Zusammenfassung
Im Prozess der Stadterneuerung in den neuen Bundesländern überlagern sich verschiedene Entwicklungen, deren Effekte schwer auseinander zu halten sind. Erstens hatte man es 1990 dort in der Regel mit Altbaugebieten zu tun, die sich in einem Zustand des großflächigen Verfalls befanden, wie es ihn in den Städten im Westen Deutschlands nur selten gegeben hatte, als dort in den 60er-Jahren die große Welle der Stadtsanierung einsetzte. Auch ohne stadtpolitischen Eingriff setzte — zweitens — in den ostdeutschen Altbaugebieten nach der Vereinigung eine große Veränderungsdynamik ein: Die Haushalte hatten — je nach Einkommen unterschiedlich ¡ª nach 40 Jahren staatlicher Wohnungszuweisung nun die freie Wahl über ihren Wohnstandort, und sie machten davon auch rasch Gebrauch — zumal das Angebot an Neubauwohnungen rasch wuchs. Drittens: Die Restitution von Privateigentum im Immobilienbereich, d.h. die Rückgabe von verstaatlichten Immobilienbeständen an die früheren Besitzer, etablierte eine neue Struktur der Verfügung über die Wohnungen, die in vielen Fällen zu konfliktreichen Auseinandersetzungen mit den Mietern führte, die bis zur Vereinigung nur eine sehr niedrige Miete bezahlt hatten und von den Wohnungsverwaltungen weitgehend in Ruhe gelassen worden waren. Die Altbaubestände hatten nämlich in der Wohnungspolitik der DDR eine geringe Wertschätzung genossen. Bis zu den 80er-Jahren bestand die Linie der SED-Politik darin, diese Bestände vollkommen abzureißen und durch einen neuen ‚sozialistischen‘ Wohnungsbau zu ersetzen. Gleichzeitig differenzierten sich — viertens — die sozialen Lagen der Bewohner wegen des tief greifenden sozioökonomischen Wandels, der mit der politischen Transformation einherging, stärker aus: Bewohner, die unter den neuen Bedingungen beruflich fest Fuß fassten, erlangten bisher nicht gekannte Entscheidungsmöglichkeiten über ihre eigenen Lebensumstände, während für andere aufgrund von Arbeitsplatzverlust und beruflicher Dequalifizierung ein Leben mit niedrigem Einkommen in einer Umwelt begann, die in zunehmendem Maße nach der Kaufkraft strukturiert wurde.
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Häußermann, H., Holm, A., Zunzer, D. (2002). Der Wandel im Bezirk Prenzlauer Berg. In: Stadterneuerung in der Berliner Republik. Stadt, Raum und Gesellschaft, vol 16. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11477-2_4
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