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Part of the book series: Studien zur Sozialwissenschaft ((SZS,volume 192))

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Zusammenfassung

Ausgangspunkt vieler Alternsforschung war und ist zumeist die Negierung eines alten Altersbildes und die Erzeugung eines neuen Altersbildes. Die Liste der daraus abgeleiteten Etikettierungen ist lang: das disengaged Alter, das aktive Alter, das junge Alter, das alte Alter, das neue Alter, das produktive Alter, das kompetente Alter, das Alter mit Potentialen, das weibliche Alter usw. Im Gegensatz zur Jugendforschung, die sich heute vorrangig mit differenten Jugend kulturen beschäftigt (vgl. Zinnecker & Silbereisen 1996; Ferchoff, Sander & Vollbrecht (Hg.) 1995; Bendit, Mauger & Wolffersdorff (Hg.) 1993), hat sich die Alternsforschung immer noch ihr statisches Interesse an einer großräumigen Bewertung von Alternsprozessen qua Alters bildern bewahrt. Mit dem Begriff des Bildes nimmt diese Art von Forschung eine Zwischenstellung ein zwischen klassischer Vorurteilsforschung und einem differenzierenden soziokulturel-len Ansatz. Nicht die Generierung von konkreten Stereotypen gegenüber alten Menschen, aber auch nicht die Auseinanderentwicklung von Lebensperspektiven alter Menschen selbst steht im Mittelpunkt. Stattdessen geht es vielmehr um eine diffuse Verortung der Altersproblematik zwischen diskriminierender Produktion von seiten der Gesellschaft und eigenständiger Konstruktion des einzelnen. Fremd- und Selbstbild werden dabei klassisch unterschieden (vgl. Lehr 1977, 251 ff; Tews 1979, 21 f.) oder — im Gefolge von Stigmatisierungstheorien — aufeinander reduziert (vgl. Hohmeier 1978, 15) und auf determinierende Sozialstrukturen zurückgeführt.

Warum man als alter Mensch angesprochen wird

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Literatur

  1. Die Standortabhängigkeit von Beobachtungen ist an anderer Stelle bereits thematisiert worden. (Vgl. Kap. IV. 1) Die Wissenssoziologie, und an dieser Stelle speziell Karl Mannheim, hat schon sehr früh die Relativität von Wissen behauptet. Neu ist in diesem Fall die Radikalisierung dieses Phänomens im Hinblick auf die Unhintergehbarkeit perspektivischer Beobachtung, die keinen beobachterunabhängigen Standort mehr kennt. Zur weiteren Abgrenzung des systemtheoretischen Konstruktivismus vom Radikalen Konstruktivismus vgl. Luhmann 1990c; Nassehi 1993, 219ff; 1992.

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  2. Der Fall des einzelnen, der sich über Alter Gedanken macht, also des psychischen Systems und seinen biographischen Identifizierungen, wird im Mittelpunkt des nächsten Kapitels stehen. (Vgl. Kap. IX)

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  3. Wie schon erwähnt, begibt sich auch diese Argumentation in den Zirkel beobachterabhängiger

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  4. Konstruktion, der ein unabhängiger Standpunkt fehlt. Der Erfolg dieses Vorgehens wird von einer Fachöffentlichkeit zugestanden, plausibilisiert sich aber nicht zuletzt auch über den empirischen Befund vieler Altersbilder.

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  5. Daß pflegewissenschaftliche Kommunikationen den Wert Gesundheit in den Vordergrund ihrer Autonomiebestrebungen stellen, widerlegt meine Analyse nicht. An die Stelle von Krankheits bildern Gesundungsverläufe zu setzen, variiert über das Programm das Ziel, behält aber die asymmetrische Orientierung an einer zuvor diagnostizierten (chronischen oder längerdauernden) Krankheit bei.

