Zusammenfassung
Wie verschieden sind West- und Ostdeutsche tatsächlich? Diese Frage untersucht der vorliegende Beitrag am Beispiel der Wertorientierungen in beiden Teilen Deutschlands. Wie Greiffenhagen und Gre ffenhagen (1993) darstellen konnten, bestehen zwischen West- und Ostdeutschland nicht nur in den objektiven Lebensbedingungen wahrnehmbare Unterschiede, sondern auch in den Orientierungen der Menschen. Sie werden in der Regel aus den unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Entwicklungen nach der Teilung beider Staaten erklärt. Häufig werden jedoch in den Analysen der Wertorientierungen einseitig die Unterschiede zwischen beiden Teilen Deutschlands zum zentralen Thema gemacht und überbetont (vgl. Schnabel et al 1994). Auf diese Stereotypisierung der Ostdeutschen weist Woderich (1992: 22) ebenso wie Berg (1996) hin. Die Vorstellung, daß Honecker in der ehemaligen DDR einen neuen Menschen schuf bzw. das staatssozialistische System mehrheitlich Denk- und Verhaltensweisen hervorbrachte, die mit Unmündigkeit und Passivität umschrieben werden können, greift ihrer Auffassung nach zu kurz. Im Gegensatz zu der Betonung der Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, daß neben den Verschiedenheiten ebenso deutliche Gemeinsamkeiten feststellbar sind. Diese Auffassung stützt sich auf die Annahme, daß auch in der ehemaligen DDR ein Wertwandel stattgefunden hat. Dieser fand jedoch im Vergleich zum Westen deutlich zeitverzögert statt, so daß die Wertstrukturen in beiden Teilen Deutschlands trotz systembedingter Unterschiede Ähnlichkeiten erkennen lassen.
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Literatur
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Feldkircher, M. (1996). Geteiltes Volk — geteilte Werte? Eine Erziehungszielanalyse in West- und Ostdeutschland. In: Müller, W. (eds) Soziale Ungleichheit. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11416-1_7
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