Zusammenfassung
Als eine zentrale Wirkung der Politikverdrossenheit wird — wie in Kapitel 5 ausgeführt — in der Politik, den Medien und der Öffentlichkeit, aber auch in den Sozialwissenschaften üblicherweise das Sinken der Wahlbeteiligung bzw. der Anstieg des Nichtwähleranteils benannt. Nicht nur der Blick auf die Wahlergebnisse auf den verschiedenen Ebenen des politischen Systems (Abbildung 5.1) bestätigt den skizzierten Trend der Wahlbeteiligung, sondern auch in Umfragen ist diese Entwicklung nachzuvollziehen.
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Die hier berichteten Nichtwähleranteile sind — wie auch die in der Folge präsentierten univariaten Verteilungen aller Variablen — das ungewichtete Mittel für den jeweils angegebenen Zeitraum. Eine Gewichtung der Mittelwerte ist aufgrund des sehr ähnlichen Stichprobenumfangs der einzelnen Querschnitte hinfällig.
Zur besseren Vergleichbarkeit der für Ost-und Westdeutschland ermittelten Ergebnisse wird der Untersuchungszeitraum im Folgenden stets angeglichen, d.h. die Befunde in den alten und den neuen Bundesländern stützen sich auf exakt auf
Die kurzfristige Veränderung des Erhebungsinstruments, genauer gesagt der numerischen Skalenendpunkte der in den Index eingehenden Parteiensympathieskalometer (zu einer ausführlicheren Erläuterung dieser Problematik vgl. Hippler/SchwarzfNoelle-Neumann/Knäuper/Clark 1991), die in den Jahren 1987 und 1988 für einen temporären Einbruch der Sympathiebewertung gesorgt hat, ändert an dieser Gesamtinterpretation nichts. Dennoch ist der in diesem Zeitraum durchgeführte Methodentest ein außerordentlich guter Beleg dafür, wie schnell ein nur leicht modifiziertes Erhebungsinstrument zu einer unterschiedlichen Bewertung der Politikverdrossenheit der Bürger führen kann. Für alle Analysen auf der Aggregatebene wird aus Gründen der Vergleichbarkeit mit den auf der Individualebene durchgeführten Analysen auf die aus dem traditionellen und dem modifizierten Meßinstrument zusammengesetzten Daten zurückgegriffen.
Die Untersuchung der Veränderung der besten Bewertung einer Altpartei in den Jahren 1990 bis 1992 in Ost-und Westdeutschland auf der Individualebene ergibt jedoch ein etwas anderes Bild (vgl. Tabelle 8.14, Anhang C). Untersucht man hier die Verteilung der Einstellungen gegenüber CDU/CSU, SPD und FDP, die sich in jeweils zwei aufeinanderfolgenden Erhebungswellen verschlechtert haben, zeigt sich, daß in erster Linie ein Prozeß stattfindet, der als Abschwächung positiver Einstellungen beschrieben werden kann: Rund zwei Drittel der Befragten in Westdeutschland und etwas mehr als die Hälfte der Probanden in den neuen Bundesländern weisen trotz einer Verschlechterung der Einstellung gegenüber den etablierten Kräften nach wie vor positive Attitüden auf. Deutlich geringer ist hingegen der Anteil derjenigen, die positive Einstellungen zugunsten einem neutralen (Westdeutschland: ca. 16 Prozent, Ostdeutschland: 22 Prozent) bzw. einem negativen Bild (Westdeutschland: 14 bzw. 21 Prozent, Ostdeutschland: 22 Prozent) von den Altparteien aufgeben. Unbedeutend sind die Austauschprozesse zwischen vormals neutralen und nachfolgend negativen Einstellungen bzw. einer weiteren Verschlechterung von bereits negativen Perzeptionen von CDU/CSU, SPD und FDP.
Auch hier wurde in den Jahren 1987 und 1988 bei einem Teil der Befragten ein bezüglich der numerischen Skalenendpunkte modifiziertes Erhebungsinstrument verwendet. Wie aus Abbildung 8.4 zu entnehmen ist, bewirkt dieses eine erheblich negativere Bewertung des politischen Personals als dies unter ausschließlicher Verwendung des klassischen Erhebungsinstruments der Fall ist. Auch hier wird — analog zur Vorgehensweise in Kapitel 8.2.1 — für alle Analysen auf der Aggregatebene aus Gründen der Vergleichbarkeit mit den auf der Individualebene durchgeführten Untersuchungen auf die aus dem traditionellen und dem modifizierten Meßinstrument zusammengesetzten Daten zurückgegriffen.
Etwas anders stellt sich der Befund dar, wenn man — analog zur Vorgehensweise in Kapitel 8.2.1 für die beste Bewertung einer Altpartei — die Veränderungen der Einstellung gegenüber den Repräsentanten der Altparteien auf der Individualebene nachvollzieht (vgl. Tabelle 8.22 in Anhang C). Es zeigt sich, daß die hier interessierende Verschlechterung von Einstellungen einerseits mit der Abschwächung positiver Attitüden, andererseits mit der Aufgabe eines positiven Bildes vom politischen Personal zugunsten negativer Perzeptionen auf zwei Hauptströmen basiert. Dabei ist die erstgenannte Entwicklung besonders stark in Westdeutschland vertreten (rund 45 Prozent), während sie in Ostdeutschland deutlich seltener auftritt (30 Prozent). Umgekehrt findet sich der Abbau positiver Einstel-Schließlich erscheint es eine interessante Frage, ob die beobachtete lungen zugunsten negativer Wahrnehmungen vor allem in den neuen (60 Prozent), weniger in den alten Bundesländern (40 Prozent). Alle anderen Kombinationen der Einstellungsveränderungen spielen hier keine größere Rolle. Dieser Befund, der den Ergebnissen auf der Aggregatebene erheblich widerspricht, ist jedoch stark von der sehr feinen Metrik des hier verwendeten Indikators abhängig. Faßt man die Neutralkategorie etwas weiter (Veränderung um maximal einen Skalenpunkt) wird nämlich deutlich, daß auch auf der Individualebene der Hauptprozeß in der Abschleifung positiver zugunsten neutraler Einstellungen zu sehen ist. Alle anderen Möglichkeiten der Einstellungsveränderung sind deutlich schwächer ausgeprägt. Mit dem hier vorliegenden Maß zur Erfassung von Politikerverdrossenheit ist es also nur sehr begrenzt möglich, etwas über das Ausmaß kategorialer Einstellungsveränderungen auf der Individualebene auszusagen.
Da die Einstellung gegenüber Politikern nichtetablierter Parteien selten erhoben wird, muß auf die Beantwortung der Frage, wie sich die Sympathie des Elektorats gegenüber diesen Teilen des politischen Personals entwickelt, verzichtet werden.
Der Anteil derjenigen, die keine Angabe zur Demokratiezufriedenheit vornehmen ist mit durchschnittlich 1,2 Prozent zwischen 1977 und 1996 bzw. 2,5 Prozent seit 1990 für Westdeutschland ebenso zu vernachlässigen wie für die neuen Bundesländer (1,7 Prozent).
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Maier, J. (2000). Trends der Politikverdrossenheit. In: Politikverdrossenheit in der Bundesrepublik Deutschland. Forschung Politikwissenschaft , vol 82. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11072-9_8
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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