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  6. Klassisch führt die Alternsforschung bei der Frage nach Teilhabe am politischen System die Grauen Panther an. Doch der Versuch, Lobbyarbeit für das Alter zu leisten, ist definitiv gescheitert. Die Heterogenität der Gruppe alter Menschen widersteht dem Versuch, eine Interessenvertretung zu institutionalisieren. Schon eher funktionieren diese Mitbestimmungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene, wo das persönliche Profil des Seniorenbeauftragten relativ bekannt und die Ziele konkret operationalisiert sind. Der Nachvollzug semantischer Bezüge interessiert sich nicht für eine Aufteilung von Menschen auf Teilsysteme im Sinne von alten Politikern oder Firmenchefs, sondern für kommunikative Anschlußmöglichkeiten an das Thema ‘Alter’, in denen altersspezifische Inklusionen sichtbar gemacht werden.

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  7. Schüllers Szenarien leiden nicht nur bei gegenwartsbezogenen Analysen an solchen Überzeichnungen. Kulturkritischen Stellungnahmen zu diesem Thema sehr ähnlich (vgl. Schelsky 1961 u. Kap. II.3), setzt auch sie die moderne Gesellschaft in Differenz zu einer vergangenen Zeit, in der alte Menschen einen exponierten Status innegehabt hätten. Demzufolge stellt sich die Situation „vor Jahrhunderten“ so dar: “Das Altwerden in der Gemeinschaft gab den Greisen die Möglichkeit, die Lebensläufe der Nachfolgegeneration mitzuverfolgen. Sie hatten als Mittelpunkt der Familien oder Clans die Möglichkeit und Funktion, unterschiedliche Informationen zusammenzuführen, zu bündeln und oft auch zu bewerten. Den Alten blieb das Privileg der Reflexion. Sie hatten ihre Rolle, eine sehr konkrete Rolle. Ihr Rat war gefragt.“ (Schüller 1995, 26f.) Wie bereits in Kapitel VII ausgeführt, entbehrt eine solche verallgemeinernde Beschreibung jeder Grundlage. Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart hat es zwar solche Verhältnisse, wie die von Schüller beschriebenen gegeben. Einzig für die Zeit der Aufklärung läßt sich jedoch eine Dominanz dieses Altersbildes beobachten, womit noch nichts über die tatsächlichen Lebensbedingungen ausgesagt ist

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  8. Auch Schüller fuhrt diesen Sachverhalt sicherlich zu Recht in ihrer Kritik an der „Pathologisierung des Alterns“ an: „Die Aussicht auf Vollversorgung beschleunigt den Verfall der Betroffenen.“ (Schüller 1995, 29)

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  9. Meredith Minkler und Ann Robertson zeichnen die Entstehung des Etiketts „greeedy geezers“ vor dem Hintergrund knapper finanzieller Ressourcen nach. Demzufolge hat sich an dem Lebens-Standard alter Menschen nicht viel geändert, wohl aber an ökonomischen Möglichkeiten zur Integration Jugendlicher in den Arbeitsmarkt. Den befürchteten Krieg zwischen jungen, armen, schwarzen und alten, reichen, weißen Us-Amerikanern halten beide für ein ideologisches Argument, das nicht nur auf falschen Zahlen aufbaue, sondern dem auch noch dazu die moralische Verankerung in der Bevölkerung fehle. Unabhängig davon, ob man diese optimistische Einschätzung teilt, ist die Beobachtung von Entstehungsbedingungen solcher Altersbilder entscheidend: Sie sagen mehr über die Kriterien aus, die eine Perspektive begründen, als über einen objektiv erfaßbaren Gegenstand. Vgl. Minkler & Robertson 1991.

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  10. Göckenjan hat seine Analyse bereits zwei Jahre vor Heidi Schüllers spektakulärem Buch verfaßt. Seine Kritik greift auf ältere Veröffentlichungen zurück und weist so Schüllers neuen Einsichten den Status nahezu klassischer Argumentationsmuster zu.

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  11. Beispielhaft hat die Bayerische Hypobank diesen Weg gewählt. Um alte Menschen als Kunden anzusprechen, hat sie einen eigenen Kongress zu dem Thema „Positiv altem“ mit entsprechend prominenten Altemsforschem veranstaltet. Ein Vorstandsmitglied der Hypobank findet schöne Worte für die Interessen seiner Bank: „Erstens sind wir die Bank in Deutschland, die von jeher das größte Klientenpotential in der Altersgruppe ab fünfzig hält. Zweitens haben wir natürlich gerade dadurch frühzeitig gelernt, daß der reifen Mensch höhere Service-Sensibilitäten hat und außerdem naturgemäß das Thema Geld sehr viel weiter gespannt sieht, als das der jüngere Mensch tut.“ (Dokumentation der Süddeutschen Zeitung zum 1. Kompetenz-Kongress der Hypo-Bank, 2, Herv. I.S.)

