende Mechanismen ausweisen.

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  3. Foucault (1981:88).

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  4. Ruth Limmer, Doris Rosenkranz und Norbert F. Schneider (Schneider u.a. 1998 ) legen mit dem Buch Nicht-konventionelle Lebensformen eine für die Familiensoziologie innovative Auseinandersetzung mit pluralen Lebensformen vor. Erstmals werden ansonsten ausgegrenzte Lebensformen ausführlich vorgestellt. Gleichzeitig reproduziert die Veröffentlichung jedoch die im Folgenden von mir problematisierte Spaltung.

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  5. Da in der aktuellen Debatte Begriffe wie Lebensform, Lebensstil, Lebenslauf, Lebensführung und Lebensentwurf oftmals undifferenziert nebeneinander stehen, sollen einige kurze Definitionen gegeben werden: Der Begriff `Lebensform’ bezieht sich auf äußere und innere Strukturmerkmale wie Familienstand, Wohnform, Alter oder Arbeitsteilung und liegt vielen der aktuellen empirischen Forschungen zu Pluralisierungsprozessen zu Grunde. In der soziologischen Diskussion hat vor allem der Begriff `Lebensstil’ eine lange Tradition. Dieser bezieht sich auf die individuelle Gestaltung des alltäglichen Lebens. In Abgrenzung zu vormodemen Lebensformen, in denen die Alltagsgestaltung durch ständische Ordnung vermittelt war, greift der Begriff des Lebensstils die Gestaltungsmöglichkeiten auf, die die Modernisierung seit dem Prozess der Industrialisierung den Einzelnen — nach gesellschaftlicher Stellung durchaus unterschiedlich — eröffnet hat. Neben soziostrukturellen Bedingungen und subjektiven Bedeutungszuschreibungen werden mit dem Begriff `Lebensstil’ kollektive Deutungs-und Handlungsmuster dargestellt (vgl. z.B. Ecarius 1996:112). Studien zum Lebensstil liefern damit wichtige Differenzierungen der vorliegenden Daten zu Lebensformen. Über den Begriff `Lebenslauf können Auftreten, Dauer und Plazierung von Lebensformen in einzelnen Biographien beschrieben werden und die Konzepte `Lebensentwurf und `Lebensplanung’ dienen dazu, über die Antizipation von Lebensformen im Lebenslauf zu berichten.

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  6. Unter traditioneller Familie verstehe ich im Weiteren die mit der industriellen Revolution einhergehende Konzeption der bürgerlichen Kleinfamilie als Vater—Mutter—Kind—Familie. Streng genommen handelt es sich dabei um eine moderne Familienform, welcher der vor-bürgerliche Familienverband als Wirtschaftseinheit im `Ganzen Haus’ vorausging (vgl. Beck-Gernsheim 1994:120). Das Modell der bürgerlichen Kleinfamilie ist mit spezifischen Erwartungen verknüpft: Mutterschaft und familiale Arbeit als primärer Ort der Frau, Beruf und Familienernährer als primärer Ort des Mannes sowie eheliche Verbindung der Eltern und leibliche Verwandtschaft zwischen Eltern und Kind.

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  7. Partnerschaft wird in der Regel als ausschließliche und häufig auch noch als lebenslange Beziehung verstanden, in der die PartnerIn Vorrang vor allen anderen Menschen, mit denen persönliche Beziehungen bestehen, hat (vgl. Albrecht-Heide/Holzkamp 1998: 21). Als kon- stituierend für Partnerschaften gilt geteilte Sexualität, gleichwohl sie häufig im Laufe der Zeit z.T. erheblich an Bedeutung verliert oder überhaupt nicht mehr zusammen gelebt wird. Der Begriff der Partnerschaft ist darüber hinaus insofern ein moderner, als er aus dem Geschäftsleben kommend eine Gleichrangigkeit der Partnerinnen suggeriert. Bezogen auf heterosexuelle Liebesbeziehungen verdeckt der Begriff die der Beziehung in der Regel zu Grunde liegende geschlechtshierarchische Strukturierung der Arbeitsteilung.

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  8. Über die Analyse von Materialien der Mädchenarbeit hat Katharina Eberstein (1993) die Wirkmächtigkeit dieser normativen Setzung im Bereich der Pädagogik aufgezeigt. Beziehungsvorstellungen werden in der Regel ausschließlich auf (heterosexuelle) Liebesbeziehungen bezogen diskutiert, wobei z.B. die Bedeutung von (Mädchen)-Freundschaften und sozialen Netzen wenig Beachtung findet.

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  9. Begreift man diese Tendenz als zeitlich bedingten Trend, wird die Verbindung zwischen öffentlichem Diskurs und Lebenspraxis deutlich. So war in den 1980er Jahren die Kritik der Frauenbewegung an der mangelnden Beteiligung von Vätern an Erziehungs-und Hausarbeit besonders stark und wurde durch zahlreiche Forschungsarbeiten erhärtet. Die Entwicklung neuer Lebensentwürfe heterosexuell lebender Frauen mit Kind(ern) und ohne Mann kann als eine Antwort auf diese unbefriedigende Situation und als ein Effekt der Kritik angesehen werden. Eine ähnliche diskursive und lebenspraktische Verschiebung lässt sich an der Haltung in lesbischen Kreisen gegenüber einem Leben mit Kind(ern) feststellen. Während in den 1980er Jahren dies noch als verwerflicher Hinweis auf vorausgegangene heterosexuelle Begegnungen galt, tragen Gruppen lesbisch lebender Frauen, die sich Kinder wünschen, wie auch Publikationen zum Thema dazu bei, dass lesbische Mutterschaft zunehmend selbstbewusst eingegangen und subkulturell wertgeschätzt wird.

