Zusammenfassung
Die Kategorie „Kultur“ erfüllte ihre Funktion als soziales Ordnungs- und Verortungsinstrument massgeblich durch die Verknüpfung mit spezifischen Zeit- und Raumkonzeptionen. Anders ausgedrückt: Wesentliche Elemente von Kulturdiskursen sind neben räumlichen Konzepten — deren Behandlung ein eigenes Kapitel gewidmet ist — vor allem zeitliche Vorstellungen, also zum Beispiel Konzepte von „Evolution“, „Fortschritt“ oder „Entwicklung“, von „Geschichte“ oder „Tradition“, von „Kontinuität“, „Wandel“ oder „Prozess“. Rekonzeptualisierungen von „Kultur“ erfordern daher stets die Überprüfung derartiger vorgängiger, angelagerter, inhärenter oder nachgeordneter Konzepte, ihre Neubestimmung oder vielleicht sogar ihre Abschaffung. Tatsächlich ist parallel zur Hinwendung zu konstruktivistischen Perspektiven auf die soziale Welt quer durch die Sozialwissenschaften ein zunehmendes Interesse an den Kategorien „Raum“ und „Zeit“ festzustellen, werden verstärkt räumliche und zeitliche Vorstellungen thematisiert, die bislang implizit und im Verborgenen sozialwissenschaftliche Modelle bestimmten. Giddens ‘Formulierung, dass das sozialwissenschaftliche Erkenntnisinteresse in der Analyse raum-zeitlicher Strukturierungsprozesse sozialer Systeme bestehe, muß daher eine Spezifizierung und Erweiterung erfahren: Von Interesse ist nicht nur, wie sich Gesellschaften über Raum und Zeit hinweg strukturieren sondern vor allem auch, wie die Strukturierung mit Hilfe räumlicher und zeitlicher Kategorien erfolgt.1 Dieser Teil der Frage bezieht sich explizit auf die kulturellen Prozesse, auf den Aspekt der Signifikation, dessen Bedeutung Giddens zwar betont, den er aber keineswegs erschöpfend behandelt.
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Sahlins wurde und wird von seinen Kritikern „Kulturalismus“ vorgehalten: Das kulturelle System sei bei ihm eine selbsttätig agierende Größe, die Menschen dagegen nur Marionetten, und alle nicht-kulturellen Faktoren würden ausgeklammert, wie die unseres Erachtens nach unberechtigte Kritik lautet. Diese und ähnliche Argumente finden sich stellvertretend für viele Kritiken beispielsweise in: Jonathan Friedman 1987: Review Article zu „Islands of History“, in: History and Theory 16, S. 72–99.
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Bormann, R. (2001). Suchbewegungen in die Zeit: Zeitliche Verortungen. In: Raum, Zeit, Identität. Forschung, vol 115. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11235-8_5
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3089-4
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