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  12. Der Fall der Entmündigung, heute: Betreuung, reagiert auf dieses Phänomen. Auch verwirrte Menschen werden ihr Geld genauso schnell los wie Nicht-Verwirrte.

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  13. Daß altersspezifische Kommunikationen weniger auf ‘alte Menschen’, sondern auf das Thema ‘Alter’ reagieren, verdeutlicht auch der wachsende Markt der Angebote zur privaten Altersvorsorge.

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  14. Wem als Senior der generalisierende Effekt von Seniorenangeboten unangenehm ist, der kann auch zum Normalpreis ins Geschäft kommen und z.B. anstelle einer Seniorencard eine doppelt so teure Bahncard erwerben und sich jünger fühlen. Die Zahlungen selbst erfolgen unabhängig vom Alter, nur die Angebote können variieren.

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  15. Die klassische Alternsforschung folgt jedoch genau diesen Wegen und mißt schlicht die Beteiligung von alten Menschen an klassischen Handlungen der Funktionssysteme wie Wahlverhalten, Kirchgang und Kaufkraft. Allein die Quantität gibt dann Auskunft über den Status alter Menschen. Eine unproblematische „normale“ Inklusion wie im Fall des Kunst- oder Religionssystems gibt dagegen Anlaß zu Überlegungen nach Unter- oder Überrepräsentation. Stellt man die Beobachtung um von quantifizierbaren Handlungen auf die Frage nach der Anschlußfähigkeit des Themas ‘Alter’, erhält man Daten zur spezialisierten Inklusion, nicht zur Desintegration oder Integration.

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  16. Das Stichwort ‘abandoned’ ist in der historischen Alternsforschung so oft aufgetaucht, daß ich es mir auch prompt bei einer ersten Sichtung des Materials als „typisches Altersphänomen“ notiert hatte. (Vgl. Troyanski 1996)

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  17. Wenn Großeltern selber Hilfe leisten und Enkel betreuen oder Schwiegersöhne bekochen, dann scheinen sie eben noch nicht altzusein. Alter dient dann als Folie, vor der diese Leistung sichtbar wird.

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  18. Wer nach wie vor mit Mathilda W. Riley und John W. Riley, aber auch mit Martin Kohli (vgl. 1990) Arbeit im Rahmen des Lebenslaufs als ein Teilsystem der Gesellschaft identifiziert, wird natürlich auf die besondere Bedeutung von Berufstätigkeit verweisen. Abgesehen von der nur noch beschränkten Bedeutung von Berufstätigkeit für biographische Selbstbeschreibungen (vgl. Kap. Iv. 1) fehlt es einem System Arbeit an einer formgebenden Unterscheidung. Setzt man zu diesem Zweck eine wertekonsentierte Gesellschaft voraus, wird man — wie Fuchs illustriert — mit vielen dissentierenden Positionen konfrontiert, die — z.B. via TV — jederzeit kommunikativ erreichbar und eben nicht marginalisiert sind. Rudolf Stichweh benennt jedoch trotzdem für den Fall der Arbeitslosigkeit spezielle Inklusionsfolgen: „Intimbetziehungen und Arbeit teilen die Gemeinsamkeit, daß sie Bedingungen des Zugangs zu vielem anderen sind, und daß Personen, denen das eine oder gar beides fehlt, auch über die an sich auch für sie vorgesehenen komplementären Rollenstrukturen der Funktionssysteme nicht mehr ohne weiteres in gesellschaftliches Geschehen zu inkludieren sind.“ (Stichweh 1988, 174) Ob diese Diagnose heute noch stimmt und ob sie vor allem für alte Menschen anwendbar ist, läßt sich bezweifeln. In jedem Falle würde eine problematische Kombination, wie sie von Stichweh beschrieben wird, wiederum nicht auf Alter, sondern auf Inklusionsprobleme verweisen, die gerade durch ihre semantische Leere und eben nicht wegen ihrer Altersspezifität problematisch sind.