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  10. Die hier genannte Entwicklung ist durchaus widersprüchlich einzuschätzen. Zwar ist z.B. mit der Konstellation `Zwei Väter und Kind’ strukturell eine neue Lebensform entstanden und die Normativität des heterosexuellen Paares in der Lebensgemeinschaft mit Kind(em) überschritten. Gleichzeitig reproduziert diese Form die normative Struktur des Paares in der Lebensgemeinschaft mit Kind(em) — im Unterschied zu bspw. einer Wohngemeinschaft oder zwei Schwestern mit Kind(em). Durch Inanspruchnahme der Pflegschaftsregelungen durch gleichgeschlechtliche Paare werden diese Regelungen hinsichtlich normativer Heterosexualität verschoben, hinsichtlich weiterer normativer Aspekte demgegenüber bestätigend verfestigt.

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  11. Lindy Ziebell u.a. (1992) unterscheiden drei unterschiedliche Formen `gewollter Kinderlosigkeit’ bei Frauen: Frauen, die einen zunächst selbstverständlichen Kinderwunsch allmählich aufgeben; Frauen, bei denen äußere Bedingungen einen Kinderwunsch verhindern sowie Frauen, die nie einen Kinderwunsch verspüren. Auch innerhalb ehelicher Lebensformen hat im letzten Jahrhundert Kinderlosigkeit stark zugenommen, wobei das Zahlenmaterial oft keine Auskunft darüber geben kann, ob es sich um eine gewählte Lebensform oder eine unfreiwillige Kinderlosigkeit handelt (Onnen-Isemann/Nave-Herz 1996 ).

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  12. NELs mit Kinder waren im Jahr 1995 zu 20% in den alten und in 52% in den neuen Bundesländern vertreten (Schneider u.a. 1998:78).

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  13. Für letztgenannte Position sei z.B. auf die parlamentarischen Initiativen zur Gleichstellung aller Lebensweisen der PDS-Bundestagsgruppe verwiesen (Schenk/Niehoff 1998).

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  14. Es sind wesentlich mehr Männer als Frauen sowie mehr Ost-als Westberlinerinnen, die Liebe höher bewerten als Freundschaft. Letztere betonen „große Ähnlichkeiten zwischen den Konzepten von Freundschaft und Liebe, bzw. sie definieren Freundschaft als wesentlichen Bestandteil von Liebe“ (Valtin/Fatke 1997:177).

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  15. Meiner Aufzählung bleibt in diesem Kapitel z.B. die Selbstverständlichkeit von Zweigeschlechtlichkeit unterlegt, was Vielgeschlechtlichkeit und transgender-Lebensweisen ausgeklammert lässt (vgl. 1.3.3.). Darüber hinaus wäre weiter zu berücksichtigen, dass meinen Nennungen in der Verschränkung mit gesellschaftlichen Machtfeldern z.B. entlang der Kategorien Geschlecht, Ethnizität und köperlich-geistiger Verfasstheit für die Individuen jeweils unterschiedliche Bedeutungen und Wahlmöglichkeiten zu Grunde liegen können.

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  16. Es handelt sich hierbei um Erkenntnisse einer repräsentativen Befragung des Deutschen Jugendinstituts von 10 000 Menschen in Westdeutschland im Alter zwischen 18 und 55 Jahren.

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  17. Schneider u.a. (1998:19) weisen daraufhin, dass sich die Milieus ausgeweitet haben, in denen schon über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit zur Lebensftihrung jenseits traditioneller Vorgaben besteht, während Milieus, die eng an traditionellen Normalbiographien orientiert sind, seltener vorzufinden sind.

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  18. So z.B. bei Geissler/Oechsle (1994) und Seidenspinner u.a. (1996).

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  19. Als historisch-soziologische Kategorie unterscheidet sich der Begriff der Individualisierung von dem psychologischen Begriff der Individuation (Personwerdung, Einmaligkeit).

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  20. Jürgen Friedrichs (1998:34) verweist angesichts der diesem Gedankengang zu Grunde liegenden drei Dimensionen von Individualisierung (Freisetzungs-, Entzauberungs-und Kontrollfunktion) auf ein methodologisch unhaltbares Knäuel der Beck’schen Argumentation. In einer Vermengung von „Ursachen, Beschreibungen und Folgen“ sei seine These kaum zu diskutieren und letztlich nicht zu widerlegen.

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  21. Silvia Staub-Bernasconi (1998:7) kritisiert darüber hinaus die Ausblendung von Fragen sozialer Gerechtigkeit. Über den undifferenzierten Begriff der Risiken als unintendierte Effekte des Modernisierungsprozesses werden in Becks Vorschlägen zur Überwindung von Armut die Armen selbst „pauschal zum furchterregenden, gewalttätigen sozialen Zündstoff gemacht, der auf die Gesellschaft zurückschlägt“.

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  22. Fragen zu diesen Prozessen der Individualisierung, zu der Wirkkraft moderner Macht jenseits rigider Traditionen und Gesetze werde ich an späterer Stelle anhand Michel Foucaults Subjekttheorie aufgreifen (vgl. 1.1.4. u. 1.2.3.).

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  23. Mit Blick auf Simone de Beauvoir zeigt Klinger, wie diese sich mit Nachdruck auf den Standpunkt der Freiheit stellt und sich auf den Begriff des Glücks als einen uneindeutigen nicht einlässt. Dieser Vorrang der Frage der Freiheit vor der des Glücks gelte fitr alle modernen Emanzipationsbewegungen, wobei die persönliche Unabhängigkeit zum Teil als ein Bestandteil des Glücks interperetiert werde. Klinger zeigt auf, dass der Versuch der Polarisierung von Freiheit und Glück parallel zu der Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit verläuft. Freiheit gelte als politische, Glück als private Kategorie. Mit der Ausdifferenzierung von getrennten Wert-und Lebenssphären (sozialräumlicher Dualismus von öffentlicher und privater Sphäre) sei Familie zum entlastenden Gegenpol und zum Ort der freien Entfaltung avanciert. Doch machen die Erkenntnisse der Frauenforschung die politische Dimension des vermeintlich Privaten und die Macht-und Gewaltdimensionen deutlich, die Geschlechter-und Generationenverhältnisse oftmals auch prägen. Diese als Liebes-und Glücksbeziehungen zu idealisieren, geht an der sozialen Realität vorbei.

