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Intersystembeziehungen und Integrationsprobleme in funktional differenzierten Gesellschaften

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Politische Steuerung
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Zusammenfassung

Mit der Reformulierung des Steuerungsbegriffs muß auch das zugrundeliegende Gesellschaftsmodell präzisiert werden. Auf der Ebene einer allgemeinen Theorie sozialer Systeme erscheint „Gesellschaft“ zunächst als autopoietisch geschlossene Einheit, die sich von anderen Einheiten (z.B. psychischen Systemen) durch ihre auf dem Prinzip der Kommunikation beruhende selbstreferentielle Operationsweise unterscheidet. „Steuerung“ kann auf dieser Abstraktionsebene nur zwei Bedeutungen annehmen: zum einen als basale Selbststeuerung der Gesellschaft im Ganzen, zum anderen als Einwirkung der Gesellschaft auf selbstreferentielle oder allopoietische Systeme in ihrer jeweiligen Umwelt. Dabei stellt sich allerdings sofort die Frage, ob und inwieweit Gesellschaft überhaupt als steuerndes System konzeptualisiert werden kann. Gibt es z.B. ein organisierendes Zentrum, das der Gesellschaft so etwas wie Handlungsfähigkeit verleiht? Und verfügt sie über jene reflexiven Kapazitäten, die für eine Beeinflussung anderer Systeme (im Sinne von Differenzminimierung) erforderlich wären? Luhmann hält diese Voraussetzungen — zumindest in der Moderne — nicht für gegeben. Die Gesellschaft bildet in seinen Augen kein handlungs- und steuerungsfähiges Ganzes, sondern präsentiert sich als heterarchisch geordnetes System, das seinerseits aus verschiedenen, autopoietisch operierenden Teilsystemen besteht: „die Einheit der Gesellschaft ist dann nichts anderes als diese Differenz der Funktionssysteme; sie ist nichts anderes als deren wechselseitige Autonomie und Unsubstituierbarkeit“ (Luhmann 1988b: 216).1 Damit wird eine genauere Erfassung der Steuerungsproblematik möglich. Steuerung läßt sich nun, wie schon bei der Entfaltung des Steuerungsbegriffs angedeutet, als innergesellschaftliches und kommunikatives Ereignis analysieren, bei dem verschiedene gesellschaftliche Teilsysteme als autopoietisch operierende Funktionseinheiten aufeinander einwirken.

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Literatur

  1. Vgl. auch Luhmann 1985b: 149 f.

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  2. Geteilt. So schreibt Jeffrey C. Alexander, der eher der parsonianischen Systemtheorie zugeordnet werden kann: “Differenzierung eignet sich mehr als jede andere gegenwärtige Konzeption, die übergreifenden Konturen des zivilisatorischen Wandels, die Struktur, immanenten Gefahren und wirklichen Verheißungen des modernen Lebens zu identifizieren.” (Alexander 1993: 84) Vgl. auch Johannes Berger, der die Theorie sozialer Differenzierung als Schlüssel zur Erklärung des Modernisierungsprozesses ansieht (Berger 1986: 79 ff.).

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  3. Vgl. etwa den Literaturbericht von Hartmann Tyrell (1978: 175 ff.) und den von Luhmann herausgegebenen Sammelband über “soziale Differenzierung” (1985a).

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  4. So jedenfalls in dem berühmten Beispiel der Stecknadelfabrikation (Smith 1973, Bd. 1: 5 ff.). Man sollte dieses Beispiel jedoch nicht überstrapazieren. Die Arbeitsteilung stellt für Smith kein fundamentales soziales oder historisches Erklärungsprinzip dar, sondern bedarf nach seiner Auffassung selbst einer tiefergelegten theoretischen Begründung (vgl. Smith 1973, Bd. 1: 29 ff.).

