Skip to main content

Individuelle Projekte als biografische Konstruktionen

  • Chapter
Projekt Liebe

Part of the book series: DJI-Reihe ((DJI,volume 15))

  • 167 Accesses

Zusammenfassung

Junge Frauen versuchen, Wissen und Erfahrungen, Leitbilder und kollektive Projekte, Optionen und Gelegenheitsstrukturen in Einklang zu bringen. Sie entwickeln „individuelle Projekte“, die in die Zukunft gerichtet sind und in ihrem Handeln zum Ausdruck kommen. Diese scheinen häufig widersprüchlich und entsprechen nicht der Logik kollektiver Muster und Logiken. Warum junge Frauen so handeln, wie sie handeln, kann, wie im letzten Kapitel dargestellt, aus Ansätzen der Geschlechterforschung nicht abschließend geklärt werden. Die Verknüpfung von sozialem Handlungskontext und dem Handeln junger Frauen kann jedoch vor der Folie der Biografieforschung eine weitere Klärung erfahren. Diese geht davon aus, dass Biografien sozial vorstrukturiert sind und individuell konstruiert werden. Sie versucht, Handlung und Struktur zu verknüpfen (vergleiche Alheit 1992). „Es geht also um die Frage nach der Konstruktion und Rekonstruktion sozialer Wirklichkeit durch die sozial handelnden Individuen“ (Dausien 2000). Damit Strukturen wie Geschlecht oder Milieu wirksam werden und durch das Handeln der Individuen reproduziert oder verändert werden, „müssen sie durch das Nadelöhr des Bewusstseins oder der Wahrnehmung der handelnden Individuen hindurch“ (Giddens 1988: 290). Lebenskonstruktionen spielen im biografischen Prozess als intermediäres Glied zwischen diesen beiden Polen eine wichtige Rolle (Alheit 1992). Die Biografieforschung unterscheidet zwischen der äußeren Strukturierung des Lebenslaufs durch gesellschaftliche Institutionen und der Innenseite biografischer Konstruktion, die sich auf „Strukturaspekte der biografischen Identität, auf die Prozessstruktur der biografischen Erfahrungsaufschichtung“ (Dausien 1992: 39) bezieht. Die subjektive Ausformung von Leben als Biografie und die soziale Struktur von Leben als Lebenslauf sind zwar in der Realität nicht zu trennen, auf einer analytischen Ebene sind sie jedoch unterschiedlichen Gegenstandsbereichen zugeordnet.

... Uns trifft die Flut, wir sind uns so entschwunden, dass alles fraglich wird und voll Gefahr. Wo strömt es hin? Wenn uns das Bootgefünden, was war dann Wirklichkeit, was Wind, was Haar?

Günter Eich

Ist es schließlich möglich, dass trotz der Backsteine und der rasierten Gesichter diese Welt, in der wir leben, bis zum Rand voll Wunder ist und ich und die ganze Menschheit unter unserem Kleid aus Gewöhnlichkeit Rätsel verbergen, die von den Sternen selbst und vielleicht auch von den höchsten Seraphim nicht aufgelöst werden können?

Herman Melvill

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 39.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 34.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Vergleiche Kapitel 1.2 sowie Alheit 1992; Alheit/Dausien/Hanses/Scheuermann 1992; Dausien 2001; Hoerning 20006; Rerrich 1999b.

    Google Scholar 

  2. Kraus (1996) geht zum Beispiel vom Projekt „Partnerschaft“ aus, das als Ziel die Heirat anstreben kann, vor allem aber sich in Beziehung zum Projektziel setzt und die unterschiedlichen sozialen Realisierungen von Heirat verhandelt.

    Google Scholar 

  3. Seit den 60er Jahren wurde dieser Aspekt immer wichtiger (vergleiche Hoerning 2000a).

    Google Scholar 

  4. Biografieforschung ist nach Geulen (2000) immer auch Sozialisationsforschung.

    Google Scholar 

  5. Vergleiche das Modell der Erlebnisschichtung (Mannheim 1964).

    Google Scholar 

  6. Dem Modell der Entwicklungsaufgaben („developmental tasks” wie Ablösung, Ausbildung, Berufs-und Partnerwahl), die von der Gesellschaft an Individuen in bestimmten Altersstufen herangetragen werden, entspricht auf soziologischer Seite das Modell der Altersnormen, von psychologischer Seite um „kritische Lebensereignisse“ erweitert. Diese Modelle berücksichtigen jedoch die Wechselwirkung von Subjekt und Struktur zu wenig (Heinz 2000: 196 ). Auch die Vorstellung von Karrieren als geordnete Abfolge von Ereignissen und Passagen sind für die Biografieforschung nur begrenzt anwendbar und können nicht erklären, warum Individuen bestimmte Wege einschlagen. Ihnen fehlt die Subjektperspektive. Ergiebiger erscheint hier die Akteurskonzeption von Giddens (1988).

    Google Scholar 

  7. Auf deren unterschiedliche Traditionen und Ansätze kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Es sei jedoch auf die detaillierten Zusammenfassungen von Burkart (1994), Gustafsson (1991) und Ott (1991) verwiesen.

    Google Scholar 

  8. Sowohl in der Sozialisationsforschung als auch in der Psychologie sind eine Vielzahl von Variablen herausgearbeitet worden. Auf der Umweltseite beziehen sie sich auf die Sozialisation im frühen und mittleren Kindesalter und weniger auf das Erwachsenenalter. Auf der Seite des Subjekts „bietet die Psychologie zwar eine Vielzahl differenzierter Begriffe an, die jedoch wiederum (…) nicht unter einer sozialisationstheoretischen Perspektive, das heißt im Hinblick auf eine potentielle Verknüpfung mit Umweltvariablen und den entsprechenden genetischen Prozessen konzipiert wurden “ (Geulen 2000: 190 ).

    Google Scholar 

  9. Burkart (1994: 92) nennt hier: institutionalisierte Lebenslauf-und Karrieremuster, biografische Erfahrungen (bewusste und unbewusste), soziale Rahmenbedingungen wie Geschlechts-, Generations-und Milieuzugehörigkeit, kulturell strukturierte VorstelIungen.

    Google Scholar 

  10. Burkart (1994) bezieht sich auf Piaget, Mead, Giddens und Hurrelmann/Ulich.

    Google Scholar 

  11. Dies zeigt eindrucksvoll Allmendinger (1994).

    Google Scholar 

  12. Ergänzend ist anzumerken, dass Prozesse der Übersetzung, Modifizierung oder Transformation keineswegs bewusst stattfinden.

    Google Scholar 

  13. In besonderer Weise gilt dies für die jungen Frauen aus den neuen Bundesländern. Sie müssen nicht nur Projekte entwickeln, sondern zusätzlich unterschiedliche Sozialisationserfahrungen in Schule und Gesellschaft und die veränderten Bedingungen nach der Wiedervereinigung Deutschlands in ihre eigene Lebensplanung integrieren.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Keddi, B. (2003). Individuelle Projekte als biografische Konstruktionen. In: Projekt Liebe. DJI-Reihe, vol 15. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11174-0_3

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11174-0_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3548-6

  • Online ISBN: 978-3-663-11174-0

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics