Zusammenfassung
Es war ein merkwürdiges Zusammentreffen. Im August 2000 veranstaltete die Universität London gemeinsam mit der Law School der Universität Chicago eine Konferenz mit dem Titel „Die Zukunft und die Vergangenheit der Menschenrechte und des Rechtsstaats“.1 Führende amerikanische Rechtsgelehrte trafen ihre englischen Kollegen und unterhielten sich über die Todesstrafe. Antonin Scalia, konservativer Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, eröffnete den Abend zur Auflockerung der Veranstaltung mit einer, wie er meinte, amüsanten Anekdote: Bei einem Zwischenfall in der Todeszelle hatte ein Richter nach einigen Pannen den Schalter zum elektrischen Stuhl eigenhändig umlegen müssen. Nicht nur den Engländern kam diese Anekdote geschmacklos vor, auch die restlichen europäischen Teilnehmer waren brüskiert. Doch man sollte zur Person Scalia Folgendes wissen, um seine Haltung zur Todesstrafe besser verstehen zu können: Der als konservativ geltende Scalia wurde von Präsident Reagan zum Obersten Richter ernannt. Das war eine der vielen politischen Richtungsentscheidungen Reagans, die noch lange nach dessen Präsidentschaft Wirkung zeigte. Als nächste Rednerin trat Edith Jones an das Pult. Sie ist Richterin in Texas und wurde ebenfalls von Reagan in ihr Amt erhoben. Mit harschem Ton verbat sie sich die Interventionen europäischer Staaten zu Todesurteilen in Texas. Nur die Gerichte von Texas, so meinte sie, könnten über die Texaner richten. Es lag Kampfstimmung in der Luft. Kampf der Kulturen?
„Meine Hand wird auch nicht zittern, wenn ich Todesurteile für die Hälfte aller Spanier unterzeichnen muss.“ (General F. Franco)
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Reicher, D. (2003). Einleitung. In: Staat, Schafott und Schuldgefühl. Figurationen. Schriften zur Zivilisations- und Prozeßtheorie, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11468-0_1
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