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  5. Die Gesellschaft ist einem fortwährenden Wachstum unterworfen. Indem sie wächst, werden ihre Theile ungleich: sie zeigt also auch eine Zunahme der Verschiedenheiten des inneren Baues. Die ungleichen Theile übernehmen zugleich Thätigkeiten verschiedener Art. Diese Thätigkeiten weichen nicht einfach von einander ab, sondern ihre Verschiedenheiten stehen in der Beziehung zu einander, daß die eine erst die andere möglich macht. Die wechselseitige Unterstützung, welche sie sich auf diese Weise gewähren, verursacht dann wieder eine wechselseitige Abhängigkeit der Theile, und indem die wechselseitig abhängigen Theile so durch und für einander leben, bilden sie ein Aggregat, das nach demselben allgemeinen Grundsatze aufgebaut ist wie ein einzelner Organismus.“ ( Spencer: Die Principien der Sociologie, zit. nach Jonas 1981: 441 )

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  6. Ferdinand Tönnies wird, soweit ich sehen kann, an keiner Stelle dieses Buchs erwähnt oder zitiert. Gleichwohl ist Durkheims Theorie der sozialen Differenzierung sicher stark durch die Unterscheidung von “Gemeinschaft” und “Gesellschaft” beeinflußt (Tönnies 1979). Vgl. auch Durkheims Rezension von “Gemeinschaft und Gesellschaft” aus dem Jahre 1889 (Durkheim 1981: 77 ff.). Über Tönnies’ gespanntes Verhältnis zu Durkheim vgl. Schmid 1993: 490 ff.

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  7. Zum Verhältnis von Spencer und Durkheim vgl. Rüschemeyer 1985: 163 ff.

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  8. Hartmut Tyrell weist darauf hin, daß Durkheim bei der Erklärung der sozialen Differenzierung neben morphologischen (wie Volumen und Dichte) auch eigenständige kulturelle Faktoren heranzieht (Tyrell 1985: 203 f.). Ob dies freilich für eine Erklärung sozialen Wandels und sozialer Differenzierung ausreicht, bleibt zweifelhaft. Wie Alexander zeigt, begnügt sich Durkheim im wesentlichen mit einer skizzenhaften Generalisierung verschiedener Gesellschaftsformen, ohne genauer auf die Ursachen des Differenzierungsprozesses einzugehen (Alexander 1993: 89 ff.). Alois Hahn hat diese Kritik auf die gesamte soziologische Differenzierungsdiskussion erweitert: “In all diesen Theorien wird die Frage nach den bedingenden und auslösenden Faktoren kaum gestellt, die am Ende dazu führen, daß ein ganz neuer Typ von Gesellschaft entsteht.” (Hahn 1986: 220)

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  9. Wie J. C. Alexander anmerkt, ist der Fortschritt der Differenzierungstheorie nicht zuletzt auf Parsons’ Rezeption der Weberschen Soziologie zurückzuführen (1993: 94 ff.).

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  10. Zur sozialen Differenzierung in staatlich verfaßten traditionalen Gesellschaften vgl. etwa die Studien von Eder (Hrsg.) 1973; Eder 1980; Kippenberg (Hrsg.) 1977; Lenski 1977; Service 1977; Eisenstadt 1979: 198 ff.; Ribeiro 1983; Duby 1986; Sagan 1987.

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  11. Noch gegen Ende der 60er Jahre hält Luhmann (unter Berufung auf Durkheim und Parsons) an der fundamentalen Unterscheidung von segmentärer und funktionaler Differenzierung fest: “Es gibt nur diese beiden Typen, und sie unterscheiden sich auf der Grundlage des Gegensatzes von gleich und ungleich.” (Luhmann 1991a: 148)

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  12. Dies muß vor allem gegen jene Kritiker festgehalten werden, die die These vom Primat funktionaler Differenzierung unter Hinweis auf die Existenz segmentärer Differenzierung in modernen Gesellschaften in Zweifel ziehen (vgl. Hondrich 1987: 275 ff.). Willke hebt zurecht hervor: “Die gesellschaftsgeschichtliche Abfolge von segmentärer, stratifikatorischer und funktionaler Differenzierung postuliert nur Veränderungen in der relativen Vorherrschaft einer Differenzierungsform. Die älteren Formen werden nicht ersetzt; im Gegenteil, sie existieren und wirken unvermindert weiter. ” (Willke 1984: 30 )

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  13. Dies wird besonders deutlich in der Lehre von den “drei Ordnungen”. Vgl. Duby 1986.

