Skip to main content

Part of the book series: Forschung ((FPOLIT,volume 82))

  • 380 Accesses

Zusammenfassung

Die Debatte über Politikverdrossenheit, die seit geraumer Zeit in der deutschen Öffentlichkeit geführt wird, ist außerordentlich vielschichtig und weist — zumindest hinsichtlich des Verständnisses, was als Politikverdrossenheit gelten soll und welche Indikatoren zu ihrer Bemessung herangezogen werden sollen — partiell chaotische Züge auf. So werden immer wieder neue Indikatoren „in zum Teil relativ beliebiger Weise“ (Westle 1990a: 402) ins Spiel gebracht, in denen sich Politikverdrossenheit oder irgend einer der vielen anderen Verdrossenheitstypen manifestieren sollen. Dabei sind die gewählten Indikatoren von erstaunlicher Variationsbreite: Sie reichen von einem tatsächlichen oder einem in Umfragen gemessenen, hypothetischen Wahlverhalten über eine ganze Palette politischer Einstellungen bis hin zu Beobachtungen, daß sich das politische System der Bundesrepublik — z.B. durch eine zunehmende Fraktionalisierung des Parteiensystems — verändert. Einige Studien greifen dabei auf traditionelle Instrumente der Wahl-, Einstellungsund Parteienforschung zurück, andere verlegen sich eher auf die Entwicklung neuer Stimuli, die allerdings stets der Kritik ausgesetzt sind, Politikverdrossenheit zu konstruieren (vgl. z.B. Schedler 1993; Ehrhart/Sandschneider 1994: 446–448; Bürklin 1995: 104–106 und die zu diesen Wortmeldungen kritisch Stellung nehmenden Beiträge von Plasser/Ulram 1994 und Welzel 1995: 142–143).

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Von Arnim ( 1994: 27) fordert völlig zu Recht eine analytische Unterscheidung zwischen „Indikatoren der Politikverdrossenheit und ihren Gründen“. Diese Trennung ist allerdings nicht weitreichend genug, da als Indikatoren der Politikverdrossenheit Elemente aus dem Bereich des politischen Verhaltens, insbesondere des Wahlverhaltens, und Elemente aus dem Einstellungsbereich herangezogen werden. Demzufolge erscheint die hier vorgeschlagene Dreiteilung in Verhaltens-und Einstellungsaspekte sowie Determinanten der Politikverdrossenheit analytisch schärfer und wird aus diesem Grunde auch im folgenden angewendet.

    Google Scholar 

  2. Diese Zuordnung entspricht auch der Argumentation Eastons, der sich dabei ganz grundsätzlich auf die Stellung von politischen Institutionen im Unterstützungskonzept bezieht (vgl. hierzu Fuchs 1989: 15). Im Unterschied hierzu lokalisieren Pickel und Walz (1997a: 32–33 ) Parteien ausschließlich im Sektor der politischen Herrschaftsträger. Explizit begründet wird diese Zuordnung jedoch nicht, ergibt sich aber vermutlich als Konsequenz ihrer Zuordnung von Regierung und Opposition zu den politischen Institutionen.

    Google Scholar 

  3. Auch Pickel und Walz (1997a: 32–33) definieren Regierung und Opposition als mögliche Adressaten politischer Unzufriedenheit, bleiben aber erneut eine Begründung für ihr Vorgehen schuldig.

    Google Scholar 

  4. Ähnliche Kategorisierungsversuche finden sich auch bei Rose (1984) sowie Listhaug und Wiberg (1995), die die politischen Institutionen grundsätzlich nach „governmental“ und „non-governmental” bzw. „private institutions“ unterscheiden. Deinert (1997: 94) gelangt aufgrund von Faktorenanalysen ebenfalls zu einer zweidimensionalen Lösung, die jedoch nur für Westdeutschland mit den hier vorgestellten Zuordnungen übereinstimmt. In Ostdeutschland bereitet vor allem die Zuordnung des Bundesverfassungsgerichts Schwierigkeiten, da dieses sowohl auf dem Faktor der regierungsnahen Institutionen als auch dem der verwaltungspolitischen Einrichtungen lädt.