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  24. Empirisch ist damit noch wenig darüber gesagt, ob bzw. wie schnell sich Frauen tatsächlich aus unbefriedigenden und gewaltvollen Beziehungen lösen. Auf die komplexen psychosozialen Verstrickungen von Frauen und ihre damit einhergehenden Blockaden, neue Wege zu gehen, verweist z.B. Märle Poser (1994).

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  25. Mutterschaft stellt eine gesellschaftliche Norm für Frauen dar. Diese setzt Mutterschaft als einen zentralen Lebensinhalt von Frauen, postuliert die Verfügbarkeit der Mutter inklusive der als selbstverständlich gesetzten Mutterliebe für eine gesunde Entwicklung des Kindes in dessen ersten Lebensmonaten und -jahren als unersetzlich und führt damit ausschließlich Frauen in tiefgreifende Vereinbarkeits-und Entsagungsleistungen sowie in Schuld-und Versagensgeftihle. Mutterschaft und Kinderwunsch gelten als selbstverständlich, weithin sogar als natürlich und als zentrale Sinnstiftung für Frauen (vgl. Poser 1994; Rich 1979 ).

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  26. Um diesen Normierungs-und Normalisierungsprozessen zu begegnen, kann es nicht ausreichend sein, bisher Ausgegrenztes über weitere Studien additiv hinzuzufügen, das vorliegende Datenmaterial also zu ergänzen bzw. zu differenzieren, z.B. entlang homo-und heterosexueller Lebensformen. Um dem Mechanismus eines Festschreibens von Unterschieden nicht Vorschub zu leisten, müssten über die Differenzen hinaus, die üblicher Weise zwischen Personengruppen gesehen werden, auch verstärkt Differenzen innerhalb dieser Gruppen und innerhalb von Identitäten Beachtung finden. Die machtvolle Annahme kohärenter Identitäten wie die Vorstellung von Differenzen ausschließlich zwischen Individuen steht damit zur Disposition. Die Frage nach Pluralisierungstendenzen und deren Veränderungspotential richtet sich, wie in 1.1.2. bereits angedacht, damit auch auf das Selbstverständnis der Individuen (vgl. 1.2. u. 1.3.).

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  27. Link (1996b:26) stellt zwei fundamentale Strategien vor, die er als „protonormalistisch“ und „flexibel-normalistisch” bezeichnet. Während erstgenannte mit engen, festgeschriebenen Grenzen und der Produktion „`… autoritärer Charaktere“` mittels Außenlenkung und Repression arbeitet, legt zweitgenannte ihren Schwerpunkt auf breite Übergangszonen und der Integration vieler ihrer Abschnitte in die Normalität. Protonormalistische und flexibelnormalistische Normalität existiert neben-und durcheinander (a.a.O.:172).

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  28. Michel Foucault untersucht die sich im Rahmen des gesamtgesellschaftlichen Umbruchs zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert neu entfaltenden Machtverfahren. Während die klassische Macht abschöpfend und feudalistisch funktioniert, ist die moderne Macht nach Foucault wertschöpfend und kapitalistisch orientiert. Nicht Verbot, Strafe und Gesetz stehen in ihrem Mittelpunkt, sondern Techniken, Normalisierung und Kontrolle. Als produktive Macht entwickelt sie sich in zwei Strängen, der Disziplinarmacht und der Bio-Politik, die sich ab dem 19. Jahrhundert zur Bio-Macht vereinigen (vgl. 1.2.2.).

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  29. Vgl. auch Raab (1998:370; In seinen späten Schriften verweist Foucault (1987a:254) auf Gewaltverhältnisse und Herrschaftssysteme als verhärtete Machtsysteme, die das Potential zu Freiheit, permanente Verhandlungsprozesse und Ringen um Hegemonie nicht zulassen.

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  30. Birgit Rommelspacher differenziert hier nicht explizit zwischen Normen und Normalität, was ich als Hinweis darauf werte, wie sehr sie Normalität in Verbindung mit gesellschaftlichen Normen auftreten sieht.

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  31. Zit. n. Weiss (1996:62)

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  32. Während ich einer besseren Lesbarkeit wegen für das historisch moderne Verständnis der Familie in Kapitel 1.1. den Begriff `traditionelle Familie` vorgezogen habe, werde ich in meiner Diskussion der Kategorien Geschlecht und Sexualität die historisch korrektere Bezeichnung ‘modem’ bzw. `bürgerlich’ beibehalten.

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  33. Wie sehr sich das Denken in streng aufeinander bezogener Zweigeschlechtlichkeit in unserem Denken niederschlägt zeigen z.B. Fragen, die Jugendliche im Rahmen antihomophober Bildungsarbeit lesbisch und schwul lebenden Referentinnen stellen: „Wer ist bei euch der Mann und wer die Frau? Wärt ihr lieber heterosexuell?“ (vgl. Ellmenreich/Mester 1997: 30 ).

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  34. Dabei sehe ich mit Cornelia Ott (1998:14; Hervorh. i. Orig.) die Gefahr, die in einer Tren-nung von Geschlechter-und Sexualitätsforschung liegt: „Beide Forschungsgegenstände kommen nicht ohne die Erkenntnisse des jeweils anderen aus, eine wissenschaftliche Arbeitsteilung führ[auf beiden Seiten zu Reduktionen“. Tendenzen zu einer entsprechenden Arbeitsteilung sind in den USA an der Institutionaliserung von Women-bzw. Gender Studies auf der einen und Gay and Lesbian Studies auf der anderen Seite bemerkbar.

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  35. In ihrem Vergleich der Richtlinien zur Sexualerziehung in der Schule fand Andrea Hilgers (1996) in neun Bundesländern eine ausdrückliche Akzeptanz lesbischer und schwuler Lebensformen, während in dreien eine eindeutig negative Bewertung von Homosexualität vorlag.