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  14. Die segmentäre Differenzierung der Adelsgesellschaft wird in der Literatur über das “Ganze Haus” thematisiert (vgl. Brunner 1956: 33 ff.). Siehe auch die sozialgeschichtlichen Darstellungen bei Laslett (1988), van Dülmen (1990) und Duby u.a. (1990).

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  15. Vgl. zusammenfassend Habermas 1981, Bd.2: 233 ff.

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  16. In den Adelsgesellschaften der alten Welt hatte die Oberschicht im Verhältnis zum Ganzen eine repräsentative Stellung; sie war die gute Gesellschaft’. Im Verhältnis der Teilsysteme untereinander galt eine hierarchische Ordnung, die die Formen der Lebensführung (…) rangmäßig trennte.“ (Luhmann 1981: 81)

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  17. Zu den wichtigsten Ergebnissen der Literarisierung zählt die von Max Weber (1973) beschriebene Herauslösung des religiösen Sektors (vgl. Hahn 1986: 225 ff.).

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  18. Willke spricht in diesem Zusammenhang ein wenig mißverständlich von einer “Verfremdung familialer Funktionen” (Willke 1992: 98).

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  19. Wie die Auflösungserscheinungen in der bürgerlichen Kleinfamilie zeigen, sind die Familienmitglieder mit den funktionsspezifischen Anspruchssteigerungen vielfach überfordert. Deshalb ist es, wie Lohmann anmerkt, wohl ein Glück, daß die Familie “heute eines der wenigen Funktionssysteme (ist), auf das der Einzelne verzichten kann” (Luhmann 1989b: 170).

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  20. Holmes beschreibt die Strategie der “Gegendifferenzierung” als durchgehendes Muster bürgerlichen Denkens seit den religiösen Bürgerkriegen des 16. und 17. Jahrhunderts: “Traditionelle europäische Gesellschaften waren wie Honigwaben von zahlreichen Trennwänden durchsetzt. (…) Der Liberalismus kämpfte darum, eine schon differenzierte Gesellschaft neu zu differenzieren…” (Holmes 1985: 10)

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  21. Hieran wird deutlich, daß soziale Differenzierung kein automatisch und irreversibel ablaufender Prozeß ist, sondern immer auch als Resultat kollektiven Handelns angesehen werden muß. Vgl. Eisenstadt 1979: 325 ff.; Schimank 1985; Joas 1990; Joas 1992: 326 ff.

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  22. Er ist weniger ein Nachtwächter, der die Menschen vor Gewalt und körperlichen Angriffen schützt, als Erbauer und Hüter der Mauern, welche die Kirchen, Universitäten, Familien und so weiter vor tyrannischen Eingriffen schützen.“ (Walzer 1992: 60 )

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  23. Dies ist zuerst von Herbert Spencer ausgesprochen worden, der sich in seiner Argumentation für einen minimalen Staat ausdrücklich auf die zunehmende soziale Differenzierung der modernen Gesellschaft beruft. Vgl. zum Disput zwischen Spencer und Hobhouse über die Rolle des Staates die instruktive Darstellung bei Holmes (1985: 34).

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  24. Politische Leistungen liegen überall dort vor, wo in anderen Funktionssystemen der Gesellschaft bindende Entscheidungen benötigt werden. Das ist ungeachtet aller Autonomie anderer Funktionssysteme in hohem Maße der Fall…’ (Luhmann 1981: 83)

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  25. Gerade funktionale Differenzierung steigert Interdependenzen und damit eine Integration des Gesamtsystems, weil ja jedes Funktionssystem voraussetzen muß, daß andere Funktionen woanders erfüllt werden.“ (Luhmann 1988b: 86 f.)

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  26. Vgl. ausführlicher: Schemann 1992: 220 ff.

