Zusammenfassung
‚Erkennen‘ ist kein kontemplatives Unterfangen von Experten zwecks eines besseren Verständnisses natürlicher oder sozialer Phänomene, sondern es ist ein notwendiger Bestandteil eines jeden Handelns in dieser Welt. Menschliches Handeln zielt primär darauf ab, das Überleben in dieser Welt sicherzustellen. Dazu bedarf es einer zumindest minimalen Fähigkeit, Strukturen der Realität zu erkennen und das eigene Handeln auf sie abzustellen: ein Handeln, das die Beschaffenheit der Realität nicht in Rechnung stellt, scheitert an dieser Realität — und mit ihm der Handlungsträger. Im Laufe der Evolution hat sich diese minimale ‚realistische‘ Erkenntnisfähigkeit herausgebildet, ohne daß allerdings die ‚Richtigkeit‘ einzelner Erkenntnisleistungen (im Sinne einer Isomorphie von Realität und Erkenntnis) damit garantiert wäre. Dies ist auch nicht erforderlich, da — innerhalb gewisser Grenzen — das Ziel des überlebenssichernden Handelns mit unterschiedlichen Weltwahrnehmungen und daran ausgerichteten Verhaltensweisen zu erreichen ist.
Die nachfolgende Skizze des Erkenntnisprozesses beruht auf den zuvor ausführlich diskutierten Ansätzen, so daß ich hier auf eine exakte Belegführung und auf eine detaillierte Begründung der einzelnen Aussagen verzichten kann. Auch die Darstellung selbst wird bewußt kurz gehalten, um Redundanz zu vermeiden — zur inhaltlichen „Auffüllung“ dieser Skizze sei auf die entsprechenden Textpassagen in Teil II verwiesen.
Hier ist es an der Zeit, den Gebrauch der Begriffe ‚Welt‘, ‚Realität‘ und ‚Wirklichkeit‘ in dieser Arbeit kurz zu bestimmen. ‚Welt‘ und ‚Realität‘ werden synonym verwendet und bezeichnen den empirischen Referenten menschlichen Erkennens — sie bezeichnen also das, das unabhängig vom Erkenntnishandeln ‚da ist‘, in diesem „Da-Sein“ zwar nicht erkannt werden kann, wohl aber den Zielpunkt des Erkennens darstellt. Mit ‚Wirklichkeit‘ wird dagegen die Gesamtheit der Vorstellungen der Handelnden über die Beschaffenheit der Welt bezeichnet: ‚Wirklichkeit‘ ist ‚interpretierte Welt‘, ist das Bild von der Realität, das sich jeder einzelne und jede soziale Gruppe machen müssen, um sich in der Welt orientieren zu können.
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Meinefeld, W. (1995). Das Erkennen der Welt als realistische Konstruktion. In: Realität und Konstruktion. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11243-3_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11243-3_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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