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  36. Als ein Beispiel sei das Themenheft „Liebe und Sexualität“ 1996 in der Reihe „Schüler” des Friedrich-Verlages genannt.

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  37. Hingewiesen sei z.B. auf den Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Berliner Senatsverwaltung für Schule, Jugend, Sport (eingerichtet 1989 als Referat in der Senatsverwaltung für Frauen, Jugend und Familie) sowie auf die aktuelle tagespolitische Diskussion zur Einführung von eingetragenen Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Beziehungen.

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  38. Homophobie meint Abwertung, Verachtung und/oder Diskriminierung von Menschen, die lesbisch oder schwul leben, von deren Sexualität und/oder von deren Lebensweise. Sie erfolgt auf sozialer, kultureller und politischer Ebene. Auf individueller Ebene liegt in der Regel ein uneingestandenes Gefühl der Bedrohung der eigenen, über Verwerfung homosexueller Impulse konstituierten Heterosexualität zu Grunde (vgl. 2.2.2.).

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  39. So ergab eine Repräsentativbefragung der deutschen Bevölkerung zum Bildungswesen, in der 1992 erstmals auch „nach der Akzeptanz von Homosexuellen als Pädagogen“ gefragt wurde, folgendes Bild: Auf die negativ konnotierte und daher bereits aus erkenntnistheoretischen Gründen fragwürdige Aussage „Menschen, die homosexuell sind und sich offen dazu bekennen, gehören nicht in den Schuldienst” stimmte ein Drittel der mehr als 2500 befragten Bürgerinnen in West und Ost zu (Bauer 1992:29).

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  40. Entsprechende Phänomene lediglich auf einzelne Männer und Frauen hin zu diskutieren und damit zu individualisieren, geht diesem Gedankengang folgend am gesellschaftlichen Kern der Sache vorbei.

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  41. Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Mit diesem Zitat sehe ich nicht die Notwendigkeit von Ei-und Samenzelle für eine Befruchtung in Frage gestellt, vielmehr deren Verknüpfung mit dem Vorhandensein der Beziehungsinstitution `heterosexuelles Paar’. Dies wird in der gesetzlichen Regelung heterologer Insemination deutlich. Es besteht meist nicht einmal eine Bekanntschaft, geschweige denn eine Paarbeziehung zwischen der Frau und dem samenspendenden Mann. Dennoch ist die heterologe Insemination in der Bundesrepublik an ein heterosexuelles Paar in der Institution Ehe gebunden. Sie ist nur legitim, wenn die Frau verheiratet ist.

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  42. Kritisch für die Kategorie Geschlecht vgl. Hagemann-White (1984:81).

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  43. Der Passus zur Studie von Arlene Stein ist bereits veröffentlicht in Hartmann (1998:31).

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  44. Der Einblick in die Lebenserfahrungen der von Sonja Schock vorgestellten Frauen widerlegt darüber hinaus so populäre Klischees wie die, dass Frauen sich von Männern ab-und Frauen zuwendeten, da sie schlechte Erfahrungen mit Männern gehabt oder besonders harmonische Beziehungen mit Frauen erlebt hätten.

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  45. Foucault schreibt in seinen historischen machtanalytischen Untersuchungen Sexualität eine zentrale Funktion bei der Konstituierung des modernen Subjekts zu. Die besondere Funktion der Sexualität erklärt sich aus ihrer Position am Kreuzungspunkt von disziplinierender Kontrolle der Individuen und regulierender Kontrolle der Bevölkerung (s.u.). Konstitutive Wirkung entfalten darüber hinaus auch Kategorien wie Geschlecht, Ethnizität, Klasse und körperlich-geistige Verfasstheit bzw. deren spezifischen Verknüpfungen.

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  46. Das Geständnis ist von einem hierarchischen Verhältnis geprägt, das der Position des Zuhörenden nicht nur die Funktion der Beurteilung, sondern zunehmend auch die über interpretierende Verfahren möglich werdende Deutungsmacht und scheinbare Wahrheitsfindung zuschreibt. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass Sprechen eine entlastende Funktion haben kann.

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  47. Die Sicherung des Lebens, das Recht auf Leben gibt eine fragwürdige Legitimation, um die, die das Recht auf Leben zu gefährden scheinen, auszugrenzen, schlimmstenfalls zu töten. Foucault (1977:163) sieht die Kriege der Moderne als im Namen der Bevölkerung und fir die Sicherung des Lebens einer Nation oder Rasse geführt.

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  48. Die Diskussion um den Subjektbegriff ist disparat. `Subjekt’ kann als philosophische Kategorie und als Referenz auf gelebte Subjektivität verstanden werden. Theresa de Lauretis beschreibt Subjektivität als je historische „Art und Weise, wie wir unser Leben verstehen und leben“ (de Lauretis 1996:14) als Ergebnis von Erfahrungen, von spezifischen historisch-kulturellen Wechselbeziehungen mit der Welt. Sie kann als Bündel von Selbstthematisierungen bzw. von „Wissen, das zur Verfügung steht, Erfahrung zu deuten und anzueignen” (Hark 1996a:171) angesehen werden. Nach Chris Weedon (1990:191) ist Subjektivität ein „Ort einander widersprechender und miteinander konkurrierender Subjektpositionen“, ein „Schauplatz von Uneinheitlichkeit und Konflikt” (a.a.O.:35).

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  49. Diesen leitet Foucault aus einem weiteren Machttyp, der Pastoralmacht ab, die er auf die Tradition christlicher Seelenfilhrung zurückführt. Individualisierend gilt hier die Sorge sozusagen jedem einzelnen Schaf einer großen Herde. Doch gesellt sich in der Technik der Pastoralmacht noch der Aspekt der Platon’schen Frage nach der kollektiven Verbundenheit aller innerhalb einer Bürgergemeinschaft hinzu. Nach Sabine Hark (1996a:42) ermöglicht erst die Pastoralmacht den gleichzeitig individualisierenden wie totalisierenden Zugriff der Macht sowohl auf die Einzelnen wie auf die Bevölkerung. Im Verhältnis der Einzelnen zur Gemeinschaft der gesamten Bevölkerung liegt nach Hark dabei das eigentliche Politikum.