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  27. Im Idealfall sind die gesellschaftlichen Institutionen keine voneinander isolierten Gebilde, die sich als ausdifferenzierte Subsysteme allein nach ihrer eigenen inneren Logik entwickeln. Vielmehr stehen sie in einem kontinuierlichen wechselweitigen Austausch von

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  28. Hieran schließt sich eine heftige Invektive gegen die neuere Systemtheorie an. Angesichts der wachsenden intersystemischen Vernetzung erscheint, so Munch, “Luhmanns Theorie der funktionalen Systemdifferenzierung als altdeutsches Theoriegut, über das die tatsächliche Entwicklung der Gesellschaft inzwischen hinweggegangen ist.” (Munch 1991: 288) Gegenüber dieser Kritik ist daran festzuhalten, daß eine autopoietisch fundierte Systemtheorie nicht etwa die Tatsache intersystemischer Kommunikationen und Leistungsbeziehungen leugnet, sondern lediglich auf die “Unwahrscheinlichkeit” dieser Prozesse hinweist und eben deshalb bemüht ist, die Bedingungen der Möglichkeit solcher Beziehungen herauszuarbeiten.

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  29. Vgl. auch die entsprechende Definition bei Luhmann 1984: 290.

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  30. Vgl. Schemann 1992: 219; Kneer/Nassehi 1993: 63 (Fußn. 12).

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  31. Vgl. auch: Maturana 1982: 150 ff.; 251 ff.

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  32. Zum Problem der Gleichzeitigkeit siehe auch unsere Bemerkungen zum Steuerungsbegriff (Kap. 3.).

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  33. Maturana und Varela beschreiben denselben Sachverhalt mit dem Begriff der “perturbación” (Maturana/Varela 1987: 27).

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  34. Wie Willke beklagt, gibt es in modernen Gesellschaften kein Teilsystem, “das nicht nach seinen beschränkten Rationalitätskriterien wildwüchsig drauflos produzierte; Waren, Entscheidungen, Wissen, Ideologien, Höchstleistungen, Absolventen etc. (…) Die hochgezüchteten Technologien, Fertigkeiten, Spezialisierungen und Wissensbestände der Teilsysteme summieren sich zu einer beispiellosen kollektiven Ignoranz; die ungesteuerten Rationalitäten der Teile zementieren die Irrationalität des Ganzen.” (Willke 1987a: 150) Vgl. auch entsprechende Äußerungen bei Luhmann (1987b: 36; 1988b: 208).

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  35. Freilich: Was heißt hier “rational”? Und wer legt fest, was als rational zu gelten hat? Das Prinzip der funktionalen Differenzierung sorgt nicht nur für massive Extemalitäten in der Beziehung zwischen den verschiedenen Teilsystemen, sondern impliziert auch, daß sich kritische Beobachter nicht mehr auf verbindliche Kriterien gesamtgesellschaftlicher Rationalität berufen können. Eine “Ethik für die technologische Zivilisation”, wie sie etwa von Hans Jonas gefordert und formuliert wird (1979), muß, so scheint es, vor dem abgründigen Prozeß der Modernisierung kapitulieren. Vgl. zu diesem Problem auch Luhmann 1993d: 134 ff.

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  36. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen. Vgl. Luhmann 1990c: 176 ff.

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  37. Dies wird auch von Willke eingeräumt (1992: 254).

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  38. Um diese Erkenntnis in eine Terminologie umzusetzen, nennen wir die Beziehung eines Funktionssystems auf die Gesellschaft als Einheit, also die Orientierung an der Gesellschaft Funktion,die Beziehung auf die innergesellschaftliche Umwelt, besonders auf die anderen Funktionssysteme, also die Orientierung in der Gesellschaft Leistung und die Beziehung auf sich selbst (…) Reflexion.“ (Luhmann 1990a: 635 f.; Hervorh. vom Autor)

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  39. Daraus folgt, daß Leistungsabgaben immer in der Sprache des abgebenden Systems formuliert, m.a.W. als dessen interne Operation vollzogen werden (vgl. Luhmann 1990a: 638).

