Zusammenfassung
Die Agenda 21 spezifiziert die ZielVorstellungen für die verschiedenen Politikfelder, die sich aus dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ergeben. Dies gilt, wie bereits festgestellt wurde, nicht nur für die Inhalte gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Entwicklung, sondern auch für die Art und Weise, in der die verschiedenen Akteure den Prozess der Nachhaltigkeit miteinander aushandeln und gestalten sollen. Zwar haben die Vereinten Nationen mit der Agenda 21 den Rahmen für die Umsetzung dieses Leitbildes abgesteckt und koordinieren diese auch auf internationaler Ebene, aber „ihre erfolgreiche Umsetzung ist in erster Linie Aufgabe der Regierungen. Eine entscheidende Voraussetzung dafür sind politische Konzepte“ (Agenda 21, Kapitel, Punkt 1.3). Die Agenda 21 fordert also die einzelnen Staaten auf, eigene nationale Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln, die den jeweiligen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Gegebenheiten und Möglichkeiten angepasst sind. Die Entwicklung dieser Strategien ist nicht nur ein Prozess, in dem die Ziele politischer Steuerung festgesetzt werden, sondern sie umfasst auch die Schaffung gemischt gesellschaftlich-staatlicher Institutionen politischer Steuerung im Bereich von Umwelt und Entwicklung.
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Referenzen
Hier wird davon ausgegangen, dass die Variable staatliche Kapazitäten für die OECD-Staaten keine Varianz aufweist. Festgehalten werden kann, dass sich schon vor der Diskussion um die Umsetzung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung im Bereich der Umweltpolitik in den USA und den Niederlanden entsprechende institutionelle Kapazitäten herausgebildet hatten (Jörgens 1996: 104). Ähnliches gilt auch für die wissenschaftliche Kapazität (Forschungsprogramme, Forschungsaufwendungen) und wirtschaftliche Kapazität (Bruttosozialprodukt), wie Fischer nachweisen konnte (Fischer 1992). Auch eine Untersuchung der Internationalen Energie Agentur und der OECD kommt zu dem Ergebnis, dass keiner der OECD-Staaten starke Defizite hinsichtlich der umweltpolitisch relevanten staatlichen Kapazitäten aufweist, besonders im Hinblick auf wirtschaftliche und wissenschaftliche Ausstattung (IEA/OECD 1994).
In einem grundlegenden Aufsatz über den Zusammenhang zwischen korporatisti-schen Strukturen und Konsensdemokratien haben Arend Lijphart und Markus Crepaz die Staat-Gesellschafts-Beziehungen von 18 Staaten untersucht. Wir werden uns im folgenden an der von diesen Autoren getroffenen Zuordnung orientieren, die von einer Unterscheidung zwischen pluralistisch-nicht-konsensorientierten Strukturen auf der einen Seite und korporatistisch-konsensorientierten Strukturen auf der anderen Seite ausgeht. Dabei werden zum Beispiel die USA, Kanada und Neuseeland als eindeutig pluralistisch und nicht konsensorientiert eingestuft. Eindeutig als korporatistisch und konsensorientiert ausgewiesen sind hingegen die Niederlande. Im „Mittelfeld“ liegen beispielsweise Japan und die Bundesrepublik Deutschland (eher korporatistisch) sowie Großbritannien (eher pluralistisch) (Lijphart/Crepaz 1991: 243).
Dies entspricht der Einschätzung von Lafferty/Meadowcroft (2000: 422), die die Regierung der Niederlande zu den „enthusiastischen“ Befürwortern der Idee der nachhaltigen Entwicklung zählen.
Diese Vermutung wird durch den hinhaltenden Widerstand der US-Delegation gegen bestimmte Ziele während der Verhandlungen der Agenda 21 auf der UNCED 1992 bestätigt. Insbesondere die Teile der Agenda 21, die sich mit der notwendigen Veränderung der Konsumweisen in den Industriestaaten befassen, stießen auf scharfen Widerspruch (Brozus 2002: 47–71).
Entsprechend charakterisieren Lafferty/Meadowcroft (2000: 422) die Haltung der US-Regierung hinsichtlich von sustainable development als „disinterested“.
So zeichnen Ames/Keck (1997: 7) ein eher düsteres Bild der (politischen) Fähigkeiten der brasilianischen NGOs: „Most of Brazil’s more than one thousand environmental organizations are small, local, single-issue, or educational. Those few that are capable of intervening effectively in policy making do so inconsistently. (...) Few environmental NGOs are “professionalized“ (...).“
Treibende Kraft hinter der Einrichtung des PCSD war jedoch der damalige Vizepräsident Gore, so die übereinstimmenden Aussagen in den von uns geführten Interviews.
Executive Order 12838, zitiert nach http://www.usbr.gov/laws/faca.html.
Darunter der später zu zweifelhaftem Ruhm als Bilanzfälscher gelangte ehemalige Chief Executive Officer (CEO) von Enron, Kenneth Lay.