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  50. Foucault unterscheidet drei Typen von Kämpfen: Kämpfe gegen Herrschaft, gegen Ausbeutung und gegen Subjektivierung, wobei letzteres all das meint, „was das Individuum an es selber fesselt und dadurch anderen unterwirft“ (Foucault 1987a:247).

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  51. Foucault beschreibt den widersprüchlichen Charakter dieser Kämpfe wie folgt: „Einerseits behaupten sie das Recht, anders zu sein, und unterstreichen all das, was Individuen wirklich individuell macht. Andererseits bekämpfen sie all das, was das Individuum absondert, seine Verbindungen zu anderen abschneidet, das Gemeinschaftsleben spaltet, das Individuum auf sich selbst zurückwirft und zwanghaft an seine Identität fesselt.“ (Foucault 1987a:246).

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  52. Die Sorge um sich meint nicht Selbstbezogenheit oder Egozentrik und auch nicht die Suche nach einem wahren Selbst. Es geht um ein kritisches Befassen mit und Arbeiten an sich als Entwurf eines neuen ethischen Subjekts. Als wichtigen Aspekt der Ethik untersucht Foucault die Weisen der Unterwerfung, d.h. die Weise, „in der Leute aufgefordert oder aufgestachelt werden, ihre moralischen Pflichten anzuerkennen “ (Foucault 1987b: 276 ).

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  53. Ott (1998:35) sieht in den späten Arbeiten Foucaults zu den Technologien des Selbst darüber hinaus auch Vorstellungen einer Art Selbsterschaffung in einem Raum scheinbarer Machtfreiheit. Damit komme er stellenweise zu einer Gegenüberstellung von Individuum und Gesellschaft zurück und verdecke grundlegende Machtverhältnisse.

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  54. Foucault selbst hat sich nicht als poststrukturalistisch bezeichnet, ja sogar dagegen verwehrt. Gleichzeitig wird er in der aktuellen Diskussion als ein bedeutender Wegbereiter des Poststrukturalismus diskutiert.

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  55. Bspw. werden in der lesbischen butch -femme-Kultur über die Position der butch männlich konnotierte Attribute und Verhaltensweisen inszeniert und damit soziales Geschlecht nicht vom anatomischen Geschlecht abgeleitet. Dies codiert zum einen eine spezifische Begehrens-Dynamik und führt zum anderen den künstlichen Status der vermeintlichen Originale vor. Wie in der sozialen Praktik der Travestie —zunehmend cross-dressing genannt — gehtes um ein Infragestellen des Originals in seiner singulären Einmaligkeit. Auch Heterosexuelle stellen wie alle anderen ihr Geschlecht und ihre Sexualität immer wieder performativ selbst mit her (vgl. 1.3.2. und Hark 1996a).

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  56. Ähnliches Potential liegt z.B. im Konzept der Mestiza, die in der Ambiguität zwischen kulturellen Grenzen verortet ist (Gutiérrez Rodriguez 1996:1830.

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  57. Auch die Wiederholung wird als endlose Sinnverschiebung mit sinnzersetzender Wirkung verstanden. Je häufiger Wiederholungen im Text auftreten, desto partikularisierter und pluralisierter wird das Wiederholte, da neben die erste Bedeutung ständig neue Abweichungen treten (Zima 1997:279).

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  58. Derrida selbst gibt mit seinen Äußerungen über die Notwendigkeit, den Bezug zwischen Möglichem und Unmöglichem anders zu denken, einen Hinweis auf Handlung: „Das Un-Mögliche (l`im-possible), von dem ich häufig rede, ist nicht das Utopische. Im Gegenteil. Das Un-Mögliche gibt dem Wunsch, der Handlung und der Entscheidung die Bewegung. Das Un-Mögliche ist die Figur des Wirklichen selbst. Es hat deren Härte, Nähe und Dringlichkeit. Das Un-Mögliche, wie ich es in zahlreichen neueren Texten interpretiere, das ist die Dringlichkeit des Augenblicks, hier und jetzt, in den einzigartigen Situationen. Dieses Un-Mögliche ist nichts Negatives, es ist eine Bejahung.“ (Derrida 1998:480 tierten Wort durch Bedeutungsverschiebung ein neu gefüllter Analyse-und Kritik-Begriff entwickelt.59

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  59. Queer umreißt in der adjektivischen Verwendung Bedeutungen wie „eigenartig“, „seltsam”, „komisch“, „fragwürdig”, also das, was vom Gewöhnlichen abweicht, wobei mit Redewendungen wie „there’s something queer about it“ ausgesagt werden kann, dass etwas faul an einer Sache sei. Im substantivischen Gebrauch steht queer für Falschgeld (vgl. Hark 1993:103).

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  60. Auch die Bücher von Judith Butler (1991; 1995) sind in weiten Teilen der queer theory zuzurechnen, wenngleich die Rezeption Butlers im deutschsprachigem Raum diesen Kontext weitgehend ausklammert und sich somit als heteronormativ interpretieren lässt (vgl. Ott 1998:11). Meine weiteren Ausführungen zu queer theory werden sich in diesem Unterkapitel vor allem auf Texte von Sabine Hark beziehen.

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  61. In der Bundesrepublik Deutschland hat sich queer im Unterschied zum angloamerikanischen Raum jedoch weniger als politische Praxis und politischer Interventionsbegriff, vielmehr als Modewort im kulturellen Spektrum etabliert und steht dort häufig inhaltlich verkürzt als Synomym für ‘lesbisch-schwul’.

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  62. Butler (1995a:17).

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  63. Verwiesen sei z.B. auf die Bücher von Elena Bellotti (1975) und Ursula Scheu (1977).