    Google Scholar 

  5. Gravierende Ost-West-Unterschiede fördert allerdings eine neue Studie von Fuchs/Roller/Weßels (1997: 4) zutage, die zwar für die alten Bundesländer ähnlich hohe Zustimmungsraten berichten wie z.B. Pickel (1996: 93) für jüngere Bevölkerungssegmente, aber in den neuen Bundesländern Werte messen, die rund 40 Prozentpunkte unter dem westdeutschen Niveau liegen.

    Google Scholar 

  6. Deinert (1997: 54) spricht in diesem Zusammenhang sogar davon, daß der Indikator der Demokratiezufriedenheit „der meistgenutzte und wohl bekannteste Indikator zur Messung von Politikverdrossenheit“ ist.

    Google Scholar 

  7. Dieser Befund bestätigt sich auch im internationalen Vergleich (vgl. Fuchs/ Guidorossi/Svensson 1995: 345–347). Die Unterschiede hinsichtlich der Demokratiezufriedenheit von Regierungs-und Oppositionsanhänger sind aber in der Bundesrepublik als vergleichsweise moderat zu bezeichnen.

    Google Scholar 

  8. Ein direkter Vergleich der einzelnen Instrumente findet sich z.B. bei Westle (1989b: 239, 1990a: 407) sowie — allerdings nur für die jüngeren Bevölkerungssegmente — bei Pickel (1996: 93) und Pickel/Walz (1997b: 599).

    Google Scholar 

  9. Die Stabilität dieses Indikators hängt aber weitgehend von der Wahl der Fragestellung ab (vgl. Fuchs 1992: 14). So findet sich z.B. in Daten des Eurobarometers nur wenig Variation, während sich bei der Inspektion der monatlich erhobenen Politbarometer-Daten erhebliche Schwankungen in der Demokratiezufriedenheit abzeichnen.

    Google Scholar 

  10. Auch hier ist die Wahl des Indikators offensichtlich von entscheidender Bedeutung. Betrachtet man die von Fuchs (1992: 14) präsentierten Zeitreihen, lassen sich weder in den Daten des Eurobarometers noch in den Daten des Politbarometers mit bloßem „eyeballing“ die beschriebenen negativen Trends gegen Ende der achtziger Jahre beobachten.

    Google Scholar 

  11. Die Interpretation der Befunde im Sinne eines Vorliegens von Demokratieverdrossenheit ist allerdings nicht unumstritten. Eine entgegengesetzte Bewertung findet sich z.B. bei Fuchs/Guidorossi/Svensson (1995: 351), die der Bundesrepublik nicht nur ein im europäischen Vergleich hohes Ausmaß, sondern auch eine hohe Stabilität der Demokratiezufriedenheit attestieren.

    Google Scholar 

  12. Wie bereits weiter oben diskutiert wurde, ordnen Pickel und Walz (1997a: 32) die politischen Parteien — entgegen der hier vorgenommenen Zuordnung — als Bestandteil der regierungspolitischen Institutionen in die Rubrik der politischen Herrschaftsträgern ein. Vertrauen ist für sie demnach ein Maß für die diffuse Unterstützung der politischen Herrschaftsträger.

    Google Scholar 

  13. Ein ähnliche Überlegung stellt Klingemann (1986: 389–392) an, der die Einzelbewertungen der etablierten Parteien miteinander kombiniert und Parteienverdrossenheit dann als gegeben sieht, wenn alle politischen Kräfte negativ bewertet werden. In seiner bis 1983 reichenden Untersuchung sind jedoch keine Verdrossenheitsmomente zu verzeichnen, sondern es existiert überwiegend wenigstens eine Partei, die positiv bewertet wird.