„Accompanying the goals are indicators of progress, yardsticks to measure progress toward each goal. These indicators of progress suggest what information to look at to determine the progress that the country is making toward achieving the goals. They are not intended to be mandates for specific actions or policies, and they may change over time as the country moves toward these goals and learns more about the science and policy options underlying them (...) In some cases, the suggested indicators are concepts that are not now easily measured and will require more work before they can be used as true yardsticks“ (PCSD 1996: Chapter 1: National Goals Toward Sustainable Development).
Durch die öffentliche Arbeit des PCSD-USA wurde zudem eine Brücke zur interessierten Öffentlichkeit geschlagen. In den ersten sechs Jahren der Arbeit des PCSD nahmen über 100.000 Menschen an den Veranstaltungen des PCSD-USA teil, die in den gesamten USA abgehalten wurden (Pressemitteilung des PCSD vom 5. Mai 1999).
Praktisch alle von den Verfassern in den USA geführten Interviews stimmen in dieser Bewertung überein.
Dies ergaben die Interviews mit Greenpeace USA vom 29. November 2001 und der dem Umweltbundesamt vergleichbaren Behörde Environmental Protection Agency vom 28. November 2001.
Allerdings soll eine kritische Stimme zum Abschlussbericht des PCSD-USA nicht unterschlagen werden, die dessen Bedeutung sowohl hinsichtlich der Ziele als auch der Muster politischer Steuerung stark relativiert: „But it is not clear how the main report (and the reports of the task force) will reshape industry and government policy making. The report lacks a sense of strategic purpose, of identifying opportunities, key players, and timing and specifying policies to pursue. There is little evidence that voluntarism is sufficient to produce the kinds of changes needed to ensure sustainable development“ (Bryner 1999: 14).
„Wherever possible, the NEPP 3 integrates together the discussion of national and international policy. The chapters on the public authorities, target groups, environmental themes and other issues deal with both the national and international strategies in these areas“ (VROM 1998: 7).
Die niederländische Regierung finanziert diese UmWeltorganisationen im europäischen Vergleich sehr großzügig, beispielsweise trägt sie 50% des Haushalts der SNM (Schmidt 2000: 196).
Zum Teil wird dies wiederum mit dem hohen Internationalisierungsgrad der Niederlande und damit indirekt mit globalisierungsinduziertem Anpassungsdruck begründet. Allerdings wird auch die Frage der etwaigen Instrumentalisierung von Globalisierungsprozessen aufgeworfen (vgl. Interview mit BothENDS vom 16. Oktober 2001).
„Gesamtgesellschaftlich prägende soziale Interaktionsmuster, Werte und Einstellungen, die in einem Spannungsverhältnis zu den Funktionsanforderungen der Demokratie stehen (Klientelismus, Personalismus, soziale und politische Gewalt, die Betonung vertikaler Strukturierung sozialer Beziehungen), lassen sich auch in der (philippinischen, d. Verf.) Zivilgesellschaft nachweisen“ (Croissant 1998: 33).
Zitiert nach Racelis (2000: 173) und Quizon (1989: 2f).
Nicht selten haben sich Gruppierungen der Demokratiebewegung als Umweltverbände getarnt, um staatlichen Repressionen zu entgehen, während sich Umweltorga-nisationen genötigt sahen, zunächst auf demokratische Reformen zu drängen, bevor man sich für umweltpolitische Belange einsetzen konnte. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Funktionäre und Mitglieder zwischen beiden Bewegungen wechseln, beide Zielsetzungen der jeweils anderen Bewegung übernommen haben und sich auch eine Reihe der Konfrontationsstrategien beider Bewegungen gleichen.
„Philippine NGOs (...) equate democracy with overcoming poverty and powerlessness, challenging elite structures of power locally, nationally, and internationally by organizing for more equitable distribution of assets and basic services, social inclusion of disadvantaged groups, participatory processes, and sustainable human development“ (Racelis 2000: 184).
Zitiert aus: Sustainable Development and National Agenda 21 Commission 2002: Agenda 21 Brasileira: Priority Actions, Introduction. Auch die nachfolgenden Zitate stammen, sofern nicht anders vermerkt, aus dieser Quelle.
Stand der Zusammensetzung vom Oktober 2002, vgl. Sustainable Development and National Agenda 21 Commission 2002: Agenda 21 Brasileira: Priority Actions, Forward.
Diese Rahmenrichtlinie ist in dem Dokument „Work Methodology and Guidelines for Drafting the Brazilian Agenda 21“ enthalten.
Ministry of Environment 1999: Note on the process of drafting the Brazilian Agenda 21.
Sustainable Development and National Agenda 21 Commission 2002: Agenda 21 Brasileira: Priority Actions, Forward.
Vgl. Sustainable Development and National Agenda 21 Commission 2002: Agenda 21 Brasileira: Priority Actions, Platform for the twenty-one priority actions.
Sustainable Development and National Agenda 21 Commission 2002: Agenda 21 Brasileira: Priority Actions, Forward.
ICLEI 1999: Case Studies on the Local Agenda 21 Process: City of Santos, Brazil (Herv. d. Verf.).
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Brozus, L., Take, I., Wolf, K.D. (2003). Die innerstaatliche Umsetzung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung. In: Vergesellschaftung des Regierens?. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11731-5_4
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