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  64. Die in Anlehnung an den anglo-amerikanischen Sprachgebrauch vorgenommene Einführung der sex-gender-Unterscheidung wendet sich im hiesigen feministischen Diskurs insbesondere gegen die Annahme eines monokausalen Verhältnisses zwischen natürlichem Geschlecht und gesellschaftlich zugeschriebener Geschlechterrolle, der zwingenden Ableitung also, die z.B. die Zuständigkeit der Frauen far Haushalt und Kindererziehung aus ihrer Gebärfähigkeit erfuhr. Über die problematische Trennung von Person und Rolle hinaus macht die dem Geschlechtsrollenkonzept weiterhin zu Grunde liegende Linearität jedoch grundlegende Veränderungen undenkbar, nimmt die Funktionalität des Status quo nicht in den Blick und stabilisiert bestehende Machtverhältnisse (vgl. Haug 1994; Hof 1995 u. 3.3.2.).

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  65. Über die Großschreibung markiert der Term `Schwarz’ ein gesellschaftspolitisches Verständnis von Hautfarbe und bezieht sich auf die soziale Gruppe der auf Grund ihrer Hautfarbe diskriminierten Menschen.

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  66. Um politisch handlungsfähig zu bleiben, plädiert Judith Butler (1991:22) daher flit-eine veränderliche Konstruktion von Identität im Sinne einer politischen Repräsentation, die mit dem Paradox arbeitet, das Subjekt Frau nirgendwo vorauszusetzen.

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  67. Andrea Rödig (1994) verweist auf erkenntnistheoretische Grundlagen konstruktivistischer Positionen bei Immanuel Kant. Dieser vertritt die These, dass wir uns an Wirklichkeit nur über unsere Erfahrungen annähern und somit nicht über Tatsachen oder Dinge an sich, sondern nur über Erscheinungen der Welt reden können. Erkenntnistheoretisch gesehen formiert die Wahrnehmung die Erkenntnisgegenstände. Damit werden ansonsten unhinterfragtes Alltagswissen und Grundannahmen von Wissenschaft selbst zum zu hinterfragenden Gegenstand. Um auf die Grenzen jeglicher Erkenntnis zu verweisen unterscheidet die kritische Erkenntnistheorie zwischen ‘Sein’ und `Erscheinung’, wobei ersteres für uns nicht zu erfassen ist.

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  68. Auch anhand des gegenwärtigen sozialen und gesellschaftlichen Umgangs mit Intersexualität und Transsexualität lässt sich die konstruierte Dimension des biologisch-anatomischen Geschlechts vergegenwärtigen. Als intersexuell bezeichnen sich Menschen, deren anatomisches Geschlecht sowohl als weiblich wie auch als männlich geltende Merkmale aufweist. Bei Neugeborenen bezeichnet Intersexualität das Phänomen, dass die Genitalien des Kindes es den sozialen Standards folgend nicht zulassen, sie als männlich oder weiblich zu bezeichnen. Eltern, die die Möglichkeit dazu haben, wird in der Regel ein chirurgischer Eingriff mit dem Ziel empfohlen, eindeutig weibliche oder männliche Genitalien zu formen (vgl. Kessler 1993 ). Die vor allem in den USA bestehende Intersexuellenbewegung klagt diese Praxis als eine gewaltsame Vereindeutigung an. Besonders im Rahmen der Transgender-Bewegung und -Forschung wird auf die gesellschaftliche Vehemenz zur Vereindeutigung der Körper z.B. durch medizinische Eingriffe bei intersexuellen Kindern und auf die Bedeutung, die geschlechtlich eindeutige Zuordnung in unserer Gesellschaft hat, hingewiesen (vgl. Genschel 1998 ).

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  69. Undine Eberlein (1999) kritisiert Butlers Theorie der unbeschränkten Pluralisierung der Geschlechter. Sie sieht darin eine Art romantischen Individualismus, in dem Geschlecht radikal als Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit bei Leugnung naturaler Grenzen konzipiert wird. Dabei lässt sie unberücksichtigt, dass Judith Butler ihre Theorie als Antwort auf konkrete Lebenspraxis, auf eine offensichtliche Pluralisierung von Geschlechterpositionen hin entwickelt hat (vgl. 1.3.3.) und sich die vorherrschenden Kategorien und Begriffe als unzureichend erweisen, um die mit diesen Positionen einhergehenden körperlichen und sozialen Erfahrungen zu beschreiben.

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  70. Zu denken wäre z. B. an eine Frau, die einen als männlich geltenden Körper hat oder an eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, die Frauen liebt.

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  71. Butler macht auf die z.T. lebensbedrohlichen Reaktionen des sozialen Umfeldes auf Menschen, die die normative Geschlechterintelligibilität durchkreuzen, aufmerksam (Butler 1995:1691T).

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  72. Vgl. z.B. die Diskussion in den Feministischen Studien 1993.

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  73. Maihofer geht davon aus, dass sich die gesellschafts-und kulturkonstituierende Bedeutung von Natur nicht endgültig klären lässt und klammert sie daher theoriepragmatisch aus. Damit schließt sie die Möglichkeit einer solchen Bedeutung gegenüber körperlichen Praxen wie dem Gebären jedoch nicht aus (vgl. Maihofer 1995: 771 ).

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  74. Diskurstheoretische Überlegungen sind eng verknüpft mit erkenntnis-und konstitutionstheoretischen Fragen: „Der hegemoniale Geschlechterdiskurs konstitutiert nicht nur die gegenwärtig vorherrschende Art und Weise, uns als `weibliches’ oder `männliches’ Geschlecht wahrzunehmen,sondern überhaupt im hier spezifizierten Sinne `männlichen’ oder ‘weiblichen’ Geschlechts zu sein“ (Maihofer 1995:187; Hervorh. i. Orig.).