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  40. Vgl. zusammenfassend: Fuchs 1992: 74 f. Damit grenzt sich Luhmann deutlich gegen Parsons ab, der die Anzahl der Funktionssysteme entsprechend seinem AGIL-Schema auf vier begrenzt und eben deshalb immer wieder genötigt ist, auf den rein analytischen Charakter seines Differenzierungsmodells hinzuweisen (vgl. etwa Parsons 1980: 235 ).

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  41. Vgl. ebenso Berger 1987: 137 f.

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  42. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bemerkungen von Krohn/ Köppers 1992b: 161 ff.

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  43. Vgl. Schimank 1992a: 247: “Anstelle von sehr generellen Funktionszuschreibungen rücken gesellschaftliche Akteure in den meisten Fällen eher spezifische Leistungsbezüge eines gesellschaftlichen Teilsystems für bestimmte andere in den Vordergrund…”

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  44. Schimank zufolge kann erst mit dem Erreichen der zweiten Stufe von einem eigenständigen Subsystem gesprochen werden: “Das hier zugrundeliegende Verständnis gesellschaftlicher Differenzierung geht somit davon aus, daß eine bestimmte Sphäre gesellschaftlichen Handelns in dem Maße ein ausdifferenziertes Teilsystem darstellt, wie auf der Orientierungsebene eine unverwechselbar eigenständige Handlungslogik vorliegt, die auf sozialstruktureller Ebene von spezifischen Rollen und formalen Organisationen getragen wird.” (Schimank 1988b: 185)

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  45. Für Rosewitz und Schimank zählt die Diffusion bzw. Verschiebung der Motive und Handlungsorientierungen zu den wichtigsten, von der Systemtheorie bisher vernachlässigten, Forschungsfeldern bei der Untersuchung der Entwicklung gesellschaftlicher Teilsysteme: “Die normativen, evaluativen und kognitiven Orientierungen, die die spezifische Handlungslogik des betreffenden Teilsystems ausmachen, können gegenüber den individuellen Interessen der teilnehmenden Akteure an Einkommenssicherung und -steigerung in den Hintergrund treten - ein Sachverhalt, der von den bisherigen Theorien gesellschaftlicher Differenzierung noch nicht reflektiert worden ist. ” (Rosewitz/ Schimank 1988: 310 )

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  46. Selbst wenn hier das Gewinnmotiv dominiert, bleibt der Zweckbezug des Handelns die Erstellung von Gesundheitsleistungen bzw. die Wissensproduktion.“ (Mayntz 1988: 31) Noch bis zu Beginn der 80er Jahre hat Luhmann eine ganz ähnliche Position vertreten. So schreibt er: ”Es gibt auch eine Fülle von Dienstleistungsorganisationen, die sich nicht als wirtschaftlich orientiert begreifen. Das Abgrenzungskriterium liegt nicht im Anschluß an den Geldkreislauf, und es liegt auch nicht in einer bestimmten Handlungstypik. Es liegt ausschließlich in der Primärorientierung an der Funktion der Wirtschaft. Von Wirtschaftsorganisationen kann man deshalb nur sprechen, wenn Organisationssysteme eingesetzt werden, um über die unmittelbare Aktivität und deren Sinn hinaus einen Beitrag zu einer noch unbestimmten Zukunftssicherung gegenwärtig schon zu erwirtschaften.“ (Luhmann 1991b: 401 )

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  47. Wirtschaftliche Akteure wie etwa Firmen und private Haushalte differenzieren sich, so Luhmann, “nach eigenen Systemgesetzlichkeiten aus, etwa auf der Basis von Familienbildung oder von Produktionsorganisation, und sind an dem Wirtschaftssystem der Gesellschaft dann nur in der Form von ‘Interpenetration’ beteiligt” (Luhmann 1988c: 94, Fußn. 6). Damit grenzt sich Luhmann scharf von anderslautenden Überlegungen aus der Zeit vor der autopoietischen Wende ab, in denen er sich für eine analytische Dekomposition des Wirtschaftssystems in Firmen aussprach (Luhmann 1991b: 157).

