Zusammenfassung
Seit den 1980er Jahren gehört der Vorschlag einer Rekonzeptualisierung der traditionellen Klassen- und Schichtanalyse der Sozialstruktur durch Lebensstil- und Milieumodelle zu den meistdiskutierten Themen innerhalb der deutschen Soziologie. Dabei sind Studien über soziale Milieus in der Regel explorativ und deskriptiv ausgerichtet und behandeln Lebensstile oder Milieus als abhängige Variablen: Es wird meist untersucht, welche Lebensstilgruppen in der deutschen Bevölkerung auffindbar sind und welches ihre wesentlichen Unterscheidungsmerkmale sind. Vergleichsweise wenige Arbeiten verwenden Lebensstile als quasi-unabhängige Variablen, indem die prozentualen Verteilungen von Einstellungen oder Verhaltensweisen in den jeweils zuvor identifizierten Lebensstilgruppierungen ermittelt werden. Auf diese Weise untersuchen z.B. Heitmeyer et al (1995) die Gewaltbereitschaft Jugendlicher, Spellerberg (1992) die subjektive Lebenszufriedenheit und Gluchowski (1987, 1991) lebensstilspezifische Parteipräferenzen.
Für hilfreiche kritische Anmerkungen danke ich Stefanie Neurauter und Karin Kurz. Besonders bedanken möchte ich mich bei Walter Müller für sehr wertvolle Anregungen vor allem in methodischer Hinsicht.
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Otte, G. (1996). Lebensstile versus Klassen — welche Sozialstrukturkonzeption kann die individuelle Parteipräferenz besser erklären. In: Müller, W. (eds) Soziale Ungleichheit. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11416-1_10
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