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  75. Performativität ist ein Begriff der Sprechakttheorie. Performative Äußerungen — die bei John L. Austin von konstativen Äußerungen, die Tatsachen beschreiben, abgegrenzt werden — bringen durch das Sprechen selbst etwas hervor, sie vollziehen etwas. Paradigmatisch ist das Beispiel der Hochzeitszeremonie: Durch die Aussage Ich erkläre Euch als Mann und Frau’ führt der Pfarrer oder Standesbeamte eine Handlung aus und bringt in der „Heterosexualisierung der sozialen Bindung“ (Butler 1995a:299) hervor, was er benennt. Dieser performative Akt ist autoritativ, da er bindende Kraft verleiht. Diese erhält er aus „dem zitatförmigen Vermächtnis, mit dem ein heutiger `Akt’ im Kontext einer Kette verbindlicher Konventionen entsteht” (a.a.O.:298).

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  76. Durch die Weigerung, das Subjekt mit der Psyche zu verschmelzen, verweist Judith Butler auf die Existenz eines psychischen Überschuss im Konstitutionsprozess der Geschlechtsidentität, der in der Vorstellung eines willensbegabten Subjekts verleugnet wird (Butler 1996:30 u. vgl. auch 2.2.2).

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  77. Doch haben die hier zur Diskussion stehenden Normen von biologischer Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität über die Zeit eine besondere Persistenz entwickelt, haben sich in Institutionen verdinglicht, sind z.T. juristisch und ökonomisch unterfüttert und abgesichert. Diskursive Macht kann nicht einfach mit gesellschaftlicher Macht gleichgesetzt werden, in der es um die Verteilung z.B. von ökonomischen Ressourcen, Zugangsbedingungen zu Institutionen und um Definitionsmacht geht. Im ständigen Kampf um Bedeutungen bedingen soziale und gesellschaftliche Machtfaktoren, welche Diskurse sich als hegemonial einrichten und Bedeutungen festlegen können (vgl. Gutiérrez Rodriguez 1999 ).

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  78. Judith Butler ist auf Grund dieser Konzeption von Handlungsfähigkeit häufig kritisiert worden. So bleibt mit Juliane Rebentisch (1998) die Frage nach möglichem Widerstand nur vage beantwortet. Unklar sei, wer letztlich was wiederhole und bei wem die Verantwortung dafiir liege. Auch käme den Subjekten keine Kontrolle über Art und Ausmaß der Veränderung zu. Rebentisch schlägt daher vor, den Gedanken der „Wiederholung“ durch den Gedanken des „Gebrauchs” zu ersetzen. Damit soll das widerständige Potential und die Verantwortung des Subjekts gestärkt werden.

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  79. Um Missverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich wird der Körper nicht durch die Norm des biologischen Geschlechts verursacht, doch existiert er diesem Gedanken folgend so, wie wir die Wirkung und Bedeutung von Materialität wahrnehmen, nur entlang dieser Norm. Dies schließt individuelle Unterschiede im Erleben nicht aus (vgl. Maihofer 1995: 890.

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  80. Berechtigt erscheint mir jedoch doch auch der kritische Einwand, dass Butler der kritischen Aktivität selbst vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit widmet (vgl. Lorey 1996:52f1). Ihrem diskurstheoretischen Fokus entsprehend, so eine häufig formulierte Kritik, geht sie Fragen nach unterschiedlichen sozialen, ökonomischen, politischen Positionen und Bedingungen sowie nach Macht-und Herrschaftsverhältnissen und deren Interdependenzen sowohl Mr die Konstitutionsprozesse selbst, wie fitr den Einfluss darauf, welche Resignifizierungen Chancen auf Durchsetzung haben, nicht weiter nach (vgl. Gutiérrez Rodriguez 1999:200ff; Villa 2000: 17411 ).

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  81. vgl. auch Isabell Lorey (1996).

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  82. Die Unterscheidung in westliche und nicht-westliche Gesellschaften ist innerhalb des feministischen Diskurses gängig. In Anlehnung an Susanne Schröters (1997:122) kritische Überlegungen verwende auch ich in Ermangelung besserer Alternativen diese Begriffe, wenngleich sie fälschlicherweise eine kulturelle Homogenität in den jeweiligen Gesellschaften bzw. Gesellschaftsgruppen suggerieren.

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  83. Letztlich sind jedoch all die genannten Begriffe unbefriedigend, da sie das jeweilige Selbstverständnis und die jeweilige Besonderheit der beschriebenen Menschen nicht treffen und die Normalität hegemonialer Zweigeschlechtlichkeit betonen.

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  84. Ob Judith Butler ihre These, die im Kontext westlicher Kulturen entstanden ist, auch auf nicht-westliche Kulturen beziehen würde bzw. ob sich diese These einfach auf andere Kulturen übertragen lässt, wäre m.E. kritisch zu prüfen. Doch ist mit der Beschreibung kulturell anerkannter varianter Geschlechter ja bereits ein subversives Potential der Grenzüberschreitung angesprochen: Die Absolutheit hegemonialer Zweigeschlechtlichkeit ist erschüttert.

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  85. In der Literatur werden Menschen aus indigenen Stammesgesellschaften Nordamerikas, die in der Rolle des anderen Geschlechts leben und sexuelle Beziehungen mit Menschen des eigenen anatomischen Geschlechts leben, häufig zusammenfassend als berdache bezeichnet.

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  86. Transsexuelle haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Möglichkeit einer operativen, hormonellen und juristischen Geschlechtsumwandlung bzw. der Angleichung ihres Körpers an das innerlich erfühlte Geschlecht. Viele erleben dies als psychische und soziale Entlastung. Gleichzeitig zeigt sich, dass durch das gesamte Verfahren rigide Geschlechtsstereotype und normative Zweigeschlechtlichkeit reproduziert werden. Corinna Genschel (1998) weist auf die politische Macht hin, die die Medizin sich über dieses Verfahren angeeignet hat. Zum einen schuf sie bestimmte Subjektpositionen, von denen aus agiert werden kann, gleichzeitig legte sie Zugangsberechtigungen für diese fest: „So mußten bestimmte Begriffe fallen: man lebt im `falschen’ Körper, und das schon seit Kindes Beinen an, fühlt sich ungebrochen als entweder Frau oder Mann, und will hetereosexuell leben. Entnannt wurden die viel komplexeren Seins-und Daseinsformen, Denk-und Fühlformen. Erfolgreiche Geschlechtsangleichung hieß und heißt immer noch Identitätszwang; heißt, Widersprüche aus-und insgesamt die ganze Geschichte zu streichen, heißt passing d.h. unsichtbar werden“ (a.a.0.:313).