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  48. Die Kritik an der Empirieferne der Systemtheorie zählt zu den Standardargumenten der wissenschaftlichen (und weniger wissenschaftlichen) Diskussion. Vgl. etwa Haferkamp 1987: 57 ff.; v. Beyme 1991a: 234; Müller 1992: 360.

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  49. Daß die von Luhmann als Forschungsstrategie favorisierte Beobachtung zweiter Ordnung nicht unbedingt zu einer größeren Transparenz gesellschaftlicher Interaktionsstrukturen führt, wird von ihm selbst in einer schwachen Minute eingeräumt. Vgl. Luhmann 1991c: 245 ff.

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  50. Daraus folgert Willke, “daß soziale Differenzierung und semantische Differenzierung eng zusammenhängen. Schreitet die semantische Differenzierung soweit voran, daß über eine spezifische Codierung eine Sondersprache und ein eigenständiges ‘Sprachspiel’ in dem Sinne entsteht, daß eine durch Selbstreferenz geschlossene Operationsweise dieser spezifischen Kommunikationen sich etabliert, dann kann man wohl ohne Bedenken von einem autopoietischen sozialen System sprechen” (Willke 1987a: 47).

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  51. Teubner zielt mit seiner Argumentation in dieselbe Richtung. Er betrachtet die Subsysteme in erster Linie als autonomisierte Diskurse und rückt deshalb auch die epistemischen Folgen des Differenzierungsprozesses in den Mittelpunkt der Untersuchung: “In autopoietischer Formulierung würde man diesen Prozeß beschreiben als die Autonomisierung spezialisierter Diskurse, wodurch Realitätskonstruktionen der diffusen gesellschaftlichen Kommunikation zunehmend von Realitätskonstruktionen der spezialisierten Diskurse ersetzt werden.” (Teubner 1990: 131)

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  52. Erst derartige normative, kognitive und evaluative constraints ermöglichen überhaupt choices im Sinne von kalkulierten Wahlhandlungen eines Akteurs. Handlungserklärungen müssen demnach stets zweistufig angelegt sein. Akteure treffen im Sinne rationaler Interessenverfolgung Handlungsselektionen im Rahmen von diesen konditionierenden generalisierten Handlungsorientierungen.“ (Schimank 1988a: 623 )

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  53. In seinen neuereren Arbeiten setzt sich Schimank stärker von der systemtheoretischen Perspektive ab und reduziert die handlungsprägende Kraft gesellschaftlicher Teilsysteme auf den evaluativen Aspekt, d.h. auf die Beeinflussung des “Wollens” der Akteure (vgl. Schimank 1992b).

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  54. Vgl. dazu die berechtigte Kritik von Mathias Heidenescher (1992: 442 f.).

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  55. Dies wird auch von Anthony Giddens in seiner Analyse des soziologischen Strukturbegriffs hervorgehoben (Giddens 1988: 78).

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  56. Neben seinen Untersuchungen über die verschiedenen Subsysteme der Gesellschaft (Recht, Familie, Religion, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft etc.) ist dies der zweite Schwerpunkt der Luhmannschen Theorieproduktion. Vgl. vor allem: Luhmann 1988b; Luhmann 1991c.

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  57. Aus diesem Grunde ist auch der Versuch von Renate Mayntz, gesellschaftliche Subsysteme durch den objektiven Sinnbezug des Handelns voneinander abzugrenzen, zum Scheitern verurteilt. Eine Abgrenzung der Subsysteme ist nur auf auf der Ebene der (basalen) Kommunikationen möglich - und nicht auf der Ebene der Handlungen, die je nach Beobachterstandpunkt unterschiedlichen Systemen zugerechnet werden können.

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Ulrich, G. (1994). Intersystembeziehungen und Integrationsprobleme in funktional differenzierten Gesellschaften. In: Politische Steuerung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11091-0_5

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