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  19. Gubrium spricht deshalb auch von „hyphenated lives“, die er erforscht. Vgl. Gubrium 1993, 178.

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  20. Myrtle Johnson und Alice Stem sind zwei Interviewpartnerinnen seiner Untersuchung.

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  21. Servierpersonal und Taxifahrer werden z.B. zumeist als ausgeschlossen betrachtet. Vgl. Luhmann 1984, 560f.

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  22. Vgl. im Gegensatz dazu das parsonianische Modell, demzufolge die unhinterfragbare Geltung von gemeinsam geteilten Werten und Normen das Problem der doppelten Kontingenz auflöst. Vgl. Kap. II.1.

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  23. Zumeist wird nur ein relatives Alter wahrgenommen, dessen Maßstab soziale Positionen, verwandtschaftliche Verhältnisse usw. liefern.

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  24. Am Beispiel der Geschlechterforschung hat Stefan Hirschauer auf die Problematik einer Unterstellung von geschlechtsspezifischen Strukturen aufmerksam gemacht. Demzufolge müßte z.B. der Arbeitsmarkt, die Sozialisation oder die Rolle Geschlechtsmerkmale besitzen wie etwa Tiere oder Menschen. Stattdessen zieht er den Begriff der „Sexuierung“ vor, um auf die interaktionistische Konstruktion von Geschlechtlichkeit hinzuweisen. Vgl. Hirschauer 1994. (Vgl. Kap. Viii.3)

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  25. Diese Untersuchung wurde 1992 im Rahmen einer Diplomarbeit innerhalb eines größeren Forschungsprojekts durchgeführt (vgl. Saake 1993). Unter dem Titel „Subjektive Alterstheorien von professionell Tätigen in der Altenhilfe“ sind von der Torschergruppe Soziale Gerontologie’ an der Fachhochschule und Universität Münster 50 narrative Interviews geführt worden, aus denen ein Fragebogen mit typischen Episoden konzipiert worden ist. Über die Bewertung und den Umgang von Pflegefachkräften mit eben diesen Episoden vgl. Weber, Erlemeier, Nassehi, Saake, Watermann 1997.

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  26. Während Pflegefachkräfte des stationären Bereichs von „Bewohnern“ sprechen, wird im ambulanten Bereich die Bezeichnung „Patienten“ bevorzugt. Für die Nachzeichnung von Perspektiven habe ich diese Unterscheidung übernommen.

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  27. Die Wahl des Femininums bietet sich hier an, da es sich bei dieser Gruppe von Bewohnern vorrangig um Frauen handelt.

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  28. Es lassen sich auch inklusionsverhindemde Kommunikationen benennen, die den Ausschluß alter Menschen aus lebensaltersgegliederten Organisationen sicherstellen: z.B. Kindergärten und Arbeitsstätten. Diese Spezialfälle unterscheiden sich jedoch nur durch die negative Akzentuierung von altersspezifischer Kommunikation und richten sich nicht nur an alte Menschen. Daraus auf eine grundsätzliche Ausgrenzung zu schließen, wäre im Vergleich mit den vorangegangenen Ergebnissen zu inklusionsverstärkenden Kommunikationen übertrieben.

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  29. Generalisierend wirken Altersbilder immer innerhalb teilsystemspezifischer Kommunikationen, eine Beobachtung dieser selbstreferentiellen Kommunikationszusammenhänge vermag jedoch über ihre Perspektivität Auskunft zu geben.

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  30. Wenn in diesem Zusammenhang von alten Menschen gesprochen wird, sind damit Personen gemeint, die als alt angesprochen werden und nicht alle über 60jährigen Menschen.

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  31. Zur Voraussetzung von biologischen Systemen für soziale und psychische Systeme vgl. Kneer & Nassehi 1993, 58ff.

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Saake, I. (1998). Altersbilder. In: Theorien über das Alter. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 192. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11646-2_8

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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