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  87. Die Leibesinsel Penis nimmt z.B. im Spüren nicht nur die Gestalt an, die einem sicht-und tastbaren Penis entspricht, sondern sie wird auch als Aufforderung erfahren, sich in erotischen Situationen gemäß dem im Penis als Körperform inkorporierten Verhaltensprogramm zu betätigen.“ (Lindemann 1993:287)

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  88. Jonny unterscheidet jedoch nicht zwischen (Sprech-)Akt und Wirkung. Individuen verfügen nicht über die souveräne Macht, die Wirkung ihrer Handlungen bzw. den Blick der anderen zu bestimmen. Zwar besteht durchaus die Möglichkeit, die gewollte Irritation auszulösen, doch sind viele andere Reaktionen bis hin zur Nichtwahrnehmung durch die anderen ebenso denkbar. Der `Tanz der Geschlechter’ kann als eine Möglichkeit verstanden werden, die Konstruktion der Geschlechter bewusst zu machen, deren Inszenierung aufzuzeigen und Verschiebungen — in der Außenwahrnehmung und in sich selbst — zu bewirken. Über die Bereitschaft vor allem derer, die über gesellschaftliche Definitionsmacht verfügen, sich und die eigenen Konstruktionen in Frage zu stellen und somit über die Möglichkeit gesellschaftswirksamer Veränderungen, ist damit jedoch noch keine Aussage gemacht.

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  89. Demgegenüber meint Maske oder Maskierung oftmals etwas passiv Erfahrenes oder gar Aufgezwungenes, das die jeweilige Person als unstimmig erlebt.

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  90. Die lesbischen Inszenierungen von femme und butch verweisen auf erotische Positionen, die wechseln und die die heterosexuelle Definition von Begehren in Frage stellen (Hark 1996b:187f).

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  91. Ähnlich argumentiert Gesa Lindemann (1993) wenn sie den Konstruktionscharakter der Geschlechter ebenso betont wie die Unmöglichkeit für die Individuen, die durch diese Konstruktion geschaffenen Realität zu hintergehen.

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  92. Auch Judith Butler argumentiert in diese Richtung, wenngleich deren Betonung auf dem Begriff der Performativität liegt: „Schauplatz und Art meines Spiels mit dem Lesbisch-Sein bestimmen, wie dieses `Sein’ hergestellt, eingerichtet, verbreitet und bestätigt wird. Und zu dieser Performanz kann ich nicht auf radikale Distanz gehen, denn es ist ein tiefsitzendes Spiel, ein psychisch verwurzeltes Spiel, und mein ‘Ich’ spielt das Lesbisch-Sein nicht wie eine Rolle.“ (Butler 1996:22; Hervorh. i. Orig.)

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  93. So können z.B. Definitionsversuche der Lesbenbewegung in den 1970er und 1980er Jahren als Versuch verstanden werden, sich als lesbische Frauen Sichtbarkeit und Selbstbewusstsein zu ermöglichen. Ein Effekt des Festschreibens eines Verständnisses lesbischen Lebens ist jedoch, lesbische Frauen mit anderen Selbstverständnissen auszugrenzen (vgl. Hark 1996a: 8711 ).

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  94. Althusser wendet sich damit gegen ein Verständnis von Ideologie als falsches Bewusstsein, gegen eine Spaltung von Ideal und Wirklichkeit. Ideologie materialisiert sich z.B. in Institutionen und Praxen und entsteht in ihnen in einem „Verhältnis der Gleichursprünglichkeit“ (Maihofer 1995:84).

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  95. Foucault (1987b:283).

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  96. Zentrale Bedeutung kommt im Begriff vielfältige Lebensweisen meiner Fragestellung folgend den Kategorien Geschlecht, Sexualität und Lebensform zu. Darüber hinaus wäre die untrennbare Verknüpfung von Lebensweisen mit weiteren Differenzierungslinien und Lebensbedingungen entlang gesellschaftlicher Kategorien wie Ethnizität, Klasse und körperlich-geistiger Verfassung zu beachten, die mit Maihofer (1995:105) ebenfalls als hegemonialer Diskurs und gesellschaftlich-kulturelle Existenzweise begriffen werden können und in spezifischen konstitutiven Verquickungen auftreten.

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  97. Wiederholt sei an dieser Stelle auf die Ressourcenabhängigkeit von Handlungsspielräumen verwiesen, die Abhängigkeit der sozialen, ökonomischen und politischen Chancen von gesellschaftlichen Positionierungen.

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  98. Zit. n. Zima (1997:122).

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  99. In Anlehnung an die Philosophie der Lebenskunst von Michel Foucault möchte ich ein gutes Leben als ein an Glück und Freiheit orientiertes Leben begreifen und mit Wilhelm Schmid (1998:67) das Gute als das ausweisen, „was das Leben in der Sicht des jeweiligen Individuums lebenswert“ und zu einem erfilllten Leben macht sowie das hier vertretene Verständnis eines guten Lebens von dem populären eines an Erfolg und Wohlstand bemessenen Gelingens abgrenzen.

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Hartmann, J. (2002). Im Spannungsverhältnis von Pluralisierung und Norm(alis)ierung — Die Triade Geschlecht — Sexualität — Lebensform. In: Vielfältige Lebensweisen. Forschung Erziehungswissenschaft, vol 157. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11756-8_2

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