    Google Scholar 

  14. Gerade aufgrund ihrer überragenden Bedeutung für andere politische Einstellungen ist eine Zuordnung der Parteiidentifikation in den Bereich der Indikatoren für Parteien-bzw. allgemeiner für Politikverdrossenheit zu kritisieren. Alternativ hierzu wäre es auch denkbar, daß die Erosion der Parteibindungen eher eine kausale Ursache für die sinkende Akzeptanz von Parteien, Politikern, der Demokratie und anderen Unterstützungsobjekten darstellt. Der Abbau bzw. die Abschwächung von Parteiidentifikationen wiederum ist mit verschiedenen Prozessen erklärbar, von denen eine Rückkopplung politischer Einstellungen nur eine denkbare Variante ist. Im folgenden wird daher angenommen, daß die Parteiidentifikation eine Position einnimmt, die zwischen dem Kernbereich der Politikverdrossenheit und den Determinanten der Politikverdrossenheit anzusiedeln ist. Da eine Vielzahl von Studien die Parteiidentifikation als einen Indikator der Politikverdrossenheit sehen, soll sie deshalb auch in diesen Rahmen besprochen werden, obwohl — wie gesagt — ihre Stellung im Gefüge der Vielzahl von Indikatoren eher als intervenierend bezeichnet werden kann.

    Google Scholar 

  15. Davon zu unterscheiden sind „Realignment“-Prozesse, die von einer grundlegenden Umorientierung der Wählerschaft, also der Genese neuer Wähler-ParteienKoalitionen, ausgehen. In der Perspektive des Realignment-Modells wäre die Auflösung von Parteibindungen und der damit verbundenen Folgen (z.B. erhöhte elektorale Volatilität, wachsende Fragmentierung des Parteiensystems) somit nur eine temporäre Erscheinung (vgl. hierzu ausführlicher z.B. Dalton/Rohrschneider 1990: 297–300).

    Google Scholar 

  16. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse scheitert hin und wieder aber auch daran, daß Einzelindikatoren zu Indizes zusammengefaßt werden, die den Index konstituierenden Items aber nicht dokumentiert werden (so z.B. bei Schumann 1997: 415). Die substantielle Bewertung der Ergebnisse ist in solchen Fällen leider schwierig bis unmöglich.

    Google Scholar 

  17. Pickel und Walz (1997a: 32) ordnen den Indikator Sympathiebewertung allerdings der spezifischen Unterstützung zu (vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.3.3).

    Google Scholar 

  18. Dabei wird allerdings nicht transparent gemacht, auf welcher Basis die berichteten Zustimmungswerte zustande kommen, d.h. es wird weder aufgeführt, auf welche Politiker sich die Aussage bezieht noch wie sich die Zufriedenheitswerte genau errechnen.

    Google Scholar 

  19. Der Aspekt der „internal efficacy“ wurde bereits im Rahmen der politischen Parteien diskutiert (vgl. Kapitel 3.2.3.3). Da die Veränderung der Perspektive auf das Objekt der politischen Herrschaftsträger hier keine neuen Erkenntnisse bringt, wird im folgenden auf eine erneute Diskussion der Meßinstrumente sowie auf die Darstellung der bisherigen Forschungsergebnisse verzichtet.

    Google Scholar 

  20. Erschwerend kommt hinzu, daß neuerdings auch für den Bereich der Politikerverdrossenheit Indizes konstruiert werden, die aus mehreren Items bestehen. Leider werden diese wie z.B. bei Schumann (1997: 415) nicht immer einzeln ausgewiesen, so daß über die exakte Bewertung der dort präsentierten Befunde nur spekuliert werden kann.

    Google Scholar 

  21. Es ist aus der Dokumentation der von Pickel und Walz (1997a) angestellten Analysen allerdings nicht zu erkennen, auf welchem Wege diese Werte zustande kommen. Aufgrund des doch überraschend hohen Unterstützungsniveaus ist anzunehmen, daß es zur Klassifikation des Befragten als zufrieden ausreicht, eine der Oppositionsparteien positiv zu bewerten, was einer hinsichtlich der betrachteten Parteien und der verwendeten Metrik modifizierten Form des von Rattinger (1993a) entwickelten Instruments der besten Bewertung einer Altpartei entsprechen würde. In diesem Falle könnte man aber nicht mehr von der Zufriedenheit mit der Gesamtheit der Opposition sprechen (diese Überlegungen würden dann im übrigen auch für die analog vorgenommene Spezifikation der Zufriedenheit mit der Regierung zutreffen).

    Google Scholar 

  22. Zu ganz ähnlichen Befunden und Schlußfolgerungen kommen auch Westle (1992: 35–37) sowie Trometer und Mohler (1994: 28). Allerdings wird in beiden Studien das Instrument der Zufriedenheit mit den Leistungen der Bundesregierung, also ein Maß für die spezifische Unterstützung, verwendet.

    Google Scholar 

  23. Üblicherweise bezieht man sich dabei auf die Bundesregierung. Eine der seltenen Ausnahmen präsentieren Trometer und Mohler (1994: 32), die auch die Zufriedenheit mit der Landesregierung messen. Diese ist grundsätzlich größer als mit der Bundesregierung. Differenziert man nach Ost-und Westdeutschland, erkennt man die bereits vorgestellte Systematik, nach der sich die Zufriedenheit in den alten Bundesländern auf einem höheren Niveau bewegt als in den fünf neuen Ländern. Westle (1992: 37) zeigt darüber hinaus, daß die Beurteilung der Landesregierung weniger mit der Demokratiezufriedenheit korreliert als die Bewertung der Leistungen der Bundesregierung.

    Google Scholar 

  24. Einige Autoren ordnen politische Institutionen eher dem Bereich der diffusen politischen Unterstützung zu (vgl. z.B. Krüger 1995: 249). Müller-Rommel (1993: 166) übersetzt Vertrauen mit Handlungskompetenz und Transparenz von Entscheidungsprozessen.

    Google Scholar 

  25. Damit zeigt sich in Deutschland eine dem europäischen Trend gegenläufige Entwicklung. Wie Listhaug und Wiberg ( 1995: 306–308) zeigen, sinkt in den achtziger Jahren in der Mehrheit der europäischen Staaten das Vertrauen in Regierungsinstitutionen (mit Ausnahme des Parlaments), während private Institutionen (Kirche, Presse, Gewerkschaften, Unternehmen) im gleichen Zeitraum einen Vertrauenszuwachs verbuchen können.

    Google Scholar 

  26. Krüger (1995: 257) zeigt hingegen, daß das Vertrauen in die Gesamtheit der politischen Institutionen zwischen 1984 und 1992 — und damit bereits vor der deutschen Einheit — stetig abnimmt. Dieser Trend ist zwar bei jungen Erwachsenen besonders stark ausgeprägt, läßt sich aber auch im älteren Bevölkerungssegmenten nachweisen.

    Google Scholar 

  27. Noch komplizierter gestaltet sich die vergleichende Bewertung empirischer Ergebnisse bei Untersuchung, die durch Bildung von Indizes, die aus mehreren Indikatoren aus den verschiedenen Klassen und Typen politischer Unterstützung bestehen, Politikverdrossenheit mehr oder weniger direkt anzunähern versuchen (vgl. z.B. Falter 1994a: 141; Klein/Falter 1996a: 295–296; Jagodzinski/Klein 1997: 42–43; Schumann 1997: 415; Schumann/Hardt 1998; Kühnel 1998: 115). Ebenfalls ungeeignet erscheinen Indikatoren, die ganz allgemein auf den Charakter der Politik abheben (z.B. „Politik ist ein schmutziges Geschäft“, vgl. z.B. Stöss 1990: 22) und somit der Differenziertheit des Gegenstandsbereichs nicht angemessen Rechnung tragen.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2000 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Maier, J. (2000). Dimensionen der Politikverdrossenheit. In: Politikverdrossenheit in der Bundesrepublik Deutschland. Forschung Politikwissenschaft , vol 82. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11072-9_3

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11072-9_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-2693-4

  • Online ISBN: 978-3-663-11072-9

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics